Entscheidungsdatum
27.06.2017Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
StrSchG §18 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Königshofer über die Beschwerde des Herrn Dr. A. M. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 27.09.2016, Zl. MA 40-GR-209788/2016, betreffend Stilllegung des Röntgengerätes, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I.1. Mit Bescheid (Einstweilige Verfügung) vom 27.09.2016, Zl. MA 40 – GR – 209.788/2016, verfügte die belangte Behörde die Stilllegung des in der Ordination des Beschwerdeführers in Wien, K.-straße, befindlichen Röntgengeräts der Type Heliodent DS durch amtliche Versiegelung gemäß § 18 Abs. 1 Strahlenschutzgesetz (StrSchG). In weiteren Spruchpunkten wurde die Einstweilige Verfügung gemäß § 18 Abs. 2 StrSchG für sofort vollstreckbar erklärt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG im Interesse des öffentlichen Wohls wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde des unvertretenen Beschwerdeführers. Darin führte er im Wesentlichen aus, die dortigen Feststellungen seien nicht objektiv. Es sei weiters beschwerlich, jedes Mal zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit oder wegen Strahlenschutzmessungen bzw. Abnahmeprüfungen die MA 40 und die MA 6 zu bemühen, da dies für alle Beteiligten zeitaufwändig sei. Der Beschwerdeführer beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Beigebung eines Verfahrenshelfers zu seiner Vertretung und Konkretisierung der Beschwerde. Zugleich beantrage er die Aufhebung der Einstweiligen Verfügung bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
3. Mit Beschluss vom 07.12.2016, Zl. VGW-101/V/027/14894/2016-1, wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers als unzulässig zurück.
4. Mit Beschluss vom 07.12.2016, Zl. VGW-101/V/027/14893/2016-1, wies das Verwaltungsgericht Wien den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ab.
5. Mit Schreiben vom 22.05.2017 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Beigebung eines Verfahrenshelfers.
6. Mit Beschluss vom 26.06.2017, Zl. VGW-101/V/027/7919/2017-1, hat das Verwaltungsgericht Wien den neuerlichen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers abgewiesen.
7. In der Angelegenheit fand am 23.05.2017 und am 01.06.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Bei der Verhandlung am 23.05.2017 war eine Vertreterin der belangten Behörde anwesend, der Beschwerdeführer ist entschuldigt nicht erschienen. Da der Beschwerdeführer im Schreiben vom 16.05.2017 eine Vertagung beantragt hatte, erfolgte wunschgemäß die Fortsetzung der Verhandlung am 01.06.2017. Diesem Termin ist der Beschwerdeführer unentschuldigt ferngeblieben.
In der Verhandlung am 23.05.2017 wurden die Zeugen O., W. und D. einvernommen. Die Zeugin O., Dezernentin für Strahlenschutzverfahren, konnte sich an die Überprüfung in der Ordination des Beschwerdeführers noch erinnern. Es habe der Verdacht bestanden, dass der Beschwerdeführer ein Röntgengerät ohne die dafür erforderliche Bewilligung betrieben habe. Der Beschwerdeführer sei der belangten Behörde seit vielen Jahren bekannt. Es sei schon wiederholt vorgekommen, dass er nichtbewilligte Röntgengeräte betrieben habe. Die Zeugin könne sich daran erinnern, dass bei der Begehung der Ordination des Beschwerdeführers im Vorzimmer ein Röntgengerät vorgefunden worden sei. Dieses sei im betriebsbereiten Zustand gewesen. Eine allfällige, diesbezügliche Bewilligung werde von der MA 40 erteilt, eine solche sei für dieses Gerät aber nicht erteilt worden. Als der Beschwerdeführer mit der fehlenden Bewilligung konfrontiert worden sei, habe er sich dahingehend verantwortet, dass er es nur kurzfristig zum Test der Funktionsfähigkeit in Betrieb gehabt habe. Es habe bereits in der Vergangenheit eine unangekündigte Überprüfung des Röntgengeräts gegeben. Damals habe der Beschwerdeführer das Gerät vor den Augen der überprüfenden Behörden abgeschaltet, indem er ein Kabel durchtrennt habe. Dieses Kabel sei offensichtlich wiederhergestellt worden. Nach Erinnerung der Zeugin habe der Beschwerdeführer vor Jahren einmal einen Antrag auf Bewilligung des Betriebs des Röntgengeräts gestellt. Dieser Antrag sei rechtskräftig abgewiesen worden und seither sei kein weiterer Antrag mehr gestellt worden. Die belangte Behörde habe Erhebungen bei der Wiener Gebietskrankenkasse durchführt und festgestellt, dass der Beschwerdeführer offensichtlich Röntgenaufnahmen durchgeführt und diese mit der Krankenkasse verrechnet habe. Der Beschwerdeführer habe in den 1980er-Jahren einmal eine Bewilligung für ein Röntgengerät gehabt. Dann sei festgestellt worden, dass das Gerät ausgetauscht worden sei. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer über keine Bewilligung mehr verfügt, weil er die dafür nötigen Unterlagen nicht vorlegen könne.
