Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gall, Dr. Stöberl und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der U KG in R, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 31. Jänner 1997, Zl. IIa-42-L(1)/3, betreffend Vorschreibung von Verwaltungsabgaben in Angelegenheit von Kontingenterlaubnissen auf Grund des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1997 sprach die belangte Behörde namens und auftrags des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst; nunmehr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) Folgendes aus:
"Die U KG, R, hat gemäß § 7 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995, iVm §§ 5 und 6 Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung - KVV, BGBl. Nr. 974/1994, aus dem ihr auf Grund ihrer Anmeldung des Anspruches für das
1. Halbjahr 1996 bzw. für das 2. Halbjahr 1996 zugeteilten Kontingent im Zeitraum 1. Jänner 1996 bis 31. Dezember 1996 insgesamt 1.458 Transit-Kontingenterlaubnisse zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, durch das Bundesgebiet hindurch, erhalten. Darüber hinaus hat die U KG im gleichen Zeitraum noch 120 bilaterale Kontingenterlaubnisse zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland erhalten.
Spruch
Der Landeshauptmann von Tirol entscheidet gemäß § 2 Abs. 1 Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung namens und auftrags des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst) wie folgt:
Gemäß Tarifpost 3 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung 1983 beträgt die Verwaltungsabgabe für die Ausstellung der beantragten
1.578 Erlaubnisse pro Bescheinigung S 20,--, insgesamt sohin S 31.560,--.
Dieser Betrag ist gemäß § 78 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 von der Antragstellerin binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides mit beiliegendem Erlagschein an das Amt der Tiroler Landesregierung zu entrichten."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Hiezu hat die Beschwerdeführerin in ihrer Gegenäußerung vom 2. September 1997 Stellung genommen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße, BGBl. Nr. 823/1992, hält in seinem Artikel 1 fest, dass es das Ziel des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und Österreich ist, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien in bestimmten Bereichen des Verkehrs, insbesondere im alpenquerenden Verkehr, zu verstärken. Die Vertragsparteien seien deshalb übereingekommen, koordinierte Maßnahmen zur Förderung des Eisenbahnverkehrs und insbesondere des kombinierten Verkehrs zu treffen und den Straßenverkehr zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt zu regeln.
Artikel 15 des Transitabkommens hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 15
Reduktion der Umweltbelastungen
(Ökopunktesystem)
(1) Um den unerlässlichen Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten, ergreifen die Vertragsparteien die erforderlichen Maßnahmen zur Regulierung des Transitverkehrs durch Österreich.
(2) Die Vertragsparteien kommen überein, dass die von Lastkraftwagen im Transitverkehr durch Österreich erzeugten Abgase und der Lärm verringert werden sollen. Die Verringerung der Abgase und der Lärmemissionen soll durch die Reduzierung der NOx-Emissionen repräsentiert werden, weil diese Verminderung die Maßnahme ist, die den höchsten technischen Aufwand erfordert, wie es auch in den gesetzlichen Grenzwerten zum Ausdruck kommt. Es wird davon ausgegangen, dass die Absichten der Vertragsparteien zur Verminderung der Lärmemissionen der Nutzfahrzeuge, wie sie sich aus Anhang VII des Vertrags ergeben, verwirklicht werden. Sofern diese Absichten nicht wie vorgesehen verwirklicht werden, wird der Transitausschuss gemäß Artikel 21 Absatz 3 Ziffer 4 über die sich daraus ergebende Lage beraten.
(3) Das gesamte NOx-Emissionsniveau, das von den in einer der Vertragsparteien zugelassenen Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen im Transit durch Österreich verursacht wird, soll, beginnend mit dem Jahr 1992, innerhalb von zwölf Jahren bis zum Ende des Jahres 2003 um 60 % reduziert werden. Das Ausgangsniveau und die jährliche Senkung werden gemäß Absatz 4 und Absatz 5 ermittelt.
