Entscheidungsdatum
21.11.2017Norm
AVG §19Spruch
I414 2008801-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, Staatsangehörigkeit Liberia, vertreten durch RA Dr. A. Herbert POCHIESER, Schottenfeldgasse 2-4, 1170 Wien, gegen den Ladungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien vom 27.10.2017, Zahl: IFA 169468104 - 14641855, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II. Das Kostenbegehren wird gemäß § 17 VwGVG iVm. § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 21.11.1996 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.11.1998 abgewiesen wurde. Ein zweiter Asylantrag vom 25.11.1996 wurde nach am Tage der Einbringung zurückgezogen. Ein dritter Asylantrag vom 02.02.2000 wurde am 17.02.2000 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 01.02.2000 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
2. Das Bundesasylamt bemühte in den Jahren 1997, 1998, 2000 und 2006 mehrmals die Botschaft von Liberia in London bzw. in Bonn, um ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Der Beschwerdeführer verweigerte teilweise Telefonate mit der Botschaft bzw. die Beantwortung von Fragen; er erklärte sich auch nicht bereit, an einer Sprachanalyse teilzunehmen.
3. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 21.02.2013 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2014 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2015, GZ. W161 2008801-1/4E abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers zweifelsfrei ergeben würde, dass dieser nicht bereit sei, an der Mitwirkung seiner Identität und der Erlangung eines Heimreisezertifikates mitzuwirken.
4. Am 14.10.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.
5. Mit Ladungsbescheid vom 21.10.2015 wurde der Beschwerdeführer für den 28.10.2015 geladen, um an der Erlangung eines Ersatzdokumentes und an der Befragung zu seiner Identität und Herkunft mitzuwirken. Gegen diesen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.02.2017, Zl. I403 1200724-2/5E, wurde die Beschwerde gegen den Ladungsbescheid als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und das Kostenbegehren als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
7. Mit Bescheid vom 04.07.2017 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 14.10.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen und gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Liberia gemäß §52 Abs. 9 zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
8. Gegen den Bescheid vom 04.07.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Über die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden.
9. Mit dem bekämpften Ladungsbescheid vom 27.10.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG aufgefordert, am 09.11.2017, um 09.30, in das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, in folgender Angelegenheit als Beteiligter persönlich zu kommen und mitzuwirken.
Als "Gegenstand der Amtshandlung" wurde nachfolgendes angeführt: "
Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Ausreisentscheidung. Für Sie ist ein Ersatzdokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen. Eine Befragung zur Klärung Ihrer Identität und Herkunft ist erforderlich."
Es wurde ihm aufgetragen, in seinem Besitz befindliche Dokumente, wie Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Dokumente, mitzubringen. Für den Fall der Nichtbefolgung dieses Auftrages ohne wichtigen Grund müsse der Beschwerdeführer damit rechnen, dass eine Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde.
Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
10. Am 06.11.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Dr. A. Herbert Pochieser, Beschwerde gegen den Ladungsbescheid vom 27.10.2017. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass der Ladungsbescheid rechtlich unrichtig sei, weil gegen ihn keine durchsetzbare Ausreiseentscheidung vorliege. Das Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK sei derzeit noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Für die Erlassung eines Ladungsbescheides zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bestehe keine gesetzliche Grundlage. Aufgrund des anhängigen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht bestehe entgegen der rechtlich unrichtigen Ansicht der belangten Behörde keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und daher sei die Erlassung eines Ladungsbescheides gemäß § 19 AVG iVm § 46 2a FPG in gesetzwidriger Weise erfolgt.
Weiters werde dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Ladungsbescheid eine freiheitsentziehende Maßnahme angedroht. Dies stelle einen gravierenden Eingriff in sein Recht auf persönliche Freiheit nach Art 5 EMRK dar, da auf willkürliche Art und Weise, seine Freiheitsentziehung in Aussicht gestellt werde.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die persönliche Anwesenheit des Beschwerdeführers erfordern würde, eine Kontaktaufnahme mit den rechtsfreundlichen Vertreter wäre ausreichend gewesen, zudem habe er bei seiner Erstbefragung am 22.11.1996 wahrheitsgemäß seine Daten, Name und Geburtsdatum sowie seine letzte Wohnadresse angegeben und erklärt, dass er niemals im Besitz eines Reisepasses wäre und er seinen Ausweis bei der Flucht aus Liberia verloren habe. Daraus ergebe sich für die belangte Behörde eindeutig seine Identität und es bedürfte keiner gesonderten Ladung.
Aus dem Ladungsbescheid sei insbesondere vor dem Hintergrund seines umfassenden Vorbringens im bisherigen Asylverfahren, nicht ersichtlich, in welcher Form er zur Erlangung des Heimreisezertifikates betragen könne.
