TE Vwgh Beschluss 2017/11/7 Ra 2017/01/0364

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Veröffentlicht am 07.11.2017
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Index

E3R E19104000;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litb;
AsylG 2005 §5 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art3;
VwGG §61 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/01/0365 Ra 2017/01/0367 Ra 2017/01/0366

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge der 1. O O,

2. O G, 3. mj. A O, 4. mj. M O, alle in S, für außerordentliche Revisionen gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2017, 1) Zl. W239 2163237-1/7E,

2) Zl. W239 2163238-1/7E, 3) Zl. W239 2163239-1/7E und 4) Zl. W239 2163240-1/7E, betreffend § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG, die Verfahrenshilfe zu bewilligen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Anträge auf Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Begründung

1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wurden (der Sache nach) die Anträge der Antragsteller, Staatsangehörige Nigerias, auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO zuständig sei. Gegen die Antragsteller wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Italien zulässig sei.

2 Die Antragsteller bringen (gemäß § 61 Abs. 3 zweiter Satz VwGG) zur Frage, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, zunächst vor, die Länderfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zur Situation in Italien seien mangelhaft. So ergäben sich aus aktuellen (im Verfahrenshilfeantrag zitierten) gerichtlichen Entscheidungen aus anderen Ländern und Berichten verschiedener NGOs schwere, systemische Mängel im italienischen Aufnahmesystem.

3 Das BVwG stützte seine Einschätzung, die Antragsteller seien in Italien keinem real risk iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt, auf die Tatsache, dass die Antragsteller gesund seien und auf Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien und zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis, konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO, wonach keine Hinweise für systemische Mängel im Aufnahmesystem in Italien vorlägen. Seitens des BFA würden vor und während der Durchführung der Außerlandesbringung Maßnahmen zur Sicherung einer adäquaten Unterbringung der Antragsteller in Italien getroffen werden.

4 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass die Bedingungen in Italien nicht derart gelagert sind, dass sie grundsätzlich einer Verbringung von Asylwerbern dorthin im Wege stehen (vgl. EGMR 4.10.2016, M.A.-M. u.a./Finnland, 32275/15, Z 24). Weiters legt der EGMR dar, dass von den Behörden des eine Rückführung durchführenden Staates unternommene Abstimmungen mit den italienischen Behörden eine ausreichende Absicherung einer adäquaten Unterbringung von Familien darstellen (vgl. wiederum EGMR 4.10.2016, M.A.-M. u.a./Finnland, 32275/15, Z 25f in Abgrenzung zu EGMR 4.11.2014, Tarakhel/Schweiz, 29217/12; vgl. auch EGMR 28.6.2016, N.A. u.a./Dänemark, 15636/16, Z 28f). Allgemeine Bedenken über unzureichende Unterbringungsplätze in Italien ohne konkrete Hinweise auf deren Fehlen im vorliegenden Fall reichen überdies nicht aus, um eine drohende Art. 3 EMRK Verletzung darzulegen (vgl. wiederum EGMR 28.6.2016, N.A. u.a./Dänemark, 15636/16, Z 32; vgl. hiezu auch VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0061 bis 0067, mit Verweis auf Rechtsprechung des EGMR in Folge von EGMR 4.11.2014, Tarakhel/Schweiz, 29217/12).

5 Vor dem Hintergrund der vom BVwG festgestellten Maßnahmen des BFA vor und während der Durchführung der Außerlandesbringung (Rücksprache mit den italienischen Behörden vor und Anwesenheit eines Verbindungsbeamten während der Durchführung) ist die gerügte Mangelhaftigkeit der Feststellungen nicht zu sehen.

6 Soweit sich die Antragsteller gegen das Unterbleiben einer Verhandlung wenden, ist nicht ersichtlich, inwiefern das BVwG von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072) aufgestellten Leitlinien zum Unterbleiben einer Verhandlung im Zulassungsverfahren abgewichen sei.

7 Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint daher unter Bedachtnahme auf die Begründung über die Zulässigkeit der Revision (§ 61 Abs. 3 zweiter Satz VwGG) und die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Unterlagen aussichtslos.

Wien, am 7. November 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017010364.L00

Im RIS seit

12.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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