Entscheidungsdatum
28.11.2017Norm
BBG §40Spruch
I412 2162175-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Vorsitzende, den Richter Mag. Gerhard AUER und die fachkundige Laienrichterin Mag. Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Vorarlberg vom 04.05.2017, Zl. OB: XXXX, betreffend den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Am 20.02.2017 beantragte Herr XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass. Beiliegend brachte der Beschwerdeführer ein Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2015 und zwei Befunde vom 14.09.2016 und 06.12.2016 der Abteilung Orthopädie ein.
Vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Vorarlberg (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) wurde Dr. L. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
Nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers stellte der medizinische Sachverständige im Ergebnis fest:
" Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Tabelle kann nicht abgebildet werden
Gesamtgrad der Behinderung: 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die führende Position 1 beträgt 50 v.H.. Eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht mit dem Leiden 2 sodass eine Stufenerhöhung um 1 Stufe erfolgt. Die Leiden 3-7 erhöhen den Gesamt GdB nicht bei fehlendem direkten negativen Einfluss auf das Hauptleiden.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
St.p. Cholezystektomie, Hammerzehen bds., rez. Druckulcera/Blasen an beiden Füßen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten nahezu unveränderter Befund. Die Leiden 3 und 4 wurden neu diagnostiziert und eingestuft.
X Dauerzustand
Nachuntersuchung
"
Mit Bescheid vom 04.05.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung mit der Begründung ab, dass das Ermittlungsverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 60% ergeben habe und somit keine Änderung zum bestehenden Grad der Behinderung von ebenfalls 60% eingetreten sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass er aktuell keine Sekunde mehr ohne Schmerzen gehen oder stehen könne. Wenn er längere Zeit gehe, bekomme er zusätzlich zu den Schmerzen auch Fieber und sei deshalb schon zweimal stationär behandelt worden beziehungsweise habe er Schmerzmittel einnehmen müssen. Er schränke die Belastung für die Ferse durch Hinterfuß-Entlastungsschuhe und Krücken ein, um Schmerzen und Fieber zu vermeiden. Die Verwendung solcher Schuhe habe Rückenschmerzen zur Folge.
Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.06.2017 zur Entscheidung vorgelegt.
Am 05.07.2017 wurde gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I412 zugeteilt.
Vom Beschwerdeführer wurde ergänzend zur Beschwerde ein Konvolut an ärztlichen Bestätigungen, Befunden und Attesten eingebracht. Der Sachverständige Dr. L. wurde am 26.07.2017 neuerlich ersucht, sein von der belangten Behörde eingeholtes Gutachten zu ergänzen.
In seinem Ergänzungsgutachten vom 13.09.2017 führt der medizinische Sachverständige aus wie folgt (Anonymisierung durch das BVwG):
"[ ] 2. Zur Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades des Behinderung:
Ergibt sich durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen bzw. dessen Beschwerdevorbringen eine Änderung in Bezug auf die festgestellten Funktionseinschränkungen (insbesondere im Hinblick auf Pos. Nr. 02.03.02 – GdB 20%) bzw. des festgestellten Gesamtgrad der Behinderung (60%)?
Zur Fragestellung:
[ ]
Ad 2) Neufestsetzung des Grades der Behinderung
Im Rahmen meines Gutachtens vom 8.4.2017 wurde die chron. Osteomyelitis im Fersenbein links unter der Positionsnummer 02.03.02 mit einem GdB von 20 vH eingestuft. Dies entspricht It. EVO einer chron. Osteomyelitis geringen Grades. Röntgenologisch nachweisbar eng begrenzt ohne Fistelbildung und ohne sichere Zeichen von Aktivität.
