TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/8 VGW-102/067/5517/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.2017
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Entscheidungsdatum

08.09.2017

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
41/01 Sicherheitsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
SPG §28a Abs3
SPG §35
VStG §35
FSG §14 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß § 88 Abs. 1 und Abs. 2 SPG in Verbindung mit Art. 132 Abs. 2 B-VG und den §§ 7 ff VwGVG des Herrn Mag. M. K., Wien, D.-straße, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Identitätsfeststellung von Seiten der Organe der Landespolizeidirektion Wien am 02.04.2017, in 1220 Wien, Wagramer Straße 79, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 08.08.2017,

zu Recht e r k a n n t und v e r k ü n d e t:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Feststellung der Identität am 02.04.2017 beim Donauplex (in 1220 Wien, Wagramer Straße 79) für rechtswidrig erklärt.

2. Das Land Wien als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 35 VwGVG dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand und 922,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 1.659,60 Euro an Aufwandersatz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit am 19.04.2017 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer eine Maßnahmenbeschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Identitätsfeststellung am 02.04.2017 durch Organe der Landespolizeidirektion Wien und brachte darin Folgendes vor:

I. Sachverhalt:

Am 02.04.2017 stand ich gemeinsam mit 3 weiteren Personen vor dem Behindertenparkplatz des Cineplex Donauplex, welches sich in der Wagramer Straße 79, 1220 Wien befindet. Ich lehnte mich an den auf den Gehbehindertenparkplatz parkenden Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen W-7. Im Pkw war hinter der Windschutzscheibe der Behindertenausweis des Herrn A. K., der sich im Einkaufszentrum aufgehalten hatte. Gegen 17 Uhr fuhr eine Polizeistreife im Schritttempo und kontrollierte die dort parkenden Fahrzeuge. Auch der PKW mit dem obig genannten amtlichen Kennzeichen wurde kontrolliert. Noch während beide Polizeibeamten in ihrem Fahrzeug waren, öffnete einer der beiden Polizisten das Fenster der Beifahrerseite und gab mir durch Zurufen zu verstehen, ich habe das Fahrzeug in einem absolutem Halte- und Parkverbot abgestellt.

Daraufhin erwiderte ich dem Beamten, dass anhand der sich am Ort befindlichen Verkehrstafel dieses Verbot Behindertenfahrzeuge ausnimmt, zumal eine Zusatztafel "ausgenommen Kraftfahrzeuge von Behinderten" angebracht war. Demzufolge stellten die Polizisten ihr Fahrzeug parallel zu dem auf der Behindertenzone parkenden Fahrzeug ab, stiegen aus und gingen auf mich zu. Es begann eine Diskussion zwischen dem Polizisten und mir, da der Polizist nicht erkannte, dass ein Gehbehindertenausweis hinter der Windschutzscheibe vorhanden war. Stattdessen sagte der amtsführende Polizist namens Ma. W., Dienstnummer ..., mir gegenüber, mich aus einer anderen Amtshandlung in 1220 Wien, Quadenstraße, zu kennen. Der Polizist habe in Erinnerung, ich hätte auch damals mit ihm diskutiert.

Der Polizist unterstellte mir weiters, ich sei der Lenker des Fahrzeugs und habe mutmaßlich das Fahrzeug dort abgestellt. Als ich dies verneinte, forderte der Polizist mich auf, mitzuteilen, wer stattdessen das Fahrzeug in dieser Parklücke abstellte. Da ich nicht der Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs bin und mich daher keine Pflicht trifft, einer solchen Aufforderung nachzukommen, machte ich diesbezüglich keine Angaben. Ich teilte mit, dass ich lediglich weiß, wem der Gehbehindertenausweis gehört, und zwar dem Herrn A. K.. Der Polizist unterstellte mir trotz Verweis auf den Gesetzestext (Lenkererhebung gem. § 103 Abs. 2 KFG), ich hätte das Fahrzeug dort abgestellt und forderte mich auf, meine Identität darzulegen, ansonsten sei er ermächtigt, mich zu verhaften. Eine Begründung konnte der Polizist nicht nennen. Weiters forderte mich der Polizist auf, mich nicht an das Fahrzeug anzulehnen, ansonsten müsste er mich auch verhaften. Auch diesbezüglich machte ich ihn darauf aufmerksam, dass dies - wenn überhaupt - eine privatrechtliche Angelegenheit ist und diese daher nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, da er als Organ im öffentlichen Recht urgiert.

