TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/16 I403 2166885-1

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Veröffentlicht am 16.11.2017
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Entscheidungsdatum

16.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2166885-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017, Zl. IFA 780830304, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. wie folgt lautet:

"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG 2005 wird ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde am 08.09.2008 im Rahmen einer fremdenrechtlichen Kontrolle angehalten und wies sich mit einem gefälschten französischen Reisedokument aus. In seiner polizeilichen Einvernahme erklärte er, Marokko aufgrund der schlechten Wirtschaftslage verlassen zu haben.

Der Beschwerdeführer stellte am 09.09.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und gab in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als Fluchtgrund an, in Marokko von den Brüdern seiner Freundin bedroht worden zu sein.

Der Beschwerdeführer wurde am 29.09.2008 wegen Haftunfähigkeit entlassen; das Asylverfahren musste am 22.12.2008 wegen unbekannten Aufenthaltes eingestellt werden.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.07.2012, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Am 07.05.2013 wurde der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.10.2013, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 142 Abs 1 StGB; § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Mit "Verständigung von der Beweisaufnahme" informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer am 28.06.2017, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot geplant sei. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, Fragen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich bzw. in Marokko zu beantworten.

Der Beschwerdeführer gab am 07.07.2017 eine Stellungnahme ab und erklärte, dass er geschieden sei, dass seine Exfrau und sein Kind in Österreich und seine Eltern und Geschwister in Marokko leben würden, dass er die Berufe des Schneiders, des Metallbautechnikers sowie des Schlossers erlernt habe und dass er in Österreich erwerbstätig gewesen sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz erlassen, und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist. (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG unter Spruchpunkt III. die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Der Bescheid wurde am 18.07.2017 vom Beschwerdeführer übernommen.

Am 02.08.2017 wurde Beschwerde erhoben und die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK, eine Aufhebung der Rückkehrentscheidung und des Ausspruches über die Zulässigkeit der Abschiebung, eine Aufhebung bzw. Verkürzung des Einreiseverbotes sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Inhaltlich wurde vorgebracht: "Der Beschwerdeführer hat in Österreich eine 6-jährige Tochter, die ihn ständig im Gefängnis mit der Ex-Frau besucht. Er ersucht um eine Verkürzung des Einreiseverbotes, da er sich nicht vorstellen kann, ohne sein Kind zu leben, ein unbefristetes Einreiseverbot würde ein Eingriff in das Familienleben des BF darstellen. Der Beschwerdeführer bereut seine Fehler und bittet darum, dass seine Sache erneut geprüft wird."

Zudem wurde auf eine Zustellung am 19.07.2017 verwiesen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2017 vorgelegt.

Am 10.08.2017 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers ein Verspätungsvorhalt übermittelt. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer laut Übernahmebestätigung den Bescheid am 18.07.2017 entgegengenommen hat.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.08.2017, Zl. 2166885-1/5Z wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos und somit Drittstaatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

In Marokko leben noch Verwandte des Beschwerdeführers, nämlich seine Eltern und Geschwister.

Der Beschwerdeführer war in Österreich mit der deutschen Staatsbürgerin M. J. verheiratet und ist von dieser mittlerweile geschieden. Dieser Ehe entsprang eine gemeinsame Tochter, welche 2011 geboren wurde. Frau M. J. hat mittlerweile die alleinige Obsorge für die gemeinsame Tochter. Im Zeitraum von 28.02.2017 bis 13.08.2017 wurde der Beschwerdeführer drei Mal von seiner Exfrau und seiner Tochter besucht.

Dass der Beschwerdeführer eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution ist, konnte nicht festgestellt werden. Mangels vorgelegter Nachweise kann nicht festgestellt werden, dass er einen Deutschkurs besucht oder eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt hat. Es konnten folglich keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich insgesamt zwei Mal strafrechtlich verurteilt:

-

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.07.2012, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 223 (2), 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

-

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.10.2013, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 142 (1) StGB und § 201 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Am 07.09.2017 wurde der Beschwerdeführer bedingt, unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren, aus der Freiheitsstrafe entlassen.