Zudem habe die belangte Behörde bei der Beurteilung, ob ein Ladungsbescheid zu erlassen sei, im Rahmen der Beweiswürdigung eine Würdigung der für das Verfahren wesentlichen Gründe, weshalb sie zu diesem Ergebnis gelangt, einen Ladungsbescheid zu erlassen. Die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes, entspreche nicht den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Beweiswürdigung im Sinne der § 58 Abs. 2 iVm § 60 AVG. Dem angefochtenen Bescheid fehle es daher gänzlich an einer nach den Verfahrensgesetzen gebotenen Begründung und sohin an jeglicher Schlüssigkeit.
Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die Behörde zurückzuverweisen, den Ersatz der Verfahrenskosten aufzutragen. Zudem wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
11. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Bundesverwaltungsgericht fernmündlich mit, dass der Beschwerdeführer den Ladungstermin nicht wahrgenommen hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als ausreichend geklärter Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bestimmt, dass in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben ist, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind. Abs. 3 handelt von der Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten sowie von den zur Durchsetzung dieser Verpflichtung anzuwendenden Zwangsmitteln.
§ 46 Abs. 2a FPG sieht dazu vor, dass das BFA die Mitwirkungspflicht des Abs. 2 mittels Bescheid auferlegen kann, und verweist dabei auf
§ 19 Abs. 2 bis 4 AVG, der Form und Inhalt von einfachen Ladungen und Ladungsbescheiden bestimmt. Die dort erwähnten Sanktionen hat das BFA weder angedroht noch angewendet. Andererseits musste im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf – die Amtshandlung fand innerhalb der Beschwerdefrist statt – sichergestellt werden, dass der Ladungsbescheid bereits mit seiner Zustellung die Pflicht zum Erscheinen erzeugt.
Der Beschwerdeführer wurde für den 09.11.2017 vorgeladen. Dieser Termin ist bereits verstrichen. Er nahm ihn nicht wahr.
Die belangte Behörde hat im Ladungsbescheid als Gegenstand der Amtshandlung auch die notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments angeführt.
Der konkrete Gegenstand der Amtshandlung ist in der Ladung kurz und deutlich zu bezeichnen, dh die Behörde hat sich einer Ausdrucksweise zu bedienen, die zweifelsfrei klar macht, welche Amtshandlung ihr vorschwebt (VwGH 28.6.2001, 2001/11/0134) bzw. um dem Betreffenden die Gelegenheit zu geben, sich genügend auf diesen Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. VwGH 06.03.2014, Zl. 2012/11/0099).
Es ging also offenkundig nicht in erster Linie um die Klärung der Identität des Beschwerdeführers für die österreichischen Behörden, sondern um die Ermöglichung einer Identitätsfeststellung durch die für die Ausstellung des Heimreisezertifikats zuständigen Vertreter Liberias. Dass Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates zulässig sind, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt (vgl. das Erk. des VwGH vom 19.04.2012, Zl. 2010/21/0221, mwN).
Dass der Beschwerdeführer aber bereits über ein - nach wie vor gültiges - Reisedokument verfügt hätte und die Ladung aus diesem Grund nicht notwendig gewesen wäre, hat er nicht behauptet.
Der Beschwerdeführer begründet die erhobene Beschwerde auch damit, dass er ein subjektives Recht habe, Verfahren bezüglich Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland abzuwarten.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seinem Erkenntnis vom 20.12.2016, Ra 2016/21/0354, folgende Rechtsansicht:
"Auch das anhängige Verfahren über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 bewirkte entgegen dem Revisionsvorbringen nicht die Unzulässigkeit der Ladung. Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 stehen solche Anträge der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Der Antrag als solcher änderte daher nichts an der Durchsetzbarkeit der - gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als Rückkehrentscheidung geltenden - Ausweisung aus dem Jahr 2012. Durch die Erlassung der mit der erstinstanzlichen Antragszurückweisung verbundenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG wurde zwar ein neuer Titel für die Abschiebung geschaffen; es kam aber weiterhin allenfalls die Ausweisung aus dem Jahr 2012 als mögliche Grundlage für eine Abschiebung in Betracht. Aus § 16 Abs. 5 BFA-VG ergibt sich nämlich, dass eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (u.a.) nach § 55 AsylG 2005 kein Aufenthalts- und Bleiberecht begründet und der Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegensteht. .
Vor allem ist der Revisionswerber aber darauf hinzuweisen, dass bloße Vorbereitungen für eine allfällige Abschiebung - etwa (wie hier) die Erwirkung eines Heimreisezertifikates - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2012, Zl. 2012/21/0081, mwN). Davon, dass der Wegfall der Ausreiseverpflichtung des Revisionswerbers zum Zeitpunkt der Bestätigung der Ladung durch das Bundesverwaltungsgericht bereits feststand, kann aber keine Rede sein. Weitere Gründe, die gegen die Notwendigkeit der Ladung sprechen könnten, werden in der Revision, in der wiederholt außer Acht gelassen wird, dass es vorliegend nicht um die Abschiebung geht, nicht genannt."
