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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bundesamtes für Ernährungssicherheit in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 3. Februar 2016, Zl. E 093/02/2015.001/006, betreffend Übertretung des PMG 2011 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Güssing; mitbeteiligte Partei: WK in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Kostenbegehren der Bezirkshauptmannschaft Güssing wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 3. Februar 2016 wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Güssing (BH) vom 24. August 2015, wegen Übertretungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, im hier relevanten Umfang insoweit stattgegeben als "die gemäß § 18 Abs. 6 Pflanzenschutzmittelgesetz in Verbindung mit § 6 Abs. 6 Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz und dem Kontrollgebührentarif 2015 vorzuschreibenden Gebühren des Bundesamtes für Ernährungssicherheit auf EUR 1512,12 herabgesetzt" wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde der mitbeteiligten Partei als unbegründet abgewiesen.
2 In seinen Entscheidungsgründen hielt das Landesverwaltungsgericht zur Vorschreibung der Gebühren der revisionswerbenden Partei fest, dass die Gesamtsumme von EUR 2.655,93 (3 x EUR 885,31) der mitbeteiligten Partei mit Straferkenntnis der BH vom 24. August 2015 vorgeschrieben worden sei. Die gesetzliche Grundlage finde sich dazu in § 6 Abs. 6 Gesundheits- und Ernährungssichterheitsgesetz (GESG). Die von der revisionswerbenden Partei geltend gemachten Gebühren beträfen allesamt Tätigkeiten, die in der Anlage des Kontrollgebührentarifs 2015 (KGT 2015), der aufgrund des § 6 Abs. 6 GESG von der revisionswerbenden Partei im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Bundesministerin für Finanzen erlassen worden sei, aufgelistet seien. Diese Gebühren seien unabhängig von der Strafhöhe bzw. dem Unwert der begangenen Verwaltungsübertretung vorzuschreiben. Diese Gebühren seien dem Beschuldigten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch beim Ausspruch einer Ermahnung aufzuerlegen. Der Verwaltungsgerichtshof hege in seiner Rechtsprechung keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Kostendeckungs- oder des Verursacherprinzips. Beim Landesverwaltungsgericht selbst seien anlässlich des Beschwerdeverfahrens ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden.
3 Auch der Verfassungsgerichtshof habe eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes, die sich hauptsächlich gegen die Vorschreibung der Gebühren nach dem Kontrollgebührentarif richte, mit Beschluss abgelehnt.
4 Einen Grund für eine amtswegige Prüfung der bezughabenden Rechtsvorschriften habe auch der Verfassungsgerichtshof nicht gesehen.
5 Die Gebühren nach dem Code Nr. 1 des KGT 2015 fielen je festgestellter Verwaltungsübertretung an. Es entspreche - in Anwendung dieser Bestimmung - der mittlerweile ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, dass diese Gebühren auch pro Übertretung vorgeschrieben würden.
6 Die Gebühren seien aber aus folgendem Grund im vorliegenden Beschwerdefall spruchgemäß einzuschränken gewesen.
7 Schon aufgrund des Kostendeckungsprinzips seien nur die notwendig angefallenen Kosten zu ersetzen, um den tatsächlich angefallenen Aufwand abzugelten. Die Kosten laut Code Nr. 12013 gemäß dem KGT 2015 seien aber keine notwendigen Kosten: Es handle sich dabei um die Kosten "für fachspezifische Bewertung der Anforderungen". Die revisionswerbende Partei habe jeweils eine solche "fachspezifische Bewertung der Anforderungen" zusammen mit der Anzeige der BH vorgelegt. Dabei sei (jeweils) lediglich eine rechtliche Beurteilung vorgenommen worden, welche die BH selbst durchführen müsse. Die wesentlichen Angaben in diesen fachspezifischen Bewertungen seien überdies bereits den Anzeigen selbst zu entnehmen, sodass der revisionswerbenden Partei in der Abfassung dieser fachspezifischen Bewertungen kein nachvollziehbarer zusätzlicher Aufwand entstanden sei. In Anwendung des Kostendeckungsprinzips seien diese Kosten daher als nicht notwendig einzustufen gewesen. Die Kosten wären daher um diese Post in der Höhe von 3 x EUR 381,27 zu reduzieren gewesen.
8 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Wiedergabe der verba legalia.
9 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision. Die revisionswerbende Partei hält fest, dass ihr die geltend gemachten Gebühren nicht in vollem Umfang zuerkannt worden seien. Es sei eine Einschränkung um die Kosten für die "fachspezifische Bewertung" erfolgt, weil diese Kosten für "nicht notwendig" erachtet worden seien.
10 Die Zulässigkeit der Revision wird wie folgt begründet:
"Dabei verkennt das Verwaltungsgericht (des Landes Burgenland), dass gerade auf diesen fachlichen Ergebnisbewertungen (fachspezifische Bewertungen) die Anzeigenlegungen des BAES basierten und somit zum Nachweis der Übertretungen nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 substantiell waren. Die vom Revisionswerber geltend gemachten Gebühren betreffen allesamt Kosten für Tätigkeiten anlässlich der Kontrolle nach § 6 Abs. 1 und Abs. 6 GESG, die im anzuwendenden Kontrollgebührentarif gelistet sind. Damit ist das Verwaltungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen, wonach mit den festgestellten Zuwiderhandlungen bereits die Gebührenpflicht für die Kosten für Tätigkeiten anlässlich der Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes iSd § 6 Abs. 1 und Abs. 6 GESG entstand (vgl. z.B. VwGH vom 28.05.2014, Zl. 2011/07/0168;
10.11.2011, Zl. 2010/07/0001; VwGH; 24.05.2012, Zl. 2009/07/0167)."
11 Die BH erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie
die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
12 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die
Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
15 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 Entgegen den Zulässigkeitsausführungen in der vorliegenden Revision kann eine Abweichung von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes alleine schon deswegen nicht vorliegen, weil sich der Verwaltungsgerichtshof mit den "Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderungen" gemäß Code Nr. 12013 des KGT 2015 in seiner Rechtsprechung noch nicht auseinandergesetzt hat.
17 Das Landesverwaltungsgericht kam zum Schluss, dass in der vorliegenden "fachspezifischen Bewertung der Anforderungen", die von der revisionswerbenden Partei zusammen mit ihrer Anzeige vorgelegt wurde, lediglich eine rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei, die von der BH selbst durchgeführt werde müsste.
18 Tatsächlich beschäftigt sich die vorliegende "fachspezifische Bewertung der Anforderungen" mit der Auslegung der bezughabenden Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011.
19 Im Ergebnis nahm das Landesverwaltungsgericht eine vertretbare Auslegung des der Anzeige beiliegenden Schriftstückes "fachspezifische Bewertung der Anforderungen" vor und begründete mit dem ausschließlichen rechtlichen Charakter dieses Schriftstückes die dadurch entstandenen Kosten als nicht notwendig.
20 Diese vertretbare Auslegung der "fachspezifischen Bewertung der Anforderungen" wirft im Revisionsfall jedoch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie entfaltet nämlich keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung (VwGH 29.6.2017, Ra 2017/16/0088, mwN).
21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
22 Das Kostenbegehren der BH war gemäß § 47 Abs. 4 VwGG zurückzuweisen (VwGH 20.11.2014, 2011/07/0197).
Wien, am 30. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016070033.L00Im RIS seit
05.12.2017Zuletzt aktualisiert am
06.12.2017