1.2. Zur Situation in Marokko:

Zur Situation in Marokko findet sich im angefochtenen Bescheid ein Verweis auf die Staatendokumentation des BFA und wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gewährt jederzeit beim BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, Einsicht in die o.a. Staatendokumentation zu nehmen.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 18.07.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen. Diesen wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine schwere gesundheitliche Einschränkung bzw. auch keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorbrachte. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellungen zu seinen familiären Verhältnissen in Marokko ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich resultieren aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus den Angaben in seiner Stellungnahme vom 07.07.2017 sowie aus dem Schreiben der Justizanstalt vom 13.08.2017.

Der Beschwerdeführer brachte weder vor dem BFA noch in der gegenständlichen Beschwerde konkrete Angaben vor, welche die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers leiten sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 15.11.2017 sowie den sich im Akt befindlichen Strafurteilen ab.

2.2. Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf einer Zusammenfassung des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation für Marokko vom 07.07.2017 und den dort zitierten Quellen, auf welche auch im angefochtenen Bescheid verwiesen wird und wurde diesen auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es steht für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit den vorgebrachten Fluchtgründen dem Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer Verfolgung droht. Ebenso droht ihm mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe, wenn er nach Marokko zurückkehrt.

Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 47/2016, zudem ein sicherer Herkunftsstaat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen sind § 10 Abs. 2 sowie § 57 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017 (AsylG), und § 50, § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 sowie § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 145/2017 (FPG) sowie § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 (BFA-VG).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I., erster und zweiter Teil des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – im Umfang des ersten Satzes – gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.1.2. In weiterer Folge ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im gegenständlichen Verfahren hält sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da das Asylverfahren seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 09.09.2008 betreffend wegen unbekannten Aufenthaltes am 22.12.2008 eingestellt wurde und bis dato kein neuer Asylantrag gestellt wurde bzw. kein sonstiges Recht zum Aufenthalt vorliegt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art. und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Daher ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich zwar ein Familienleben, jedoch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keines von besonderer Intensität. Hierbei wird berücksichtigt, dass er zwar mit der deutschen Staatsbürgerin M. J. verheiratet war und gemeinsam mit dieser eine am XXXX2011 geborene Tochter hat, dass allerdings kein gemeinsamer Wohnsitz besteht und der Beschwerdeführer seit der Geburt der Tochter mehr als vier Jahre in Haft verbracht hat. Im Zeitraum von 28.02.2017 bis 13.08.2017 hat die frühere Ehefrau des Beschwerdeführers den Beschwerdeführer mit der gemeinsamen Tochter drei Mal besucht. Laut einer im Akt einliegenden Erhebung des Sozialen Dienstes habe die frühere Ehefrau an einer weiteren Beziehung zum Beschwerdeführer kein Interesse mehr und halte den Kontakt zum Beschwerdeführer lediglich wegen der gemeinsamen Tochter aufrecht, da sie befürchte, dass der Beschwerdeführer oder jemand aus seiner Familie diese ansonsten nach Marokko bringen könnte. Sie überlege, gemeinsam mit ihrer Tochter nach Deutschland zu ziehen. Die frühere Ehefrau hat zudem die alleinige Obsorge für die gemeinsame Tochter. Das Kind ist daher nicht im Sinn der mit dem Urteil vom 8. März 2011, Zambrano (C-34/09) eingeleiteten und mit dem Urteil vom 15. November 2011, Dereci u.a. (C-256/11), fortgesetzten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes "de facto gezwungen", das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, da dem Beschwerdeführer nicht die Obsorge über das Kind zukommt.

