Entscheidungsdatum
08.11.2017Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs1 Z9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde der Frau Ol. M., geb.: 1972, StA: Serbien, zuletzt wohnhaft in Wien, O.-straße, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft - Niederlassungsbewilligungen und Ausländergrunderwerb, vom 28.02.2017, Zahl MA35-9/3130763-01, mit welchem der Antrag vom 16.06.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG in der geltenden Fassung abgewiesen wurde,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass dieser lautet:
„Auf Grund Ihres am 16. Juni 2016 eingebrachten Antrages wird Ihnen ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ (§ 8 Abs. 1 Z 8 NAG) gemäß § 47 Abs. 2 NAG für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.“
II. Gemäß § 53b AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG sowie § 17 VwGVG wird der Beschwerdeführerin der Ersatz der mit Beschluss vom 16.10.2017 zur Zahl VGW-KO-081/695/2017-1 mit EUR 111,-- bestimmten Barauslagen für den zu der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2017 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Die Beschwerdeführerin hat diese erwachsenen Barauslagen in Höhe von EUR 111,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der vorgeschriebene Betrag ist auf das Konto bei der UniCredit Bank Austria AG, Kontonummer: AT16 12000 00696 212 729, lautend auf MA 6, BA 40, einzuzahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid vom 28. Februar 2017 wies die belangte Behörde den Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ ab und führte dabei im Wesentlichen aus, dass die Landespolizeidirektion Wien und die belangte Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung annehmen würden, dass die Ehe mit Herrn M. lediglich geschlossen worden wäre, um sich im Verfahren für die Erteilung des Aufenthaltstitels darauf berufen zu können, wobei die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht beabsichtigt wäre und ein solches auch nie geführt werden würde. Die Beschwerdeführerin habe nämlich nur einen Monat nach ihrer Scheidung vom serbischen Staatsangehörigen Mil. Mi. ihren nunmehrigen Ehegatten geheiratet. Sie wäre lediglich kurzfristig im Mai 2016 und von 4. Oktober 2016 bis 23. Dezember 2016 an der Anschrift des Herrn M. gemeldet gewesen, wobei dessen ehemalige Gattin, Frau J., als Unterkunftgeberin fungiert hätte. Auf Grund des Zeitdiagramms stehe daher fest, dass es sich um eine Aufenthaltsehe handle. Eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG falle zu Ungunsten der Rechtsmittelwerberin aus. Aus diesem Grunde könne der Antrag nicht positiv entschieden werden.
In ihrer dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Nachstehendes aus:
„Die Anträge werden abgewiesen, da nach Ansicht der Behörde die von der Erstbeschwerdeführerin geschlossene Ehe lediglich der Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile diene.
Dies stützt die Behörde auf die Mitteilung der Landespolizeidirektion vom 04.11.2016.
4.1. Auf Seite 3 des Bescheides zitiert die Behörde ein verwaltungsgerichtliches Erkenntnis. Offensichtlich unterliegt die Behörde einem Missverständnis hinsichtlich des Inhalts der ihr eingeräumten „freien Beweiswürdigung“.
4.1.1. Dieses Judikat bezieht sich zum einem auf eine veraltete Rechtslage (vor Abschaffung des administrativen Instanzenzugs) bzw. auch nicht auf die freie Beweiswürdigung der Behörde, sondern die der Rechtsmittelinstanz.
Seit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann es zu einer Überprüfung der Beweiswürdigung einer Behörde beim Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht mehr kommen, sondern nur die eines Verwaltungsgerichts.
Die Einschränkung der Kontrollbefugnisse des Verwaltungsgerichtshofs bezieht sich ausschließlich auf die Beweiswürdigung der Beschwerdeinstanz, jedoch keinesfalls auf die Beweiswürdigung der ersten Instanz durch das Verwaltungsgericht.
