Entscheidungsdatum
17.11.2017Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I403 1418630-1/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Demokratische Republik Kongo, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus BERNHAUSER, Schmerlingplatz 3, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.03.2011, Zl. 10 09.182-BAI zu Recht erkannt:
A)
I. Das Beschwerdeverfahren gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) stellte am 3. Oktober 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. März 2011 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ebenso hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen wurde (Spruchpunkt II.). Die Beschwerdeführerin wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Demokratische Republik Kongo ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Dagegen wurde fristgerecht am 28. März 2011 Beschwerde erhoben. Am 30.05.2011 wurde eine Beschwerdeergänzung eingebracht und eine Geburtsurkunde vorgelegt. Am 19. August 2013 wurde eine Vollmacht für die Vertretung durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bernhauser, Schmerlingplatz 3, 1010 Wien vorgelegt.
Am 6. Juni 2017 wurde eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht abgehalten, in der die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. zurückgezogen wurde.
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin per 2. Oktober 2017 zugewiesen. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2017 wurde wiederholt, dass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. zurückgezogen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen
Bescheid:
1. Feststellungen:
Die unbescholtene Beschwerdeführerin ist Staatsbürgerin der Demokratischen Republik Kongo. Ihre Identität steht fest. Sie hält sich seit 2010 und damit seit rund sieben Jahren in Österreich auf. Sie führt in Österreich ein Familienleben mit ihrem am XXXX 2015 geborenen Sohn und ihrem Ehemann. Die Ehe wurde am XXXX 2016 in Österreich geschlossen. Ihr Sohn und ihr Ehemann sind ebenfalls Staatsbürger der Demokratischen Republik Kongo und in Österreich anerkannte Flüchtlinge. Die Beschwerdeführerin führt den gemeinsamen Haushalt. Ihr Sohn besucht einen Kindergarten. Die Beschwerdeführerin erwartet am XXXX 2018 ihr zweites Kind.
Die Beschwerdeführerin hat gute Deutschkenntnisse und verfügt über einen breiten Freundeskreis in Österreich. Sie ist in einer Kirchengemeinde aktiv.
In der Demokratischen Republik Kongo leben die Mutter und Geschwister der Beschwerdeführerin.
Die Verfahrensdauer von rund sieben Jahren ist nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen.
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin und ihrem Familienleben beruhen auf den folgenden vorgelegten Urkunden:
Personalausweis, Heiratsurkunde des Standesamtes XXXX vom XXXX 2016, Geburtsurkunde ihres Sohnes vom XXXX2015, Vaterschaftsanerkennung, Konventionsreisepass von XXXX, ausgestellt am 6. Juli 2014 sowie von XXXX, ausgestellt am 19. November 2015.
Die Feststellung zu ihren Deutschkenntnissen ergibt sich aus dem Umstand, dass im Protokoll zur mündlichen Verhandlung festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführerin über "gehobene Grundkenntnisse der deutschen Sprache" verfügt. Die Feststellung zu ihrem Freundeskreis bzw. zu ihrer Tätigkeit in einer Kirchengemeinde ergibt sich aus den am 19. Juni 2017 vorgelegten Empfehlungsschreiben.
Die Feststellung zu ihrer strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregisterauszug vom 11. Oktober 2017.
Die Feststellung zur aktuellen Schwangerschaft der Beschwerdeführerin basiert auf dem vorgelegten Mutter-Kind-Pass sowie auf dem Befund des XXXXvom 05. Juni 2017.
3. Rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides:
Zu Spruchteil A)
Die Beschwerdeführerin hatte am 3. Oktober 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. März 2011 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), ebenso hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Beschwerdeführerin wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Demokratische Republik Kongo ausgewiesen (Spruchpunkt III.). In der mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht am 6. Juni 2017 wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. zurückgezogen; dies wurde in einer schriftlichen Eingabe des rechtsfreundlichen Vertreters vom 19. Oktober 2017 wiederholt. Damit ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo rechtskräftig.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und der gegenständlichen Entscheidung ist daher nur mehr die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. März 2011 ausgesprochene Ausweisung, die gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als Rückkehrentscheidung gilt.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im Hinblick darauf ist für den vorliegenden Fall Folgendes festzuhalten:
Die Beschwerdeführerin führt in Österreich ein Familienleben; sie lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn. Die Beschwerdeführerin ist zudem gegenwärtig schwanger. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art 8 EMRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob der mit einer Trennung verbundene Eingriff in das Familienleben als unzulässig zu werten wäre. Die Fortsetzung des Familienlebens im gemeinsamen Heimatstaat ist nicht möglich, jedenfalls aber nicht zumutbar, nachdem sowohl der Ehemann wie auch der gemeinsame Sohn einen Flüchtlingsstatus innehaben. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht automatisch unzulässig, es muss aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (etwa VwGH 13.11.2012, 2011/22/0081 und VwGH 3.10.2013, 2013/22/0199).
