Entscheidungsdatum
28.11.2017Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L515 2163933-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen
1. den Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 05.05.2017, Zl. OB: XXXX , und
2. den Behindertenpass vom 02.05.2017, Zi.: OB: XXXX ,
in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, iVm § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und aufgrund des ermittelten Sachverhaltes festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen und der Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H. beträgt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer ("BF"; nachfolgend auch:
beschwerdeführende Partei - "bP") beantragte am 14.03.2017 die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Gemäß Hinweis auf dem Formular galt dieser Antrag – falls er noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sei – auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.
I.2. Ein Gutachten einer medizinischen Sachverständigen (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 25.04.2017 kam zu einem GdB von 50 % für die Funktionseinschränkungen der bP. Die Fragen im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung wurden negativ beantwortet.
I.3. Mit Schreiben vom 02.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 % zugesendet (vgl. AS 7).
I.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.05.2017 wurde der Antrag der bP vom 14.03.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen.
I.5. Mit Schreiben vom 03.06.2017 erhob die bP "EINSPRUCH gegen die Einstufung der Wirbelsäule, Zuckerkrankheit und zwischenmenschliche Behandlung".
I.6. Mit Schreiben vom 11.07.2017 erfolgte die Beschwerdevorlage, sie langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.7. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 20.20.2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.
1.2. Am 25.04.2017 erfolgte im Auftrag des Sozialministeriumservice eine Begutachtung durch eine medizinische Sachverständige (Ärztin für Allgemeinmedizin). Das betreffende Gutachten vom 25.04.2017 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
" OE: die Gelenke frei beweglich, Nacken-/Kreuzgriff vollständig, Faustschluss bds. vollständig, grobe Kraft ausreichend, grobneur. unauff.
.
Gesamtmobilität – Gangbild:
frei, zügig, breitspurig, symm., Zehengang gut durchführbar, Fersengang etwas holprig durchführbar, Einbeinstand bds durchführbar, re besser als li.
[ ]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1) Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), Obstruktives Schlafapnoesyndrom – schwere Form
nCPAP-Beatmung gut eingestellt. Z.n.Lungen-Tbc in jungen Jahren.
Pos. Nr. 06.11.03, GdB 50 %
2) degen. Veränderungen von LWS und HWS, multisegm. Discopathie lumbal u. cervical
Mäßige radiol. Veränderungen, keine objektivierbaren neurolog. Defizite, regelm. geringe Dosen von Analgetika (NSAR)
Pos. Nr. 02.01.01, GdB 20 %
3) Kniegelenk – Untere Extremitäten, Z.n. KTEP bds., Z.n.
Bakercysten-OP
endlagige Bewegungseinschränkung, lockere Schublade re
Pos. Nr. 02.05.19, GdB 20 %
4) Diabetes mellitus, Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Mit Zweifachtherapie gut eingestellt.
Pos. Nr. 09.02.01, GdB 20 %
5) Hypertonie, Mäßige Hypertonie
Zweifachtherapie erforderlich, damit grenzwertiger RR
Pos. Nr. 05.01.02, GdB 20 %
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Hauptleiden ist Pos. 1, das OSAS, das mit nächtl. CPAP-Maske gut eingestellt ist und im Alltag keine weitere Einschränkung darstellt.
Die übrigen Positionen wegen Geringfügigkeit nicht stufenerhöhend.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Eine leichte Dranginkontinenz wird medik. behandelt, Tröpfcheninkont., keine Einlagen. Eine Gallenblasenentfernung ist komnpl.los verheilt.
Ein anamnest. erwähnter Hautkrebs wurde durch keine Befunde bestätigt, ebenso 2 Schlaganfälle.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
-
Dauerzustand
.
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
1.) Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Gehstrecken von 300-400m können aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfsmittel ohne Unterbrechung zurückgelegt werden, auch öffentliche Verkehrsmittel können ohne fremde Hilfe benutzt werden. Übliche Niveau-Unterschiede von 20-30cm können ohne Einschränkung überwunden werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel – Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
...."