VwGH Ra 2016/20/0089
33 Wie der Verwaltungsgerichtshof schon zu dem gemäß § 17 VwGVG auch von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden § 45 Abs. 2 AVG ausgesprochen hat, bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, dass der in der Begründung der (nunmehr verwaltungsgerichtlichen) Entscheidung niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine Kontrolle in die Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2016, Ra 2015/20/0161, mwN).
Dem nun angerufenen Verwaltungsgericht steht es natürlich frei, die Beweiswürdigung der Behörde in jede Richtung zu überprüfen.
4.1.2. Das der Behörde gemäß § 45 AVG eingeräumte Recht auf freie Beweiswürdigung bedeutet lediglich, dass die Behörde nicht an feste Beweisregeln gebunden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die "freie Beweiswürdigung" gemäß § 45 Abs. 2 AVG erst nach einer vollständigen Beweiserhebung durch die Behörde einsetzen.
Eine vorgreifende (antizipierende) Beweiswürdigung, die darin besteht, dass der Wert eines Beweises abstrakt (im Vorhinein) beurteilt wird, ist unzulässig (vgl. VwGH vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0117, mwN).
Freie Beweiswürdigung setzt daher voraus, dass angebotene Beweise aufgenommen werden, ehe sie gewürdigt werden. Eine vorgreifende Beweiswürdigung ist unzulässig, d.h. eine Beweiswürdigung bei der der Wert eines Beweismittels vor dessen Aufnahme bewertet und die Aufnahme des Bescheides wegen vermuteter Unnachgiebigkeit unterlassen wird. So ist es auch unzulässig auf die Einvernahme eines Zeugen zu verzichten, weil man eine Gefälligkeitsaussage erwartet (vgl. VwGH 94/08/0152).
4.2. Die im Bericht der Landespolizeidirektion Wien aufgelisteten Umstände stellen Indizien für die von der Behörde angenommene Aufenthaltsehe dar.
Jedoch lassen diese - auch in deren Zusammenschau - keinesfalls den zwingenden, jeglichen Zweifel ausschließenden, Schluss auf die in einem rechtsstaatlichen Verfahren festzustellende entscheidungswesentliche Tatsache des Vorliegens einer Aufenthaltsehe des Antragstellers dar.
Die aufgelisteten Umstände lassen eine mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (Thienel 3 168f) des Vorliegens der Aufenthaltsehe nicht begründen, sodass die von der ermittelnden Behörde durchgeführten Erhebungen unzureichend sind.
4.2.1. Die erhebende Landespolizeidirektion ist verpflichtet, den von der Behörde festzustellenden Sachverhalt in alle Richtungen zu ermitteln. Hierbei genügt eine (einmalige) Hauserhebung den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren nicht.
Berücksichtigt man, dass auch die Hausbesorgerin bestätigte, dass die Antragstellerin an der gegenständlichen Adresse wohnhaft sei bzw. sogar ihre Tochter in der Wohnung angetroffen wurde, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern der Bericht die Annahme einer Aufenthaltsehe stützt.
Vielmehr lautet es in diesem, dass nach Ansicht der Landespolizeidirektion eine Aufenthaltsehe derzeit nicht nachgewiesen werden könne. Die Feststellung, dass eine Aufenthaltsehe nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, genügt jedoch nicht den Anforderungen an den von der Behörde zu treffenden vollen Beweis.
4.2.2. Auch die nicht erfolgte Einvernahme der Ehegatten sind nachzuholen. Bei Durchführung dieser zwingenden Ermittlungsmaßnahme wird festgestellt werden, dass aufgrund der Kenntnisse der Ehegatten die von der Behörde angenommene Aufenthaltsehe nicht nachvollziehbar ist.
4.2.3. Die Unterlassung dieser zwingenden Ermittlungsmaßnahmen lassen eine Begründung, die sich vorrangig auf die Ergebnisse des offensichtlich unzureichend geführten Ermittlungsverfahrens stützt, jedenfalls nicht mit dem Verweis auf die „freie Beweiswürdigung“ stützen.
