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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des 1996 geborenen AP, vertreten durch Dr. F und Dr. WF, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, betreffend eine Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in Österreich geborene Beschwerdeführer beantragte am 28. März 1996 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und gab als Aufenthaltszweck den der Familiengemeinschaft mit seinen Eltern an. Der Bundesminister für Inneres wies diesen Antrag im Instanzenzug mit Bescheid vom 30. Juli 1996 ab. Mit hg. Erkenntnis vom 15. September 1997, Zl. 96/19/2651, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde der belangten Behörde bzw. den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers am 22. Oktober 1997 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 1998, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 8. Juli 1998, machte der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Er brachte vor, bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde sei ein Ersatzbescheid nach dem behebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes über seinen Antrag vom 28. März 1996 nicht ergangen. Es werde daher der Antrag gestellt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.
Über diese Beschwerde wurde mit hg. Verfügung vom 15. Juli 1998 das Vorverfahren eingeleitet und die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Die belangte Behörde ließ die Frist ungenützt verstreichen, ohne den Bescheid nachzuholen. Mit Note vom 10. November 1998 wurden die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1999 teilte der Beschwerdeführer mit, es sei ihm von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eine vom 15. September 1999 bis 28. August 2001 gültige Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen unselbstständige Erwerbstätigkeit, ausgestellt worden. Mit hg. Verfügung vom 19. Oktober 1999 wurde die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersucht, eine Kopie dieser dem Beschwerdeführer erteilten Niederlassungsbewilligung dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen und anzugeben, auf Grund welchen Antrages diese Bewilligung erteilt worden sei.
Diese Anfrage wurde mit hg. Verfügung vom 18. Jänner 2000 wiederholt und darauf hingewiesen, dass es für den Verwaltungsgerichtshof von Bedeutung sei zu wissen, ob die Erteilung der Niederlassungsbewilligung in irgendeinem Zusammenhang mit dem (ersten) Antrag des Beschwerdeführers vom 28. März 1996 stehe oder ob diese auf Grund eines neuen Antrages erteilt worden sei. Eine Anfrage gleichen Inhaltes erging an die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2000 teilten die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass ihrerseits kein neuer Antrag auf Niederlassungsbewilligung eingebracht worden sei. Aus Anlass der Verlängerung der Niederlassungsbewilligung des Vaters des Beschwerdeführers sei diesem von der Bezirkshauptmannschaft mitgeteilt worden, dass auch eine Bewilligung für seinen Sohn im Fremdeninformationssystem aufscheine und die Vignette abzuholen sei. Auf Grund welchen Antrages des Sohnes dies veranlasst worden sei, sei nicht bekannt. Ergänzend wurde mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer mittlerweile auch die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei.
Ebenfalls mit Schreiben vom 2. Februar 2000 erklärte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, der Vater des Beschwerdeführers habe am 6. Juli 1999 einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung eingebracht und in diesem Antrag auch seinen Sohn, den Beschwerdeführer, eingetragen. Auf Grund dieser Miteintragung sei dem Beschwerdeführer am 15. September 1999 eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen unselbstständige Erwerbstätigkeit, gültig bis 28. August 2002, ausgestellt worden. Diese Bewilligung sei "irrtümlich" auf Grund eines neuen Antrages erfolgt. Schließlich sei mit Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Dezember 1999 dem Vater des Beschwerdeführers die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen und die Verleihung gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes auch auf den Beschwerdeführer erstreckt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof geht im Folgenden zunächst davon aus, dass sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der belangten Behörde keine sechs Monate zur Entscheidung über den Antrag vom 28. März 1996 nach Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfügung gestanden waren. Die auch im Übrigen den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Beschwerde erweist sich daher als zulässig.
Weiters geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der ursprünglich auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit dem Vater gerichtete Antrag nach Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu jeglichem Aufenthaltszweck, ausgenommen Erwerbstätigkeit (vgl. § 21 Abs. 4 FrG 1997), zu werten war. Dem Beschwerdeführer wurde - dies geht übereinstimmend aus den Stellungnahmen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervor - in weiterer Folge eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck ausgenommen unselbstständige Erwerbstätigkeit, gültig ab 15. September 1999, erteilt. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer zwischenzeitig die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.
Aus den eingeholten Stellungnahmen der Verfahrensparteien haben sich keine Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Niederlassungsbewilligung vom 15. September 1999 auf Grund des verfahrensgegenständlichen Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (vom 28. März 1996) erteilt worden ist. Der Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers ist zwar die Vermutung eines zumindest indirekten Zusammenhanges der Bewilligungserteilung mit dem damaligen Antrag zu entnehmen, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat aber diesbezüglich klargestellt, dass auf Grund einer Miteintragung des Beschwerdeführers im Verlängerungsantrag seines Vaters auch diesem eine (offenbar weitere) Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Der Antrag vom 28. März 1996 ist daher nach wie vor offen; die Niederlassungsbewilligung wurde nicht auf Grund des verfahrensgegenständlichen Antrages erteilt, weshalb keine Nachholung des versäumten Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 2 VwGG vorliegt.
Dem Beschwerdeführer wurde zwischenzeitig die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Er benötigt daher gemäß § 1 Abs. 1 AufG keine Aufenthaltsbewilligung bzw. gemäß § 7 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 keine Niederlassungsbewilligung mehr, um die Rechtsstellung, die er mit seinem seinerzeitigen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erreichen wollte, zu erlangen. Das vorliegende Verfahren war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
§ 56 VwGG, nach welcher Bestimmung die Frage des Anspruches über Aufwandersatz der Klaglosstellung des Beschwerdeführers so zu beurteilen ist, als ob der Beschwerdeführer obsiegt hätte, kommt nur bei einer formellen Klaglosstellung zur Anwendung. Wird die Klaglosstellung hingegen dadurch bewirkt, dass dem Begehren des Beschwerdeführers auf andere Weise voll entsprochen wird, kommt
§ 56 VwGG nicht zur Anwendung. Bei einer Bescheidbeschwerde kann die formelle Klaglosstellung nur durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Säumnisbeschwerdeverfahren nur durch Nachholung des versäumten Bescheides bewirkt werden, wobei für den Fall der Klaglosstellung im Säumnisbeschwerdeverfahren die Frage des Zuspruches von Aufwandersatz im § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG gesondert geregelt ist.
Da im vorliegenden Fall aber keine formelle Klaglosstellung durch Nachholung des versäumten Bescheides erfolgt ist, sondern dem Begehren des Beschwerdeführers auf andere Weise voll entsprochen wurde, ist die Frage des Aufwandersatzes nicht nach § 56 VwGG, sondern nach § 58 leg. cit. zu beurteilen.
Da die belangte Behörde unstrittig den versäumten Bescheid nicht fristgerecht erlassen hat und sie auch keinen Grund aufzeigt, der sie an der rechtzeitigen Bescheiderlassung gehindert hätte (vgl. § 55 Abs. 2 VwGG), war sie gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 47 VwGG zum Aufwandersatz zu verpflichten.
Die Entscheidung über die Höhe dieses Ersatzes gründet sich auf § 48 Abs. 1 Z 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. Juli 2000
Schlagworte
Säumnisbeschwerde Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998190165.X00Im RIS seit
07.11.2001