TE Vwgh Beschluss 2017/10/25 Ra 2017/07/0083

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Kärnten
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
80/06 Bodenreform

Norm

AVG §63 Abs1
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
FlVfGG §13
FlVfGG §36
FlVfGG §37
FlVfLG Krnt 1979 §51
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des EE in H, vertreten durch Dr. Walter Vasoll und Mag. Marion Vasoll, Rechtsanwälte in 9620 Hermagor, Egger Straße 19, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. Juli 2017, Zl. KLVwG-S4-540/8/2017, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Bodenreformangelegenheit (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Amt der Kärntner Landesregierung, Agrarbehörde Kärnten; mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Nachbarschaft Hermagor, vertreten durch DI PS in H), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 6. Juli 2017 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung, Agrarbehörde Kärnten (AB), vom 7. Februar 2017, betreffend Bescheidberichtigung, als unzulässig zurückgewiesen.

2        Begründend hielt das Landesverwaltungsgericht fest, dass am 21. März 2007 von der Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft einstimmig neue Satzungen beschlossen worden seien. Das Beweisverfahren habe zweifelsfrei ergeben, dass dabei auch ein Anteilsvorkaufsrecht zugunsten der mitbeteiligten Agrargemeinschaft einstimmig beschlossen worden sei.

3        Die AB habe mit Bescheid vom 12. April 2007 diese neuen Satzungen jedoch ohne Berücksichtigung des Vorkaufsrechtes genehmigt. Mit dem vom Revisionswerber in Beschwerde gezogenen Bescheid der AB vom 7. Februar 2017 habe diese das Vorkaufsrecht der mitbeteiligten Agrargemeinschaft in die Satzung im Wege der Berichtigung des Genehmigungsbescheides der AB vom 12. April 2007 gemäß § 62 Abs. 4 AVG aufgenommen.

4        In rechtlicher Hinsicht hielt das Landesverwaltungsgericht fest, dass eine Parteistellung des einzelnen Mitgliedes - also des Revisionswerbers - weder im Genehmigungs- noch im Berichtigungsverfahren gegeben sei. Die Einladung des Revisionswerbers zur Vollversammlung am 21. März 2007 sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Revisionswerber habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht auch nichts Gegenteiliges behauptet, sondern nur angegeben, dass er bei der Vollversammlung nicht dabei gewesen sei.

5        Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht damit, dass im Gegenstand zu ermitteln gewesen sei, ob in der Vollversammlung auch das Vorkaufsrecht mitbeschlossen worden sei. Aufgrund des Protokolls sowie der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestehe kein Zweifel daran, dass die Vollversammlung das Vorkaufsrecht als Bestandteil der Satzungen mitbeschlossen und dieses der AB zur Genehmigung vorgelegt habe. Eine „Beweiswürdigungsangelegenheit“ stelle jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Im Zusammenhang mit der Beschwerdemöglichkeit und der Parteistellung von Mitgliedern einer Agrargemeinschaft bei der Änderung von Verwaltungssatzungen im Rahmen von Regulierungsplänen ist den anzuwendenden Bestimmungen der dem Flurverfassungsrecht innewohnende Grundgedanke ableitbar, dass die Mitglieder der Agrargemeinschaft, die Bedenken haben, diese Bedenken anlässlich der Beschlussfassung der Agrargemeinschaft äußern müssen. Wenn der Beschluss der Agrargemeinschaft aber der Agrarbehörde vorgelegt wird und diese einen diesen Antrag genehmigenden Bescheid erlässt, kommt den einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaft dagegen kein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht zu. Hinter diesem Beschwerdeausschluss steht der verfahrensökonomische Gedanke, dass sich das einzelne Mitglied gegen einen Mehrheitsbeschluss wehren können muss; über eine gegen einen Beschluss erhobene Beschwerde eines überstimmten Mitgliedes soll zuerst in Form der internen Streitschlichtung und allenfalls anschließend durch Anrufung der Agrarbehörde die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses geprüft werden. Danach, also im nachgeschalteten Verfahren hinsichtlich der agrarbehördlichen Genehmigung dieses Beschlusses, soll einem Mitglied aber kein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht mehr zustehen. In einem solchen antragsbezogenen Genehmigungsverfahren wollte der Gesetzgeber den Mitgliedern der Agrargemeinschaft also daher keine Parteistellung zuerkennen (vgl. etwa VwGH 11.9.1997, 97/07/0147, VwGH 9.11.2006, 2005/07/0123, und VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0012).

10       Damit kann auch dahinstehen, ob die durch Bescheid der AB vom 17. Februar 2017 erfolgte Berichtigung des Bescheides der AB vom 12. April 2007 dahingehend, dass auch das Vorkaufsrecht zugunsten der mitbeteiligten Agrargemeinschaft in die Satzung aufgenommen wurde, nach den Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 AVG zulässig war oder ob es sich dabei nicht doch um eine inhaltliche Änderung der Satzung handelt.

11       Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 30.6.2016, Ra 2016/16/0038). Davon ist im Revisionsfall nicht auszugehen.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Oktober 2017

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017070083.L00

Im RIS seit

09.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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