Entscheidungsdatum
27.11.2017Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I411 2153292-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch: RAe Dr. ECKER, Mag. EMBACHER, Dr. NEUGSCHWENDTNER, Schleifmühlgasse 5/8, 1040 Wien, gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 10.03.2017, Zu. XXXX,
A)
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II, sowie den ersten Spruchteil des Spruchpunktes III., wird als unbegründet abgewiesen.
B)
beschlossen:
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid im Umfang des zweiten und dritten Spruchteiles des Spruchpunktes III. behoben und die Angelegenheit in diesem Umfang gemäß § 28 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung einer neuen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
C)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte bereits am 25.01.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit wirtschaftlichen Motiven begründete. Das Verfahren wurde am 03.04.2009 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht eingestellt. Er stellte den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich am 07.11.2012. Begründend führte er aus, dass ihm von seinem Vater eine Ehefrau aufgezwungen worden sei. Er sei nur traditionell mit dieser Frau verheiratet und nie mit ihr Kontakt gehabt. Er sei dann von den Brüdern der Ehefrau geschlagen und mit einem Messer verletzt worden, woraufhin er die Flucht ergriff und nach Italien ausreiste.
2. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 07.02.2017 gab der Beschwerdeführer neuerlich befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass ihm die marokkanische Regierung nichts gebe, er in Armut gelebt habe und er in Österreich bleiben wolle, weil (Fehler im Original) "Es ist ein Soziales Land. Ein Land , welches seinen Staatsbürgern vertraut. Ein Land, wo es Gratiszeitungen gibt. Ein Land, in dem Frauen respektiert werden. Ein faires Land und ein Rechtsstaat. [ ]". Außerdem sei er bestrebt, von Österreich aus die Korruption und Menschenrechtsverletzungen in Marokko aufzuzeigen. Er wolle auch gegen die marokkanische Gemeinde in Österreich vorgehen, welche Stimmung gegen die österreichische Regierung mache und nicht gegen die herrschende marokkanische Drogenmafia in Österreich vorgehe. Deshalb benötige er Schutz in Österreich. Befragt zu seinem Privatleben in Österreich gab der Beschwerdeführer an, mit seiner Lebensgefährtin XXXX seit Juli 2016 in einer gemeinsamen Wohnung zu leben. Von der marokkanischen Frau sei er mittlerweile geschieden. Ansonsten habe er viele Freunde in Österreich.
3. Mit dem Bescheid vom 10.03.2017, Zu. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 06.04.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am 10.04.2017). Darin wird moniert, dass der Beschwerdeführer seit 01.03.2017 mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX verheiratet sei, welche ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen habe und der Beschwerdeführer begünstigter Drittstaatsangehöriger sei. Daher sei eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig. Die belangte Behörde habe Integrationsverfestigungen und das Bestehen eines Privatlebens negiert. Der Beschwerdeführer führe ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK, er habe im Bundesgebiet viele Freunde, verfüge bereits über Deutschkenntnisse und habe bereits vor über 10 Jahren sein Heimatland verlassen. Alle Bindungen in Österreich seien auf Dauer angelegt. Eine Rückkehrentscheidung sei auf Dauer unzulässig.
5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2017, GZ: I411 2153292-1/4Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko, kinderlos, bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer reiste legal mit gültigem Reisedokument aus Marokko nach Italien aus und gelangte erstmals 2009 nach Österreich. Nach einem Aufenthalt in Italien und in der Schweiz reiste der Beschwerdeführer neuerlich nach Österreich ein und hält sich seit (mindestens) 07.11.2012 im Bundesgebiet auf. Er verfügt über einen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet.
Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus den Eltern und den 8 Geschwistern lebt in Marokko. Abschließende Feststellungen zu seinem Familienleben können nicht getroffen werden.
Der Beschwerdeführer besuchte 12 Jahre lang eine Schule und arbeitete anschließend als Computertechniker und Friedhofsbetreuer. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Marokko hat er eine Chance auch hinkünftig im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.
Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Er verdient sich als Künstler monatlich rund 100€ dazu.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer weder eine asylrelevante Verfolgung aufgrund der arrangierten Ehe durch Privatpersonen noch eine Verfolgung von staatlicher Seite droht.
