Entscheidungsdatum
24.11.2017Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 2169689-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2017, Zl. 1082159908/151072622, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:
"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird XXXX nicht erteilt."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 12.08.2015 gab die Beschwerdeführerin befragt zu ihrer Person an, dass sie am XXXX in Benin City geboren und ledig sei. Sie gehöre der Volksgruppe der Edo an und sei Christin. Zudem habe sie keine Ausbildung und sei Analphabetin. Ihre Eltern seien beide verstorben, sie habe aber noch zwei Brüder und eine Schwester. 2009 habe sie Nigeria von Lagos aus verlassen und daraufhin bis zur Ablehnung ihres Asylantrages neun Jahre lang in Griechenland gelebt. Vor ihrer Einreise nach Österreich sei sie noch einen Tag in Ungarn gewesen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt, gab die Beschwerdeführerin wörtlich an: "Ich habe keine Eltern mehr. Mein Onkel ist komisch, darum kann ich nicht mit ihm leben." Bei einer Rückkehr habe sie Angst, da ihr Onkel ihren Vater umgebracht habe.
3. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 24.08.2015 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Dublin Zuständigkeit von Ungarn vorliegen würde. Mit Schreiben vom 04.09.2015 wurde den ungarischen Behörden mitgeteilt, dass sie gemäß Art. 25 (2) der Dublin III-VO infolge Verfristung für die Führung des Asylverfahrens zuständig sind. Am 01.10.2015 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde bezüglich der geplanten Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG und ihrer geplanten Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn niederschriftlich einvernommen.
4. Am 31.05.2017 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei führte sie aus, dass sie in Benin City geboren worden sei und dort bis zu ihrer Ausreise gemeinsam mit ihren Geschwistern gelebt habe. Sie gehöre der Volksgruppe der Benin an. Ihr Vater sei 2001 an einem Herzinfarkt gestorben und ihre Mutter an Krebs. Ihre zwei Brüder und ihre Schwester, zu welchen sie noch Kontakt habe, würden noch in Benin City leben. In Nigeria habe sie fünf Jahre lang die Schule besucht und sei danach eineinhalb Jahre als Friseurin tätig gewesen. Ihren Lebensunterhalt habe sie mit dem Erbe ihres Vaters bestritten. Zu ihrem Fluchtgrund befragt, führte die Beschwerdeführerin Folgendes an: "Ich habe Nigeria verlassen, weil meine Eltern gestorben sind, außer meinen Geschwistern. Wir sind in das Dorf Eguagbe gegangen um Essen zu finden. Ich habe mich entschieden das Land zu verlassen um meine Geschwister in Nigeria finanziell zu unterstützen." Weitere Fluchtgründe habe sie keine. Auf Nachfrage der belangten Behörde, ob sie Nigeria folglich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, antwortete die Beschwerdeführerin mit "Ja". Das Geld ihres Vaters sei nämlich nicht genug für ihren Lebensunterhalt gewesen und sie habe es außerdem für ihre Ausreise benötigt. In Nigeria gebe es kein Geld, manche Leute hätten zwar Geld, aber ihre Familie nicht. Schließlich führte die Beschwerdeführerin noch an, dass sie ihre Geschwister so lange nicht gesehen habe und von Österreich Dokumente benötige, damit sie nach Nigeria reisen und ihre Geschwister besuchen könne. In einem anderen Ort in Nigeria könne sie nicht leben, weil sie "dort nicht leben möchte". Bei einer Rückkehr hätten ihre Geschwister und sie keine Zukunft. Die Geschwister würden gelegentlich im Dorf XXXX als Farmer arbeiten, damit sie was zu essen hätten. Außerdem sei sie gesund, nicht verheiratet und lebe in keiner Lebensgemeinschaft. In Österreich habe sie Freunde, denen sie gelegentlich die Haare mache. Wenn sie dieser Arbeit nicht nachgehen könne, helfe ihr Herr XXXX O. finanziell und gebe ihr Geld. Ihr Alltag gestalte sich so, dass sie, wenn sie nicht arbeite, zu Hause sitze und Fernsehen schaue. Sie würde zusammen mit einem Freund namens XXXX wohnen, welcher sie unterstütze, seinen Nachnamen kenne sie nicht. Sie habe zwar Deutschunterricht bekommen, könne jedoch keine Zertifikate vorlegen. Befragt zu ihrer Integration in Österreich, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie nur Dokumente von Österreich haben wolle, damit sie arbeiten könne.
