TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/28 VGW-242/025/RP16/12056/2017

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Entscheidungsdatum

28.09.2017

Index

92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §8 Abs3
WMG §9
WMG-VO §1 Abs1 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Mag. Gubesch über die Beschwerde der Frau I. S. vom 28.08.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Sozialzentrum …, vom 18.08.2017, Zl. SH/2017/01930527-001, betreffend Mindestsicherung, Zuerkennung gemäß §§ 7, 8, 9, 10 und 12 WMG iZm §§ 1, 2, 3 und 4 WMG-VO, zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Beschwerdeführerin im Monat Oktober 2017 eine Sonderzahlung in Höhe von € 837,76 zuerkannt wird.

Im Übrigen bleibt der Bescheid vom 18.8.2016 hinsichtlich Spruchpunkt I. aufrecht, hinsichtlich Spruchpunkt II. (Mietbeihilfe) wird nunmehr für den Zeitraum 1.9.2017 bis 30.4.2018 eine monatliche Leistung von jeweils € 138,49 zuerkannt.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Sozialzentrum ... vom 18.8.2017, Zahl SH/2017/01930527-001 wurden der Antragstellerin Frau I. S. für den Zeitraum 1.9.2017 bis 30.4.2018 monatliche Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes in Höhe von € 837,76 sowie eine monatliche Mietbeihilfe in Höhe von € 42,15 zuerkannt.

Begründend wurde nach Wiedergabe der hier maßgeblichen Bestimmungen des WMG ausgeführt, dass auf Grund des ermittelten Bedarfs und des zu berücksichtigenden Einkommens, die Antragstellerin sei laufend am Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet, die Leistung spruchgemäß zuzuerkennen war.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen fristgerecht Beschwerde und bringt im Wesentlichen vor, dass neben der zuerkannten Leistung vom 1.9.2017 bis 30.4.2018 die Sonderzahlung nach § 8 Abs. 3 WMG für Oktober 2017 und Mai 2018 nicht aufgelistet wäre.

Der Beschwerde beigelegt waren die ärztliche Stellungnahme der Sucht- und Drogenkoordination Wien vom 19.1.2017 sowie ein Arztbrief des Vereins D., Dr. H., vom 26.4.2017.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Mit Bescheid der MA 40, Sozialzentrum …, vom 7.10.2016, Zahl SH/2016/00864172-001, wurde Frau I. S. eine Leistung aus der Mindestsicherung für den Zeitraum 19.9.2016 bis 31.8.2017 zuerkannt.

Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 10.4.2017, Zahl VGW-242/028/RP14/13892/2016-8 insofern Folge gegeben, als für die Monate Oktober 2016 und Mai 2017 jeweils eine Sonderzahlung in Höhe von € 837,76 zuerkannt wurde. Begründend wurde angeführt, dass in einem im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 27.10.2015 festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der festgestellte Grad der Behinderung werde voraussichtlich mehr als drei Jahre dauern.

Da die Beschwerdeführerin somit eine Person nach § 8 Abs. 3 WMG sei, wären ihr die Sonderzahlungen für Oktober 2016 und Mai 2017 zuzuerkennen gewesen.

Frau S. brachte am 27.7.2017 einen Folgeantrag auf Zuerkennung von Leistungen aus der Mindestsicherung ein.

In weiterer Folge erging der nunmehr bekämpfte Bescheid.

In der der Beschwerde beigelegten ärztlichen Stellungnahme der Sucht- und Drogenkoordination Wien vom 19.1.2017 wurde in einer psychologischen Stellungnahme festgestellt, dass Frau S. zum Untersuchungszeitpunkt (19.1.2017) in psychischer Hinsicht nicht ausreichend belastbar wäre, um den Anforderungen einer Arbeitstätigkeit standhalten zu können.