Das der Behörde gemäß § 45 AVG eingeräumte Recht auf freie Beweiswürdigung bedeutet lediglich, dass die Behörde nicht an feste Beweisregeln gebunden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die "freie Beweiswürdigung" gemäß § 45 Abs. 2 AVG erst nach einer vollständigen Beweiserhebung durch die Behörde einsetzen: eine vorgreifende (antizipierende) Beweiswürdigung, die darin besteht, dass der Wert eines Beweises abstrakt (im Vorhinein) beurteilt wird, ist unzulässig (vgl. VwGH vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0117, mwN).
Die aufgezeigten unzureichenden Ermittlungsmaßnahmen bzw. eine etwaige Nichtdurchführung beantragter Beweise lassen eine „freie Beweiswürdigung“ (derzeit) nicht zu, da die rechtsstaatlich verpflichtende Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes erst nach vollständiger Beweiserhebung möglich ist.
4.2.4. Zum Nachweis dafür, dass die Ehegatten tatsächlich ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führten, wird beantragt die zeugenschaftliche Einvernahme von
B. D.
A.-gasse
Wien
Dr. Be.
H.-straße
Wien
K. Di.
S.-straße
Wien
B. D. ist ein gemeinsamer Freund der Ehegatten; Dr. Be. ein Cousin, K. Di. eine Schwester der Antragstellerin.
Aufgrund von Besuchen bzw. gemeinsamen Unternehmungen können die Zeugen Angaben zum Familienleben der Ehegatten machen.
Der angezogene Ablehnungsgrung liegt daher nicht vor.“
Auf Grund dieses Vorbringens und zur Abklärung des tatbestandsrelevanten Sachverhaltes wurde am 12. Oktober 2017 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung, verbunden mit jener zur Zahl VGW-151/081/5241/2017, durchgeführt, zu welcher neben der Beschwerdeführerin Herr S. M., Herr B. D., Frau K. Di. und Herr Dr. Be. als Zeugen geladen waren. Der Landeshauptmann von Wien nahm an der Verhandlung trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht teil.
In ihrer Einlassung zur Sache legte die Einschreiterin Nachstehendes dar:
„Ich bin das erste Mal vor 10 Jahren nach Österreich eingereist, weil hier meine Schwester lebt. Vor 3 Jahren kam ich dann wegen ihm, meinem Ehegatten. Der Beschwerdeführer war bis jetzt ein einziges Mal in Österreich. Jetzt ist er wieder in Serbien. Er besucht dort die Schule. Früher war er auch schon ein paar Mal in Österreich. Ja, mein Sohn ist jetzt volljährig. Er wird im Juni 2018 die Mittelschule beenden. Unser Plan war ursprünglich, dass er mit mir hier herkommt und die Schule hier fortsetzt. Mein Sohn ist ein guter Schüler und hat schon gute Deutschkenntnisse. Er soll allerdings bis zum Schulabschluss in Serbien bleiben.
Mein Gatte arbeitet bei der MA …. Er verdient an die 2.000,-- Euro monatlich. Für die Miete zahlt er 475,-- Euro. Schulden hat er keine. Ich habe auch keine Schulden. Mein Gatte lebt jetzt in der O.-straße. Er lebt allein. Die Wohnung ist 60m² groß.
Ich habe meinen Ehegatten 2014 in Serbien kennengelernt. In X. findet immer am 12.7. ein Markt statt. Ich bin dort mit meinen beiden Freunden, den Zeugen die hier sind, in einem Zelt gesessen und dann kam mein Ehegatte vorbei. Dann ist mein Gatte zum Bo. gekommen und hat ihn begrüßt. Ich habe ihn dann nicht mehr gesehen, bis ich nach Wien gekommen bin. Das war im Februar 2015. Dazwischen habe ich mich aber nach ihm erkundigt bei Bo. und Bo. hat mir erzählt, dass er sich auch nach mir erkundigt hat. Dann haben wir uns in der Wohnung von Bo. in Wien wiedergetroffen. Wir haben dann am 13.4.2016 geheiratet. Vorher war ich auch schon einmal verheiratet. Die Ehe wurde im März 2016 geschieden. Ich war allerdings vorher schon 10 Jahre lang von meinem Mann getrennt, nur nicht geschieden. Ich habe die Scheidung erst eingereicht, als mir klar war, dass ich eine Beziehung mit meinem jetzigen Ehegatten möchte.
