Entscheidungsdatum
23.11.2017Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W207 2111730-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (KOBV), gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, Passnummer: XXXX , vom 15.06.2015, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2
Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführerin wurde am 22.06.2010 auf Grundlage eines Antrages vom 08.02.2010 vom Sozialministeriumservice (damals Bundessozialamt; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) ein Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Dies erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 09.06.2010, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Richtsatzverordnung die Funktionseinschränkungen 1. "Hochgradig degenerative Wirbelsäulenveränderungen", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Positionsnummer 191 der Richtsatzverordnung, 2. "Degenerative Hüft- und Kniegelenksveränderungen beiseits", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer g.Z. 418 der Richtsatzverordnung, 3. "Impingementsyndrom des Schultergelenkes, Zustand nach Operation (Gegenarm)", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer g.Z. 29 der Richtsatzverordnung, und 4. "Krampfadern im Bereich der unteren Gliedmaßen", bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v. H. nach der Positionsnummer 701 der Richtsatzverordnung, festgestellt wurden. Festgestellt wurde damals ein Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v.H., weil das führende Leiden 1 durch Leiden 2 wegen relevanter Zusatzbehinderung um eine Stufe erhöht werde.
Am 19.02.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis). Sie legte diesen Anträgen ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
Die belangte Behörde holte auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen ein medizinisches Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 06.05.2015 ein. Nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.05.2015 wurde in diesem Sachverständigengutachten auszugsweise – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"Anamnese :
Siehe auch VGA: Hochgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Degenerative Hüft und Kniegelenksveränderungen beidseits, Impingement der Schulter, Varikositas Zwischenanamnese H Tep rechts 2011.ASK rechte Schulter 2012, K-Tep links 2013
Derzeitige Beschwerden:
Ich habe jetzt wieder mit der WS so Probleme, beide Schultern sind operiert. Beschwerden habe ich im rechten Knie und in der linken Hüfte. Die sollen jetzt auch noch operiert werden. Meine HWS-OP ist misslungen, seit her habe ich Ausfälle, das es mich immer auf die linke Seite treibt, deshalb gehe ich auch mit Stock. Ich habe auch kein Gefühl im Mittelfinger bis Daumen rechts, links ist es besser. Es ist schon sehr schwierig für mich mit der Straßenbahn zu fahren.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Sucralfat, Venosin, Neurotin, Arthrotec
Sozialanamnese:
geschieden, 2 Kinder ( Beide verstorben) in Pension
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Zufriedenstellend
Ernährungszustand:
Zufriedenstellend
Größe: 160 cm Gewicht: 72 kg Blutdruck: 120/60
Klinischer Status - Fachstatus:
72 Jahre,
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet,
Caput: Visus: mit Brille korrigiert, Zähne: saniert, Rachen bland, Hörvermögen nicht eingeschränkt
keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNAfrei
Collum: SD: Schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten:
nicht palpabe!
Thorax. Symmetrisch, elastisch
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,
Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei
Pulse: Allseits tastbar
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. durchführbar, Schultergelenke endlagig eingeschränkt, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar, linker Zeigefinger ruhiggestellt. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird als ungestört angegeben
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand mit Anstützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, beide Hüftgelenke Rom in S 0-0-90, mittelgradige Einschränkung der Rotation, linkes Knie Rom in S 0-0-120, freie Beweglichkeit im rechten Kniegelenk, retropatellares Reiben, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird als ungestört angegeben, Varikositas, keine Ödeme bds. Einbeinstand bds.möglich, tiefe Hocke zur Hälfte möglich
Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im stehen: 20 cm, im sitzen 0 cm Rotation und Seitwärtsneigung im allen Ebenen zu 1/3 eingeschränkt, reaktionslose Narbe im Bereich der LWS, HWS getappt
Gesamtmobilität - Gangbild:
Mit Gehstock, flüssiges sicheres leicht hinkendes Gangbild
Status Psychicus:
orientiert, Stimmungslage ausgeglichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1.
Hochgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
2.
Degenerative Hüft und Kniegelenksveränderungen beidseits
3.
Abnützungserscheinungen beider Schultergelenke
4
Varikositas
X Dauerzustand
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine
Die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist uneingeschränkt zumutbar.
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor, welches das Erreichen, ein sicheres Ein- und Aussteigen, und die sichere Beförderung der öffentlichen Verkehrsmitteln gefährden oder verunmöglichen würde.
2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein
."
Mit Parteiengehörsschreiben der belangten Behörde vom 20.05.2015 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 06.05.2015 in Bezug auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, diesbezüglich binnen zwei Wochen nach Zustellung eine Stellungnahme abzugeben, ansonsten auf Grundlage des bisherigen Ermittlungsverfahrens entschieden werde.
Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte nicht bei der belangten Behörde ein.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2015 wurde der am 19.02.2015 eingelangte Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das Sachverständigengutachten vom 06.05.2015, das einen Bestandteil der Begründung bilde, werde der Entscheidung zu Grunde gelegt. Diesem Gutachten zufolge würden die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Da auf Grundlage des eingeräumten Parteiengehörs eine Stellungnahme nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Der Antrag sei daher abzuweisen. Das Sachverständigengutachten vom 06.05.2015 wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid zugestellt.