Zudem hat der VwGH ausgeführt, dass bloße Vorbereitungen für eine allfällige Abschiebung - etwa die Erwirkung eines Heimreisezertifikates - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht" (20.12.2016, Ra 2016/21/0354 mwH).
Schließlich hat der VwGH in seinem Judikat vom 20.01.1992, Zl. 91/19/0326 hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege.
Dem angefochtenen Ladungsbescheid ist jedenfalls zu entnehmen, dass es um die notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes geht. Damit war es ihm auch möglich, sich auf den Verfahrensgegenstand vorzubereiten. Die in Aussicht genommene Amtshandlung kann - allenfalls im Beisein eines Bevollmächtigten - vorgenommen werden.
Soweit der Beschwerdeführer behauptet, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er keine Begründung enthalte, ist er auf § 19 Abs. 2 AVG hinzuweisen, der den erforderlichen Inhalt einer Ladung umschreibt; dass ein Ladungsbescheid einer Begründung im Sinne der §§ 58 und 60 AVG bedürfte, ergibt sich daraus nicht (zur mangelnden Notwendigkeit einer Begründung von Ladungsbescheiden vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 19 Rz 9).
Zudem führte der Beschwerdeführer aus, dass im Ladungsbescheid eine freiheitsentziehende Maßnahme angedroht werde und dies einen gravierenden Eingriff in sein Recht auf persönliche Freiheit nach Art 5 EMRK darstelle.
Nach Art. 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Vorheriger Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, darf niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. darf der Entzug der persönlichen Vorheriger Freiheit nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.
Nach § 19 Abs. 3 AVG hat der Geladene, wenn er nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten; er kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
Der gegenständliche Ladungsbescheid beschränkt sich auf die Verpflichtung des Beschwerdeführers, der Ladung nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 AVG und § 46 Abs. 2a FPG Folge zu leisten; erst an deren Nichterfüllung knüpft sich die im Ladungsbescheid angedrohte Zwangsfolge der Festnahme (im Sinne des § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG). Die erst bei einem Nichtbefolgen der Aufforderung (allenfalls) erfolgende Festnahme zur Vorführung vor die belangte Behörde soll gerade dazu dienen, dass der Beschwerdeführer der Ladung zu einer Amtshandlung, nämlich zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes, Folge leistet.
Gegen den Beschwerdeführer besteht - wie bereits ausgeführt - eine durchsetzbare Ausreiseentscheidung. In der im Ladungsbescheid angedrohten Festnahme zur Verwirklichung der im Gesetz (AsylG, FPG etc.) normierten Ziele kann keine Beschränkung seiner persönlichen Freiheit erblickt werden, zumal er an der Einholung eines Ersatzreisedokumentes persönlich mitzuwirken hat und er einen Bevollmächtigen beiziehen kann.
Es kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie - offenbar unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit - die Ladung des Beschwerdeführers für den 09.11.2017, 09:30 Uhr, bei der belangten Behörde bei Anwesenheit eines Behördenvertreters für "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 erster Satz AVG erachtet hat.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.
Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über die Beschwerde gegen einen Bescheid nach § 13 Abs. 2 oder 3 VwGVG ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden, das heißt grundsätzlich ohne Verhandlung (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Demnach hatte eine Verhandlung zu unterbleiben.
Zur Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde
Das BFA hatte daher die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde vorsorglich auszuschließen, da ansonsten die mittels Bescheid konkretisierte Mitwirkungspflicht erst zu spät entstanden wäre. Diese Gefahr war schon mit Blick auf den knapp bevorstehenden Zeitpunkt des Erscheinens der Delegation evident, der innerhalb der eben genannten Frist lag.
Dabei liegt es in der Natur der Sache, konkret der Identitätsfeststellung zur Erlangung eines – hier: liberianischen – Ersatzreisedokuments, dass der Beschwerdeführer persönlich zu erscheinen hat, und zwar dann, wenn die erforderlichen weiteren Personen auch anwesend sind.
Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisses kann ein Ausspruch über die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde unterbleiben, da diese nur im Rahmen des Beschwerdeverfahrens von Bedeutung sein kann und dieses hiermit abgeschlossen ist. Nach inhaltlicher Prüfung ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht ersichtlich, warum die Grundrechte des Beschwerdeführers durch den Ladungsbescheid bedroht sein könnten, wie in der Beschwerde behauptet wird.
Zum Kostenbegehren
Den Ersatz von Verfahrenskosten sieht das VwGVG nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das – in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende – AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG), sind aber für die im Beschwerdefall strittige Materie nicht vorhanden. Das Kostenersatzbegehren ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen. Der rechtswirksam zugestellte Bescheid bildete daher - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine taugliche Grundlage für eine Festnahme nach § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-Verfahrensgesetz.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Abschiebung, Antragsbegehren, Identitätsfeststellung, Kostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I414.2008801.3.00Zuletzt aktualisiert am
04.12.2017