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L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des H L in Z, vertreten durch Dr. Johann Eder und Dr. Stefan Knaus, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 29. März 2017, Zl. 405- 9/143/1/29-2017, betreffend Sozialhilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 22. August 2016 wies die Bezirkshauptmannschaft Zell am See den Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung von Sozialhilfe in Form der Kostentragung des Aufenthalts in einer näher genannten Einrichtung gemäß §§ 6, 7, 17 und 29 des Salzburger Sozialhilfegesetzes (SSHG) ab.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 6 SSHG als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Begründend führte das VwG - soweit hier relevant - aus, dass der in § 6 SSHG verankerte Subsidiaritätsgrundsatz nur darauf abstelle, ob der Lebensbedarf von anderen Personen oder Einrichtungen gedeckt werde, und zwar unabhängig von den konkreten Hintergründen. Dementsprechend seien auch die Leistungen des Schwiegersohns des Revisionswerbers, mit denen die Aufenthaltskosten in der betroffenen Seniorenwohnanlage zur Gänze gedeckt worden seien, als eine freiwillige und über den Weg der Bevorschussung erfolgte Bedarfsdeckung einzustufen, die zur Folge habe, dass dem Revisionswerber für den Zeitraum dieser Leistungsgewährung durch den Schwiegersohn kein Anspruch auf Sozialhilfe zukomme.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 6 Abs. 1 SSHG hat ein Hilfesuchender, der sich im Lande Salzburg aufhält, Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, wenn er den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Z 1 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz (NÖ SHG) ist bei der Leistung der Sozialhilfe der Grundsatz einzuhalten, dass Hilfe nur insoweit zu leisten ist, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (vgl. VwGH vom 25.1.2017, Ra 2016/10/0143, und vom 17.11.1992, 91/08/0144). Maßgeblich ist demnach, dass der Bedarf tatsächlich gedeckt wird. Darauf, ob Dritte diesen Aufwand freiwillig oder unfreiwillig aus jederzeit abänderbaren Gründen tragen, kommt es - unter dem allein maßgeblichen Gesichtspunkt des tatsächlich dem Hilfesuchenden erwachsenden Aufwandes - nicht an (vgl. wiederum VwGH vom 25.1.2017, Ra 2016/10/0143 mwN, sowie vom 17.10.1995, 95/08/0117, zum Wr. Sozialhilfegesetz).
10 Ausgehend vom Wortlaut des § 6 SSHG, der auf den Erhalt des Lebensbedarfs durch Dritte abstellt, kann nicht zweifelhaft sein, dass die oben dargestellte Judikatur zur tatsächlichen Bedarfsdeckung durch Dritte auf § 6 SSHG zu übertragen ist. Eine andere Bedeutung des § 6 SSHG vermag auch die Revision nicht darzulegen.
11 Das VwG ist somit bei seiner Beurteilung, dass die vom Schwiegersohn des Revisionswerbers abgedeckten Heimkosten nicht im Wege der Sozialhilfe zu ersetzen sind, nicht von der dargestellten, auch auf § 6 SSHG übertragbaren, Rechtsprechung abgewichen. Da der Verwaltungsgerichtshof die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage bereits zu einer in den entscheidenden Punkten übereinstimmenden Regelung eines anderen Bundeslandes geklärt hat, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor (vgl. VwGH vom 5.10.2016, Ra 2016/10/0103, mwN).
12 Als weiteren Zulassungsgrund bringt die Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu, dass bzw. ob im Fall einer Deckung der Unterbringungs- und Pflegekosten in einem Heim durch Dritte gemäß § 17 Abs. 2 SSHG zumindest ein Anspruch auf Taschengeld zustehe bzw. ob darüber abzusprechen sei, wenn Sozialhilfe beantragt werde.
13 Zu diesem Vorbringen ist vorweg festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis kein Abspruch über einen allfälligen Anspruch auf Taschengeld gemäß § 17 Abs. 2 SSHG erfolgt ist. Abgesprochen wurde lediglich über die Frage der Kostentragung des Aufenthalts in dem näher bezeichneten Pflegeheim.
14 Zur Frage des Anspruchs auf Taschengeld macht der Revisionswerber die Verletzung in seinem Recht auf Sozialhilfe durch Taschengeldgewährung in der gesetzlich zustehenden Höhe gemäß § 17 Abs. 2 SSHG geltend. Eine solche Rechtsverletzung kann infolge dessen, dass ein Abspruch über einen solchen Anspruch mit der angefochtenen Entscheidung nicht erfolgt ist, nicht vorliegen. Die Revision erweist sich diesbezüglich schon deshalb als unzulässig.
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2017
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017100107.L00Im RIS seit
04.12.2017Zuletzt aktualisiert am
05.12.2017