TE Lvwg Beschluss 2017/9/8 VGW-242/035/RP02/11484/2017

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Veröffentlicht am 08.09.2017
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Entscheidungsdatum

08.09.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

VwGVG §28 Abs3
WMG §4 Abs1 Z1
WMG §5 Abs1
WMG §5 Abs2 Z3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seinen Landesrechtspfleger Ortner über die Beschwerde der Frau M. J. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 8.8.2017, Zl. MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2017/01898509-001, betreffend Abweisung der Mindestsicherung, den

BESCHLUSS:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Durchführung ergänzender Sachverhaltsermittlungen und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

Begründung

I. Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt:

Am 07.08.2017 stellten die Beschwerdeführerin für sich und den im gleichen Haushalt lebenden minderjährigen Sohn (beide serbische Staatsangehörige) einen Antrag auf Mindestsicherung und Mietbeihilfe. Dem Antrag waren die Lohn-und Gehaltsabrechnungen der Monate Jänner bis Juni 2017 in stark variierender Auszahlungshöhe (zwischen EUR 994,47 und EUR 796,30) sowie eine Kopie des Hauptmietvertrages beigeschlossen. Dem Vertrag ist zu entnehmen, dass im Mietzins auch Heizkosten enthalten sind. Laut Antrag beträgt die monatliche Miete derzeit EUR 690,57.

Mit Bescheid vom 08.08.2017 wurde der Antrag vom 07.08.2017 abgewiesen. Als Begründung wurde angeführt, dass die Beschwerdeführerin und deren Sohn über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“ verfügen und daher keine Leistungsanspruch bestehe.

In der fristgerechten Beschwerde vom 16.08.2017 gibt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass sie seit Juni 2017 über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ verfüge.

Die Erhebungen des Verwaltungsgerichtes Wien hinsichtlich des Beschwerdevorbringens haben ergeben, dass die Beschwerdeführerin bis 08.06.2017 über einen befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ verfügt hat und seit 09.06.2017 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt. Der Sohn der Beschwerdeführerin verfügt bis 07.03.2018 über einen befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“.

Der Sohn der Beschwerdeführerin erhält von der PVA eine Waisenpension.

II. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes lauten wie folgt:

1. AbschnittAllgemeinesZiele und Grundsätze
§ 1.

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

(4) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

2. AbschnittLeistungen der Bedarfsorientierten MindestsicherungErfasste Bedarfsbereiche
§ 3.

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.

(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.

(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.

(4) Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.

Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
§ 4.

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer

1.

zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2.

seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3.

die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4.

einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

(2) Ein Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs einschließlich Mietbeihilfe besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von fünf Euro monatlich.

(3) Personen, die bereits eine für Erwerbszwecke geeignete abgeschlossene Ausbildung oder eine Schulausbildung auf Maturaniveau haben und ihre Arbeitskraft allein deshalb nicht voll einsetzen können, weil sie eine weiterführende Ausbildung absolvieren, steht ein Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht zu.

Personenkreis
§ 5.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz stehen grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu.

(2) Den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind folgende Personen gleichgestellt, wenn sie sich rechtmäßig im Inland aufhalten und die Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezuges erfolgt ist:

1.

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, denen dieser Status nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) zuerkannt wurde;

2.

Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates oder der Schweiz, wenn sie erwerbstätig sind oder die Erwerbstätigeneigenschaft nach § 51 Abs. 2 Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) erhalten bleibt oder sie das Recht auf Daueraufenthalt nach § 53a NAG erworben haben und deren Familienangehörige;

3.

Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehöriger, denen dieser Aufenthaltstitel nach § 45 oder § 48 NAG erteilt wurde oder deren vor In-Kraft-Treten des NAG erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigung als solche gemäß § 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit der Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV) weiter gilt;

4.

Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, denen eine Niederlassungsbewilligung nach § 49 NAG erteilt wurde.

(3) Personen, die nach den Bestimmungen des AsylG 2005 einen Asylantrag gestellt haben, steht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens kein Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu.

