TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/12 98/04/0212

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Veröffentlicht am 12.07.2000
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des EE in H, zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. September 1998, Zl. WST1-B-9875, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Handelsagenten (§ 24 Z. 10 GewO 1994)" im näher bezeichneten Standort entzogen.

Zur Begründung heißt es u.a., ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers sei mangels eines zur Deckung des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Aufgrund der getroffenen Feststellungen müsse die belangte Behörde davon ausgehen, dass derzeit den laufenden Verpflichtungen nicht nachgekommen werden könne, was aufgrund der bewilligten Exekutionsverfahren evident sei. Dies werde in der Stellungnahme vom 2. September 1998 auch nicht bestritten. Das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung setze jedoch voraus, dass liquide Mittel vorhanden seien, die es erwarten ließen, dass nicht nur alte Schulden, sondern auch neue Schulden beglichen werden könnten. Würden Exekutionsanträge bewilligt, so müsse davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft die Gefahr bestehe, dass Forderungen nicht fristgerecht erfüllt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2 GewO 1994) ausgeschlossen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegen.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn aufgrund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn es geht bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2000, Zl. 99/04/0215).

Im vorliegenden Fall wird vom Beschwerdeführer das Vorliegen eines Entziehungsgrundes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht bestritten, er bekämpft aber die Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben.

Diesbezüglich bezieht er sich auf eine "in der Zwischenzeit" abgedeckte Verpflichtung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie darauf, dass "derzeit" gegen ihn auch keine Exekutionsverfahren "mehr anhängig" seien. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ausschließlich aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes erfolgt. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es daher versagt, bei seinen Entscheidungen Tatsachen zu berücksichtigen, die erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten sind (vgl. in diesem Sinne schon das Erkenntnis vom 22. Dezember 1954, VwSlg. Nr. 3.614/A).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde sei nicht auf seine Ausführungen in seiner Berufung eingegangen, dass er ab Februar 1999 sich "bei einem bestehenden Unternehmen beteiligen kann", so unterlässt er es die Wesentlichkeit des behaupteten Begründungsmangels darzutun.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die belangte Behörde habe keine Erwägungen darüber angestellt, dass er bald 58 Jahre alt werde und er auf die Erzielung seiner Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb ausschließlich angewiesen sei, weil er keine anderen Tätigkeiten entfalte. Es wäre daher grob unbillig, ihm seinen Gewerbeschein einige Jahre vor seiner Pensionierung zu entziehen. Er hätte aufgrund seines Alters und seines schlechten Gesundheitszustandes, er leide an einer Herzkrankheit, kaum realistische Aussichten, eine gleichwertige Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Er wäre damit der Gefahr einer Dauerarbeitslosigkeit ausgesetzt, die jedenfalls auch nicht im Interesse der öffentlichen Hand, aber auch nicht in seinem Interesse liegen könne.

Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass der § 87 Abs. 2 GewO 1994 für die Beachtung derartiger Gesichtspunkte keine Grundlage bildet (hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Erhaltung der Existenzgrundlage vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0250).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998040212.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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