(4) Der Ausgangswert errechnet sich durch Multiplikation
1. des für das Jahr 1991 bestimmten NOx-Ausstoßes in Gramm NOx/kWh der durchfahrenden Lastkraftwagen (als Wert wird der heute gesetzlich zugelassene C.O.P.-Wert von 15,8 g NOx/kWh vereinbart)
2. mit der Zahl der Transitfahrten im Jahre 1991. Die Schätzung der Gesamtzahl der Fahrten der in jeder der Vertragsparteien zugelassenen Lastkraftwagen über 7,5 Tonnen, die im Transit im gewerblichen Verkehr im Werkverkehr oder leer durch Österreich fahren, wird gemeinsam erstellt.
Das Produkt ergibt die Gesamtzahl der Ökopunkte für das Jahr 1991.
(5) 1. Die Reduktion des Ausgangswertes der Gesamtzahl der Ökopunkte für die Jahre nach 1991 erfolgt entsprechend den Prozentangaben der Tabelle in Anhang VIII.
2. Sollte in einem der Jahre zwischen 1992 und 2003 die Zahl der Fahrten den für das Jahr 1991 gemäß Absatz 4 Ziffer 2 ermittelten Wert um mehr als 8 % übersteigen, so ist die Zahl der für das nächste Jahr kalkulierten Ökopunkte entsprechend Anhang IX Absatz 4 zu vermindern.
(6) Die vereinbarte Reduktion der Höhe der NOx-Gesamtemission dieser Lastkraftwagen wird über ein Ökopunktesystem verwaltet. Innerhalb dieses Systems benötigt jeder LKW im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl, die dem Wert der NOx-Emissionen des jeweiligen LKW (zugelassen gemäß Conformity of Production (C.O.P.-Wert), abgeleitet von der Typengenehmigung) entspricht. Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang IX festgelegt.
(7) Die zuständigen österreichischen Behörden werden der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die für den Anteil der Lastkraftwagen aus der Gemeinschaft am gesamten Transitverkehr durch Österreich notwendige Zahl an Ökopunktekarten für die Verwaltung des Punktesystems in Übereinstimmung mit Anhang IX zur Verfügung stellen.
Diese Ökopunktekarten werden von der Gemeinschaft in eigener Zuständigkeit auf die Mitgliedstaaten verteilt.
(8) Österreich wird für Lastkraftwagen, die in Österreich zugelassen sind, im Transitverkehr durch Österreich dasselbe Ökopunktesystem anwenden. Die Absätze 4 und 5 gelten sinngemäß.
(9) Das Punktesystem wird möglichst einfach und unbürokratisch verwaltet. Zur Erreichung dieses Ziels werden die Vertragsparteien einander Amtshilfe leisten und Informationen austauschen. Der Transitausschuss wird regelmäßig weitere Möglichkeiten zur Verbesserung und Automatisierung des Systems prüfen.
(10) Die grundlegenden Daten zur Berechnung des Ausgangswertes und des Prozentsatzes der Reduktion werden dem Transitausschuss zur Verfügung gestellt."
Mit der Verwaltungsvereinbarung zur Festlegung des Zeitpunktes und der Modalitäten der Einführung des im vorgenannten Abkommen vorgesehenen Ökopunktesystems, BGBl. Nr. 879/1992, wurde bestimmt, dass das Ökopunktesystem mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1993 eingeführt wird (Art. 1). In den Art. 2 bis 9 dieser Verwaltungsvereinbarung wurden sodann die näheren Modalitäten zum Ökopunktesystem geregelt, insbesondere wurde zu Art. 3 geregelt, dass (und unter welchen Voraussetzungen) der Lenker eines Lastkraftwagens für jede Transitfahrt ein einheitliches und vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen hat. Sowohl das eingangs erwähnte Transitabkommen als auch die Verwaltungsvereinbarung traten gleichzeitig mit 1. Jänner 1993 in Kraft.
Gemäß Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über verfahrenstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit dem System von Transitrechten (Ökopunkten) für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, begründet durch Artikel 11 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über den Beitritt u.a. Österreichs, hat der Fahrer eines Lastkraftwagens für jede Transitfahrt ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitzuführen und den zuständigen Behörden auf Verlangen vorzuweisen; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten. Die Ökokarte gemäß Anhang A wird von den zuständigen österreichischen Stellen gegen Entrichtung der bei der Herstellung und Verteilung der Formulare und Ökopunkte anfallenden Kosten ausgegeben.