Zwischenzeitlich versammelte sich eine Vielzahl an Menschen, die die Amtshandlung verfolgten. Um die Zwangsdurchsetzung der Identitätsfeststellung zu vermeiden, legte ich meine Lenkerberechtigung vor. Dennoch belehrte ich den Polizisten, dass die gesetzlich normierten Voraussetzungen einer Identitätsfeststellung gem. § 35 SPG nicht erfüllt sind. Als Antwort seitens des Polizisten kam, er sei „Chef seiner Abteilung“, sodass er über seine Rechte Bescheid wisse und lasse sich von keinem Ausländer etwas vorschreiben. Dennoch ließ ich mich von der Provokation nicht aus der Fassung bringen und händigte die Lenkerberechtigung aus.

Aus Beweisgründen wollte ich das geparkte Auto mit dem Schild digital Festhalten. Provokant blieb der oben erwähnte Polizist jedoch beim Auto stehen und teilte mir mit, dass er selber auch in Linz Rechtswissenschaften studiere, dass er daher sehr gut über seine „Bildschutzrechte“ informiert wäre und dass ich so kein Foto machen dürfe. Um seine Aussage zu stützen verwies er diesbezüglich auf eine OGH-Entscheidung. Da er von dieser die Geschäftszahl jedoch nicht wusste, habe ich mir die Zeit genommen und diese noch am selben Tag eruiert. Die besagt OGH-Entscheidung (GZ 6 Ob 256/12h) besagt nicht, so wie der Polizist glaubte zu wissen, dass man niemals einen Polizisten fotografieren dürfe, sondern nur dass man das nicht aus purer Belustigung (!) tun dürfe. Zur Aufnahme von Beweisen oder Dokumentationszwecken jedoch sehr wohl. Der Polizist prahlte immer wieder mit seinem laufenden Rechtsstudium und seinen juristischen Kenntnissen. Nichtsdestotrotz hat er mir mehrmals, auch in dieser Angelegenheit, eine falsche Rechtsauskunft erteilt, und sich in dieser Situation sogar dreist auf eine falsch interpretierte OGH-Entscheidung gestützt. Nur mühsam ließ er sich bitten 2 Meter zur Seite zu gehen um die Beweisaufnahme fortzusetzen.

Die Polizisten notierten sich die Ausweisdaten, weigerten sich jedoch den Ausweis zu retournieren, bis der Beamte festgestellt hat, wer tatsächlich mit dem Fahrzeug gefahren ist. Nachdem sich Frau R., die ebenso im Studium des Wirtschaftsrecht weit fortgeschritten ist, urgierte und den Polizisten darauf aufmerksam machte, dass die Amtshandlung mit Rechtswidrigkeit behaftet ist und dies für ihn bestimmt Folgen haben wird, wurde die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers wieder ausgefolgt. Diese rechtswidrige Amtshandlung dauerte bis etwa 17:40 an. Am Ende der Amtshandlung gab der Exekutivbeamte wiederum nach einer langen und mühsamen Diskussion seine Dienstnummer bekannt.

Beweis: Parteienvernehmung

Zeugin N. R., G.-Str, Sch.,

Zeuge Mi. S., …, Wien

beizuschaffender Akt der Landespolizeidirektion Wien,

Vorzulegende Ablichtungen Vorort

II. Angaben zur Zulässigkeit der Beschwerde

Bei der Identitätsfeststellung nach § 35 SPG handelt es sich um einen Akt unmittelbarer behördlicher Befehlsgewalt, welche gem. Art. 130 Abs. 1 Zi. 2 iVm § 88 Abs. 1 SPG mit einer Maßnahmenbeschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Wien bekämpft werden kann. Gem. § 3 Abs. 2 Z 2 VwGVG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, im vorliegenden Fall also Wien. Es handelt sich bei der Identitätsfeststellung um einen Akt mit normativem Gehalt, da auch nach meinem mehrmaligen Nachfragen auf der Identitätsfeststellung beharrt wurde und ich davon ausgehen musste, dass diese ansonsten mit Zwang durchgesetzt werden würde. Da meine Identität festgestellt wurde, war ich Adressat unmittelbarer Befehlsgewalt und bin somit beschwerdelegitimiert. Da die Kontrolle am 02.04.2017 vorgenommen wurde, erhebe ich gem. §§ 7 Abs. 4 VwGVG iVm 88 Abs. 4 SPG innerhalb von 6 Wochen fristgerecht Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht.

III. Beschwerdegründe:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Ausübung unmittelbar behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person liegt nach dieser Rechtsprechung nur vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handels mehr bedarf, um den geforderten Zustand herzustellen (VwGH 25.06.1997, Zl.: 95/01/0600). Unverzichtbares Inhaltsmerkmal eines Verwaltungsaktes in der Erscheinungsform eines Befehls, d. h. der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt, ist der Umstand, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.11.1988, Slg Nr. 11.878).

