TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/15 VGW-242/081/RP18/11631/2017

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Veröffentlicht am 15.09.2017
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Entscheidungsdatum

15.09.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §8 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger Tiller über die Beschwerde der Frau D. V., Wien, J.-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40-Sozialzentrum für den ... Bezirk, vom 19.07.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/1836268-001, mit welchem gemäß §§ 7, 8, 9, 10 und 12 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) idgF iZm den §§ 1, 2, 3 und 4 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) idgF I.) die zuletzt mit Bescheid vom 14.04.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01508815-001, zuerkannte Leistung mit 31.07.2017 eingestellt, II.) eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt und III.) eine über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs hinausgehenden Bedarf eine Mietbeihilfe zuerkannt wurde,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Zum Gang des Verfahrens

Am 02.03.2017 beantragte D. V., geboren 1982, eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs (Mindestsicherung) sowie Mietbeihilfe. Mit Bescheid vom 14.04.2017 wurde der Antragstellerin diese Leistung bis 30.04.2018 zuerkannt.

In der Folge wurde der MA 40 ein ärztliches Gutachten der PVA vom 06.06.2017 gemäß Mindestsicherungsgesetz übermittelt, worin unter Punkt 9 auf Seite 4 des Gutachtens festgehalten ist: „Zusammenfassend ist die 34j. MIS-Werberin aufgrund ihrer Depressionen und Panikattacken dzt. nicht in der Lage, einer regelm. Erwerbstätigkeit nachzukommen. Sie befindet sich seit 2015 regelm. in psych. Betreuung und Psychotherapie. Durch Intensivierung der Psychotherapie ist eine psych. Stabilisierung durchaus zu erwarten, ich schlage eine Wiedervorladung in 12 Monaten vor.“ Im beigeschlossenen Leistungskalkül auf Seite 6 des Gutachtens ist angekreuzt: „Geregelte Tätigkeiten sind nicht zumutbar.“

Nach der chefärztlichen Stellungnahme vom 06.07.2017 sei gemäß ärztlichem Gutachten vom 06.06.0017 Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben.

In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

In ihrer Beschwerde brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: BF) im Wesentlichen vor, dass Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 06.06.2017 sei fehlerhaft.

Eine Nachfrage des erkennenden Gerichts beim Kompetenzzentrum - Begutachtung der PVA hatte zur Folge, dass eine neuerliche chefärztliche Stellungnahme an das Gericht übermittelt wurde, wonach Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt für voraussichtlich 12 Monate nicht gegeben ist. Dieses Beweisergebnis wurde den Parteien nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Woche ab Zustellung Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 04.09.2017 die revidierte Stellungnahme zur Kenntnis genommen und um Entscheidung ersucht, die Beschwerdeführerin hat von der Möglichkeit der Stellungnahme weder innerhalb der gesetzten Frist noch bis dato Gebrauch gemacht.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 4 Abs. 1 WMG hat Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Nach § 5 Abs. 1 WMG stehen Leistungen nach diesem Gesetz grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.

Zu Folge § 6 Z 1 und 2 WMG haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen und an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen.

Gemäß § 7 Abs. 1 WMG haben volljährige Personen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 2 Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs haben. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.

Gemäß § 8 Abs. 1 WMG erfolgt die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten.

Zu Folge § 8 Abs. 2 Z 1aWMG betragen die Mindeststandards 100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben.

Gemäß § 8 Abs. 3 ist volljährigen, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähigen Personen ist zum monatlich wiederkehrenden Mindeststandard jährlich in den Monaten Mai und Oktober je eine Sonderzahlung in der Höhe des Mindeststandards zuzuerkennen. Ein 13. oder 14. Monatsbezug, den die Person von anderer Seite erhält, ist auf diese Sonderzahlungen anzurechnen.

Gemäß § 9 Abs. 1 WMG wird ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.

Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen (§ 10 Abs. 1 WMG).

Das Verwaltungsgericht hat folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt festgestellt:

Die BF ist gemäß § 4 WMG berechtigt, Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien zu beziehen. Mit Bescheid vom 14.04.2017 wurde ihr von der belangten Behörde eine Leistung zur Deckung des Wohnbedarfs und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs sowie Mietbeihilfe für den Zeitraum 01.05.2017 bis 30.04.2018 zuerkannt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.07.2017 wurde die zuerkannte Leistung mit 31.07.2017 eingestellt und für den Zeitraum bis 30.04.2018 neu bemessen.

Laut ärztlichem Gutachten vom 06.06.2017 ist die BF für voraussichtlich 1 Jahr nicht arbeitsfähig.

In rechtlicher Hinsicht wurde dazu erwogen:

Die BF ist für zumindest ein Jahr arbeitsunfähig.

Die belangte Behörde ging aktenwidrig davon aus, dass das ärztliche Gutachten vom 06.06.2017 die Arbeitsfähigkeit der BF bescheinige ohne die offensichtlichen Unschlüssigkeiten zwischen ärztlichem Gutachten und chefärztlicher Stellungnahme zu hinterfragen, wie es in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren dem AVG nach geboten wäre.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte Arbeitsfähigkeit der BF liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben, da die Einstellung der mit Bescheid vom 14.04.2017 zuerkannten Leistung nicht zu Recht erfolgt ist.

Schlagworte

Mindestsicherung; Widerspruch Gutachten – chefärztliche Äußerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.081.RP18.11631.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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