Gemäß Artikel 1 Abs. 2 der genannten Verordnung hat der Fahrer eines nach dem 1. Oktober 1990 zugelassenen Lastkraftwagens zum Nachweis der NOx-Emissionen des Lastkraftwagens außerdem ein einheitliches COP-Dokument gemäß Anhang B mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen. Bei erstmals vor dem 1. Oktober 1990 zugelassenen Lastkraftwagen und bei solchen, für die dieses Dokument nicht vorgewiesen wird, ist ein COP-Wert von 15,8 g/kW anzusetzen. Die Mitgliedsstaaten teilen der Kommission schriftlich mit, welche innerstaatlichen Behörden berechtigt sind, die genannten Dokumente auszustellen.
Artikel 11 Abs. 2 des Protokolls Nr. 9 (zur Beitrittsakte) über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten
Verkehr in Österreich hat folgenden Wortlaut:
"(2) Bis zum 1. Januar 1998 finden folgende Bestimmungen
Anwendung:
a) Die NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich wird im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 gemäß der Tabelle in Anhang 4 um 60 vH reduziert.
b) Die Reduktion der NOx-Gesamtemission dieser Lastkraftwagen wird über ein Ökopunktesystem verwaltet. Innerhalb dieses Systems benötigt jeder LKW im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl, die dem Wert der NOx-Emissionen des jeweiligen LKW-Wertes gemäß 'Conformity of Production' (COP)-Wert bzw. Wert gemäß Betriebserlaubnis entspricht. Die Bemessung und Verwaltung dieser Punkte wird im Anhang 5 festgelegt.
c) Sollte in einem Jahr die Zahl der Transitfahrten den für das Jahr 1991 festgelegten Referenzwert um mehr als 8 vH übersteigen, trifft die Kommission nach dem Verfahren des Artikels 16 geeignete Maßnahmen in Übereinstimmung mit Anhang 5 Nummer 3.
d) Österreich sorgt gemäß Anhang 5 für die rechtzeitige Ausgabe und Verfügbarkeit der für die Verwaltung des Ökopunktesystems erforderlichen Ökopunktkarten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich.
e) Die Ökopunkte werden von der Kommission gemäß den nach Absatz 6 festzulegenden Bestimmungen auf die Mitgliedsstaaten aufgeteilt."
Im Anhang 5 wird die Berechnung und Verwaltung der Ökopunkte gemäß Art. 11 Abs. 2 lit. b des Protokolls Nr. 9 geregelt wie folgt:
"1. Für jeden Lastkraftwagen, der Österreich durchfährt, sind bei jeder Fahrt (in eine Richtung) folgende Unterlagen vorzulegen:
a) ein Dokument, aus dem der COP-Wert für die NOx-Emission des eingesetzten Lastkraftwagens hervorgeht;
b) eine gültige Ökopunktekarte, die von den zuständigen Behörden ausgestellt wird.
Ad a):
Bei nach dem 1. Oktober 1990 erstmals zugelassenen LKW soll das Dokument, das den COP-Wert nachweist, eine von der zuständigen Behörde ausgestellte Bescheinigung, in der ein offiziell bestätigter COP-Wert für den NOx-Ausstoß angegeben ist, oder die Betriebserlaubnis (Typenschein) sein, in dem der Tag der Zulassung und der bei der Erteilung der Betriebserlaubnis gemessene Wert angegeben sind. Im letztgenannten Fall errechnet sich der COP-Wert, indem der Betriebserlaubniswert um 10 vH erhöht wird. Ist ein solcher Wert für ein Fahrzeug einmal festgesetzt, so kann er während der Lebensdauer des Fahrzeugs nicht mehr geändert werden.
Bei vor dem 1. Oktober 1990 erstmals zugelassenen und bei solchen LKW, für die keine Bescheinigung vorgelegt wird, wird ein COP-Wert von 15,8 g/kWh angesetzt.