Im vorliegenden Fall wurde ich aufgefordert, meinen Ausweis zu zeigen, ansonsten müsste der Polizist mich verhaftet. Die Aufforderung seine Identitätsdaten bekannt zu geben, erfolgte somit in interaktiver Befehlsform im Sinne des § 88 Abs. 1 SPG iVm § 35 Abs. 1 Zi. 1 SPG (vgl. VwGH 13.12.2005, 2005/01/055). Unabhängig davon ist eine Zuordnung, ob zur Beurteilung § 88 Abs. 1 oder 2 SPG zur Anwendung gelangt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Rechtschutz nicht relevant und kann entfallen (VwGH 29.07.1998, 97/01/0448).

Weiters verstößt die Amtshandlung gegen § 5 Abs. 1 Richtlinienverordnung, da Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, der Rasse oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung empfunden zu werden. Die Bezeichnung meiner Person als Ausländer ist zweifelsohne eine Diskriminierung. Auch die Aussage, er kenne mich aus einer anderen Amtshandlung, indiziert die Voreingenommenheit.

Gemäß § 28a Abs. 3 SPG dürfen die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in die Rechte eines Menschen bei Erfüllung der ihnen nach dem SPG übertragenen Aufgaben nur dann eingreifen, wenn eine solche Befugnis im SPG vorgesehen ist und wenn entweder andere Mittel zur Erfüllung unserer Aufgaben nicht ausreichen oder wenn der Einsatz anderer Mittel außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht. Jeder Rechtssphäreneingriff setzt daher – soll er rechtmäßig sein – voraus, dass eine Befugnis vorgesehen ist, die die erwogene sicherheitspolizeiliche Maßnahme trägt.

Die Voraussetzungen, unter denen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität ermächtigt werden, sind im § 35 Abs. 1 SPG taxativ aufgezählt. Eine Identitätsfeststellung im Sinne des § 35 Abs. 1 Zi. 1 SPG wäre zulässig, wenn der einschreitende Beamte aufgrund bestimmter Tatsachen Grund zur Annahme gehabt hätte, der Beschwerdeführer stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen. Dabei ist der Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt des Einschreitens zu Grunde zu legen und zunächst zu fragen, ob er vertretbaren annehmen könnte, es liege ein gefährlicher Angriff vor. Gegebenenfalls ist vom selben Erkenntnishorizont aus zu prüfen, ob die Annahme gerechtfertigt war, der Beschwerdeführer stehe mit diesem gefährlichen Angriff in Zusammenhang oder könne über denselben Auskunft erteilen.

Der Versuch einer der im § 16 Abs. 2 SPG genannten gerichtlich strafbaren Handlung begründet bereits einen Angriff im Sinne dieser Norm. § 16 Abs. 3 SPG unterstellt dem Begriff des gefährlichen Angriffs – über den Versuch hinaus – auch noch Vorbereitungshandlungen, soweit sie in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung stehen. Der gefährliche Angriff beginnt daher bereits mit dem in Absatz 3i umschriebenen letzten Vorbereitungsstadium (Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz 4, 2011, 202).

Die Feststellung meiner Identität war rechtswidrig, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Ich war am 02.04.2017 lediglich vor dem Einkaufszentrum und habe dort keinerlei rechtswidrige Handlungen gesetzt.

Ich habe keine Verwaltungsübertretung begangen, weswegen § 35 VStG als Rechtsgrundlage nicht in Betracht kommt. Auch ist kein Tatbestand des § 35 SPG erfüllt, da ich selbst weder einen gefährlichen Angriff getätigt habe, noch berechtigterweise der Verdacht bestanden haben könnte, dass ich über einen solchen Auskunft hätte geben können. Auch die anderen Tatbestände des § 35 SPG sind nicht erfüllt.

Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass nur deswegen meine Identität kontrolliert wird, weil - wie der Polizist selbst sagte - er mich aus einer anderen Amtshandlung kennt und dass er sich von einem Ausländer nichts sagen lässt.. Dies stellt aber keine taugliche Rechtsgrundlage für eine Identitätsfeststellung dar.

Daher wurde ich in meinem Recht, nicht ohne entsprechende gesetzliche Grundlage einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt unterzogen zu werden, verletzt.

Die Aufforderung meine Identitätsdaten bekannt zu geben, erfolgte somit in interaktiver Befehlsform im Sinne des § 88 Abs. 1 SPG iVm § 35 Abs. 1 Zi. 1 SPG (vgl. VwGH 13.12.2005, 2005/01/055), zumal der Beamte mir mit einer Inhaftierung drohte und mich somit unter massiven Druck setzte. Unabhängig davon ist eine Zuordnung, ob zur Beurteilung § 88 Abs. 1 oder 2 SPG zur Anwendung gelangt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Rechtschutz nicht relevant und kann entfallen (VwGH 29.07.1998, 97/01/0448).