.

Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs
§ 7.

(1) Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs haben volljährige Personen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.

(2) Die Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft erfolgt nach folgenden Kriterien:

1.

Volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft.

2.

Volljährige Personen im gemeinsamen Haushalt, zwischen denen eine unterhaltsrechtliche Beziehung oder eine Lebensgemeinschaft besteht, bilden eine Bedarfsgemeinschaft.

3.

Minderjährige Personen im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Elternteil oder mit einer zur Obsorge berechtigten Person bilden mit diesem oder dieser eine Bedarfsgemeinschaft.

4.

Volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe und volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Eltern- oder Großelternteil bilden mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft.

5.

Volljährige Personen ab dem vollendeten 21. Lebensjahr und volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie im gemeinsamen Haushalt mit einem Eltern- oder Großelternteil leben.

(3) Bezieht eine zur Bedarfsgemeinschaft gehörende minderjährige oder volljährige Person mit Anspruch auf Familienbeihilfe oder eine volljährige Person bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze eine Unterhaltsleistung von einer nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Person, eine Lehrlingsentschädigung oder ein sonstiges Einkommen, das die Höhe des für diese Person maßgeblichen Mindeststandards übersteigt, so ist diese Person bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen.

(4) Ist die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen einer minderjährigen Person nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar und ist die Höhe des Anspruchs nicht gerichtlich festgestellt oder nur frei vereinbart, so ist diese Person bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen.

(5) Die Geringfügigkeitsgrenze wird unter Berücksichtigung der Bezug habenden bundesgesetzlichen Bestimmungen im ASVG durch Verordnung der Landesregierung festgelegt.

Mindeststandards
§ 8.

(1) Die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten. Für Personen, die das Regelpensionsalter nach dem Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG) erreicht haben und für volljährige, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 13,5 vH der Mindeststandards, wenn sie alleinstehend sind oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben. Liegen bei mehr als einer Person in der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vor, beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 9 vH der Mindeststandards.

(2) Die Mindeststandards betragen:

1.

100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung

a)

für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben;

b)

für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach Z 3 oder Z 4 (Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher) eine Bedarfsgemeinschaft bilden;

2.

75 vH des Wertes nach Z 1 für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 leben;

3.

50 vH des Wertes nach Z 1

a)

für volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;

b)

für volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;

4.

27 vH des Wertes nach Z 1 für minderjährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 3.

(3) Personen, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben und volljährigen, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähigen Personen ist zum monatlich wiederkehrenden Mindeststandard jährlich in den Monaten Mai und Oktober je eine Sonderzahlung in der Höhe des Mindeststandards zuzuerkennen. Ein 13. oder 14. Monatsbezug, den die Person von anderer Seite erhält, ist auf diese Sonderzahlungen anzurechnen.

(4) Der Mindeststandard nach Abs. 2 Z 1 erhöht sich mit dem gleichen Prozentsatz wie der Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG. Die Beträge der Mindeststandards werden durch Verordnung der Landesregierung kundgemacht.

Mietbeihilfe
§ 9.

(1) Ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf wird an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.

(2) Die Mietbeihilfe ist, bei durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesenen tatsächlich höheren Kosten der Abdeckung des Wohnbedarfs, bis zur Höhe der Bruttomiete zuzuerkennen und wird wie folgt berechnet:

1.

Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.

2.

Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.

3.

Von dem für die Bedarfsgemeinschaft ermittelten Wert wird ein Betrag in folgender Höhe vom jeweiligen Mindeststandard nach § 8 Abs. 2 abgezogen:

a)

für jede volljährige Hilfe suchende oder empfangende Person ein Betrag in der Höhe von 25 vH;

b)

für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Person, wenn sie alleinstehend ist oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft lebt, ein Betrag in der Höhe von 13,5 vH;

c)

für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Person, wenn bei mehr als einer Person der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vorliegen, ein Betrag von 9 vH.