Ad b):
Die Ökopunktekarte enthält eine bestimmte Punktezahl und wird entsprechend dem COP-Wert der eingesetzten Fahrzeuge folgendermaßen entwertet:
1. Pro g/kWh NOx-Emission gemäß Nummer 1 Buchstabe a wird ein Punkt benötigt.
2. Dezimalstellen der NOx-Emissionswerte werden auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundet, wenn der Dezimalwert 0,5 oder mehr beträgt, und ansonsten abgerundet.
..."
Gemäß § 1 Abs. 2 der Kontingenterlaubnis-Vergabeverordnung - KVV, BGBl. Nr. 974/1994, sind Kontingenterlaubnisse insbesondere Einzelgenehmigungen einschließlich Ökopunkte und Dauergenehmigungen. Gemäß § 2 Abs. 1 KVV wurde die Vergabe der Kontingenterlaubnisse zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nach, durch und aus u.a. dem Hoheitsgebiet der italienischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland gemäß "§ 7a Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz" (nunmehr: § 8 Abs. 3 GüterBefG) auf die Landeshauptmänner im Namen und Auftrag des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr übertragen. Gemäß § 3 KVV hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die durch die Landeshauptmänner zu vergebenden Kontingenterlaubnisse nach Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich unter Beachtung von volkswirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Erfordernissen auf die Länder aufzuteilen. Gemäß § 4 KVV ergibt sich die Gesamtzahl der zu vergebenden Kontingenterlaubnisse aus den jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarungen; die jeweils zur Verfügung stehenden Kontingenterlaubnisse sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu vergeben. Die nun folgenden §§ 5 und 6 KVV regeln das Verfahren zur Vergabe von Kontingenterlaubnissen an Unternehmer, wobei zwischen einem Anmeldungsverfahren (§ 5) und einem Bewerbungsverfahren (§ 6) unterschieden wird. Hiebei muss die Bewerbung des Unternehmers (unter Verwendung eines Formulars gemäß der Anlage zu dieser Verordnung) u.a. auch die Art der beantragten Kontingenterlaubnisse (wie etwa auch Kontingenterlaubnisse für den Transit; § 6 Abs. 2 Z. 5 KVV) enthalten. Die §§ 7 ff KVV enthalten besondere Bestimmungen für die Vergabe von Kontingenterlaubnissen, § 7 insbesondere zur Anmeldungsvergabe von Einzelgenehmigungen. Gemäß § 7 Abs. 1 KVV sind die an einen Unternehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 zu vergebenden Einzelgenehmigungen um diejenigen zu vermindern, die seit der letzten Vergabe entweder (Z. 1) nicht ordnungsgemäß verwendet wurden, oder (Z. 2) nicht spätestens einen Monat vor Verfall zurückgelegt wurden, oder (Z. 3) verfallen sind.
Gemäß § 78 Abs. 1 erster Satz AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegenden Amtshandlungen der Behörde Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgelegt ist.
Gemäß der von der belangten Behörde angewendeten Z. 3 des Tarifs zur Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24, beträgt die Höhe der Abgabe für die Ausstellung von Bescheinigungen, Legitimationen, Zeugnissen und sonstigen Bestätigungen (jedoch nicht auch von einfachen kanzleimäßigen Übernahmsbestätigungen, wie Präsentationsrubriken oder dgl.), sofern die Amtshandlung wesentlich im Privatinteresse der Partei gelegen ist und nicht unter eine andere Tarifpost fällt, 20,-- S.
Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführerin auf Grund der Anmeldung ihres Anspruches für das Jahr 1996 bzw. auf Grund ihrer Bewerbungen um Kontingenterlaubnisse für das erste Halbjahr und für das zweite Halbjahr 1996 im Zeitraum 1. Jänner bis 30. Juni 1996 Bewilligungen (Kontingenterlaubnisse) zur Durchführung von insgesamt 1.458 Transitfahrten im Rahmen der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, durch das Bundesgebiet hindurch, und Bewilligungen zur Durchführung von 120 bilateralen Fahrten von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland, erteilt und die entsprechenden "Bescheinigungen" im Namen und Auftrag des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ausgestellt worden seien. Daran anschließend folgt eine Aufstellung der der Beschwerdeführerin an bestimmten Tagen im Jahr 1996 im Einzelnen "antragsgemäß" zugeteilten Ökopunkte. Die Behörde führte weiters aus, in § 1 Abs. 2 KVV würden die Ökopunkte als "Einzelgenehmigungen" in Abgrenzung von Dauergenehmigungen definiert; Einzelgenehmigungen seien Genehmigungen, die zu einer Fahrt berechtigen. Eine mit der erforderlichen Zahl an Ökopunkten versehene Ökokarte sei nach Abstempelung nicht nur als Genehmigung für den Transit durch Österreich, sondern - entsprechend dem jeweiligen Aufdruck - auch als bilaterale Fahrtgenehmigung mit Italien bzw. Deutschland anzusehen. Für die "Ausstellung der von ihr beantragten Kontingenterlaubnisse bzw. Bescheinigungen" sei von der Beschwerdeführerin sohin jedenfalls eine Bundes-Verwaltungsabgabe in der im Spruch angeführten Höhe zu entrichten.