Nachdem ich von den Beamten auf eine solche Art und Weise unter Druck gesetzt worden bin, dass ich mit Zwangsmaßnahmen, insbesondere mit einer Festnahme, rechnen musste, sofern er seine Identität nicht freiwillig bekannt geben werde und kein Rechtfertigungsgrund für meine Identitätsfeststellung gegeben war, ist die Maßnahme der belangten Behörde rechtswidrig.

IV. Anträge

Daher werden gestellt die

A n t r ä g e,

das Landesverwaltungsgericht Wien möge

1. eine mündliche Verhandlung durchführen;

2. die verfahrensgegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gem. § 28 Abs. 6 VwGVG für rechtswidrig erklären;

3. gem. § 35 Abs. 1 VwGVG dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Es werden die Kosten der § 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG begehrt.

Wien, 19.04.2017        Mag. M. K.“

Dem Beschwerdeschriftsatz angeschlossen waren drei Fotoausdrucke.

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der an der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht. Die belangte Behörde erstattete am 29.05.2017 eine Gegenschrift mit nachstehendem Inhalt:

„Die Landespolizeidirektion Wien legt die den beschwerdegegenständlichen Vorfall betreffende Eintragung in den Tagesbericht der PI ... vor und erstattet nachfolgende

GEGENSCHRIFT.

I.       SACHVERHALT

Der Sachverhalt ergibt sich aus der vorgelegten Tagesberichteintragung über die Amtshandlung, welche von AbtInsp. W. Ma. geführt wurde und bei der VB/S G. P. als weiterer EB anwesend war.

Beweis: vorgelegte Tagesberichteintragung

II.      RECHTSLAGE

Der BF (in der Folge kurz: „BF“) erachtet seine Identitätsfeststellung mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 35 Abs. 1 SPG für rechtswidrig.

Anlässlich der Kontrolle von Kfz in einer Halte- und Parkverbotszone fiel Abt.Insp. W. der an einem dort abgestellten Fahrzeug lehnende und einen Fuß darauf abstützende BF auf. Aufgrund der konkreten Situation entstand für den einschreitenden EB – im Wissen um die häufig vorkommende missbräuchliche Verwendung von Ausweisen gemäß § 29b StVO – der Verdacht, es könnte diesbezüglich eine Verwaltungsübertretung vorliegen. Der EB begann in der Folge eine Amtshandlung und versuchte im Rahmen der Vollziehung der StVO den hier vorliegenden Sachverhalt zu klären, um die Einleitung eines späteren Verwaltungsstrafverfahrens zu sichern. Zu diesem Zweck richtete er an den BF diverse (bloße) Fragen. Der BF ging auf diese Fragen kaum ein, äußerte aber, den Namen des Inhabers des Ausweises gemäß § 29b StVO zu kennen. Daraufhin forderte der EB den BF auf, sich auszuweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der BF ein Verhalten zeigte, wie es für gewöhnlich nur von über das Fahrzeug Verfügungsberechtigten gezeigt wird. Da die diversen Fragen zur Klärung des Sachverhalts bis zum Schluss ohne Erfolg verliefen, beendete der EB die Amtshandlung schließlich ergebnislos.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG

Die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

An Kosten werden

?   Schriftsatzaufwand und

?   Vorlageaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

Der Gegenschrift beigeschlossen war ein Dienstvermerk des AbtInsp. Ma. W., worin festgehalten ist:

„Am heutigen Tag um 17.07 Uhr kontrollierte der V/… (G., VB/S) und ich KFZ, die in einem absoluten Halte–und Parkverbot ausgenommen mit Behindertenausweis, stehen. Bei der Kontrolle eines Audi … mit dem beh. Kz.: W-7 lehnte eine männliche Person mit dem Rücken und einem Fuß an dem betreffenden Fahrzeug. Im Fahrzeug war ein Behindertenausweis hinterlegt. Ich ging jetzt zu der betreffenden Person und fragte diese, ob er der momentane Besitzer sei. Der Grund war das Anlehnen bzw. ein möglicher Fußabrieb, der am Fzg. entstehen kann. Die Person mokierte sich äußerst bei der AH, was sehr unkooperativ und konnte erst nach einigen Minuten einen Ausweis vorweisen. Es handelte sich um Mag. K. M.,... 1990 geb., Leg.: öst Fsch. Nr.: ... von LPD Burgenland. Am Fzg. konnte durch mich keine Substanzbeeinträchtigung wahrgenommen werden. Eine Visitenkarte mit inkludierter Dienstnummer wurde am Ende der AH durch mich ausgefolgt.