(3) Die Mietbeihilfenobergrenzen werden pauschal nach Maßgabe der in der Wohnung lebenden Personen und der angemessenen Wohnkosten unter Berücksichtigung weiterer Beihilfen durch Verordnung der Landesregierung festgesetzt.

Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen bei der Bemessung der Mindestsicherung
§ 10.

(1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

(2) Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(3) Zahlungsverpflichtungen, insbesondere auch solche auf Grund unterhaltsrechtlicher Beziehungen, sind bei der Bemessung nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Forderungen, die bei der Hilfe suchenden Person zwangsweise eingetrieben werden oder zu deren Begleichung sie nach einem Schuldenregulierungsverfahren verpflichtet ist.

(4) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind auch dann anzurechnen, wenn die Hilfe suchende Person diese nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, sofern die Geltendmachung weder offenbar aussichtslos noch unzumutbar ist. Dies ist von der unterhaltsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung glaubhaft zu machen.

Ausnahmen von der Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen
§ 11.

(1) Von der Anrechnung ausgenommen sind

1.

Leistungen nach dem Bundesgesetz vom 24. Oktober 1967 betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich sowie Kinderabsetzbeträge nach § 33 Abs. 4 Z 3 Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988),

2.

Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften und andere pflegebezogene Geldleistungen,

3.

freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen jeweils ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen nach diesem Gesetz mehr erforderlich wären,

4.

Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person im Rahmen einer Beschäftigungstherapie oder einer sonstigen therapeutischen Betreuungsmaßnahme als Leistungsanreiz zufließen (therapeutisches Taschengeld) bis zur Höhe des maximalen Einkommensfreibetrages und

5.

ein Freibetrag bei Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit, wenn die Hilfe suchende Person vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit zumindest ein Jahr erwerbslos war und sechs Monate Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen hat. Der Freibetrag wird während eines aufrechten Beschäftigungsverhältnisses für einen Zeitraum von 18 Monaten berücksichtigt. Bei Einkommen bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG beträgt der Freibetrag mindestens 7 vH, bei höheren Einkommen maximal 17 vH des Mindeststandards gemäß § 8 Abs. 2 Z 1.

(2) Die Einkommensfreibeträge werden durch Verordnung der Landesregierung festgesetzt.

Anrechnung von Vermögen
§ 12.

(1) Auf die Summe der Mindeststandards ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(2) Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten als verwertbar:

1.

unbewegliches Vermögen;

2.

Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

(3) Als nicht verwertbar gelten:

1.

Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2.

Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3.

Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4.

unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5.

verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);       

6.

sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) vom 1.1.2016, LGBl. Nr. 38/2010 in der Fassung LGBl. Nr. 10/2016 lauten wie folgt:

Artikel I§ 1.Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze

(1) Für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, und für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach § 7 Abs. 2 Z 3 oder Z 4 WMG eine Bedarfsgemeinschaft bilden, beträgt der Mindeststandard

EUR 837,76.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

 

a)

für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b fallen

EUR 209,44;

b)

für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen

EUR 113,10.

(2) Für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 WMG leben, beträgt der Mindeststandard

EUR 628,32.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

 

a)

für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b oder c fallen

EUR 157,08;

b)

für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen, wenn sie mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben

EUR   84,82;

c)

für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen, wenn bei mehr als einer Person der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vorliegen

EUR   56,55.

(3) Für volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 WMG und für volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 WMG beträgt der Mindeststandard

EUR 418,88.

Dieser enthält einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in der Höhe von

EUR 104,72.

(4) Für minderjährige Personen gemäß § 7 Abs. 2 Z 3 WMG beträgt der Mindeststandard

EUR 226,20.

(5) Die Geringfügigkeitsgrenze beträgt

EUR 415,72.

§ 2.Mietbeihilfenobergrenzen

(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:

 

1.

bei 1 bis 2 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 313,10;

2.

bei 3 bis 4 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 328,27;

3.

bei 5 bis 6 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 347,77;

4.

ab 7 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 366,19.

(2) Die Mietbeihilfenobergrenzen beinhalten den jeweiligen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs.