Die Zeugin W., als Amtsärztin auch mit Kontrollen nach dem Strahlenschutzgesetz betraut, sagte aus, sie sei bei der Kontrolle am 27.09.2016 dabei gewesen. Es sei ihr gesagt worden, dass das Röntgengerät nicht bewilligt sei und es sei ihre Aufgabe gewesen, festzustellen, ob von diesem Gerät eine Gefährdung ausgehen könne. Diesbezüglich sei sie aus medizinischen Gründen von den Angaben des Technikers abhängig. Daher sei die Überprüfung gemeinsam mit dem Techniker, Herrn Mag. D. ausgeführt worden. Es seien keine Unterlagen über das gegenständliche Röntgengerät vorhanden gewesen, weshalb aus medizinischer Sicht und aufgrund der Aussagen des Technikers nicht ausgeschlossen habe werden können, dass vom gegenständlichen Röntgengerät eine Gefährdung ausgehen würde. Daher sei es aus der Sicht der Zeugin erforderlich gewesen, das Röntgengerät stillzulegen. Der Beschwerdeführer habe während der Überprüfung nicht viel gesagt. Er sei wortkarg und in Eile gewesen.
Der Zeuge D., Amtssachverständiger der MA 39 für die Überprüfung von Strahleneinrichtungen, gab an, bei einer unangekündigten Überprüfung am 27.09.2016 in der Ordination des Beschwerdeführers sei er anwesend gewesen. Davor habe es bereits im Juli 2016 eine Begehung der Ordination durch die MA 39 gegeben. Dabei sei das Röntgengerät vorgefunden worden, welches nicht eingeschaltet gewesen sei. Es habe dort ein Kabelgewirr gegeben und der Zeuge habe versucht den Kabelverlauf zu kontrollieren. Das habe den Zeugen zu einem Schalter in einer Lade geführt, welchen er aber auf Anweisung des Beschwerdeführers nicht betätigen habe dürfen. Der Zeuge habe daher davon ausgehen müssen, dass das Gerät nicht deaktiviert sei. Aus diesem Grund sei die gegenständliche Überprüfung am 27.09.2016 durchgeführt worden. Bei dieser Überprüfung sei das Gerät in einem betriebsbereiten Zustand gewesen. Der Beschwerdeführer habe dazu angegeben, dass er das Gerät selbst repariert habe und dieses wieder betriebsbereit sei. Das Problem in diesem Fall sei, dass der Beschwerdeführer nicht die erforderlichen technischen und baulichen Unterlagen vorlegen könne, welche für eine Bewilligung nötig seien. Damit könne auch nicht festgestellt werden, welche Auflagen und Bedingungen einzuhalten seien, um einen ordnungsgemäßen Betrieb des Röntgengeräts zu ermöglichen. Insbesondere müssten gesundheitliche Auswirkungen für Patienten und Personal ausgeschlossen werden können. Hier ginge es vorrangig um die Einhaltung der Ortsdosisgrenzwerte gemäß der medizinischen Strahlenschutzverordnung. Daher habe er seine Bedenken gegen den Weiterbetrieb des Röntgengeräts geäußert. Selbst im Falle einer ordnungsgemäßen Dokumentation sei es für eine Bewilligung erforderlich, eine sogenannte Abnahmeprüfung durchzuführen. Dies diene dazu, zu prüfen, ob die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden würden. Darüber hinaus sei auch im Bewilligungsfall eine regelmäßige Überprüfung des Geräts durchzuführen. Bei einem Gerät dieser Konfiguration sei nach der ÖNORM eine zumindest halbjährliche Überprüfung nötig.
In der Verhandlung am 01.06.2017 verwies die Vertreterin der belangten Behörde auf den Inhalt der Niederschrift vom 27.09.2016 sowie auf die in der vorangegangenen Verhandlung erfolgten Zeugeneinvernahmen. Aus diesen gehe hervor, dass das Vorgehen der belangten Behörde, das gegenständliche Röntgengerät stillzulegen, rechtmäßig gewesen sei. Es werde daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
8. Hierzu wurde erwogen:
a) Zum Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Zahnarzt und hat in seiner Ordination in Wien, K.-straße, über Jahre hinweg ein nicht bewilligtes Röntgengerät der Marke Sirona, Type Heliodent DS, betrieben. Im Juli 2016 führte die MA 39 eine unangekündigte Überprüfung der Ordination des Beschwerdeführers durch, bei welcher das nicht bewilligte Röntgengerät abgeschaltet vorgefunden wurde. Im Zuge dieser Überprüfung wurde ein Schalter in einer Lade entdeckt, den das Prüforgan der MA 39 auf Anweisung des Beschwerdeführers nicht betätigen durfte.