W., AI.“

3. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 08.08.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache durch, zu welcher der Beschwerdeführer sowie die Zeugen N. R., Mi. S., AbtInsp. Ma. W. und VB/S P. G. ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde blieb entschuldigt der Verhandlung fern.

Am 08.08.2017 wurde in Anschluss an die öffentliche mündliche Verhandlung die oben im Spruch wiedergegebene Entscheidung verkündet – mit Schriftsatz vom 16.08.2017 beantragte die belangte Behörde die Erkenntnisausfertigung.

II.1. Das Verwaltungsgericht Wien hat folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Der Beschwerdeführer hielt sich am 02.04.2017 mit Frau R. und Herrn S. vor dem Donauplex in der Wagramer Straße 79, 1220 Wien, auf. Dabei standen sie in unmittelbarer Nähe zu einem Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-7, welches in einem Halte- und Parkverbot, ausgenommen für Personen mit Behinderung, abgestellt war. Mit diesem Fahrzeug hat zuvor Frau R. auf Ersuchen des Beschwerdeführers dessen Vater zum Donauplex gefahren, das Fahrzeug vor Ort abgestellt und den auf den Vater des Beschwerdeführers ausgestellten Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO im Fahrzeug hinterlegt. In weiterer Folge warteten sie gemeinsam auf den Vater des Beschwerdeführers, um diesen weiter zu chauffieren.

Gegen 17 Uhr hielt parallel zu diesem Fahrzeug ein Funkstreifenwagen der belangten Behörde mit den Sicherheitswachebeamten AbtInsp. W. und VB/S G. an. AbtInsp. W. machte den Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass das Fahrzeug, an dem er zu diesem Zeitpunkt lehnte, im Halte- und Parkverbot abgestellt sei. Als sich nach einem Gespräch mit dem Beschwerdeführer in weiterer Folge herausstellte, dass hinter der Windschutzscheibe des Fahrzeuges ein Behindertenausweis gemäß § 29b StVO eingelegt war, forderte AbtInsp. W. den Beschwerdeführer, sich auszuweisen. AbtInsp. W. wollte eine möglicherweise missbräuchlich erfolgte Verwendung des Behindertenausweises abklären, weshalb er auch den Beschwerdeführer nach seinem Ausweis fragte. Einen Grund für die Aufforderung zur Ausweisleistung bzw. Identitätsfeststellung teilte AbtInsp. W. dem Beschwerdeführer trotz Nachfragens jedoch nicht mit. Dem Beschwerdeführer wurde von den einschreitenden Organen nicht vorgeworfen eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben; er wurde auch nicht von den einschreitenden Organen bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten.

Der Beschwerdeführer war nicht zu einem freiwilligen Nachweis seiner Identität bzw. zur freiwilligen Ausweisleistung bereit. Erst nach Androhung seiner Verhaftung bzw. Festnahme durch AbtInsp. W. wies sich der Beschwerdeführer mit seinen Führerschein aus Angst vor einer bevorstehenden Zwangsmaßnahme durch die Sicherheitsorgane aus. Der Führerschein wurde dem Beschwerdeführer nach anfänglichem Zuwarten auf die Rückkehr des Inhabers des Behindertenausweises zum abgestellten Fahrzeug (dieses Ansinnen wurde in weiterer Folge von AbtInsp. W. aufgegeben) retourniert.

2. Die Feststellungen gründen sich auf das Beschwerdevorbringen, auf die Gegenschrift der belangten Behörde samt Dienstvermerk des AbtInsp. Ma. W. und auf die Einvernahmen des Beschwerdeführers und der Zeugen N. R., Mi. S., AbtInsp. Ma. W. und VB/S P. G. in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Die Örtlichkeit der Amtshandlung in 1220 Wien, Wagramer Straße 79, geht aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers, der Zeugen R., S. und VB/S G. und den der Beschwerde beigeschlossenen Lichtbildaufnahmen hervor. Ebenso ist unbestritten, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-7 in einem Halte- und Parkverbot, ausgenommen für Personen mit Behinderung, abgestellt war und im Fahrzeug ein Ausweis, der zum Abstellen des Fahrzeuges in der entsprechend gekennzeichneten Örtlichkeit berechtigt, eingelegt war.