Fest steht, dass von keinem intensiven Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter ausgegangen werden kann. Ein Kontakt kann weiterhin über moderne Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden, was im Falle des sechsjährigen Mädchens bereits möglich ist. Eine besondere Abhängigkeit des Kindes von ihrem Vater ist gegenständlich jedenfalls zu verneinen. In diesem Sinne ist auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, Kemal HAMESEVIC gegen Dänemark, 16. Mai 2017, Appl. No 25748/15, zu verweisen: Auch wenn in allen Entscheidungen das Kindeswohl stets zu berücksichtigen ist, betrifft bei der Abschiebung eines Elternteiles aufgrund einer Verurteilung die Entscheidung in erster Linie den Täter. In solchen Fällen kann die Natur und Schwere des Vergehens oder die kriminelle Vergangenheit das überwiegende Gewicht bekommen.

Letztlich muss auch ergänzt werden, dass das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, als sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren Lage bewusst sein musste.

Auch im Hinblick auf seinen neun Jahre andauernden Aufenthalt kann nicht von einem maßgeblichen und überdurchschnittlichen Grad an Integration gesprochen werden, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht, hat in Österreich an keinen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen und hat keine nachgewiesene legale Erwerbstätigkeit ausgeübt. Er hat weder gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt, noch konnte er andere außergewöhnliche Umstände ins Treffen führen. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden nicht vorgelegt.

Es kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Marokko ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort sozialisiert wurde, er nach wie vor die dortige Sprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen vertraut ist – und kann im gegenständlichen Fall nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden, zumal in Marokko noch seine Familie lebt.

Bei der gebotenen Interessensabwägung ist zu Lasten des Beschwerdeführers insbesondere auch das strafgesetzwidrige Fehlverhalten zu berücksichtigen, dem seine zwei strafgerichtlichen Verurteilungen wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2 und § 224 StGB sowie wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB zugrunde liegen.

Vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit, zumal in Anbetracht der schwerwiegenden Delinquenz des Beschwerdeführers, welche sich in Fälschung besonders geschützter Urkunden, Raub und insgesamt zwei schwerwiegenden Angriffen auf Frauen manifestierte – dies geht aus dem Strafurteilen hervor – nicht von Bagatelldelikten, sondern von mit hoher krimineller Energie begangenen Taten gesprochen werden muss. Wiewohl der Beschwerdeführer nur eine strafgerichtliche Verurteilung bezüglich Vergewaltigung erfahren hat, ist hervorzuheben, dass diese aufgrund von zwei Übergriffen des Beschwerdeführers auf verschiedene, ihm völlig unbekannte Personen in einem Zeitraum von knapp mehr als sechs Monaten erfolgte und die Opfer in ihrer sexuellen Integrität massiv verletzt wurden. Die Taten können demnach weder als einmalige Fehlleistung angesehen werden, noch kann von nur geringen Folgen für die Opfer und die Allgemeinheit ausgegangen werden. Auch die Geburt seiner Tochter konnte ihn nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten.

Die erwähnten strafrechtlichen Verurteilungen sind vorliegend in einer Gesamtschau so schwer, dass eine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Tochter unter zentraler Beachtung der vergleichsweise geringeren Intensität der familiären Beziehung, zumutbar erscheint; zumal auch bisher aufgrund des Haftaufenthaltes des Beschwerdeführers kein enger Kontakt und kein gemeinsames Familienleben bestanden, die abgebrochen werden könnten, der Beschwerdeführer auch nicht obsorgeberechtigt ist und die Pflege und Erziehung auch bisher alleine der Kindesmutter oblag. Wie bereits betont steht einem allfälligen Kontakt des Beschwerdeführers zu seiner Tochter mittels Telefon, E-Mail und anderen modernen gebräuchlichen Kommunikationsmitteln oder sozialen Netzwerken nichts entgegen.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt insbesondere aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers somit eindeutig zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG zu erteilen.