Ein bescheidmäßiger (spruchgemäßer) Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht; diesbezüglich wurde in der Begründung des Bescheides vom 15.06.2015 allerdings ausgeführt, über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) werde nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 15.06.2015, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch den KOBV, eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht folgenden Inhaltes:
"1.)
Seitens der belangten Behörde ist es, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, notwendig, den für die gegenständliche Sache maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Der im gegenständlichen Fall maßgebliche Sachverhalt ist die Frage, ob die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel der Beschwerdeführerin unzumutbar ist, insbesondere ob eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurück gelegt werden kann bzw. ob die Verwendung erforderlicher Behelfe die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel im hohen Maße erschwert sowie ob eine sichere Beförderung möglich ist bzw. wie und ob sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb der Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem solchen Verfahren regelmäßig eines ärtzlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. VwGH 18.12.2006, ZI. 2006/11/02/11 und andere).
Seitens der belangten Behörde wurden diese notwendigen Ermittlungen nicht
geführt und ist somit das Verfahren mit einem Mangel behaftet.
Es ist keinesfalls ausreichend, lediglich auf einem Vordruck lapidar anzuführen, dass die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel uneingeschränkt zumutbar sei, da keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorliegen sowie keine schwere Erkrankung des Immunsystems besteht.
Es ist im gegenständlichen Fall die konkrete Fähigkeit zu prüfen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Ein- und Aussteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei der notwendig werdenden Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Die belangte Behörde hat sich offensichtlich entscheidend auf das Sachverständigengutachten Dr. XXXX vom 12.05.2015 gestützt. Dieses "Gutachten" entspricht allerdings in keinster Weise in der in der Judikatur festgelegten Anforderungen.
Es erfolgte zur Frage der Möglichkeit der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel keine individualisierte Beurteilung, es fehlt jegliche Aussage über die Auswirkungen und den Einfluß der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Gesundheitsschädigungen (siehe mit dem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung vorgelegten Befunde) auf die Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Es wurde lediglich die seitens der Behörde zu beantwortende Rechtsfrage dahingehend beantwortet, dass — wie bereits ausgeführt, ohne Individualisierung der bestehenden Beschwerden - die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Auf die seitens der Beschwerdeführerin bestehenden Beschwerden hinsichtlich des Bewegungsapparates, der damit einhergehenden Gleichgewichtsstörung und der notwendigen Verwendung eines Gehstockes als Hilfsmittel, wurde im Gutachten in keinster Weise eingegangen.
Ferner ist das Gutachten, auf welches sich die belangte Behörde offensichtlich stützt, nicht schlüssig. Ausgeführt wird, dass im Gutachten die tatsächlichen Grundlagen, die für das Gutachten erforderlich sind, sowie die Art der Beschaffung anzugeben sind, damit das Gutachten auch für Dritte nachvollziehbar ist.
Ein Gutachten, dass sich in der Abgabe eines Urteiles erschöpft, aber weder die Tatsachen auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art wie sie beschafft wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mange! behaftet und als Beweismittel unbrauchbar.
Aus beiliegendem Beiblatt der belangten Behörde ist weder ersichtlich, ob eine Untersuchung der Beschwerdeführerin stattgefunden hat, wenn ja, wann diese durchgeführt wurde und inwiefern auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen wurde.
Wie bereits ausgeführt, ist somit der Bescheid in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt mangelhaft.
2.)
Des Weiteren wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der bestehenden Polyarthrosen und Rhizarthrosen beider Hände nicht in der Lage ist, ein öffentliches Verkehrsmittel sicher zu benutzen.
Aufgrund der bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen ist sie auf einen Gehstock angewiesen, wobei die freie Hand zu schwach ist, um eine adäquate Unterstützung beim Anhalten leisten zu können.
Ebenso ist das Überwinden des Höhenunterschiedes in öffentlichen Verkehrsmitteln aufgrund der bestehenden Wirbelsäulenleiden sowie der Leiden an Knie und Hüfte nicht möglich
Beweis:
> bereits aufliegende Befunde
> beiliegender Befund
> Durchführung einer mündlichen Verhandlung
> einzuholende Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der ? Orthopädie/Chirurgie
Es wird daher der
ANTRAG
gestellt, der Beschwerde Folge zu geben, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass stattzugeben."
Der Beschwerde wurde ein Befund eines näher genannten Diagnosezentrums vom 02.07.2015 folgenden Inhaltes beigelegt:
"Beide Hände:
Normale Schattendichte.
Geringe Polyarthrosen an den Endgelenken der Finger mit kleinen Osteophyten an den Gelenkskanten.
Die Mittel- und Grundgelenke sind beidseits im Wesentlichen unauffällig.
Rhizarthrose beidseits mit Sklerose im Gelenk zwischen Os multangulum majus und der Basis des Os metacarpaleI.