1.3. Im Rahmen der Beschwerde ("Betreff: EINSPRUCH gegen die Einstufung der Wirbelsäule, Zuckerkrankheit und zwischenmenschliche Behandlung") führte der Beschwerdeführer aus, dass er hinsichtlich Wirbelsäule angegeben habe, dass er immer Schmerzen habe. Da er seit seinem 12. Lebensjahr immer Schmerzen habe, teile er diese nur mehr in erträgliche und unerträgliche Schmerzen ein. Deshalb nehme er nur im äußersten Notfall Schmerzmittel. Morgens mache er noch im Liegen Übungen, um die Halswirbeln zu entlasten. Dann sitze er auf der Bettkante und mache 3 – 5 Minuten weitere Übungen und könne dann erst ohne Schwindelgefühle mit dem Stock aufstehen. Bis zum Abend bleibe unter der rechten Schulter ein Dauerschmerz, den er in der Nacht nicht habe. Er könne nur auf dem Rücken und nicht seitlich liegen. Dieses Aufstehritual wiederhole sich nach einem Mittagsschlaf und 2 – 3 mal in der Nacht. Im Bericht sei bei der Wirbelsäule vermerkt, dass er eine aufrechte Haltung habe. Im Gehen und Stehen spanne er den Bauchmuskel an und sei fast schmerzfrei bei den Lendenwirbeln. Der Befund vom 02.03.2017 spreche von Verdacht auf Neuroforamenstenosen L4 S1. Am Röntgenbild sehe man deutlich eine mehrere mm starke Verschiebung der Wirbel. Davon stehe nichts im Gutachten. Er könne nur 300 – 400 Meter gehen und dann würden ihn starke Schmerzen zu einer Rast zwingen. Nach ca. 10 Minuten Rast gehe es dann auf zur nächsten Etappe.
Zu seiner Zuckerkrankheit gebe er an, dass im Laufe von 29 Jahren das Medikament Metformin Bluefish von 500 mg auf 2500 mg gesteigert worden sei. Bei der letzten Steigerung seien seine Durchfälle ganz stark geworden. Er habe die Durchfälle der fehlenden Gallenblase zugeschrieben. Kurzfristige Besserung sei jeweils mit dem Medikament Loperamid Sandoz eingetreten. Nachdem eine Darmspiegelung keine Auffälligkeiten gezeigt habe, habe sich bei einer Reduzierung auf 40% ein sehr guter Erfolg eingestellt. Jetzt habe er die Wahl zwischen besseren Werten und Durchfall oder schlechteren Werten.
Abschließend beschwerte sich der BF über die seiner Ansicht unangemessene Behandlung durch die Gutachterin.
1.4. Zusammengefasst ergibt sich hinsichtlich der Leiden der bP folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
Das führende Leiden der bP (Lfd. Nr. 1; obstruktives Schlafapnoe-Syndrom) wurde mit 50 % eingeschätzt, die weiteren Leiden (Wirbelsäulenleiden, Beschwerden an den Kniegelenken, Diabetes mellitus, Hypertonie) jeweils mit 20 %. Eine Steigerung ist wegen Geringfügigkeit der weiteren Leiden nicht gegeben.
Die Benützung der oberen Extremitäten des BF ist nicht eingeschränkt (vgl: "OE: die Gelenke frei beweglich, Nacken-/Kreuzgriff vollständig, Faustschluss bds. vollständig, grobe Kraft ausreichend, grobneur. unauff."), das Gangbild des BF ist "frei, zügig, breitspurig, symm., Zehengang gut durchführbar, Fersengang etwas holprig durchführbar, Einbeinstand bds durchführbar, re besser als li.". Der BF ist in der Lage Gehstrecken von 300-400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfsmittel ohne Unterbrechung zurückzulegen, öffentliche Verkehrsmittel können ohne fremde Hilfe benutzt werden. Übliche Niveau-Unterschiede von 20-30cm können vom BF ohne Einschränkung überwunden werden. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt beim BF nicht vor.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, ( )". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das gegenständlich eingeholte Sachverständigengutachten vom 25.04.2017 der medizinischen Sachverständigen schlüssig, nachvollziehbar und weist keine relevanten Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Laut diesem Gutachten besteht bei der bP ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Mit den Beschwerdeausführungen trat die bP dem Sachverständigengutachten nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Von der Sachverständigen wurden die Leiden der bP einer entsprechenden medizinischen Beurteilung unterzogen und ebenso in Zusammenhang mit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln gesetzt.
Die Beschwerde richtete sich einerseits gegen den ausgestellten Behindertenpass und die dort festgesetzte Höhe des Grades der Behinderung von 50 %, weil der BF sich mit der Einstufung im Hinblick auf die Wirbelsäule und die Zuckerkrankheit nicht einverstanden erklärte – diese offenbar als zu niedrig bewertet empfand. Andererseits richtete sich die Beschwerde auch gegen die Nichtzuerkennung der beantragten Zusatzeintragung (arg.: " nur 300 – 400 Meter gehen kann und mich dann starke Schmerzen zu einer Rast zwingen ").
Soweit die Beschwerde den Befund vom 02.03.2017 anspricht, so wurde dieser im Gutachten vom 25.04.2017 berücksichtigt und findet sich unter der Rubrik "Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe)" auf Seite 2 des Gutachtens eine solche Zusammenfassung eben dieses Befundes. Dass dieser Befund im Gutachten unberücksichtigt geblieben wäre, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen (vgl. Seite 2 und 4 des Gutachtens, insbes. die Einschätzung unter lfd. Nr. 2).
Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung zu entkräften.
Das Sachverständigengutachten vom 25.04.2017 wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Mangel des Parteiengehörs wird im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).
Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).
Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).
Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter "neuen Tatsachen" jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP "neue Tatsachen" vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.
Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.
Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.
Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.
Ob der bP das Gutachten vom 25.04.2017 (vor der Bescheiderlassung zur Kenntnis gebracht wurde, geht aus dem Akteninhalt nicht klar hervor (eine Nichtzurkenntnisbringung ist aber aufgrund der zeitlichen Umstände anzunehmen: Vidierung des Gutachtens am 28.04.2017; Bescheiderlassung am 05.05.2017); jedenfalls erfolgte aber eine Übermittlung gleichzeitig mit dem angefochtenen Bescheid (vgl. dort angeführte Beilagen). Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG vorgebrachte "neue Tatsachen" sind nicht zu berücksichtigen) jedwede Möglichkeit eines Vorbringens genommen, was in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führt. Von der bP wurde aber im Zuge der Beschwerde kein geänderter Sachverhalt vorgetragen (und auch keine weiteren Befunde vorgelegt), weshalb hier die Möglichkeit, im Beschwerdeverfahren zu obigem Gutachten Stellung zu nehmen, zur Sanierung der Verletzung des Parteiengehörs führte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Die Beschwerde vom 03.06.2017 (eingegangen bei der bB am 12.06.2017; die Art der Einbringung geht aus dem Akteninhalt nicht hervor) erweist sich angesichts des Bescheiddatums vom 05.05.2017 als fristgerecht im Sinne der Rechtsmittelfrist des BBG.
Soweit das Rechtsmittelschreiben mit "Einspruch" benannt wurde, so schadet eine solche Falschbezeichnung nicht. Maßgeblich ist der Wille, der dahintersteht. Demgemäß erklärte sich der Beschwerdeführer mit den behördlichen Entscheidungen (zur Unzumutbarkeit und zur Höhe des Grades der Behinderung) nicht einverstanden. Das Rechtsmittel ist daher als Beschwerde zu werten.
Die sonstigen Voraussetzungen, welche § 9 VwGVG seinem Inhalt nach festlegt, liegen vor.
Die bP brachte sinngemäß in ihrer Beschwerde im Ergebnis vor, dass ihr – entgegen der Ansicht der bB – die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei. Die Beschwerde wendete sich aber auch gegen den Behindertenpass, konkret die Höhe des Grades der Behinderung.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4.
3.4.1. Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
3.4.2. Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[. ]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß Abs. 5 leg cit. bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014). Auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, kommt es nicht an (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Das Sachverständigengutachten vom 25.04.2017 und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.
Die Prüfung, ob die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen ist, hat entlang der Kriterien der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, (konkret: ob bei der bP
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--erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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--erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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--erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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--eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
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--eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit
vorliegen) zu erfolgen; die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen erweisen sich in dieser Hinsicht als ausreichend.
Gemäß dem angeführten Gutachten vom 25.04.2017 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Ziff. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF - und damit die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung - bei der bP nicht vor.
Entscheidungswesentlich ist dabei ausschließlich der Gesundheitszustand der bP selbst. Maßgeblich ist nur, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.
Das Sachverständigengutachten und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 – also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.
Beim Beschwerdeführer liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden. Gemäß dem angeführten Gutachten sind derartige Umstände nicht gegeben. Mit den Beschwerdeangaben konnte die bP die Aussagen der medizinischen Sachverständigen nicht entkräften. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet darzutun, dass die gutachterlichen Beurteilungen unrichtig sind. Mit den Ausführungen in der Beschwerde, trat die bP den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.4.3. Gemäß § § 3 Abs 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (ua VwGH vom 24. September 2003, Zl 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl Ro 2014/11/0023-7).
Die von der medizinischen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzung sowohl hinsichtlich Position als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet. Gemäß dem Gutachten steigern die Positionen 2 – 5 wegen Geringfügigkeit nicht. Dem Gutachten folgend ist daher von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. auszugehen – die in der Beschwerde gerügte zu niedrige Einschätzung ist nicht gegeben. Die Beschwerde war folglich auch in dieser Hinsicht abzuweisen.
3.5. Soweit sich der Beschwerdeführer über eine unangemessene Behandlung im Zuge der Begutachtung beschwerte, ist eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gegeben. Der Beschwerdeführer ist insoweit an das Sozialministeriumservice zu verweisen.
3.6. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.