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. – im Umfang des zweiten Satzes – des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I., dritter Teil des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er weist zudem eine Ausbildung zum Schneider, Metallbautechniker und Schlosser auf. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit – wenn auch zu Beginn nur in Form von Gelegenheitsjobs oder Hilfstätigkeiten – sollte er in seinem Herkunftsstaat zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Zudem leben seine Eltern und Geschwister nach wie vor in Marokko und könnten ihn gegebenenfalls unterstützen. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Marokko in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass Marokko ein "sicherer Herkunftsstaat" iSd Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016, ist (vgl. § 1 Z 9 leg.cit.).

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes I. – im Umfang des dritten Satzes – des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.2.3. Zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere nach Z 5 leg. cit. zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.07.2012 wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Höhe von drei Monaten verurteilt und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.10.2013 wegen der Verbrechen des Raubes und der Vergewaltigung rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Im gegenständlichen Fall stellte das BFA zu Recht fest, dass es ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen gilt, allerdings hat es dieses fälschlicherweise auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt. Eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ("wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, [ ] rechtskräftig verurteilt worden ist") ist zwar erfüllt, aber kann für diesen Tatbestand gemäß § 53 Abs. 3 FPG lediglich ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, nicht jedoch unbefristet erlassen werden.

Angesichts der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Höhe von sechs Jahren und sechs Monaten wegen der Verbrechen des Raubes und der Vergewaltigung wurde der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 5 – wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist – vom Beschwerdeführer verwirklicht und hätte das BFA das Einreiseverbot auf Z 5 leg. cit. stützen müssen.

Angesichts dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers besteht kein Zweifel, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, da es sich bei den Verbrechen des Raubes und der Vergewaltigung um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt. Sohin ist die Erlassung eines Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer dringend geboten, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten in Österreich abzuhalten und insbesondere um die Bevölkerung zu schützen.

Ein Verdacht einer Tatwiederholungsgefahr kann nicht bestritten werden und geht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine Gefährdung vom Beschwerdeführer aus. Es kann dem BFA nicht vorgeworfen werden, wenn es im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht, zumal diese Maßnahme angesichts der Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Das vom BFA angeordnete Einreiseverbot erweist sich somit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine Aufhebung des Einreiseverbotes sohin nicht in Betracht kam.

Dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.10.2013 liegt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer eine ihm unbekannte Frau, dadurch dass er sie von hinten packte, ihr den Mund zuhielt und ihr seine Finger in den Mund steckte, damit sie nicht schreien konnte, sie in einen Hauseingang zerrte und ihr gegenüber äußerte, sie solle leise sein, sonst müsse er ihr wehtun, wobei er mehrmals erwähnte, eine Waffe und ein Messer zu haben, sohin mit Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB), fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von ca. Euro 100,-- und ein Mobiltelefon in nicht mehr feststellbaren Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt hat und diese mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) zur Duldung des Beischlafs genötigt hat, und zwar dadurch, dass er nach der oben angeführten Tathandlung äußerte, sie könne noch eines für ihn tun, wobei er sie weiter in den Innenhof der Wohnhausanlage zerrte, wiederholt darauf hinwies, eine Waffe und ein Messer bei sich zu haben, sie aufforderte, leise zu sein, da er ihr sonst wehtun müsse, und wiederholt anal in sie eindrang. Außerdem hat er eine zweite ihm unbekannte Frau mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) zur Duldung des Beischlafs genötigt, und zwar dadurch, dass er sie von hinten packte, sie in ein abgestelltes Auto zerrte, wobei er ihr gegenüber erwähnte, eine Pistole zu haben, sowie darauf hinwies, dass Gegenwehr ihrerseits sinnlos sei, und anal und vaginal in sie eindrang.

Ausgehend von den dieser Verurteilung zugrunde liegenden Taten und dem sich daraus ableitbaren Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ergibt sich jedenfalls eine erhebliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft. Die Negierung der körperlichen Unversehrtheit von anderen Personen, im vorliegenden Fall zweier Frauen und die Ausnützung ihrer körperlichen Unterlegenheit zur Vergewaltigung stellt jedenfalls eine erhebliche und tatsächliche Gefahr dar.