Rechts zeigt sich ein kleines Os styloideus ulnae, das nach lateral disloziert ist."
Weitere medizinische Unterlagen betreffend die bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Funktionseinschränkungen wurden im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.
Die Beschwerdeführerin stellte am 19.02.2015 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:
1. Hochgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
2. Degenerative Hüft und Kniegelenksveränderungen beidseits
3. Abnützungserscheinungen beider Schultergelenke
4. Varikositas
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.05.2015 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 06.05.2015, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 06.05.2015. Unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin wurde von der medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin zumutbar ist.
Die medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin zu dem Schluss, dass im Falle der Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, weil die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leiden zusammengefasst nicht maßgebend sind, um zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaft vorhandenen Mobilitätseinschränkung im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zu führen. Die medizinische Sachverständige führte aus, dass keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorliegen, welche das Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln, ein sicheres Ein- und Aussteigen und die sichere Beförderung gefährden oder verunmöglichen würden. Auch liegt bei der Beschwerdeführerin eine relevante Erkrankung des Immunsystems mit erhöhter Infektanfälligkeit nicht vor.
Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden insbesondere Bestätigung in den Aufzeichnungen der sachverständigen Gutachterin bei der persönlichen Untersuchung am 06.05.2015 im Rahmen des (oben wiedergegebenen) Untersuchungsbefundes zu den oberen und unteren Extremitäten bzw. zur Gesamtmobilität und zum Gangbild ("Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. durchführbar, Schultergelenke endlagig eingeschränkt, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar, linker Zeigefinger ruhiggestellt. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird als ungestört angegeben. Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand mit Anstützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, beide Hüftgelenke Rom in S 0-0-90, mittelgradige Einschränkung der Rotation, linkes Knie Rom in S 0-0-120, freie Beweglichkeit im rechten Kniegelenk, retropatellares Reiben, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird als ungestört angegeben, Varikositas, keine Ödeme bds., Einbeinstand bds.möglich, tiefe Hocke zur Hälfte möglich.
Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 20 cm, im Sitzen 0 cm, Rotation und Seitwärtsneigung im allen Ebenen zu 1/3 eingeschränkt, reaktionslose Narbe im Bereich der LWS, HWS getappt. Gesamtmobilität - Gangbild: Mit Gehstock, flüssiges sicheres leicht hinkendes Gangbild."), aus denen sich auch ergibt, dass die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde dargestellten, subjektiv empfundenen Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (das Überwinden des Höhenunterschiedes in öffentlichen Verkehrsmitteln sei aufgrund der bestehenden Wirbelsäulenleiden sowie der Leiden an Knie und Hüfte nicht möglich) teilweise nicht in entsprechendem Ausmaß – im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten.
Dies gilt insbesondere auch für das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, die Beschwerdeführerin sei aufgrund der bestehenden Polyarthrosen und Rhizarthrosen beider Hände nicht in der Lage ist, ein öffentliches Verkehrsmittel sicher zu benutzen, aufgrund der bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen sei sie auf einen Gehstock angewiesen, wobei die freie Hand zu schwach sei, um eine adäquate Unterstützung beim Anhalten leisten zu können. Wie dem Untersuchungsbefund des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten zu entnehmen ist, ist in Bezug auf die oberen Extremitäten die grobe Kraft beidseits nicht vermindert, Faustschluss und Spitzgriff beidseits sind durchführbar. An diesem Untersuchungsergebnis vermag auch der oben wiedergegebene, der Beschwerde beigelegte Befund des näher genannten Diagnosezentrums vom 02.07.2015 nichts zu ändern, zumal dieser Befund auch gar nicht in Widerspruch steht zu den Ergebnissen des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher auf Grundlage der Befundnahme nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin nicht objektiviert, zumal gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind; bei der Verwendung eines Gehstockes handelt es sich um eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit im Sinne dieser Bestimmung.
Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte die Beschwerdeführerin in der Beschwerde daher kein ausreichend konkretes und belegtes Vorbringen, das die Beurteilungen der medizinischen Sachverständigen vom 06.05.2016 entkräften hätte können; sie legte der Beschwerde auch keine weiteren Befunde bei, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden im Sinne nachhaltiger, zumindest sechs Monate dauernder Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates zu belegen bzw. eine wesentliche Verschlimmerung bestehender Leiden zu dokumentieren und damit das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin beruhenden medizinischen Sachverständigengutachtens vom 06.05.2015 und wird dieses in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
" § 1 ....
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) b) 2. ......
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)......"
In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend – Folgendes ausgeführt:
"§ 1 Abs. 2 Z 3:
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
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laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
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Kleinwuchs,
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gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
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bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
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Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15.06.2015 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin basierenden und einen ausführlichen Untersuchungsbefund beinhaltenden Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 06.05.2015 nachvollziehbar verneint, dass im Fall der Beschwerdeführerin – trotz der bei ihr unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Bei der Beschwerdeführerin sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit – diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen –, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.
Insoweit in der Beschwerde v