5. Mit Bescheid vom 07.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm
§ 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria "gemäß
§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass ihre Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt IV.). Das Schreiben wurde am 12.07.2017 durch Hinterlegung beim Postamt 1150 Wien zugestellt.
6. Mit Verfahrensanordnungen vom 10.07.2017 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/ 3. Stock, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
7. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 31.07.2017 Beschwerde samt Vollmachtsbekanntgabe an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin monierte darin die inhaltlich falsche Entscheidung, die mangelhafte Verfahrensführung sowie die Verfassungswidrigkeit der Rechtsmittelbelehrung. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sie keine Eltern mehr habe und sich in Nigeria in einer Situation der absoluten Armut, die den Werten des Art. 3 EMRK widerspreche, befunden habe. In Nigeria gebe es keine geeignete Hilfe - Frauenhäuser oder ähnliche Einrichtungen - für alleinstehende Frauen. Die belangte Behörde hätte daher konkrete und fallbezogene Recherchen durchführen müssen. Es sei nämlich durchaus nachvollziehbar, dass eine alleinstehende junge Frau, die ihre Eltern verloren und keine sozialen Bindungen mehr habe, in Nigeria nicht überleben könne. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge nach mündlicher Verhandlung und Durchführung der beantragten Beweise feststellen, dass die Rechtsmittelbelehrung verfassungswidrig ist (sie müsste auf vier Wochen lauten), die bekämpfte Entscheidung beheben, feststellen, dass die Abweisung des Antrages auf Asyl und subsidiären Schutz nicht zulässig ist, ebenso die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig sind, die Sache zur nochmaligen Bearbeitung an das BFA zurückverweisen und die nötigen Erhebungsschritte anordnen, vor einer inhaltlichen Entscheidung jedenfalls eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, zumal es nicht bloß um eine reine Rechtsfrage geht sondern konkret die Frage der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie die Richtigkeit der Rückkehrprognose strittig ist, Asyl, in eventu subsidiären Schutz oder wenigstens einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen und feststellen, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nicht zulässig ist. Sicherheitshalber wurde auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
8. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.09.2017 vorgelegt und von Seiten der belangten Behörde erklärt, dass auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.09.2017 wurde der Beschwerdeführerin mit einem Verspätungsvorhalt mitgeteilt, dass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde verspätet beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht wurde. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen zum übermittelten Parteiengehör eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Die Beschwerdeführerin ist somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005.
Die Identität der Beschwerdeführerin steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.
Die Beschwerdeführerin ist volljährig, ledig, bekennt sich zum Christentum und gehört der Volksgruppe der Benin an.
Die Beschwerdeführerin leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist sie längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.
Die Beschwerdeführerin verfügt über eine fünfjährige Schulausbildung und war in Nigeria als Friseurin tätig. In Nigeria leben noch Verwandte der Beschwerdeführerin, unter anderem zwei Brüder und eine Schwester, zu denen sie noch Kontakt hat.
Seit (spätestens) 11.08.2015 hält sich die Beschwerdeführerin in Österreich auf, geht keiner legalen Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.
Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich ihrer Integration vorgebracht, dass sie in Österreich Freunden die Haare schneide und von einem österreichischen Staatsbürger namens XXXX O. und ihrem Mitbewohner XXXX gelegentlich finanziell unterstützt werde, ansonsten jedoch keine weiteren integrativen Umstände vorgebracht. Dass die Beschwerdeführerin an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin ist derzeit auch kein Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution. Mangels vorgelegter Nachweise, kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einen Deutschkurs besucht oder eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt hat. Es konnten folglich keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin konnte keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführerin in Nigeria eine Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Ein konkreter Anlass bzw. persönliche Bedrohung für das "fluchtartige" Verlassen des Herkunftsstaates konnte folglich nicht festgestellt werden. Als Grund, brachte die Beschwerdeführerin wirtschaftliche Gründe (keine Eltern, finanzielle Unterstützung der Geschwister, usw.) vor.