Unter Berücksichtigung der nun neu vorgelegten Arztbefunde und der neuen anamnestischen Angaben von Herrn XXXX, in denen dieser bekräftigt, dass sich eine Verschlechterung seit der Begutachtung im April 2017 eingestellt hat, wurde ich hier eine Änderung der Positionsnummer vornehmen auf 02.03.03. Dies entspricht It. Anlage zur EVO einer chron. Osteomyelitis mittleren Grades entsprechend geringer Fistelbildung oder sichere Aktivitätszeichen. Diese Position hat einen Rahmensatz zwischen 30 und 40 % - ich wurde hier den oberen Rahmensatz von 40 vH zur Anwendung bringen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass nun die Diagnose einer Osteomyelitis klar belegt ist, sowohl radiologisch als auch durch CT-gezielte Biopsie. Wiederholte antibiotische Behandlungen brachten nur vorübergehend eine Besserung, jedoch nicht eine vollständige Heilung bzw. Schmerzbefreiung. Eine chirurgische Intervention wurde bislang nicht empfohlen. Die Laborwerte zeigten zuletzt keine Entzündungsreaktion. Insgesamt scheint es sich somit um eine chron. Osteomyelitis mittleren Schweregrades zu handeln, wobei es bei dieser Erkrankung immer wieder zu Aktivitätszeichen kommen kann, im Sinne von wiederholten Entzündungen mit Fieber und Schmerzen. Auch ist es durchaus vorstellbar, dass bei Belastung auch ein Schmerz außerhalb akuter Entzündungsphasen auftreten kann. Dies wird durch die erhebliche Adipositas sicherlich erschwert. Eine Besserung dieses Zustandsbildes konnte durch eine chirurgische Intervention erfolgen, oder auch durch eine gezielte antibiotische Behandlung über längeren Zeitraum.
Es handelt sich jedoch nicht um eine chron. Osteomyelitis schweren Grades entsprechend der Position 02.03.04 - It. Anlage zur EVO. Hier müsste eine starke Fisteleiterung mit Hautveränderungen vorliegen, bzw. eine Infiltration der Weichteile und erhebliche Aktivitätszeichen. Ein derartiger Zustand ist aus den Befunden jedoch nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der Frage des Gesamt-GdB bleibt nach wie vor festzuhalten, dass die führende Position 1 50 vH betragt. Eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht mit dem Leiden 2, sodass eine Stufenerhöhung um 1 erfolgt. Das Leiden 3, welches nun mit einem GdB von 40 vH eingestuft wird, wirkt sich nicht direkt negativ auf das Leiden 1 aus und erhöht somit den Gesamt GdB nicht. Die Leiden 5 bis 7 erhöhen den Gesamt-GdB nicht in Folge Geringfügigkeit. Insgesamt ergibt sich somit keine Änderung des Gesamt-GdB. Da an den Leiden 1 und 2 auch keine Besserung der Situation zu erwarten ist, ist von einem Dauerzustand auszugehen.
[ ]"
Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht. Den Ausführungen des Sachverständigen wurde nicht entgegengetreten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist in Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60% seit 26.11.2014.
Am 20.02.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:
-
Leiden 1: Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (Osas), Schwere Form mit einem Grad der Behinderung von 50%
-
Leiden 2: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Leichte Form – COPD I mit einem Grad der Behinderung von 20%
-
Leiden 3: Chronische Osteomyelitis mittleren Grades mit einem Grad der Behinderung von 40%
-
Leiden 4: Funktionseinschränkung der Schulter mittleren Grades einseitig mit einem Grad der Behinderung von 20%
-
Leiden 5: Folgen einer Teilentfernung des Magens mit einem Grad der Behinderung von 10%
-
Leiden 6: Leichte Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 10%
-
Leiden 7: Verlust einer Zehe mit einem Grad der Behinderung von 10%
Es besteht eine ungünstige negative Leidensbeeinflussung zwischen Leiden 1 und 2, sodass der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe erhöht wird und 60% beträgt. Die übrigen Leiden erhöhen bei fehlendem direkten negativen Einfluss auf das Hauptleiden bzw. Geringfügigkeit nicht weiter.