Im gegenständlichen Fall spricht für die Zulässigkeit eines Eingriffes in das Familienleben nur der Umstand, dass das Familienleben zu einem Zeitpunkt (Geburt des Sohnes XXXX 2015, Eheschließung am XXXX 2016) entstand, als sich die Beschwerdeführerin ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst hätte sein können. Diesbezüglich muss aber wiederum berücksichtigt werden, dass die abweisende Entscheidung des Bundesasylamtes in das Jahr 2011 zurückreicht und der Umstand, dass das Beschwerdeverfahren in weiterer Folge mehr als sechs Jahre in Anspruch nahm, nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist. Die überlange Verfahrensdauer führt dazu, dass das generell gerechtfertigte öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung unrechtmäßig aufhältiger Fremder entsprechend abgeschwächt wird.
Auch aus der Perspektive des Kindeswohles wäre der Ausspruch einer Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin unzulässig. Wie bereits ausgeführt handelt es sich beim zweijährigen Sohn um einen anerkannten Flüchtling. Eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Demokratische Republik Kongo würde daher automatisch eine Trennung von Mutter und Sohn bedingen. Diesbezüglich ist beachtlich, dass die Beschwerdeführerin für den Haushalt, die Erziehung und Versorgung des Kindes zuständig ist, wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt. Es sind demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der berufstätige Kindesvater die Obsorge für den Sohn übernehmen könnte. Die Möglichkeit einer dem jungen Lebensalter entsprechenden Verpflegung des Kleinstkindes durch den Kindesvater ist schon aufgrund der täglichen arbeitsbedingten Abwesenheiten nicht anzunehmen. Ein Verbleib beim Kindesvater ist aufgrund des sehr jungen Alters des Sohnes und aufgrund des Umstandes, dass der Kindesvater aufgrund seiner Berufstätigkeit die Pflege und Erziehung des Kindes unter Umständen nur ungenügend bewerkstelligen könnte, sohin im konkreten Fall nicht realistisch. Aufgrund des jungen Alters des Sohnes ist vielmehr von einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu der Beschwerdeführerin auszugehen. Das verleiht im vorliegenden Fall dem Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn eine besondere Schutzbedürftigkeit und damit ein besonderes Gewicht.
Es gibt insgesamt keine Hinweise, dass das Familienleben ein solches geringeres Intensität wäre. Die gemeinsame Wohnsitznahme, die Eheschließung, die neuerliche Schwangerschaft und die vorgelegten Beweismittel zu diesem Themenkreis deuten vielmehr in die gegenteilige Richtung.
Die Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet würde dazu führen, dass sie das Bundesgebiet ohne Ehepartner und (gemeinsame/s) Kind(er) verlassen müsste, sohin einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Familienleben nach Art 8 EMRK darstellen. Die Aufenthaltsdauer von sieben Jahren, die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin, der Freundeskreis und das kirchliche Engagement in Österreich bilden positive Aspekte des Privatlebens, welche zwar für sich genommen die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung nicht bewirken könnten, aber zu Gunsten der Beschwerdeführerin mit zu beachten waren.
Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen einer Interessensabwägung gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung durch das erkennende Gericht auf Dauer unzulässig ist. Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Familien- und Privatlebens der Beschwerdeführerin in Österreich dennoch höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, ist eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. 70/2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
§ 55 AsylG 2005 samt Überschrift lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:
1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;
3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Aus den EB zum FRÄG 2015 ergibt sich, dass auch das Bundesverwaltungsgericht – in jeder Verfahrenskonstellation – über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hiebei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.
Die Beschwerdeführerin erfüllt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 nicht. Sie spricht zwar, wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt, gut Deutsch, konnte aber keinen entsprechenden Nachweis über die Absolvierung einer Prüfung auf A2-Niveau vorlegen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllt sie daher nur die Voraussetzung für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung" im Sinne des § 55 Abs. 2 AsylG 2005.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung, bestehendes Familienleben,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I403.1418630.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.12.2017