Sonstige vorgebrachte wirtschaftliche Gründe erreichen keine Asylrelevanz. Dem Beschwerdeführer droht in seinem Heimatland keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:
Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.
Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 10.03.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.
Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko mit Stand 07.07.2017.
Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt betreffend die Spruchpunkte I. und II. sowie den ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. nicht und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt diesbezüglich als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Soweit es sich auf die Spruchpunkte I. und II. sowie den ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. bezieht, hat die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (AS 157-158). Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.11.2017.
Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 10.11.2017 abgefragten Zentralen Melderegister sowie Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer bringt vor, vor Verfolgung aufgrund der arrangierten Ehe in Marokko geflohen zu sein. Die Brüder der dortigen Ehefrau hätten ihn bedroht und verletzt. Selbst bei Wahrunterstellung dieser Geschehnisse ist diesbezüglich festzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst angab, von der marokkanischen Ehefrau wieder geschieden zu sein und somit fällt auch die Verfolgung durch die Brüder weg. Zudem handelt es sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen, welcher keine Asylrelevanz zugeschrieben werden kann und in diesem Fall dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stehen würde, um den Brüdern zu entkommen. Dies wird von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes auch für zumutbar gehalten. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig und sollte im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Auch seine Berufserfahrung als Computertechniker und Friedhofsbetreuer ist in diesem Zusammenhang als hilfreich anzusehen.
Auch sein weiteres Vorbringen eines Lebens in Armut und der mangelnden wirtschaftlichen Unterstützung durch die Regierung erreicht keine asylrelevante Intensität. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde keinen der Fluchtgründe als asylrelevant einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darlegung der Gründe für eine unzulässige Rückkehrentscheidung, womit sich der erkennende Richter weiter unten in der rechtlichen Würdigung auseinander zu setzen haben wird. Somit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.
Der Beschwerdeschriftsatz enthält im Übrigen keine konkreten Ausführungen, die zu einer anders lautenden Entscheidung führen könnten und vermag daher der erkennende Richter auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 07.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.
Trotz der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, kommt den vorgebrachten Fluchtgründen (private Verfolgung und wirtschaftliche Motive) keine Asylrelevanz zu.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Dem Beschwerdeführer droht in Marokko - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Mit seiner 12-jährigen Schulbildung und Erfahrungen als Friedhofsbetreuer und Computertechniker ist es ihm möglich, seine Existenz zu sichern und (wenigstens) die Grundbedürfnisse abzudecken.
Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Ganz allgemein besteht in Marokko derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Gemäß § 8 Abs. 3 leg. cit. sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht. Bereits aus diesem Grund ist der Antrag daher auch diesbezüglich abzuweisen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Frage eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (erster Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheids):
Gemäß § 58 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (zweiter und dritter Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheids)
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Die belangte Behörde hatte zwar festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Beziehung führt, führt aber aus, dass sie seine Freundin wäre, obwohl sich im Akt eine Heiratsurkunde und ein Auszug aus dem Heiratseintrag, beide datiert mit 01.03.2017, befinden. Dazu wurden weder Feststellungen getroffen bzw. sonstige Ermittlungen zum Privat- und Familienleben durchgeführt. Das Vorliegen eines Privatlebens wurde negiert und festgestellt, dass in Österreich keine Verwandten leben.
Es wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer sich erst seit fünf Jahren in Österreich aufhält und dass er eine Beziehung zur genannten österreichischen Staatsbürgerin bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit 10 Monaten führte. Dennoch unterließ es die belangte Behörde, irgendwelche Ermittlungsschritte in Bezug auf die Familie des Beschwerdeführers zu setzen. Weder wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers einvernommen noch wurde überhaupt das Bestehen einer aufrechten Ehe in Österreich miteinbezogen. Soweit im angefochtenen Bescheid generell behauptet wird, der Beschwerdeführer habe in Österreich sohin keine Verwandten und führe kein Familienleben, ist dies aktenwidrig.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Bindung eines Fremden an einen österreichischen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK große Bedeutung zu. In einem solchen Fall müssen nähere Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Fremden und seines Ehepartners, insbesondere zu den Wohnverhältnissen, der Art ihrer Beschäftigungen und den erzielten Einkommen, aber etwa auch zur Frage der Deutschkenntnisse sowie zu den Bindungen zum Heimatstaat und zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Führung eines Familienlebens außerhalb Österreichs getroffen werden (vgl. etwa Erkenntnisse des VwGH vom 11. Juni 2014, 2012/22/0142 oder vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/19/0247).
