Entscheidungsdatum
30.11.2017Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L515 2157921-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 05.04.2017, Zl. OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, iVm § 1 Abs. 4 Z 3 und Abs. 5 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) beantragte beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) am 04.11.2016 unter Beifügung eines Befundkonvolutes die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.
In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten wird von einer Allgemeinmedizinerin, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 07.03.2017, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Gesamtmobilität - Gangbild:
Angedeutetes Hinken links, der Gang ist sicher, eine Stützkrücke wird benützt weil die linke Hüfte noch nicht ausreichend gut sei
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Entzündliche Gelenkserkrankung (Seropositive rheumatoide Arthritis, ED: 2013) Schubweise auftretende entzündliche Gelenkserkrankung mit secundären Arthrosen und teilweise Funktionseinschränkung. Zustand nach Operation der linken Hüfte und des linken Handgelenkes. Entsprechend der funktionellen Beeinträchtigung in mehreren Gelenken und laufender Therapie mit Humira, Ebetrexat und Folsan, sowie Kortisontherapie, werden 50 % gegeben
02.02.03
50 vH
02
Fehlhaltung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen Derzeit geringe Funktionseinschränkung. Wegen der deutlichen Fehlhaltung, mit Beckenschiefstand und Beinlängedifferenz, sowie Schmerzen im Ileosakralgelenk links wird oberer Wert gegeben
02.01.01
20 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Beantwortung der im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gestellten Fragen:
Entsprechend der entzündlichen Gelenkserkrankung, mit schubweise auftretenden Schmerzen, ist die Mobilität fallweise deutlich eingeschränkt. Eine dauerhafte Einschränkung schweren Ausmaßes liegt jedoch nicht vor. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ist, entsprechend den bestehenden Richtlinien, zumutbar. Es liegt auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Nach Zitierung der rechtlichen Grundlagen wurde festgehalten, dass das ärztliche Begutachtungsverfahren ergeben hat, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen.
Ihre fristgerecht erhobene Beschwerde begründete die bP im Wesentlichen mit den Schmerzen auf Grund der Gelenkserkrankung; dies vor allem in ihren Hüften und beim Anheben des Fußes. Die Busfahrt zu den Ärzten müsse sie auf Grund vieler Fahrgäste meist im Stehen durchführen. Sie habe auch Probleme beim Gehen, was sich auf ihre Psyche auswirke. Sie sei bereit für eine abermalige Begutachtung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die bP ist Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, verfügt über einen unbefristeten Daueraufenthaltstitel (Daueraufenthalt-EU), hat ihren Wohnsitz im Inland und ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 vH.
Folgende Funktionseinschränkungen liegen vor:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
01
Entzündliche Gelenkserkrankung (Seropositive rheumatoide Arthritis, ED: 2013) Schubweise auftretende entzündliche Gelenkserkrankung mit secundären Arthrosen und teilweise Funktionseinschränkung. Zustand nach Operation der linken Hüfte und des linken Handgelenkes. Entsprechend der funktionellen Beeinträchtigung in mehreren Gelenken und laufender Therapie mit Humira, Ebetrexat und Folsan, sowie Kortisontherapie, werden 50 % gegeben
02
Fehlhaltung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen Derzeit geringe Funktionseinschränkung. Wegen der deutlichen Fehlhaltung, mit Beckenschiefstand und Beinlängedifferenz, sowie Schmerzen im Ileosakralgelenk links wird oberer Wert gegeben
Entsprechend der entzündlichen Gelenkserkrankung, mit schubweise auftretenden Schmerzen, ist die Mobilität fallweise deutlich eingeschränkt. Eine dauerhafte Einschränkung schweren Ausmaßes liegt jedoch nicht vor. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ist, entsprechend den bestehenden Richtlinien, zumutbar. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes. Die Feststellungen basieren auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinen Medizin, welches auf einer klinischen Untersuchung beruht, ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar ist sowie keine Widersprüche aufweist. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt. Die bP ist den Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Befunde vorgelegt, die die Annahme zulassen würden, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Die in der Beschwerde monierten Schmerzen auf Grund der entzündlichen Gelenkserkrankung wurden von der Sachverständigen berücksichtigt und nahm sie in ihrer Beurteilung der Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausdrücklich darauf Bezug. Gleichfalls gewürdigt wurden von der Sachverständigen die Probleme beim Gehen; so wurde hinsichtlich Gesamtmobilität – Gangbild festgehalten: "Angedeutetes Hinken links, der Gang ist sicher, eine Stützkrücke wird benützt weil die linke Hüfte noch nicht ausreichend gut sei".
