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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller über die Beschwerde des G K in W, vertreten durch Dr. Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. Jänner 2000, Zl. UVS-03/P/37/2982/1998/13, betreffend Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 18. August 1998 keine Folge und bestätigte dieses unter Berichtigung eines offenkundigen Versehens.
Die erstinstanzliche Behörde habe mit Schreiben vom 20. Jänner 1998 eine Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG an den Zulassungsbesitzer eines näher bezeichneten Fahrzeuges, eine Aktiengesellschaft, gerichtet. Dem sei die am 23. Dezember 1997 von einem Sicherheitswachebeamten erstattete Anzeige zu Grunde gelegen, wonach das Fahrzeug an diesem Tag um 09.15 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien in einem Halteverbot abgestellt gewesen sei. Diese Lenkeranfrage sei nicht beantwortet worden.
Die belangte Behörde nahm weiters als erwiesen an, auf Grund einer weiteren Anzeige eines anderen Sicherheitswachebeamten sei eine (weitere) Lenkeranfrage an die Zulassungsbesitzerin (Aktiengesellschaft) gerichtet worden, die sich von der hier verfahrensgegenständlichen nur durch den Tatzeitpunkt (09.00 Uhr) unterschieden habe. Diese Lenkeranfrage sei ordnungsgemäß beantwortet worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Jänner 1977, Zl. 1875/76 = VwSlg 9215/A; vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0037 und vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/03/0121, mwN) ist der Anspruch der Behörde auf Auskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG konsumiert, wenn der Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen einmal die Auskunft darüber erteilt hat, wem er das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers zu einer bestimmten Zeit überlassen hat. Die Nichtbefolgung eines etwaigen weiteren Verlangens nach Auskunft ist nicht strafbar.
Die belangte Behörde hat die Rechtmäßigkeit des hier vorliegenden (zweiten) Auskunftsverlangens wie folgt begründet:
"Übertretungen des § 24 Abs. 1 lit. a StVO sind ... grundsätzlich als Dauerdelikt einzustufen, wenn feststeht, dass die Übertretung mit dem gleichen Kraftfahrzeug am gleichen Ort durch den gleichen Täter erfolgt ist.
Da das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... am 23.12.1997 im Abstand von einer viertel Stunde von zwei verschiedenen Sicherheitswachebeamten beanstandet wurde, dienten die beiden Lenkeranfragen gerade der Abklärung der Frage, ob es sich im gegenständlichen Fall auf Grund der identen Abstellungsorte des kurzfristigen Zeitraumes, um ein Dauerdelikt handeln könnte. Auch wenn es auf Grund der naheliegenden Tatzeitpunkte und des identen Abstellungsortes als wahrscheinlich erscheinen konnte, dass lediglich ein Lenker das Fahrzeug dort abgestellt habe, konnte doch nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, insbesondere da es sich um ein Firmenfahrzeug und einen Werktag gehandelt hatte.
Die erstinstanzliche Behörde hat daher zulässigerweise zwei gesonderte Lenkeranfragen an die Zulassungsbesitzerin gerichtet, welche auch getrennt und jede für sich hätten beantwortet werden müssen, es wurde jedoch nur eine davon beantwortet, die hier verfahrensgegenständliche blieb offen.
Der objektive Tatbestand der dem Bw (Anm.: als zur Vertretung nach außen berufenes Organ) zur Last gelegten Übertretung war damit erfüllt."
Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Auszugehen ist von dem oben dargelegten Grundsatz, dass der Zulassungsbesitzer nicht verpflichtet ist, weitere, mit der bereits beantworteten idente Lenkeranfragen (neuerlich) zu beantworten. Dies trifft auch auf Anfragen zu, die sich - wie die belangte Behörde insofern zutreffend selbst ausführt - offensichtlich auf ein Dauerdelikt beziehen, insbesondere dann, wenn die angefragten Tatzeiten nur wenige Minuten - wie im Beschwerdefall - auseinanderliegen. In diesen Fällen erscheint es erforderlich, näher zu begründen, welche Umstände es rechtfertigten, an den Zulassungsbesitzer eine neuerliche Lenkeranfrage zu richten.
Da die belangte Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage eine solche Begründung unterließ, war der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen gewesen wäre.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000020084.X00Im RIS seit
19.03.2001