Die Beschwerdeführerin lässt inhaltlich die Vorschreibung der Abgaben für die Bewilligung zur Durchführung der 120 bilateralen Fahrten unbestritten, wendet jedoch gegen den angefochtenen Bescheid im Übrigen im Wesentlichen ein, dass die Einbeziehung von Amtshandlungen in die Abgabepflicht, die im Zusammenhang mit den Transitfahrten stünden, unrechtmäßig sei. Diesbezüglich seien keine "Amtshandlungen" vorgenommen und Transitfahrten bewilligt worden, sondern "lediglich Ökopunkte" vergeben bzw. zugeteilt worden. Auch der pauschale Umrechnungsschlüssel stehe "nicht im Einklang mit den tatsächlichen Gegebenheiten", weil nicht für jede Transitfahrt 10 Ökopunkte benötigt würden.
Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die Beschwerdeführerin erkennt selbst, dass das Abgeben bzw. der Erwerb von Ökopunkten nicht völlig frei erfolgt, sondern dass es die Aufgabe der Behörde ist, "die Zuteilung und Ausgabe der Ökopunkte gemäß den Bestimmungen der KVV" vorzunehmen. Mit Recht hat die belangte Behörde - wie aus der eingangs dargestellten Rechtslage ersichtlich ist - in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf verwiesen, dass die Kontingenterlaubnisse gemäß § 1 Abs. 2 KVV insbesondere "Einzelgenehmigungen einschließlich Ökopunkte" darstellen. Es liegt daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht die bloße - faktische - Tätigkeit der Ausgabe von Ökopunkten (in Form von Marken) vor, sondern es wird mit der Ausgabe der Ökopunkte eine Berechtigung verliehen, Transitfahrten durchzuführen. Die Anzahl der auszugebenden Einzelgenehmigungen ist beschränkt und durch die Behörde zu verwalten, die die Genehmigungen in Form von Ökopunkten nur im bestimmten Rahmen auszugeben oder allenfalls zu verweigern hat. Die "Erlaubnis" bzw. Genehmigung wird also durch die Vergabe der erforderlichen Ökopunkte selbst erteilt.
Damit kommt aber auch - im Ergebnis - der Beschwerde Berechtigung zu: TP 3 des Tarifs zur Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung regelt die Abgabe für die Ausstellung von "Bescheinigungen, Legitimationen, Zeugnissen und sonstigen Bestätigungen". Bei der Ausgabe von Ökopunkten handelte es sich nämlich entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht um die Ausstellung einer Bescheinigung, einer Legitimation, eines Zeugnisses oder einer sonstigen Bestätigung im Sinne dieser Tarifpost - in den aktenmäßigen Unterlagen über die Ausgabe der Ökopunkte wird der Terminus "Bescheinigung" (anders als im angefochtenen Bescheid) auch nicht verwendet -, sondern um die - nicht in Bescheidform - erteilte Genehmigung. Sohin erfolgte die Anwendung dieser Tarifpost zu Unrecht.
Die belangte Behörde hat somit das Verwaltungsgeschehen unter einen unrichtigen Gebührentatbestand subsumiert und so den angefochtenen Bescheid, dessen Spruch eine untrennbare Einheit bildet, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 f VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 5. Juli 2000
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder BescheidcharakterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997030064.X00Im RIS seit
19.04.2001