Die Feststellungen hinsichtlich der Aufforderung zur Ausweisleistung durch AbtInsp. W. stützen sich insbesondere auf die glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugen S. und R. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien. Dass eine solche Aufforderung tatsächlich erfolgt ist, wurde auch von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vom 23.05.2017 zugestanden. Der Beschwerdeführer hat glaubhaft ausgesagt, dass er zu einer freiwilligen Ausweisleistung und Identitätsfeststellung nicht bereit war. So hat er die gesetzlichen Voraussetzungen dafür als nicht vorliegend gegeben erachtet und hat erfolglos nach der Rechtsgrundlage für die Ausweisforderung gefragt. Den Führerschein zeigte er erst vor, als ihm die Festnahme bzw. Verhaftung angedroht wurde. Dass es zu einer solchen Androhung gekommen war, haben der Beschwerdeführer und die Zeugen S. und R. glaubhaft ausgesagt. Der Zeuge AbtInsp. W. will zwar eine „Verhaftung“ nicht angedroht haben, räumte aber ein, dass er schon gesagt haben könne, dass sich die Anhaltung verzögern würde, wenn der Ausweis nicht geleistet werde. Lediglich der Zeuge G. sagte aus, dass dem Beschwerdeführer keinesfalls die Verhaftung, Festnahme oder dergleichen für den Fall der Weigerung der Führerscheinleistung angedroht wurde. Die Aussage des Zeugen G. war in diesem Punkt ebenso wenig in Einklang mit den Verfahrensergebnissen zu bringen, wie in jenem Punkt, wo er aussagte, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug gelenkt: Dass der Beschwerdeführer selbst das Fahrzeug vor Ort gelenkt bzw. abgestellt hat, wurde weder von ihm noch von der Zeugin R. ausgesagt – beide sagten gerade Gegenteiliges aus. Dass der Zeuge G. ein Lenken des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer unmittelbar selbst gesehen hat, ist nicht hervorgekommen und auch wenig wahrscheinlich, war doch der Beschwerdeführer am abgestellten Fahrzeug lehnend durch die im Funkstreifenwagen vorbeifahrenden Polizisten wahrgenommen worden. Letztlich hat der Beschwerdeführer auch glaubhaft ausgesagt, dass er gegenüber den einschreitenden Organen gesagt hat, er habe nicht das Fahrzeug gelenkt sowie, dass er die Auskunft, welche Person das Fahrzeug gelenkt und abgestellt hat gegenüber den einschreitenden Organen mit den Hinweis darauf, dass ihn zur Erteilung dieser Auskunft keine rechtliche Verpflichtung treffe, verweigert hat. Das Verwaltungsgericht Wien erachtet es aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Aussagen des Beschwerdeführers sowie der Zeugen S. und R. als überwiegend wahrscheinlich, dass dem Beschwerdeführer zur Erwirkung einer Ausweisleistung zum Zweck der Feststellung seiner Identität im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung eine Verhaftung bzw. Festnahme angedroht wurde.

Ein Grund für die Forderung nach dem Ausweis bzw. Führerschein wurde dem Beschwerdeführer seiner Aussage und jener der Zeugin R. zufolge nicht genannt. Auch AbtInsp. W. sagte aus, nicht in Erinnerung zu haben, den Beschwerdeführer einen Grund für die Ausweisforderung genannt zu haben.

Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist kein Anhaltspunkt hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten wurde, dem Beschwerdeführer die Begehung einer Verwaltungsübertretung konkret vorgeworfen wurde oder er im Verdacht stand im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff zu stehen und als Rechtsgrundlage für die Ausweisleistung etwa § 35 des Sicherheitspolizeigesetzes oder § 35 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 herangezogen wurde. Erstmals im Zuge der Einvernahme der Zeugen W. und G. wurde als gesetzliche Grundlage für die Ausweisforderung § 14 Abs. 1 des Führerscheingesetzes – FSG ins Treffen geführt. Ein entsprechender Anhaltspunkt dafür, dass diese Rechtsgrundlage bei der Amtshandlung vor Ort die maßgebende war, ist nicht dokumentiert; von der belangten Behörde war diese Rechtsgrundlage in der Gegenschrift nicht angesprochen.

III.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2. § 35 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV), zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2016, lautet wie folgt:

Festnahme

§ 35. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn

1.

der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

2.

begründeter Verdacht besteht, daß er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

3.

der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.“

3. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 130/2017, lauten auszugsweise:

Sicherheitspolizeiliche Aufgabenerfüllung
§ 28a.

(1) Wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer Gefahrensituation rechtfertigen, obliegt den Sicherheitsbehörden, soweit ihnen die Abwehr solcher Gefahren aufgetragen ist, die Gefahrenerforschung.