Aus fachärztlicher Sicht sei Frau S. zurzeit nicht in der Lage, einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Verwaltungsgericht Wien auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich dem Akteninhalt entnehmen lässt und die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Belehrung im angefochtenen Bescheid im Beschwerdeschriftsatz nicht die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Auch die belangte Behörde hat von der Beantragung der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

Rechtlich ergibt sich folgendes:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) lauten auszugsweise wie folgt:

„Ziele und Grundsätze

§ 1. (1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

(4) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

§ 3. Erfasste Bedarfsbereiche

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.

(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.

(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.

(4) Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.

§ 4. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

§ 6. Hilfe suchende oder empfangende Personen haben nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen

         1.       zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen,

         2.       an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen,

         3.       eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen,

         4.       Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist,

         5.       zuerkannte Leistungen zweckentsprechend, das heißt zur Abdeckung der Bedarfe für die sie zuerkannt wurden, zu verwenden und

         6.       ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

§ 8. (1) Die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten. Für Personen, die das Regelpensionsalter nach dem Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG) erreicht haben und für volljährige, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 13,5 vH der Mindeststandards, wenn sie alleinstehend sind oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben. Liegen bei mehr als einer Person in der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vor, beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 9 vH der Mindeststandards.

(2) Die Mindeststandards betragen:

         1.       100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung

         a)       für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben;

(3) Personen, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben und volljährigen, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähigen Personen ist zum monatlich wiederkehrenden Mindeststandard jährlich in den Monaten Mai und Oktober je eine Sonderzahlung in der Höhe des Mindeststandards zuzuerkennen. Ein 13. oder 14. Monatsbezug, den die Person von anderer Seite erhält, ist auf diese Sonderzahlungen anzurechnen.

Einsatz der Arbeitskraft

Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen

§ 14. (1) Hilfe suchende oder empfangende Personen sind verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, sich nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Diese Pflichten bestehen insbesondere auch dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist sie verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar ihrer beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihr jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Bei weiter andauernder Arbeitslosigkeit ist sie verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.

Nach Abs. 2 Z 2 leg.cit. darf der Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht verlangt werden von Personen, die erwerbsunfähig sind.“

§§ 1 und 2 der Verordnung zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung 2016 (WMG-VO) lauten:

§ 1 Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze

(1) Für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, und für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach § 7 Abs. 2 Z 3 oder Z 4 WMG eine Bedarfsgemeinschaft bilden, beträgt der Mindeststandard

EUR 837,76.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b fallen

 

EUR 209,44;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

b)

für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen

EUR 113,10.

 

§ 2 Mietbeihilfenobergrenzen

 

(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

bei 1 bis 2 Bewohnerinnen oder Bewohnern

EUR 313,10;

(2) Die Mietbeihilfenobergrenzen beinhalten den jeweiligen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen des Verfahrens zur Zahl VGW-242/028/RP14/13892/2016 ein Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 27.10.2015 vor, in dem festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre dauern. Zusätzlich spricht auch die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Stellungnahme vom 19.1.2017 von einer Dauererkrankung bzw. dass Frau S. nicht in der Lage ist, einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Daher kommt die Bestimmung des § 8 Abs. 3 WMG zur Anwendung und ist der Beschwerdeführerin für den Monat Oktober 2017 eine Sonderzahlung in der Höhe des Mindeststandards (837,76 Euro) zuzuerkennen. Die beantragte Sonderzahlung für Mai 2018 konnte nicht zuerkannt werden, da die Leistungen im bekämpften Bescheid seitens der belangten Behörde lediglich bis 30.4.2018 zuerkannt wurden.

Hinsichtlich der neu zu berechnenden Mietbeihilfe wird festgestellt:

Da die Beschwerdeführerin für die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähig ist, ist der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß § 1 Abs. 1 lit. b WMG-VO heranzuziehen.

Die Berechnung ergibt daher:

-   Miete € 251,59

-   diese abzüglich Grundbetrag Wohnbedarf (§ 1 Abs. 1 lit. b WMG-VO) € 113,10 = € 138,49 Mietbeihilfe monatlich

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Arbeitsunfähigkeit, Dauerleistung, Sonderzahlung, Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes, Mietbeihilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.025.RP16.12056.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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