2. Beweiswürdigung:
Feststellungen zu Wohnort und Alter sowie zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und sind unstrittig.
Der festgestellte Grad der Behinderung von 60% ergibt sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 24.04.2017 sowie dem Ergänzungsgutachten vom 13.09.2017. Dr. L. konnte sich von den Funktionseinschränkungen und vom Beschwerdeführer einen persönlichen Eindruck bei der Untersuchung am 05.04.2017 machen und die Leiden entsprechend den Positionsnummern der Einschätzungsverordnung samt dem jeweiligen Grad der Behinderung innerhalb der Rahmensätze zuordnen.
Ein Gutachten ist auf seine Vollständigkeit (also, ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten sind nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten wurde unter Einbeziehung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde erstellt und steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzproblematik, dass er "keine Sekunde stehen und keinen Meter gehen ohne starke Schmerzen zu bekommen" könne, kann ausgeführt werden, dass sich der Sachverständige im Gutachten unter den Punkten "Anamnese" und "Derzeitige Beschwerden" mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers befasst hat und in seine Einschätzung miteinbezogen hat.
Die Beschwerde richtet sich hauptsächlich gegen die Einschätzung des Leidens 3, wonach der Beschwerdeführer keine längere Zeit gehen oder stehen könne ohne Schmerzen zu haben. Betreffend Leiden 3 führte der Gutachter schlüssig und nachvollziehbar in seinem Ergänzungsgutachten aus, dass unter Berücksichtigung der neu vorgelegten Befunde und Angaben des Beschwerdeführers selbst von einer Einschätzung unter die Positionsnummer 02.03.03. auszugehen ist. Es handelt sich um eine chronische Osteomyelitis mittleren Grades aufgrund der Fistelbildung und sicheren Aktivitätszeichen. Auch wenn nunmehr von einem Rahmensatz von 40% auszugehen ist, erörtert der Sachverständliche verständlich, dass sich dadurch der Gesamtgrad aufgrund der nach wie vor fehlenden negativen Wechselwirkung mit dem führenden Leiden 1 insgesamt nicht verändert. Um einen höheren Gesamtgrad der Behinderung zu erreichen, müsste das in der Beschwerde angesprochene Leiden 3 alleine einen Grad der Behinderung von 70% erreichen. Die Funktionseinschränkung müsste dann unter die Positionsnummer 02.03.04 eingeschätzt werden und die Voraussetzungen "starke Fisteleiterung mit Hautveränderungen, Infiltration der Weichteile, erhebliche Aktivitätszeichen" erfüllt sein. Hinweise darauf haben sich im Verfahren nicht ergeben bzw. wurde vom Sachverständigen diesbezüglich im Ergänzungsgutachten begründend und abschließend die gewählte Positionsnummer argumentiert.
Aus der Beschwerde ergeben sich keine zusätzlichen oder schwerwiegenderen Funktionseinschränkungen, welche nicht schon vom Sachverständigen im Gutachten vom 24.04.2017 und nach persönlicher Untersuchung festgestellt bzw. eingeschätzt worden sind. Das Vorbringen des Beschwerdeführers war nicht geeignet, Zweifel an den Feststellungen des Gutachtens zu wecken.
Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße – und zu begründende – Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem zusätzlich eingeholten Ergänzungsgutachten. Dies lässt – gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht (auf gleicher fachlicher Ebene) entgegengetreten wurde – die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetzes (BBG) lautet wie folgt:
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:
BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Im gegenständlichen Fall richtet sich die Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde auf die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten und das Ergänzungsgutachten wurden vom erkennenden Senat als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet. Diesen zufolge beträgt der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers weiterhin 60%. Der Beschwerdeführer brachte nichts vor, was geeignet wäre, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
Es bleibt daher festzustellen, dass die Beschwerde abzuweisen ist, da die Voraussetzungen für die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass nicht erfüllt sind.
3.2. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Bundesbehindertengesetz ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I412.2162175.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.12.2017