(2) Die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen zur Erfüllung der ihnen in diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben alle rechtlich zulässigen Mittel einsetzen, die nicht in die Rechte eines Menschen eingreifen.

(3) In die Rechte eines Menschen dürfen sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben nur dann eingreifen, wenn eine solche Befugnis in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist und wenn entweder andere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder wenn der Einsatz anderer Mittel außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht.“

Identitätsfeststellung
§ 35.

(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt,

1.

wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen;

2.

wenn der dringende Verdacht besteht, daß sich an seinem Aufenthaltsort

a)

mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen oder

b)

flüchtige Straftäter oder einer Straftat Verdächtige verbergen;

3.

wenn er sich anscheinend im Zustand der Hilflosigkeit befindet und die Feststellung der Identität für die Hilfeleistung erforderlich scheint;

4.

wenn der dringende Verdacht besteht, daß sich an seinem Aufenthaltsort Fremde befinden, die nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind;

5.

wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, es handle sich

a)

um einen abgängigen Minderjährigen (§ 162 Abs. 1 ABGB) oder

b)

um einen Menschen, der auf Grund einer psychischen Krankheit das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet oder

c)

um einen Untersuchungshäftling oder Strafgefangenen, der sich der Haft entzogen hat.

6.

wenn nach den Umständen anzunehmen ist, der Betroffene habe im Zuge einer noch andauernden Reisebewegung die Binnengrenze überschritten oder werde sie überschreiten;

7.

wenn der Betroffene entlang eines vom internationalen Durchzugsverkehr benützten Verkehrsweges unter Umständen angetroffen wird, die für grenzüberschreitend begangene gerichtlich strafbare Handlungen typisch sind;

8.

wenn dies für die Verhängung eines Betretungsverbotes nach den §§ 36a Abs. 3 und 4 und 38a Abs. 1 und 6 sowie für die Überprüfung und Durchsetzung desselben notwendig ist;

9.

wenn dies für die Verhängung eines Betretungsverbots in einem Sicherheitsbereich bei Sportgroßveranstaltungen gemäß § 49a und die Durchsetzung desselben notwendig ist.

(2) Die Feststellung der Identität ist das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift eines Menschen in dessen Anwesenheit. Sie hat mit der vom Anlaß gebotenen Verläßlichkeit zu erfolgen.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben Menschen, deren Identität festgestellt werden soll, hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken und die unmittelbare Durchsetzung der Identitätsfeststellung zu dulden.“

Recht auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen
§ 87.

Jedermann hat Anspruch darauf, daß ihm gegenüber sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur in den Fällen und der Art ausgeübt werden, die dieses Bundesgesetz vorsieht.“

Beschwerden wegen Verletzung subjektiver Rechte
§ 88.

(1) Die Landesverwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG).

(2) Außerdem erkennen die Landesverwaltungsgerichte über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

(3) Beschwerden gemäß Abs. 1, die sich gegen einen auf dieses Bundesgesetz gestützten Entzug der persönlichen Freiheit richten, können während der Anhaltung bei der Sicherheitsbehörde eingebracht werden, die sie unverzüglich dem Landesverwaltungsgericht zuzuleiten hat.

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde beträgt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hat, wenn er aber durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung. Die Beschwerde ist beim Landesverwaltungsgericht einzubringen.“

4. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch Bundegesetz, BGBl. I Nr. 68/2017, lauten auszugsweise:

§ 24. Halte- und Parkverbote.

(1) Das Halten und das Parken ist verboten:

a)

im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b,

b)

bis p) [...]

(2) bis (8) [...]“

Menschen mit Behinderungen
§ 29b.

(1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

(1a) (Verfassungsbestimmung) Die Ausfolgung und Einziehung eines Ausweises gemäß Abs. 1 kann unmittelbar durch Bundesbehörden besorgt werden.

(2) Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 dürfen

a)

auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen „Halten und Parken verboten“ oder eine nicht unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 1 lit. p) ein Halte- und Parkverbot kundgemacht ist,

b)

entgegen der Vorschrift des § 23 Abs. 2 über das Abstellen eines Fahrzeuges am Rand der Fahrbahn

mit dem von ihnen selbst gelenkten Fahrzeug oder mit einem Fahrzeug, das sie als Mitfahrer benützen, zum Aus- oder Einsteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe (wie etwa ein Rollstuhl u. dgl.) für die Dauer dieser Tätigkeiten halten.