Die vom Beschwerdeführer gesetzten Handlungen beeinträchtigen in gravierendem Ausmaß die öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen und an der Verhinderung von sexueller Gewalt. Es wird vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht verkannt, dass sich der Beschwerdeführer bis 07.09.2017 in Haft befand und deshalb keine längere Phase des Wohlverhaltens vorliegt, weshalb auch nicht von einem Wegfall seiner Gefährdung ausgegangen werden kann, demgemäß kann auch die diesbezügliche Zukunftsprognose nicht positiv ausfallen und können weitere strafbare Handlungen der geschilderten Art in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden.

Aus einem Schreiben der Justizanstalt, in welcher der Beschwerdeführer seine Haftstrafe verbüßte, geht hervor, dass aufgrund der negativen vollzugsgutachterlichen Stellungnahme der Begutachtung- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) bzw. des hohen Rückfallrisikos, der Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, emotional instabilen und antisozialen Akzentuierung (verbunden mit einem Alkohol- und Kokainkonsum) sowie den problematischen Kontakten zu seiner Exfrau und keiner prosozialen Kontakte in Österreich, dem Beschwerdeführer während des gesamten Strafvollzuges keine mit Freiheit verbundene Vollzugslockerungen gewährt werden konnten. Insgesamt ergibt sich daraus ein Persönlichkeitsprofil, das nicht bereit ist, sich an Gesetze zu halten, sondern das ein kriminelles Potential entfaltet. Auch wenn bei den einzelnen Verurteilungen ein höherer Strafrahmen hätte verhängt werden können, muss angesichts der Tatsache, dass bei der Verurteilung vom 24.10.2013 insgesamt drei Verbrechen zusammentrafen und dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten auf eine erhebliche, vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden. Auch wenn man berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Tochter hat, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal ihn auch seine Tochter nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhielt.

Angesichts seines schwerwiegenden Fehlverhaltens besteht für das Bundesverwaltungsgericht sohin keine Veranlassung, das vom BFA festgesetzte unbefristete Einreiseverbot aufzuheben.

Hinsichtlich des in den Spruch des gegenständlichen Bescheides aufgenommenen § 53 Abs. 3 Z 1 war eine Spruchkorrektur durchzuführen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird daher mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das unbefristete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG 2005 erlassen wird.

3.2.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass das BFA einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Dies begründet das BFA zu Recht mit den Verurteilung des Beschwerdeführers; wie unter Punkt 3.2.3. aufgezeigt wurde, rechtfertigt nach der Bestimmung des § 53 FPG eine derartige Verurteilung die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Die Voraussetzungen des § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG sind im vorliegenden Beschwerdefall folglich erfüllt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist daher zu Recht erfolgt. Es war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2.5. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 134/2017-12, G 207/2017-8 vom 26.09.2017 wurde die Wortfolge "2, 4 und" sowie der Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." in § 16 Abs 1 BFA-VG als verfassungswidrig aufgehoben, weswegen die gegenständliche Beschwerde als rechtzeitig eingebracht gilt.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführer zweimal zu Freiheitsstrafen, davon letztmalig zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren und sechs Monaten, verurteilt wurde. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, sind nämlich unbestritten geblieben. Unbestritten ist auch, dass der Beschwerdeführer in Österreich geschieden ist und eine Tochter hat. Zu seiner Exfrau und seiner Tochter besteht allerdings, wie auch aus der Besucherlichte der Justizanstalt hervorgeht, nur ein geringer Kontakt. Vor diesem Hintergrund hätte die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bzw. die Einvernahme seiner Exfrau zu keinem anderen Ergebnis der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung führen können. Das Bundesverwaltungsgericht durfte daher davon ausgehen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt war (VwGH, 12.11.2015, Ra 2015/21/0184).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot,
Gefährdungsprognose, Interessenabwägung, öffentliches Interesse,
Rückkehrentscheidung, sicherer Herkunftsstaat, strafrechtliche
Verurteilung, Verbrechen, Vergewaltigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I403.2166885.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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