 

§ 4.

Als Vermögensfreibetrag sind EUR 4.188,79 zu berücksichtigen.

In Anwendung der oben wiedergegebenen Bestimmungen haben Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nur österreichische Staatsangehörige oder solche Personen, welche diesen auf Grund der ausdrücklichen Regelung des § 5 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes gleichgestellt sind. Die Beschwerdeführer und ihr im gleichen Haushalt lebendes Kind sind keine österreichischen Staatsbürger.

Somit war zu prüfen, ob einer der im § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes angeführten Gleichstellungstatbestände für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verwirklicht sind. Nach dem Einleitungssatz des Abs. 2 der zitierten Bestimmung stellt der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet eine Grundvoraussetzung für eine Gleichstellung dar. Darüber hinaus ist für die Gleichstellung erforderlich, dass neben dem rechtmäßigen Aufenthalt, der im gegenständlichen Fall vorliegt, eine der in Ziffer 1 bis 4 genannten Voraussetzungen vorliegt.

Als Gleichstellungstatbestand kommt bei den genannten Personen nur jener des § 5 Abs. 2 Z 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes in Betracht. Demnach müsste die Hilfe suchende oder empfangende Person Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehöriger“ sein. Ein solcher Aufenthaltstitel wurde der Beschwerdeführerin jedoch nicht deren Sohn bislang erteilt.

Diesbezüglich wird auch auf die aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, welcher ausdrücklich aussprach, dass für eine Gleichstellung eines Fremden mit österreichischen Staatsbürgern nach § 5 Abs. 2 Z 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes die vorangegangene (konstitutive) Zuerkennung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" (nunmehr "Daueraufenthalt - EU") erforderlich ist (vgl. VwGH, 9. November 2016, Ro 2014/10/0094).

Somit ist die Beschwerdeführerin jedoch nicht der im gemeinsamen Haushalt lebender Sohn österreichischen Staatsangehörigen gleichgestellt und hat daher nur der Sohn der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Die Behörde hätte daher den Antrag nicht ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gleich abweisen dürfen, sondern erheben müssen, ob und in welcher Höhe die Beschwerdeführerin Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat. Die belangte Behörde hat dies jedoch unterlassen und gleich einen Tag nach Antragstellung den Antrag abgewiesen.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere auch dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Es ist – im Hinblick auf § 28 Abs. 2 VwGVG – nicht ersichtlich, dass es im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, wenn das Verwaltungsgericht selbst die fehlenden Sachverhaltsfeststellungen träfe.

Es war daher der angefochtene Bescheid spruchgemäß aufzuheben und die Angelegenheit zur Durchführung notwendiger Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens der Beschwerdeführerin im fraglichen Zeitraum nach Antragstellung, hinsichtlich des Vorliegens von Vermögen und auch hinsichtlich der aktuellen Aufschlüsselung der monatlich bezahlten Miete (insbesondere darin enthaltender Heizkosten) und Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

Insbesondere ist abzuklären, warum das Einkommen derartig starken Schwankungen unterliegt und daher nicht jeden Monat von einem Leistungsanspruch auszugehen ist. Der maximal mögliche Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (inkl. Mietbeihilfe) beträgt nämlich EUR 941,42. Gemäß § 10 und 12 WMG sind auf diesen Mindeststandard das Einkommen der Person und möglicherweise auch Vermögen, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen. Dabei kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass die Beschwerdeführerin erst wenige Woche vor Antragstellung einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten hat und im Rahmen des Verfahrens der Gewährung dieses Aufenthaltstitels eigentlich als Gewährungsvoraussetzung ein Einkommen nachzuweisen war, bei welchem davon auszugehen ist, dass es zu keiner finanziellen Belastung für eine Gebietskörperschaft kommen wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Verfahrensrecht; Mindestsicherung; Anspruchsvoraussetzungen, Aufenthaltstitel, Daueraufenthalt, Abweisung ohne Ermittlungsverfahren, Aufhebung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.035.RP02.11484.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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