TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/14 2000/02/0065

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Veröffentlicht am 14.07.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VwGG §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck, als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Dezember 1999, Zl. UVS-03/P/45/3586/1998/1, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei: D E B in W, vertreten durch Dr. Thomas Talos, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit ihrem Bescheid vom 30. Dezember 1999 gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis (Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG) Folge und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.

Die belangte Behörde ging dabei - zusammengefasst - von folgenden entscheidungswesentlichen Feststellungen aus:

Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe vom Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges, B., dessen Fahrzeug (im Wege eines leihweisen Fahrzeugtausches) überlassen erhalten. Einige Tage nach diesem Fahrzeugtausch habe ihn L. (ein ihm bekannter Freund des B.) angerufen und mitgeteilt, dass er das Fahrzeug des B. dringend brauchen würde. Der Mitbeteiligte habe das Einverständnis des Zulassungsbesitzers annehmen können und das Fahrzeug L. weitergegeben. In der Folge habe L. oder eine weitere Person, der dieser das Auto des B. überlassen hatte, eine Verwaltungsübertretung begangen. Der Mitbeteiligte sei im folgenden Verwaltungsverfahren von B. als Auskunftspflichtiger genannt worden und habe seinerseits auf eine entsprechende Anfrage der Behörde mitgeteilt, dass die Auskunftspflicht L. treffen würde.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass die Nennung eines Auskunftspflichtigen nicht besage, dass dieser dann einen Lenker bekannt geben müsse; auch der Auskunftspflichtige dürfe einen weiteren Auskunftspflichtigen benennen. Da erwiesen sei, dass der Mitbeteiligte die Gewahrsame an dem im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses näher bestimmten Kraftfahrzeug einige Tage bevor damit eine Verwaltungsübertretung begangen worden sei, an die von ihm in der Auskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG genannte Person übergeben habe, erweise sich die erstinstanzliche Bestrafung wegen des Verstoßes gegen die Auskunftspflicht als unberechtigt.

Der beschwerdeführende Bundesminister bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet;

eine solche hat die mitbeteiligte Partei erstattet.

     Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG

gebildeten Senat erwogen:

     Zur Beschwerdelegitimation und zur Rechtzeitigkeit der

Beschwerdeerhebung - nach dem unbestrittenen Beschwerdevorbringen hat der beschwerdeführende Bundesminister am 27. Jänner 2000 vom angefochtenen Bescheid Kenntnis erlangt - genügt es auf das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1998, Zl. 95/02/0438, zu verweisen.

In der Sache selbst geht es darum, ob § 103 Abs. 2 KFG das Zustandekommen einer "Auskunftspersonenkette" ausschließt oder nicht.

§ 103 Abs. 2 KFG 1967 lautet:

"(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angabe zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

Zu der Frage der Zulässigkeit der angesprochenen "Auskunftspersonenkette" hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 98/02/0256, ausgesprochen, dass das Gesetz dem vom Zulassungsbesitzer benannten Auskunftspflichtigen nicht die Möglichkeit eröffnet, seinerseits wieder einen weiteren Auskunftspflichtigen anzugeben. Vielmehr ist der Auskunftspflichtige verpflichtet, den tatsächlichen Lenker oder denjenigen, der das Fahrzeug abgestellt hat, der Behörde bekannt zu geben. Hinsichtlich der weiteren Begründung kann auf das erwähnte hg. Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

Soweit sich aus dem hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1990, Zl. 89/18/0178 Gegenteiliges entnehmen lässt, so sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer Beschlussfassung gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 VwGG (verstärkter Senat) veranlasst, zumal es sich bei den diesbezüglichen Ausführungen um keine tragenden Elemente der damaligen Entscheidung handelt; insbesondere ging es dort - anders als im vorliegenden Beschwerdefall - um die Bestrafung des "Zulassungsbesitzers" (vgl. insoweit zu § 13 Abs. 1 Z. 2 VwGG das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zl. 96/02/0086).

Da die belangte Behörde somit von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgegangen ist, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 14. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000020065.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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