Am 27.09.2016 fand eine weitere unangekündigte Überprüfung der Ordination des Beschwerdeführers statt, welche von Vertretern der MA 40, MA 39, MA 15, MA 6 und des Arbeitsinspektorat für den 3. Aufsichtsbezirk durchgeführt wurde. Dabei wurde das Röntgengerät in betriebsbereitem Zustand vorgefunden. Es befand sich in einem Vorraum zum Behandlungsraum, welcher auch zum Eingangsbereich der Ordination hin offen ist. In diesem Bereich befindet sich auch der Zugang zum Warteraum und zur Patiententoilette. In diesem Vorraum befand sich auch ein Anschlag mit den Worten: „Der Aufenthalt im Vorraum ist wegen Röntgenstrahlen behördlich untersagt. Wir danken für Ihr Verständnis.“ Auch die Eingangstür zur Nachbarwohnung befand sich in Nutzstrahlenrichtung. Seit der Abweisung des letzten Bewilligungsantrags waren keine neuen Unterlagen für die Bewilligung des Röntgengeräts besorgt worden. Es konnten weder strahlenschutzrelevante Unterlagen, wie z.B. eine normgerechte Strahlenschutzbauzeichnung oder ein Prüfbericht über durchgeführte Strahlenschutzmessungen, noch sonstige für eine Bewilligung nötige Unterlagen, wie z.B. ein Abnahmeprotokoll, vorgewiesen werden. Auch eine wiederkehrende sicherheitstechnische Überprüfung des Röntgengeräts nach dem Medizinproduktegesetz oder sicherheitstechnische Überprüfungen der elektrischen Anlagen wurden nicht durchgeführt.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden, unbedenklich erscheinen Akteninhalt, insbesondere aus den glaubwürdigen, übereinstimmenden und auf ihren jeweiligen Sachverstand beruhenden Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien einvernommenen Zeugen, welche eine Gefährdung durch die Strahlung des gegenständlichen Röntgengeräts nicht ausschließen konnten.
b) In rechtlicher Hinsicht:
Gemäß § 18 Abs. 1 StrSchG hat die Behörde in Fällen unmittelbar drohender Gefahr, bedingt durch den Umgang mit Strahlenquellen, alle geeigneten Maßnahmen zu veranlassen, um diese Gefahr abzuwenden. Sie kann zu diesem Zweck einstweilige Verfügungen erlassen sowie nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes über die Ersatzvornahme vorgehen.
Gemäß § 18 Abs. 2 StrSchG sind Einstweilige Verfügungen gemäß Abs. 1 im Sinne des § 8 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz sofort vollstreckbar.
Gegenständlich ist zu prüfen, ob das Vorgehen der belangten Behörde bei der Überprüfung am 27.09.2016, nämlich die Stilllegung des gegenständlichen Röntgengeräts durch amtliche Versiegelung, rechtmäßig war. Für das Vorgehen nach § 18 Abs. 1 StrSchG muss nach dem Wortlaut dieser Bestimmung eine unmittelbar drohende Gefahr vorliegen, welche durch den Umgang mit Strahlenquellen bedingt ist. Das ist im gegenständlichen Fall gegeben: Das nicht bewilligte Röntgengerät ist so situiert, dass durch die mangelnde Strahlenschutzqualität, welche von den amtlichen Sachverständigen bei der Überprüfung der Ordination des Beschwerdeführers am 27.09.2016 festgestellt wurde, sowohl Patienten und Personal, als auch die Bewohner der Nachbarwohnung durch die Inbetriebnahme des Geräts der Gesundheitsgefährdung durch Röntgenstrahlung ausgesetzt werden. Und wie bereits im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, besteht aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers hinsichtlich der Inbetriebnahme des nicht bewilligten Röntgengeräts die berechtigte Befürchtung, dass eine rein technische Stilllegung des Geräts durch Entfernung des Netzsteckers nicht ausreichen wird, um den Beschwerdeführer von der erneuten bewilligungslosen Inbetriebnahme des Röntgengeräts abzuhalten.
Daher ist das Vorgehen der belangten Behörde, das gegenständliche Röntgengerät amtlich zu versiegeln, als rechtmäßig anzusehen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren war nicht geeignet, die schlüssige und nachvollziehbare Begründung des behördlichen Vorgehens in Zweifel zu ziehen. Vielmehr hat sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, die regelmäßigen behördlichen Überprüfungen als „beschwerlich“ und „zeitaufwändig“ zu bezeichnen. Am Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien hat der Beschwerdeführer nicht teilgenommen.
Zum Vorbringen im Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses vom 16.06.2017 ist zu sagen, dass das Verwaltungsgericht Wien über alle Anträge des Beschwerdeführers (Verfahrenshilfe, Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung), wie weiter oben ersichtlich, entschieden hat und der Beschwerdeführer, wie bereits erwähnt, zur Verhandlung am 01.06.2017 unentschuldigt nicht erschienen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Strahlenschutz; Einstweilige Verfügung; Stilllegung eines Röntgengerätes; bewilligungslose Inbetriebnahme; öffentliches Wohl; Gefahr in Verzug; Strahlenquelle; Strahlenschutzqualität; unmittelbar drohende Gefahr; GesundheitsgefährdungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.027.14701.2016Zuletzt aktualisiert am
07.12.2017