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden, dass diese in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.
Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur Lage in Nigeria:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 07.07.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf die aktuelle Fassung der obgenannten Staatendokumentation vom 07.08.2017 auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst feststellt, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, sie selbst hat hinsichtlich einer ihr drohenden Gefährdung in ihrem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
Es wird weiters festgestellt, dass die Beschwerdeführerin, auch für den Fall, dass ihr kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal sie arbeitsfähig ist, in Nigeria die Schule besucht hat und als Friseurin tätig war. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.
Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 50 FPG idgF in ihren Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das Zentrale Melderegister und das Strafregister der Republik Österreich sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, ihrer Herkunft, ihrem Gesundheitszustand und ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin aufkommen lässt.
Da die Beschwerdeführerin entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht ihre Identität nicht fest.
Die Feststellungen zu ihrer Schulbildung und ihrer beruflichen Tätigkeit und ihren familiären Verhältnissen in Nigeria ergeben sich aus ihren diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben.
Dass die Beschwerdeführerin über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt und keine Verwandte in Österreich hat ergibt sich aus ihren Angaben.
Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für sie subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.
Der zeitliche Faktor ergibt sich aus dem vorliegenden Akt (illegale Einreise vor 2 Jahren), hinsichtlich der Intensität hat sie weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie etwa Heirat) behauptet, selbst wenn man die von ihr angegebenen Freundschaften berücksichtigt, um eine Entscheidungsrelevanz daraus abzuleiten.
Die Beschwerdeführerin brachte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde konkrete Angaben vor, welche die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.11.2017.
2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation der Beschwerdeführerin:
Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben der Beschwerdeführerin.
Vorweg ist festzustellen, dass die belangte Behörde im zuvor angeführten Bescheid ihrer Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und, dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.
Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht asylrelevant, da sie rein wirtschaftliche Gründe geltend gemacht hat. Diese Überlegung stützt sich insbesondere auf ihre Angaben, denen in dieser Hinsicht geglaubt werden konnte. So habe sie Nigeria nach dem Tod ihrer Eltern verlassen, um ihre Geschwister finanziell zu unterstützen. Auch auf die konkrete Frage der belangten Behörde, ob man zusammengefasst sagen könne, dass sie Nigeria aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, antwortete sie mit "Ja". Schließlich gab sie zu ihren Rückkehrbefürchtungen befragt an, dass ihre Geschwister und sie selbst dann keine Zukunft hätten.
Auch in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 31.07.2017 wird von der Beschwerdeführerin kein konkretes Vorbringen, welches über ihr Vorbringen im Administrativverfahren hinausgeht erstattet. Es wird erneut geschildert, dass ihre Eltern verstorben seien, sie in Nigeria keine Lebensgrundlage gehabt habe, sich in einer Situation absoluter Armut befunden habe und ihr nichts anderes als die Ausreise übrig geblieben sei.
Wenn in der Beschwerde angeführt wird, dass im gegenständlichen Fall der männliche Einvernehmende nicht mit der weiblichen Bescheidverfasserin identisch sei und der Beschwerdeführerin folglich ein Nachteil entstanden sei, da sich der männliche Befrager nicht in die Beschwerdeführerin hineinversetzen habe können, dann ist dem entgegenzuhalten, dass die Amtshandlung von einer Frau geleitet wurde und die Bescheidverfasserin bei der Befragung sogar anwesend war, weswegen es diesbezüglich zu keinem Nachteil für die Beschwerdeführerin gekommen sein konnte.
Zum Vorbringen wird grundsätzlich festgehalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollinhaltlich anschließt. Die belangte Behörde zeigte im angefochtenen Bescheid auch eindeutig und fundiert auf, aus welchen Gründen sie letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung seiner Schilderungen, zum Schluss gekommen ist, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Verfolgungsgründe keine Asylrelevanz aufweist. Diese Beweiswürdigung ist begründet.
Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Dieses Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten.
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme angab, dass sie ihre Geschwister lange nicht gesehen habe und daher von Österreich Dokumente benötigen würde um nach Nigeria zu reisen und ihre Geschwister zu besuchen. Dies wiederspricht ihren Angaben in der Beschwerde, wonach sie in Nigeria keine geeigneten sozialen Bindungen mehr habe und deshalb in Nigeria nicht überleben könne und den unsubstantiiert gebliebenen Ausführungen, dass sie nur durch Prostitution überleben könne. Wäre sie tatsächlich einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt, würde sie einen Besuch in ihrem Herkunftsstaat wohl kaum in Betracht ziehen und hätte ohne Familie auch kaum einen Grund dorthin zu reisen.
Zudem führt eine Rückkehr nach Nigeria auch im Falle alleinstehender Frauen nicht automatisch dazu, dass sie in eine unmenschliche Lage bzw. eine Notlage geraten und ihre in Art.2 und 3 EMRK geschützten Rechte verletzt würden. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
In Nigeria gibt es einerseits viele Frauengruppen, die praktische Hilfe und Zuflucht anbieten und andererseits nehmen sich sowohl staatliche als auch halbstaatliche Einrichtungen der Rehabilitierung und Betreuung rückgeführter Frauen an und unterhalten in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.
Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführerin, der über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, zumal sie in Nigeria auch über ein familiäres Netzwerk verfügt.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,
3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.
Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen die Person der Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Es besteht daher für jeden grundsätzlich die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen, wobei die bei der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer behaupteten Fluchtgründe auszuschließen ist.
Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 7.2017c), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016)
Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).
Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).
Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 3.12.2015).
Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.
Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).
Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b). Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).
Da ein Meldewesen nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016) ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016). Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).
Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.
Zur Situation von Frauen in Nigeria und zur Situation von (Alleinstehende) Frauen: interne Relokation, Rückkehr, im Speziellen:
Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht, kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 3.3.2017). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias dennoch in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt.
Frauen mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz. So findet sich z.B. beim Obersten Gerichtshof eine oberste Richterin, auch die Minister für Finanz und für Erdöl sind Frauen (BS 2016). Insgesamt bleiben Frauen in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. In den 36 Bundesstaaten Nigerias gibt es keine Gouverneurin, allerdings vier Vizegouverneurinnen (AA 21.11.2016). Die Zahl weiblicher Abgeordneter ist gering – nur 6 von 109 Senatoren und 14 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen (AA 4.2017a). In der informellen Wirtschaft haben Frauen eine bedeutende Rolle (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 3.3.2017).
Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sich mit sexueller Gewalt, körperlicher Gewalt, psychologischer Gewalt, schädlichen traditionellen Praktiken und sozioökonomischen Gewalt. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, FGM/C usw. Straftatbestände da. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Das Gesetz ist nur im Federal Capital Territory (FCT) gültig, solange es nicht in den anderen Bundesstaaten verabschiedet wird (USDOS 3.3.2017).
Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Organisationen, die Unterstützungsprogramme betreiben, konzentrieren sich hauptsächlich auf Opfer des Menschenhandels (IOM 8.2013). Nigeria verfügt hier über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianisches Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EUMS bei der Reintegration. NAPTIP ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖBA 9.2016).
Es gibt viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016b). In Nigeria sind neben den UN-Teilorganisationen 40.000 NGOs registriert, welche auch im Frauenrechtsbereich tätig sind. Die Gattinnen der 36 Provinzgouverneure sind in von ihnen finanzierten "pet projects" gerade im Frauenbildungs- und Hilfsbereich sehr aktiv und betreuen Frauenhäuser, Bildungseinrichtungen für junge Mädchen, rückgeführte Prostituierte und minderjährige Mütter sowie Kliniken und Gesundheitszentren für Behinderte, HIV-Erkrankte und Pensionisten neben zahlreichen Aufklärungskampagnen für Brustkrebsfrühuntersuchungen, gegen Zwangsbeschneidung und häusliche Gewalt. Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung (ÖBA 9.2016).