(3) Ferner dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 befördern,

a)

auf Straßenstellen, für die durch das Straßenverkehrszeichen „Parken verboten“ oder eine unterbrochene, am Fahrbahnrand angebrachte gelbe Linie (§ 24 Abs. 3 lit. a) ein Parkverbot kundgemacht ist,

b)

in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung,

c)

auf Straßen, für die ein Parkverbot, das gemäß § 44 Abs. 4 kundzumachen ist, erlassen worden ist, und

d)

in einer Fußgängerzone während der Zeit, in der eine Ladetätigkeit vorgenommen oder die Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a befahren werden darf,

parken.

(4) Beim Halten gemäß Abs. 2 sowie beim Befahren einer Fußgängerzone gemäß § 76a Abs. 2a hat der Inhaber eines Ausweises gemäß Abs. 1 diesen den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. Beim Parken gemäß Abs. 3 sowie beim Halten oder Parken auf den nach § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Straßenstellen hat der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen.

(5) und (6) […]“

§ 52. Die Vorschriftszeichen

Die Vorschriftszeichen sind

a)

Verbots- oder Beschränkungszeichen,

b)

Gebotszeichen oder

c)

Vorrangzeichen.

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen1. bis 12. […] 13a. „PARKEN VERBOTEN“

         

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel „ANFANG“ den Beginn und mit der Zusatztafel „ENDE“ das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Folgende unter dem Zeichen angebrachte Zusatztafeln zeigen an:

a)

Eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Stunden, dass das Verbot während der angegebenen Stunden gilt;

b)

eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Tage, dass das Verbot an den angegebenen Tagen gilt; beginnt das Verbot nicht um 00 Uhr oder endet es nicht um 24 Uhr, so ist auf der Zusatztafel überdies auch noch der Zeitpunkt des Beginnes oder des Endes des Verbotes anzugeben;

c)

eine Zusatztafel mit Pfeilen den Verlauf des Straßenabschnittes, in dem das Verbot gilt; solche Pfeile können statt auf einer Zusatztafel auch im Zeichen selbst angebracht werden, sind dort aber in weißer Farbe auszuführen. Wenn der Geltungsbereich des Verbotes auf diese Weise unmißverständlich zum Ausdruck gebracht werden kann, so genügt ein Vorschriftszeichen.

Die Anbringung weiterer Angaben auf den unter lit. a bis c angeführten Zusatztafeln sowie die Anbringung von Zusatztafeln mit anderen Angaben ist unbeschadet des § 51 Abs. 3 zulässig.

13b. „HALTEN UND PARKEN VERBOTEN“

         

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel „ANFANG“ den Beginn und mit der Zusatztafel „ENDE“ das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift „AUSGENOMMEN ZUSTELLDIENSTE“ zeigt an, dass das rasche Auf- oder Abladen geringer Warenmengen vom Halteverbot ausgenommen ist.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift „AUSGENOMMEN LADETÄTIGKEIT“ zeigt eine Ladezone an.

Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z 13a sinngemäß.

13c. bis 25b. […]“

5. § 14 des Führerscheingesetzes – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 15/2017, lautet:

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers
§ 14.

(1) Jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges hat unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 KFG 1967 auf Fahrten mitzuführen

1.

den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein, Heeresführerschein oder Heeresmopedausweis,

2.

bis zum Erhalt des Führerscheines (§ 13 Abs. 4) den vorläufigen Führerschein und einen amtlichen Lichtbildausweis,

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 61/2011)

4.

beim Lenken eines Feuerwehrfahrzeuges der Klassen C(C1), D(D1), CE(C1E) oder DE(D1E) mit einer Lenkberechtigung für die Klassen B oder BE (§ 1 Abs. 3 zweiter und dritter Satz) den Führerschein und den Feuerwehrführerschein,

5.

beim Lenken eines Feuerwehrfahrzeuges oder Rettungs- und Krankentransportfahrzeuges einer gesetzlich anerkannten Rettungsorganisation mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse bis 5 500 kg den Führerschein und die Bestätigung gemäß § 1 Abs. 3 Z 3.

und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs. 2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

(2) Ausgenommen von den Bestimmungen des Abs. 1 sind Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeuges.

(3) Im Falle des Abhandenkommens der in Abs. 1 genannten Dokumente hat der Besitzer des abhandengekommenen Dokumentes bei der Behörde oder der nächsten Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes unverzüglich Anzeige zu erstatten. Die Bestätigung über diese Anzeige berechtigt zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur Ausstellung des neuen Dokumentes, jedoch nicht länger als vier Wochen, gerechnet vom Tage des Abhandenkommens. Wird einem Lenker der Führerschein im Ausland wegen einer der in § 7 Abs. 3 genannten bestimmten Tatsachen abgenommen, so gilt diese Abnahme nicht als Abhandenkommen.

(4) bis (8) […]“

6.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, welcher lautet:

„§ 35.

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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