Gbk 2017/5/31 GBK II/269/15

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Veröffentlicht am 31.05.2017
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Diskriminierungsgrund

Alter

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

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SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/269/15 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch Firma B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Aktenverfahrens erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller, Jahrgang 1972 und zum Antragszeitpunkt 43 Jahre alt, arbeitslos gemeldet und aufgrund der Dauer der Arbeitslosigkeit vom AMS förderbar gewesen sei. Er habe ein Jobangebot als Hausmeister bei der Antragsgegnerin gefunden, das Inserat habe folgenden Text enthalten:

„Wir wenden uns besonders an Personen 50+, welche technisches Verständnis und körperliche Fitness (Rasen mähen, Schnee schaufeln, Lampen wechseln, etc.) mitbringen. Sie sollten eine zuverlässige und motivierte Person sein."

Da er — abgesehen vom Alter 50+ — alle genannten Voraussetzungen erfüllt habe und die Altersgrenze auch nicht als unbedingte Voraussetzung formuliert gewesen sei („besonders an Personen 50+"), habe er sich telefonisch bei Herrn B beworben.

Herr B habe auf seine Mitteilung, dass er sich um die ausgeschriebene Stelle als Hausmeister bewerben wolle, in sehr unfreundlichem Ton erwidert:

„Ja, da müssen Sie 50 sein!" Auf seine Antwort: „Ach so?" habe dieser im selben unhöflichen Ton „Auf Wiedersehen!" gesagt und auflegt. Er fühle sich durch diese strikte und sehr brüske Ablehnung von Herrn B in seiner Würde verletzt und in Bezug auf sein Alter diskriminiert.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass diese damals einen Hausmeister im Rahmen der Aktion 50+ gesucht und die Stelle auch als solche ausgeschrieben habe.

Er - Herr B - habe jeden Interessenten als erstes daher gefragt, ob dieser über 50 Jahre sei, da er ansonsten die Ausschreibungskriterien nicht erfülle und leider nicht in Betracht komme. Es tue ihm sehr leid, dass der Antragsteller dies als persönliche Beleidigung aufgefasst habe.

Seine AMS-Betreuerin habe ihm extra die Aktion 50+ anempfohlen, da auch ältere Arbeitssuchende eine Chance bekommen sollten. Er entschuldige sich nochmals dafür, dass er sich für die Aktion 50+ entschieden habe und der Antragsteller daher zu jung gewesen sei.

Die in Rede stehende Ausschreibung habe gelautet:

„… . B sucht zur Verstärkung des Teams 1 Hausarbeiter/in im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung! Wir wenden uns besonders an Personen 50+, welche technisches Verständnis und körperliche Fitness (Rasen mähen, Schnee schaufeln, Lampen wechseln, etc.) mitbringen. Sie sollten eine zuverlässige und motivierte Person sein!“

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin.

Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zur Beurteilung des Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Ausnahmebestimmungen

§ 20. …

(3) Eine Diskriminierung auf Grund des Alters liegt nicht vor, wenn die Ungleichbehandlung

1.

objektiv und angemessen ist,

2.

durch ein legitimes Ziel, insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung, gerechtfertigt ist und

3.

die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter indizieren, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs 2 oder 20 GlBG vorliegt.

Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus:

Der Antragsteller, Jahrgang 1972 und zum Antragszeitpunkt 43 Jahre alt, hat sich auf eine Stellenausschreibung des Antragsgengers als Hausmeister beworben, die sich „besonders an Personen 50+“ richtete. Dies ist von beiden Verfahrensparteien unbestritten. Im Zuge der telefonisch erfolgten Bewerbung bei der Antragsgegnerin wurde der Antragsteller danach gefragt, ob er über 50 Jahre sei, da er ansonsten nicht in Betracht komme. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den übereinstimmenden schriftlichen Stellungnahmen des Antragstellers und des Antragsgegners.

Der Antragsgegner begründet in auch für den Senat nachvollziehbarer Weise damit, dass ihm seine AMS-Betreuerin habe die Aktion 50+ anempfohlen habe und er diese Förderung des AMS (Beschäftigungsinitiative 50+) in Anspruch nehmen haben wolle. Diese Begründung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, da auch in der Ausschreibung der Wortlaut „50+“ verwendet wurde.

In rechtlicher Hinsicht ist daraus abzuleiten:

Grundsätzlich stellt eine Mitteilung im Rahmen eines Bewerbungsprozesses wie im gegenständlichen Fall an eine/n StellenbewerberIn, dass diese/r für die angebotene Stelle mindestens 50 Jahre alt sein müsse, eine – da sie jüngere BewerberInnen ausschließt – im Hinblick auf die Zielsetzung des GlBG, nämlich die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitswelt, unzulässige Einschränkung des BewerberInnenkreises auf Grund des Alters und damit eine Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gem § 17 Abs 1 Z 1 GlBG dar.

