Entscheidungsdatum
23.11.2017Norm
AVG §19Spruch
I404 2156251-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Ladungsbescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich (BAT), vom 31.08.2017, Zl. 1084911308-170916380, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 23.03.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2017 zu GZ. I416 2156251/5E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
3. Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof) eingebracht. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.09.2017, Zl. Ra 2017/18/0339-4, wurde die Verfahrenshilfe bewilligt. In der Folge erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.11.2017 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht beantragt. Das Verfahren ist derzeit noch zu Zl. Ra 2017/18/0339 anhängig.
4. Mit dem bekämpften Ladungsbescheid vom 31.08.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG aufgefordert, am 08.09.2017, um 9.15 Uhr, in das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, in folgender Angelegenheit als Beteiligter persönlich zu kommen und mitzuwirken.
Als "Gegenstand der Amtshandlung" wurde Folgendes angeführt:
"Feststellung der Identität".
Es wurde ihm aufgetragen, den Ladungsbescheid und in seinem Besitz befindliche Dokumente, wie Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige relevante Beweismittel mitzubringen. Für den Fall der Nichtbefolgung dieses Auftrages ohne wichtigen Grund müsse der Beschwerdeführer damit rechnen, dass eine zwangsweise Vorführung veranlasst werde.
5. Gegen diesen Ladungsbescheid erhob der durch den MigrantInnenverein St. Marx vertretene Beschwerdeführer Beschwerde.
Begründet wurde sie - zusammengefasst - damit, dass der Beschwerdeführer stets gleichlautende Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit und seiner Identität gemacht habe. Außerdem laufe aktuell ein Asylverfahren. Die Frage der Identität und der Zulässigkeit der Abschiebung werde daher im Asylverfahren zu klären sein und nicht durch die nigerianische Behörde.
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides und die Feststellung, dass eine Amtshandlung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments rechtswidrig wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus der unbedenklichen und unzweifelhaften Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
3.1.1. Die maßgelbliche Bestimmung des § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, lautet:
Ladungen
§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.
3.1.2. Die maßgelbliche Bestimmung des § 46 Abs. 2 und 2a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2017, lautet:
Abschiebung
§ 46. (1) (2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.2.1. Der Beschwerdeführer wurde für den 08.09.2017 mit dem bekämpften Ladungsbescheid zur belangten Behörde vorgeladen. Dieser Termin ist bereits verstrichen. Er nahm ihn nicht wahr.
Die belangte Behörde hat im Ladungsbescheid als Gegenstand der Amtshandlung die Feststellung der Identität angeführt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass Ladungen von Fremden zum Zweck der Klärung ihrer Identität im Zusammenhang mit einer Ausreiseverpflichtung grundsätzlich zulässig sind (vgl. etwa VwGH vom 17.07.2008, Zl. 2008/21/0386).
Auch Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates sind zulässig, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind. Stets muss es sich demnach um eine Ladung zu einer behördlichen Amtshandlung handeln, in deren Rahmen die beabsichtigte Befragung stattfinden soll. Um sie als "behördlich" verstehen zu können, ist die Leitung durch ein Organ der Behörde unverzichtbar (vgl. VwGH vom 5.07.2011, Zl. 2010/21/0316).
An der Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens des Beschwerdeführers zur Befragung durch Angehörige der nigerianischen Botschaft zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikats kann kein Zweifel bestehen (vgl. dazu VwGH vom 19.04.2012, Zl. 2010/21/0221).
Dieser Gegenstand der Amtshandlung hätte zwar im angefochtenen Ladungsbescheid - der bloß "Feststellung der Identität" enthielt - konkreter angegeben werden können (vgl. zum sich aus § 19 Abs. 2 AVG ergebenden Erfordernis einer genauen Bezeichnung des Gegenstandes der Amtshandlung etwa die VwGH vom 26.02.1991, Zl. 90/04/0309 mwN); dem Beschwerdeführer war aber, wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, zweifelsfrei bewusst, dass eine solche - jedenfalls auch der Identitätsfeststellung dienende - Befragung durch Botschaftsangehörige stattfinden sollte.
Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, dass der Beschwerdeführer "gleichlautende Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit und seiner Identität" im Asylverfahren getätigt habe, so kann dies jedenfalls nicht die Vorlage von Identitätsdokumenten ersetzen. Dass der Beschwerdeführer über ein - nach wie vor gültiges - Reisedokument verfügt hätte und die Ladung aus diesem Grund nicht notwendig gewesen wäre, hat er nicht behauptet.
3.2.2. Der Beschwerdeführer begründet die erhobene Beschwerde weiters damit, dass die Frage der Identität und der Zulässigkeit der Abschiebung im Asylverfahren zu klären sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind jedoch bloße Vorbereitungen für eine allfällige Abschiebung - etwa (wie hier) die Erwirkung eines Heimreisezertifikates - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht (vgl. VwGH vom 20.12.2016, Zl. Ra 2016/21/0354 und vom 5.07.2012, Zl. 2012/21/0081, mwN).
Davon, dass der Wegfall der Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers zum heutigen Zeitpunkt bereits feststeht, kann aber keine Rede sein.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.08.2017 zu GZ. I416 2156251 wurde die Beschwerde als unbegründet abwiesen und somit die Rückkehrentscheidung der belangten Behörde bestätigt. Gegen diese Entscheidung ist zwar eine außerordentliche Revision anhängig, die aufschiebende Wirkung wurde jedoch nicht beantragt.
3.2.3. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.
3.2.4. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Abschiebungsnähe, Identitätsfeststellung, Ladungsbescheid,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I404.2156251.2.00Zuletzt aktualisiert am
07.12.2017