TE Vwgh Beschluss 2017/10/25 Ra 2017/12/0103

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §56;
B-VG Art133 Abs4;
PG 1965 §53 Abs1;
PG 1965 §53 Abs6 idF 1993/256;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Zens und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Dr. C M in I, vertreten durch Gratl & Anker Rechtsanwaltspartnerschaft in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 4/V, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Jänner 2017, Zl. W174 2106850- 1/4E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber wurde mit Wirksamkeit vom 1. April 1986 zum Assistenzarzt auf die Planstelle eines Universitätsassistenten an einer näher genannten Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck ernannt. Unstrittig ist, dass das dadurch begründete befristete öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis mit Ablauf des 30. April 1993 endete. Eine Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten erfolgte nicht. Der Bund leistete für das pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis im Zeitraum vom 1. April 1986 bis 30. April 1993 für 85 Beitragsmonate gemäß § 311 ASVG einen Überweisungsbeitrag in die Pensionsversicherung.

2 Am 30. Juli 2014 beantragte der seit 1. Mai 1993 nicht mehr in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Revisionswerber die Anrechnung näher genannter Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 53 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (im Folgenden: PG 1965).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis billigte das Bundesverwaltungsgericht die Zurückweisung dieses Antrages mit einem Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom 18. Februar 2015. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Das Bundesverwaltungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, für die Beurteilung der Zulässigkeit des Antrages des Revisionswerbers sei die Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich. Aus den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 und 2 PG 1965 folge, dass dieses Gesetz insgesamt lediglich auf Beamte, ihre Angehörigen und Hinterbliebenen Anwendung finde. Die Zulässigkeit einer Verfügung gemäß § 53 Abs. 1 PG 1965 setze somit fallbezogen die Beamteneigenschaft des Revisionswerbers voraus. Ob diese vorliege, sei im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu beurteilen. Da der Revisionswerber seit 1. Mai 1993 nicht mehr in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe, sei sein Antrag zurückzuweisen gewesen.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, welche sich jedoch aus folgenden Gründen als unzulässig erweist:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Zulassungsbegründung der Revision wird die Rechtsfrage aufgeworfen, ob das Bundesverwaltungsgericht vorliegendenfalls zu Recht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Anwendung gebracht hat. Der Revisionswerber vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, das Bundesverwaltungsgericht hätte rechtens § 53 PG 1965 idF BGBl. Nr. 320/1973, wie er im Zeitpunkt des Bestandes seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Geltung war, anzuwenden gehabt. Auch sei die in diesem Zeitraum bestandene Sachlage, nach welcher ihm damals Beamteneigenschaft zukam, für die Zulässigkeit seines im Jahr 2014 gestellten Antrages weiterhin maßgeblich. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die zuständige Dienstbehörde nach der damals geltenden Rechtslage die Ruhegenussvordienstzeiten schon während seines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses (im zeitlichen Naheverhältnis zu seiner Begründung) von Amts wegen anzurechnen gehabt hätte.

10 Dem ist Folgendes zu erwidern:

11 § 53 Abs. 1 PG 1965 in der Fassung dieses Absatzes nach der Stammfassung des Gesetzes lautet:

"§ 53. (1) Ruhegenußvordienstzeiten sind die in den Abs. 2 bis 4 genannten Zeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenußfähige Bundesdienstzeit rechnet. Sie werden durch Anrechnung ruhegenußfähige Zeiten."

12 Durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 256/1993 wurde dem § 53 PG 1965 mit Wirkung vom 1. Juli 1993 ein Absatz 6 angefügt, welcher wie folgt lautet:

"(6) Die Dienstbehörde hat die Ruhegenußvordienstzeiten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ernennung des Beamten anzurechnen. Bei Universitäts(Hochschul)assistenten hat die Dienstbehörde die Ruhegenußvordienstzeiten spätestens im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Definitivstellung anzurechnen."

13 Die Zulassungsbegründung bestreitet nicht die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach aus § 1 Abs. 1 und 2 PG 1965 abzuleiten sei, dass dieses Gesetz ausschließlich auf Beamte, ihre Angehörigen und Hinterbliebenen Anwendung findet, weshalb - fallbezogen - eine Verfügung nach § 53 Abs. 1 PG 1965 die Beamteneigenschaft des Revisionswerbers (jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt) voraussetzt. Diese Überlegung gilt für § 53 PG 1965 in all seinen Fassungen (seit Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Revisionswerbers).

14 Entscheidend für den Ausgang der Revision ist somit ausschließlich die Frage, ob für die zu prüfende Beamteneigenschaft als maßgebliche Sachlage jene im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen auf § 53 Abs. 1 PG 1965 gestellten Antrag heranzuziehen ist.

15 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Entscheidung über die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt darstellt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1976, 1025/76, sowie vom 18. Dezember 2015, Ro 2015/12/0008). Für derartige Verwaltungsakte gilt jedoch, dass hiefür die Sachlage im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung maßgebend ist (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1966, 0266/65, bzw. vom 11. Oktober 1951, 0111/51). Dies würde auch im Fall unangemessener Verfahrensverzögerungen gelten (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, 2009/12/0047 mwH).

16 Vor diesem Hintergrund entspricht die vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung, wonach das Erfordernis der Beamteneigenschaft des Revisionswerbers im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Antrag maßgebend war, der oben aufgezeigten Rechtsprechung zur maßgeblichen Sachlage im Entscheidungszeitpunkt für rechtsgestaltende Verfügungen.

17 Ein Abgehen von diesen in der Rechtsprechung ausgearbeiteten Grundsätzen in der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation erscheint auch schon deshalb offensichtlich als unangebracht, weil dem Revisionswerber bis auf weiteres kein subjektives Recht auf Pensionsversorgung nach dem PG 1965 erwachsen kann. Dies erklärt sich daraus, dass die §§ 13 bis 15c des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, ausschließlich die Versetzung von Beamten, nicht aber die Versetzung ehemaliger Beamter in den Ruhestand vorsehen.

18 Aus diesen Erwägungen war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 25. Oktober 2017

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017120103.L00

Im RIS seit

04.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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