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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §19 Abs2 litb Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dipl.Ing. Raoul Turkof in Wien, vertreten durch Lansky & Prochaska, Rechtsanwälte in Wien I, Rotenturmstraße 29/9, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Juni 1999, Zl. MD-VfR-B XIX-4/99, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist auf Grund des Kaufvertrages vom 22. September 1987 Eigentümer der Liegenschaft EZ 1400, KG Untersievering, mit dem Grundstück Nr. 321/1. In diesem Kaufvertrag wurde unter Punkt VI ausgesprochen, dass die Verkäufer dem Käufer bis zur entsprechenden Aufschließung des Kaufgegenstandes durch eine Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit über öffentliches Gut die Dienstbarkeit einräumen, den Kaufgegenstand über einen Zugangs- und Zufahrtsweg an der von der Erbsenbachgasse gesehen linken Grenze der EZ 624, KG Untersievering (diese Grenze sei in einer Beilage A grün eingezeichnet) in einer Breite von 3 m zu erreichen. Im Bereich dieses Servitutsweges sei dieser bis zum gartenseitigen Vorplatz des auf der EZ 624 errichteten Gebäudes bereits in der Natur angelegt und befestigt, der restliche Servitutsweg existiere in der Natur derzeit nicht und es weise das Grundstück in dieser Fortsetzung des Servitutsweges auch einen Niveauunterschied auf, der nur nach Setzung baulicher Maßnahmen überwunden werden könne. Es sei ausschließlich Sache des Käufers, für derartige bauliche Maßnahmen Vorsorge zu treffen, wobei er darauf zu achten habe, dass die Eigentümer und Bewohner der EZ 624, KG Untersievering, in diesem Zusammenhang möglichst wenig gestört würden. Es sei ausschließlich Sache des Käufers, diesen Servitutsweg in jenem Teil, in dem er nicht bereits bestehe, auf eigene Kosten und Gefahr in Stand zu halten und zu betreuen, ferner habe er an den Instandhaltungs- und Betreuungskosten des bereits bestehenden Teiles dieses Servitutsweges zur Hälfte mitzutragen, und zwar ab jenem Zeitpunkt, zu dem er den restlichen Servitutsweg errichte.
Von der Erbsenbachgasse aus gesehen mündet der linke Teil der Grenze des Grundstückes EZ 624 nicht in die Erbsenbachgasse, sondern im rechten Winkel auf einen 3 m breiten Fußweg, der selbst nach wenigen Metern in die Erbsenbachgasse mündet.
Mit einem am 5. Juni 1997 bei der Baubehörde eingelangten Ansuchen beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für ein Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 321/1, EZ 1400. Auf Grund der über dieses Baugesuch anberaumten mündlichen Verhandlung sprachen sich die seinerzeitigen Verkäufer und nunmehrigen Anrainer gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung aus, dass laut dem Plan zur Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen der 3 m breite Servitutsweg in einen 3 m breiten Fußweg münde, überdies an der Front Erbsenbachgasse Ein- und Ausfahrten untersagt seien und im Übrigen dem Beschwerdeführer weitere Servitutsrechte außer im 3 m breiten beschriebenen Servitutsweg weder mündlich noch schriftlich zugesagt worden seien. Überdies sei die zu bebauende Liegenschaft auch in der Natur an das öffentliche Gut 322/16, SB-Gasse, angeschlossen, womit die Dienstbarkeit schon erloschen sei.
Die nördlichen Nachbarn sprachen sich gegen ein Befahren jener Flächen des öffentlichen Gutes aus, die sie angeblich noch nicht in den physischen Besitz der Gemeinde Wien übergeben haben.
Mit Bescheid vom 10. Februar 1999 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die beantragte Bewilligung gemäß §§ 70 und 71 sowie § 69 Abs. 6 der Bauordnung für Wien versagt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem genannten Bauplatz ermangle es an einer Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz insoferne, als sich die Flächen des öffentlichen Gutes im fraglichen Bereich noch im physischen Besitz der Anlieger befänden und diese ihre Zustimmung zur Benützung dieser Flächen als Zufahrt und Zugang zum gegenständlichen Bauplatz nicht erteilt haben. Es bestehe daher ein Bauverbot im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. c BO, von dem keine Ausnahme gewährt werden könne, da der Servitutsweg an der Front Erbsenbachgasse an einem 3 m breiten Fußweg ende, wobei eine Ein- und Ausfahrtssperre bestehe. Eine Zufahrt zu den gemäß § 36 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes zu schaffenden Pflichtstellplätzen in der Tiefgarage des Wohnhauses sei daher nicht gegeben, da die Befahrung mit PKW's in einem rechten Winkel technisch nicht möglich sei und weiters eine Ausnahme von der Ein- und Ausfahrtssperre gemäß § 69 BO nicht ohne Zustimmung des betreffenden Grundeigentümers, der im gegenständlichen Fall Einwände gegen eben dies Ausfahrt erhoben habe, möglich sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer auf das laut Punkt VI des Kaufvertrages vom 22. September 1997 bestehende Servitutsrecht hin und erklärte, die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung lägen daher vor.