Auch Diskriminierung im Arbeitsleben ist für viele Frauen Alltag.
Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes – und dort vor allem in den Städten – werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 21.11.2016).
Die Verfassung und Gesetze sehen für interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungsfreiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation für insbesondere alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart, im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016b).
Eine Auswahl spezifischer Organisationen:
• African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin
City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:
info@awegng.org, aweg95@yahoo.com, nosaaladeselu@yahoo.co.uk (AWEG o. d.a). Die AWEG versucht, Frauen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich privat und beruflich weiterzuentwickeln und sich durch Bildung, Lese- und Schreibkenntnisse Perspektiven zu eröffnen. Die AWEG hat in der Vergangenheit Wiedereingliederungshilfe für Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, geleistet und wurde hierbei vom UN Office on Drug and Crime Control (UNODC) unterstützt. Die Organisation bemüht sich um Finanzmittel, um das Projekt fortzusetzen. Die AWEG hat in Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen eine Unterkunft für Opfer von Menschenhandel eingerichtet, beherbergt hier jedoch derzeit keine Personen (IOM 8.2013; vgl. AWEG o.D.b).
• The Women’s Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel.: 234-1-2635300, 2635331234-4-1-2635331, 234-(0) 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com (WOCON o.D.a). Das Women’s Consortium of Nigeria (WOCON) ist eine private gemeinnützige Organisation (NGO), die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Aktuelle Projekte: Aufklärung bezüglich Menschenhandel, Mobilisierung der Frauen, der Jugend, der öffentlichen Transportunternehmen und der Hotelmitarbeiter im Kampf gegen TIP [Anm.: Trafficking in people]. WOCON leitet Opfer des Menschenhandels an die entsprechenden Schutzunterkünfte der Regierung weiter. Andere Reintegrationsleistungen sind Beratung, Berufsausbildung und Familienzusammenführung sowie die Mobilisierung qualifizierter Frauen zur Teilnahme an der Politik. Das Projekt erstreckt sich auf die Regionen Ogun, Lagos und Ondo (IOM 8.2013; vgl. WOCON o.D.b).
• Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA), ,
19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja;, Tel.:
08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com, (WRAPA o.D.a). Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA) ist eine Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und sexueller Belästigung etc. kostenlose Rechtsberatung bietet. Darüber hinaus bietet die Organisation Frauen bei entsprechender Finanzierung Berufsausbildungsprogramme. Die Organisation betreibt Büros in jedem der 36 Bundesstaaten Nigerias. Die Organisation plant die Einrichtung zehn landesweiter Beratungszentren für kostenlose Rechtsberatungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen, sucht aber noch nach der entsprechenden Finanzierung. Die Organisation bietet in ihren verschiedenen Büros auch weiterhin kostenlosen Rechtsbeistand und Beratungen für Frauen an (IOM 8.2013; vgl. WRAPA o. D.b).
• Women Aid Collective (WACOL), Email: wacolenugu@wacolnigeria.org, wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@yahoo.com; Women House, No. 12 Mathias Iloh Avenue, Newton Enugu;, Tel.:
+234-0909-561-9586 +234-0806-609-2184, Fax: +234-42-256831, (WACOL o. D.a); Women Aid Collective (WACOL) ist eine Wohltätigkeitsorganisation, die von der African Commission on Human and Peoples’ Rights beobachtet wird. WACOL bietet verschiedene Unterstützung an: Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste. Die Angebote für Frauen und Kinder umfassen: Schutz und sichere Unterkunft in Krisensituationen, Rechtsberatung und Beistand, Beratung von Opfern und deren Familien (IOM 8.2013; vgl. WACOL o.D.b).
(Quellen):
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria – Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017
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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria – Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_3F520728A4894ACD7F861F33D62DF9E8/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 12.6.2017
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (28.12.2016): Nigeria streicht Zehntausenden "Geisterbeamten" das Gehalt, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/afrika-im-umbruch/nigeria-streicht-gehalt-von-zehntausenden-geisterbeamten-14594249.html, Zugriff 2.8.2017
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