TE OGH 2017/9/26 5Ob162/17k

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Veröffentlicht am 26.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerinnen 1. V***** S*****, 2. C***** M*****, beide vertreten durch Hausmann & Hausmann Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen Grundbuchshandlungen in EZ *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Juli 2017, AZ 47 R 155/17t, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18. April 2017, TZ 3695/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentliche Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:

„Urkunden

1 Schenkungsvertrag vom 3. 4. 2017

2 Staatsbürgerschaftsnachweis vom 23. 9. 1997

Bewilligt wird

in EZ *****

auf Anteil B-LNR 77

77 ANTEIL: 141/17080

b 2111/1975 Wohnungseigentum an W 6 St VIII

V***** S*****, geb. *****

Einverleibung Wohnungsgebrauchsrecht gemäß   § 521 ABGB, 1. Satz für C***** M*****,

geb. *****

Verständigt werden

1) Hausmann & Hausmann Rechtsanwälte GmbH,

Ameisgasse 10, 1140 Wien

2) V***** S*****

3) C***** M*****

4) Magistrat der Stadt Wien MA 69

Liegenschaftsmanagement, Lerchenfelder

         Straße 4, 1080 Wien

5) Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat

Gerasdorf, Marxergasse 4, 1030 Wien“

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Unter Vorlage des Schenkungsvertrags vom 3. 4. 2017 (und weiterer Urkunden) begehrten die Antragstellerinnen die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Erstantragstellerin an den der Zweitantragstellerin gehörenden 141/17080 Anteilen an der Liegenschaft EZ 229, mit welchen Wohnungseigentum an W 6 St VIII verbunden ist, und die Einverleibung des Wohnrechts „gemäß § 521 ABGB, 1. Satz“, für die Zweitantragstellerin.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin und wies das Mehrbegehren ab. Dienstbarkeiten seien nach § 12 Abs 1 GBG ihrem Inhalt und Umfang nach möglichst bestimmt anzugeben. Die Einräumung des Wohnrechts gemäß § 521 ABGB sei nicht ausreichend bestimmt, weil es sich sowohl um ein Wohnungsgebrauchsrecht als auch um ein Wohnungsfruchtgenussrecht handeln könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach der Rechtsprechung erfülle der Begriff „Wohnrecht“ das Bestimmtheitskriterium des § 12 GBG nicht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass im Vertrag der Passus „Wohnrecht im Sinne des § 521 ABGB 1. Satz“ angeführt werde, weil damit noch nicht ausreichend klar sei, ob damit ein Wohnungsgebrauchs- oder -fruchtgenussrecht eingeräumt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den Antragstellern erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG) Ausspruch zulässig, weil eine auch im Einzelfall zu korrigierende Fehlbeurteilung vorliegt; er ist auch berechtigt.

1. Nach § 521 Satz 1 ABGB ist die Servitut der Wohnung das Recht, die bewohnbaren Teile eines Hauses zu seinen Bedürfnissen zu benützen. Sie ist also eine Servitut des Gebrauchs vom Wohngebäude (Satz 2). Werden aber jemandem alle bewohnbaren Teile des Hauses, mit Schonung der Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen, so ist es eine Fruchtnießung des Wohngebäudes (Satz 3).

2. Trotz des durch den Einleitungssatz des § 521 ABGB (und auch durch die eigene Nennung in § 478 ABGB) vermittelten Eindrucks folgt aus der weiteren gesetzlichen Regelung, dass das „Wohnungsrecht“ keine eigenständige Form einer Personalservitut darstellt, sondern eine Spielart des Fruchtgenussrechts oder des Gebrauchsrechts ist (5 Ob 157/08m mwN; 5 Ob 55/16y; Koch in KBB5 § 521 ABGB Rz 1; Spath in Schwimann/Kodek4 § 521 ABGB Rz 1). Je nachdem, ob Wohnräume nur zum persönlichen Bedarf oder ohne diese Einschränkung benützt werden dürfen, liegt Gebrauchsrecht oder Fruchtnießung vor (RIS-Justiz RS0011826; Hofmann in Rummel ABGB³, § 521 Rz 1).

3. Grundsätzlich zutreffend hat das Rekursgericht daher die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Grundbuchsachen wiedergegeben, dass der Begriff „Wohnrecht“ oder „Wohnungsrecht“ für sich genommen den Bestimmtheitskriterien des § 12 Abs 1 GBG nicht entspricht, (RIS-Justiz RS0111929; RS0011822 [T4]). Soweit es aber auf die Entscheidung 5 Ob 55/16y zurückgegriffen hat, um zu begründen, dass das eingeräumte Recht nicht ausreichend konkretisiert ist, hat es außer Acht gelassen, dass dort ganz allgemein ein Verweis auf das „Wohnrecht gem. § 521 ABGB“ zu beurteilen war, sodass trotz des Einleitungssatzes in dieser Bestimmung unklar bleiben musste, welche der beiden dort geregelten Varianten gemeint war. Davon unterscheidet sich jedoch der vorliegende Fall.

4.1 In Punkt IV. des Schenkungsvertrags ist das einzuverleibende, wenn auch sonst nicht näher beschriebene Recht als „Wohnrecht im Sinne des § 521 ABGB, 1. Satz“ bezeichnet. Die Servitut der Wohnung ist nach § 521 Satz 1 ABGB das Recht, die bewohnbaren Teile eines Hauses zu seinem Bedürfnis zu benützen. Der Folgesatz dieser Bestimmung definiert diesen Fall als eine Servitut des Gebrauchs von dem Wohngebäude. Erst der dritte Satz des § 521 ABGB regelt, unter welchen Voraussetzungen das Wohnrecht Fruchtgenuss ist. Damit beziehen sich die ersten beiden Sätze des § 521 ABGB auf das Wohnungsgebrauchsrecht (Polster in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch, ABGB³ [Klang] § 521 Rz 1; Spath aaO Rz 2).

4.2 Damit wird entgegen der Ansicht des Rekursgerichts durch den Verweis auf den ersten Satz in § 521 ABGB eine ausreichende Konkretisierung dahin vorgenommen, dass das eingeräumte Recht Wohnungsgebrauchsrecht und nicht Fruchtnießung sein soll. Letzteres ist durch ausdrückliche Nennung des ersten Satzes der Bestimmung des § 521 ABGB ausgeschlossen, sodass dem Bestimmtheitsgebot des § 12 GBG Genüge getan ist, weil sie die Konkretisierung einer der beiden in § 521 ABGB geregelten Varianten erlaubt.

5. Da das von den Vorinstanzen angenommene Bewilligungshindernis damit nicht vorliegt, ist das Grundbuchsgesuch zur Gänze zu bewilligen.

Textnummer

E119870

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00162.17K.0926.000

Im RIS seit

03.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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