Mit Bescheid vom 15. Juni 1999 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Verbindung des Bauplatzes mit dem bestehenden Straßennetz sei nach der Aktenlage weder tatsächlich vorhanden noch sichergestellt. Der Umstand, dass die Eigentümer der Nachbarliegenschaft EZ 624 der KG Untersievering privatrechtlich verpflichtet seien, eine Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück des Beschwerdeführers zu gestatten, reiche keinesfalls aus, um die im § 16 Abs. 1 BO geforderte Anbindung eines Bauplatzes an eine öffentliche Verkehrsfläche zu erfüllen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung genüge eine Servitut zur Aufschließung nicht. Von der im § 19 Abs. 2b Z. 3 BO geforderten Sicherstellung einer beleuchteten Zufahrt von mindestens 3 m Breite mit befestigter Oberfläche, die eine Ausnahme vom Bauverbot ermöglichen würde, könne im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gesprochen werden, zumal die Eigentümer des erwähnten Nachbargrundstückes keine Zustimmung zur Inanspruchnahme ihres Grundes gegeben hätten, der angesprochene Servitutsweg an der Front Erbsenbachgasse bei einem 3 m breiten Fußweg ende und nach dem Plandokument Nr. 5979 in diesem Bereich eine Ein- und Ausfahrtssperre bestehe.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Oktober 1999 abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 der Wiener Bauordnung (BO) sind bei Schaffung und Veränderung von Bauplätzen, Baulosen oder Kleingärten oder Teilen von solchen (§ 13 Abs. 2 lit. a und b) die Bestimmungen des Bebauungsplanes einzuhalten. Bauplätze müssen unmittelbar, Baulose unmittelbar oder mittelbar über Aufschließungswege an eine vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche angrenzen und eine solche Gestalt und Größe erhalten, dass auf ihnen und auf den angrenzenden Liegenschaften den Anforderungen dieses Gesetzes und des Bebauungsplanes entsprechende Gebäude errichtet werden können.
Nach § 19 Abs. 1 lit. c leg. cit. ist ein Bauverbot auszusprechen, wenn die vor einem Bauplatz, einem Baulos oder vor Teilen von solchen gelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt oder mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht sind oder in ihnen nicht bereits ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind. Nach Abs. 2 lit. b Z. 3 dieser Bestimmung sind Ausnahmen von den Bauverboten zu gewähren für Wohngebäude und Sommerhäuser, wenn die Entfernung des Bauplatzes vom ausgebauten Straßennetz nicht mehr als 150 m beträgt, eine beleuchtete Zufahrt von mindestens 3 m Breite mit befestigter Oberfläche und die Versorgung mit gesundheitlich einwandfreiem Trinkwasser sichergestellt sind, sämtliche Abwässer in gemäß § 93 Abs. 5 vorgesehene Anlagen eingeleitet werden und deren ordnungsgemäße Räumung und Beseitigung sichergestellt ist.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 26. April 1971 wurde anlässlich der Bewilligung der Abteilung des Grundstückes Nr. 321 auf zwei Bauplätze A und B (darunter der Bauplatz des Beschwerdeführers) ein Bauverbot wegen mangelnder Anbaureife verhängt. Das Bestehen dieses Bauverbotes wurde auch in der Berufung nicht bestritten. Strittig ist vielmehr, ob eine Ausnahme vom Bauverbot im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO zu gewähren ist.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Ansicht der belangten Behörde, wonach dem Umstand, dass § 16 Abs. 1 BO die unmittelbare Anbindung eines Bauplatzes an eine vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche fordert, im gegebenen Zusammenhang rechtliche Relevanz zukäme. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 BO sind hier nicht zu prüfen, da die Abteilung bereits rechtskräftig bewilligt (und auch durchgeführt) wurde. Dass die seinerzeitige Abteilungsbewilligung allenfalls nicht den Grundsätzen des § 16 Abs. 1 BO entsprochen hat, hat auf ihre Rechtskraft keinen Einfluss.