Das Vorbringen, nur unter vielen Schmerzen den Fuß heben zu können, ist entgegen zu halten, dass die Angaben von der Sachverständigen offenbar bei der bP erhoben wurden; dass diese wahrheitswidrige Aussagen im Gutachten getätigt hätte, kann der Sachverständigen nicht unterstellt werden.
Das Sachverständigengutachten steht auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch, sodass es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wird.
Soweit die bP vorbrachte, in den öffentlichen Verkehrs sei es oft nicht möglich, sich niedersetzen zu können, beim Stehen würden Schmerzen auftreten, so ist dem entgegenzuhalten, dass die bP einen Sitzplatz, der für Personen vorgesehen ist, denen längeres Stehen nicht zumutbar ist (solche Sitzplätze sind in jedem öffentlichen Verkehrsmittel vorhanden und auch gesondert gekennzeichnet) in Anspruch nehmen könnte bzw. erscheinen entsprechende organisatorische Vorkehrungen - beispielsweise eine Sitzplatzreservierung - in dieser Hinsicht geeignet. Vor diesem Hintergrund gesteht sie somit selbst ein, dass ihr eine Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln durchaus möglich sei.
Das Vorbringen, sie leide an psychischen Problemen wie Angst, Frust und Scham, wurde von ihr – obwohl ihr genügend Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben wurde - durch keinen Befund oder sonstiges medizinisches Bescheinigungsmittel belegt. Es bedarf aber mehr als einer Behauptung, also eines gewissen Mindestmaßes an Substrat, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit und Vollständigkeit des der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverständigengutachtens Zweifel zu erwecken. Es ist daher auch den Äußerungen des Gutachters zum psycho(patho)logischen Status und dem Fehlen einer psychischen Funktionsbeeinträchtigung zu folgen.
Die Bereitschaft, für weitere Untersuchungen zur Verfügung zu stehen, ist als Erkundungsbeweis im Sinne der Rechtsprechung zu werten, zumal eine solche Untersuchung nicht dazu dient, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern ihr erst ermöglichen soll, ein solches zu erstatten (vgl. VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026, vom 09.09.2016, Ra 2014/02/0059).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen (§ 47 BBG).
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]
2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes [...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservices. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
Die bP kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 - 400 m zu Fuß aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ebenso gegeben wie das Überwinden üblicher Niveauunterschiede und die sichere Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel. Es liegen bei ihr weder über sechs Monate andauernde erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren oder oberen Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden.
Die Auswirkungen der bestehenden Funktionseinschränkungen bedingen daher gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Ebenso sei an dieser Stelle hypothetisch auch darauf hingewiesen, dass von der bP behauptete psychische Probleme wie Angst, Frust und Scham, nicht geeignet sind, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen. Es darf in diesem Zusammenhang auf die Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen verwiesen werden, wonach eine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen nur bei Vorliegen der Krankheitsbilder Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr als gegeben anzusehen ist.
Da sohin die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" nicht vorliegen, war die Beschwerde abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der gegenständlich relevanten Rechtsfrage auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
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Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
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Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-
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In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.
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Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Wie unter Punkt II. 2. ausgeführt, wurde das hierzu eingeholte – auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt und nicht ergänzungsbedürftig. Es wurde weder in der Beschwerde noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgereicht eine Rechts- oder Tatfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, sodass der erkennende Senat von einer mündlichen Verhandlung Abstand nahm.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:L515.2157921.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.12.2017