Die belangte Behörde unterließ es, die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Feststellungen in den angefochtenen Bescheid aufzunehmen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 11, S 153). § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH, 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesondere weil
1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,
2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat
3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder
4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel zu erkennen sind und
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Für das Bundesverwaltungsgericht erweist sich der vorliegende Sachverhalt in Bezug auf das Privat- und Familienleben als so mangelhaft, dass festzustellen ist, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gar nicht ermittelt hat.
Auch im Rahmen eines Asylverfahrens ist die belangte Behörde verpflichtet, das Privat- und Familienleben eines Asylwerbers in Österreich zu prüfen, um zur Feststellung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Insbesondere die Frage der Fortführung eines Familienlebens mit österreichischen Staatsbürgern muss geprüft werden; dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall gänzlich unterlassen, so dass von einer Delegierung an das Bundesverwaltungsgericht ausgegangen werden muss. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit nicht gegeben.
Die vollständige Ermittlung des vom Beschwerdeführer in Österreich entwickelten Privat- bzw. Familienlebens ist schon deshalb maßgeblich, da nach der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht gesagt werden kann, dass eine in fünf Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen "kann" und somit schon allein aufgrund des Aufenthalts von rund fünf Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber der privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. VwGH 23.02.2016, Zu. Ra 2015/01/0134-7). Zusammengefasst ist festzustellen, dass das die belangte Behörde in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage in Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich nicht mit der gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich in der Bescheidbegründung nur mangelhaft mit den Angaben des Beschwerdeführers und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat. Aufgrund des mangelnden Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde jedenfalls die gebotene ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen.
Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK im Ergebnis so mangelhaft, dass in diesem Umfang die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich diesbezüglich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, ob der Beschwerdeführer in Österreich ein schutzwürdiges Privat- und Familienleben entwickelt hat. Im Gegenteil ist das Verfahren der belangten Behörde mit den oben dargestellten schweren Mängeln behaftet.
Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren die Ehefrau des Beschwerdeführers einvernehmen und Feststellungen zum Familien- und Privatleben in Österreich treffen müssen. Unter anderem wird auch festzustellen sein, ob das Familienleben in Marokko fortgesetzt werden kann bzw. eine Trennung zumutbar ist und außerdem ob die Ehefrau des Beschwerdeführers tatsächlich von ihrem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht hat und der Beschwerdeführer begünstigter Drittstaatsangehöriger ist.
Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre. Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene zweite und dritte Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit diesbezüglich zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.5. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids):
Da bereits mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2017, GZ: I411 2153292-1/4Z, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, konnte eine Entscheidung über Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides hier unterbleiben.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, hat der VwGH die folgenden Kriterien entwickelt:
• Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen.
• Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
• In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt: belangte Behörde hat im vorliegenden Verfahren den Sachverhalt zur Frage des internationalen Schutzes in einem ordnungsgemäßen Verfahren erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an, und in der Beschwerde wurde kein entgegenstehender Sachverhalt vorgebracht, sondern der bereits der Entscheidung der belangten Behörde zugrundeliegende Sachverhalt aufrechterhalten. Ein konkretes Vorbringen oder eine nähere Darlegung der Ereignisse, welche eine Erörterung des Vorbringens notwendig gemacht hätte, sind der Beschwerde in Bezug auf §§ 3, 8 und 57 AsylG nicht zu entnehmen.
Soweit das Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich betroffen ist, erfolgt mit der gegenständlichen Entscheidung eine Zurückverweisung in Bezug auf die Rückkehrentscheidung, da die belangte Behörde diesbezüglich wesentliche Ermittlungen unterlassen hat.
In Ansehung der §§ 21 Abs. 7 BFA-VG und § 24 VwGVG konnte daher eine mündliche Verhandlung im konkreten Fall entfallen.
Zu B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheinigungsmittel, Ehe, Ermittlungspflicht, Intensität,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I411.2153292.1.01Zuletzt aktualisiert am
05.12.2017