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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" für Fachkräfte in Mangelberufen mangels Durchführung eines eigenen Ermittlungsverfahrens (wegen vermeintlicher Bindung an eine Stellungnahme des Arbeitsmarktservices) sowie mangels Berücksichtigung witterungs- bzw betriebsbedingter Lohnschwankungen bei Prüfung des geforderten MindestentgeltsRechtssatz
Das Verwaltungsgericht hat gemäß §27 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden, ohne dabei an die von der Behörde im erstinstanzlichen Verfahren einzuholende Stellungnahme des Arbeitsmarktservices gebunden zu sein (vgl VfGH 22.09.2017, E503/2016). Im vorliegenden Fall hätte das Verwaltungsgericht daher selbst zu ermitteln gehabt, ob beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß §41a NAG vorlagen.
Soweit das Verwaltungsgericht ungeachtet dessen, dass der Beschwerdeführer während der Wintermonate Teilzeit gearbeitet hat, vor dem Hintergrund der Feststellungen des Arbeitsmarktservices die Meinung vertritt, dass die für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen "während der ganzen Dauer" der Mindestfrist von 10 Monaten erfüllt sein müsste, was "insbesondere das Mindestentgelt" betreffe, so unterstellt es §12a Z3 AuslBG überdies einen verfassungswidrigen Inhalt: diese Bestimmung zielt zwar auf das "nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt" und damit auf den Brutto-Monatslohn ab, ohne dass damit aber eine starre Grenze der täglichen Mindestbeschäftigungsdauer vorgegeben wäre. Monatliche und witterungs- bzw betriebsbedingte wirtschaftliche Lohnschwankungen sind daher auf diese Weise zu berücksichtigen, dass in solchen Fällen vom Verwaltungsgericht zu prüfen ist, ob der Dienstgeber auch während des Zeitraumes verkürzter Arbeitszeit den kollektivvertraglichen oder vertraglich zugesagten höheren Stundenlohn entrichtet hat (vgl VfGH 03.03.2015, E1521/2014).
Das Verwaltungsgericht hat sowohl durch die Beachtung einer vermeintlichen Bindung an die formlose Äußerung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices, als auch in der Auslegung des §12a Z3 AuslBG dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Fremdenrecht, Aufenthaltsrecht, Ausländerbeschäftigung, Auslegung verfassungskonforme, Ermittlungsverfahren, Zusammenwirken von BehördenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:E2936.2016Zuletzt aktualisiert am
05.12.2017