Das Bestehen einer Dienstbarkeit könnte auf Grund der rechtskräftigen Abteilungsbewilligung im Beschwerdefall durchaus geeignet sein, die im § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO geforderte Sicherstellung der Verbindung zum ausgebauten Straßennetz darzustellen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0018, zu § 4 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung). Von einer solchen Sicherstellung auf Grund einer eindeutigen Servitut wäre selbst dann auszugehen, wenn die Zustimmung der Eigentümer des verpflichteten Grundstückes zur Inanspruchnahme ihres Grundstückes nicht vorliegt, weil diese Eigentümer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages verpflichtet sind, die Inanspruchnahme der Servitut im vertraglich ausbedungenen Umfang zu dulden. Im Beschwerdefall endet aber der vertraglich eingeräumte Servitutsweg möglicherweise nicht unmittelbar an der Erbsenbachgasse, sondern westlich von dieser bei einem 3 m breiten Fußweg, an dessen Einmündung in die Erbsenbachgasse nach dem Plandokument Nr. 5979 eine Ein- und Ausfahrtssperre besteht. Die solcherart beschriebene Lage des Servitutsweges ergibt sich aus der Beilage A zum Punkt VI des Kaufvertrages vom 22. September 1987. Verläuft der Servitutsweg tatsächlich an dieser Stelle, ist er nicht geeignet, eine Verbindung vom Bauplatz zum ausgebauten Straßennetz darzustellen, weil ein 3 m breiter Fußweg, der an einer Stelle an das ausgebaute Straßennetz einmündet, an der eine Ein- und Ausfahrtssperre besteht, nicht die erforderliche Befahrbarkeit aufweist.
Allerdings weist die wörtliche Umschreibung der Lage des Servitutsweges in Punkt VI des angesprochenen Vertrages darauf hin, dass der Servitutsweg bis zum gartenseitigen Vorplatz, soweit dieser in der Natur angelegt und befestigt ist, im Bereich dieser in der Natur bereits bestehenden Wegverbindung in seinem südlichen Bereich offensichtlich nicht entlang der, von der Erbsenbachgasse aus gesehen, linken Grundstücksgrenze verläuft, sondern an einer anderen Stelle, wo die unmittelbare Einmündung in die Erbsenbachgasse gegeben ist.
Der Inhalt des Vertrages ist daher insofern unklar, als Punkt VI des Kaufvertrages unschlüssig ist, als einerseits die Beilage A, die einen Bestandteil des Vertrages bildet, einen Verlauf der Dienstbarkeit bis zum Fußweg beinhaltet, andererseits auf den in der Natur angelegten, befestigten Weg hingewiesen wird. Klarheit kann auch nicht die Eintragung im Grundbuch bewirken, ist doch nach den Ausführungen in der Beschwerde hinsichtlich der dienenden Liegenschaft lediglich Folgendes vermerkt: "Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes über die GSt 321/2 gemäß Punkt VI Kaufvertrag 1987-09-22 für GSt 321/1 GB Untersievering".
Der Punkt VI des oben angeführten Kaufvertrages als Grundlage der dementsprechend erfolgten Grundbuchseintragung lässt aber nicht nur den genauen Verlauf des Servitutsweges offen, dem vorgelegten Vertrag kann auch nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer berechtigt wäre, die 3 m breite Zufahrt auch zu beleuchten. Die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO erfordert aber auch, dass eine beleuchtete Zufahrt von mindestens 3 m Breite mit befestigter Oberfläche sichergestellt ist.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist die belangte Behörde als Baubehörde berufen, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Sicherstellung im Sinne der genannten Ausnahmebestimmung vorliegen. Da aus dem vorgelegten Vertrag und der Grundbuchseintragung die Sicherstellung einer beleuchteten Zufahrt nicht hervorgeht, ist die belangte Behörde mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO für eine Ausnahme von dem Bauverbot nicht vorliegen.
Es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, ein zivilgerichtliches Urteil zu erwirken, aus dem hervorgeht, dass die damaligen Verkäufer, die auch jetzt noch Eigentümer des Grundstückes EZ 624, KG Untersievering, sind, verpflichtet sind, eine beleuchtete Zufahrt von mindestens 3 m Breite mit befestigter Oberfläche an einem solchen Teil ihres Grundstückes zu dulden, der eine unmittelbare Einmündung in die Erbsenbachgasse aufweist.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999050282.X00Im RIS seit
20.11.2000