Im Gegensatz zu den anderen in § 17 GlBG angeführten geschützten Merkmalen wie ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung oder sexuelle Orientierung hat der Gesetzgeber jedoch das den Grund Alter regelnden Gleichbehandlungsgebot insofern eingeschränkt, als dass unter bestimmten, in § 20 Abs. 3 GlBG geregelten Umständen eine Einschränkung des Diskriminierungsverbotes möglich wird, was bedeutet, dass diesfalls keine nach dem GlBG verpönte Diskriminierung, sondern eine rechtliche zulässige Differenzierung vorliegt.

Die zur Beurteilung der Zulässigkeit einer bestimmten Einschränkung vom Gesetzgeber aufgestellten Parameter sind demnach:

1.   Objektivität und Angemessenheit einer Maßnahme

1.   Legitimität des Ziels, insbesondere Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung, und

1.   Angemessenheit und Erforderlichkeit der zur Erreichung dieses Zieles eingesetzten Mittel.

Abs 4 leg cit führt dazu aus, dass derart gerechtfertigte Ungleichbehandlungen insb auch „die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung (…) sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen (…) (sein können), um die berufliche Eingliederung von älteren Arbeitnehmer/inne/n zu fördern (…).“

Das Regierungsprogramm 2013-2018, Kapitel 3 (siehe Seite 11-12), sieht als Ziel vor, die Beschäftigung Älterer zu steigern. Die Arbeitslosenquote der über Fünfzigjährigen liegt über dem Durchschnitt. Ältere, die ihre Beschäftigung verlieren, finden schwer wieder in den Arbeitsmarkt zurück. Eine daraus abgeleitete Maßnahme – die „Beschäftigungsinitiative 50+“ - richtet sich an Personen, die über 50 Jahre sind. Ziel ist, eine höhere Beschäftigung für diese Gruppe zu erreichen.

Diese Maßnahme richtet sich damit an jene Personen, für die es zunehmend schwieriger wird, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Im Jahr 2014 gab es am österreichischen Arbeitsmarkt 81.663 arbeitslos vorgemerkte Personen 50+, was eine Quote von 25,6% bedeute. Im Jahr 2015 waren es dann 93.814 Personen 50+,  was eine Steigerung von 14,9% bedeute.

Bei der Aktion 50+ handelte es sich um eine aus dieser Zielsetzung konkret ausfließende beschäftigungspolitische Maßnahme, die - um auf § 20 Abs 3 Z 3 Bezug zu nehmen – auch „angemessen und erforderlich“ ist, um die Beschäftigung älterer Personen am heimischen Arbeitsmarkt zu fördern. Eine gesetzliche Förderungsmaßnahme würde dann nicht entsprechend wirksam werden, wenn sich nicht einzelne ArbeitgeberInnen bei einer in diesem Sinne erfolgenden Auswahl im Bewerbungsverfahren darauf berufen könnten. Entspricht eine gesetzliche Förderungsmaßnahme den Anforderungen des § 20 Abs 3 und 4 GlBG, so muss diese Rechtfertigung auch von einzelne ArbeitgeberInnen zur Rechtfertigung einer Differenzierung nach dem Alter bei der Einstellung herangezogen werden können, ansonsten sie ihr Ziel verfehlen würde.

Der Antragsgegnerin wurde vom AMS nach glaubhafter Mitteilung die Aktion 50+ anempfohlen, um das im Regierungsprogramm angestrebte Ziel – die Steigerung der Beschäftigung älterer Arbeitssuchender – damit auch tatsächlich auf der Ebene des Abschlusses individueller Arbeitsverträge umsetzen zu können.

Die in weiterer Folge getätigte Einschränkung der BewerberInnen durch die Antragsgegnerin auf Personen „50+“ stellt somit im Hinblick darauf keine verpönte Diskriminierung jüngerer Personen auf Grund des Alters dar, sondern ist im Hinblick auf die hinter dieser Aktion stehende beschäftigungspolitische Maßnahme als zulässige – weil durch diese Maßnahme gerechtfertigte - Differenzierung zwischen BewerberInnen unterschiedlichen Alters iSd § 20 Abs 3 und 4 GlBG zu werten.

Daher liegt durch den Ausschluss des Antragstellers auf Grund seines Lebensalters von damals 43 Jahren keine Diskriminierung des Antragstellers bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund des Alters durch die Antragsgegnerin vor.

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2017
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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