Ich habe noch eine Tochter, Ks.. Diese hat einen Aufenthaltstitel in Österreich und lebt bei meiner Schwester. Mein Gatte war vorher schon 2 Mal verheiratet. Er hat sich erst 2014 scheiden lassen. Seine letzte Gattin hieß Sa.. Er hat einen Sohn und eine Tochter, sie heißen Mih. und A.. Mih. ist 17 Jahre alt und A. ist 14 Jahre alt. Er zahlt nur für Mih. Unterhalt.
Ich habe eine höhere Schule für Erzieherinnen absolviert. Ich bin nach wie vor in einem staatlichen Unternehmen in Serbien erwerbstätig, seit 1995. Ich würde gerne in Österreich was machen, was meiner Ausbildung entspricht. Im Moment bin ich Heimhilfe in Serbien. In Österreich habe ich den A2 Kurs besucht. Gearbeitet habe ich hier noch nie. In Serbien leben meine Mutter und weitere Verwandte. In Österreich leben meine Schwester und meine Tochter.
Ehrenamtlich habe ich hier auch nie gearbeitet. Freunde habe ich in Österreich, nämlich Bo. und Ju..
Ich möchte in Österreich wegen meinem Ehegatten leben.
Mein Gatte ist am ...1979 geboren. Seinen letzten Geburtstag haben wir gemeinsam verbracht. Wir haben seinen Geburtstag am 22.9. in seiner Wohnung gefeiert. Freunde waren da. Ich habe ihm eine Torte gekauft. Das war eine Schokoladentorte mit Erdbeeren. Ich habe ihm ein T-Shirt von zu Hause mitgenommen und habe ihm sein Lieblingsparfum geschenkt. Wenn ich in Serbien bin telefonieren wir oder kommunizieren über WhatsApp. Wir haben ein- bis mehrmals täglich Kontakt miteinander. Mein Gatte geht in der Früh um 05:30 Uhr weg. Er kommt zwischen 14:30 Uhr und 15:00 Uhr zurück. Mein Gatte duscht öfters am Abend. Ich dusche meistens früh aber manchmal am Abend. Frühstücken tut er nie zu Hause. Am Wochenende isst er meistens Eier in der Früh. Er nimmt da ein starkes Frühstück zu sich. Kaffee trinkt er immer, auch unter der Woche. Ich esse meistens ein belegtes Brot in der Früh. Außerdem trinke ich Kaffee. Am Wochenende frühstücken wir gemeinsam. Am Wochenende stehen wir ca. um 8.00 Uhr auf. Heute um 7.00 Uhr ist er aufgestanden und hat Kaffee hingestellt. Da war ich auch schon munter. Diesen Sonntag bin ich erst um 22:30 Uhr in Wien angekommen. Das letzte Mal als ich hierher kam, war zu seinem Geburtstag. Da hatten wir eben gemeinsam die Feier. Gestern waren wir gemeinsam bei meiner Schwester. Gestern habe ich Polenta gekocht. Weiters gab es Eier und Fleisch und Käse. Meine Tochter und ihr Freund waren zu Besuch und der Sohn von meinem Gatten. Das Hobby meines Mannes ist Musik hören und sein Auto. Ich lese sehr gerne serbische Bücher. Sport mache ich keinen. Er auch nicht. Alkohol trinkt er sehr selten. Und ich trinke auch nur bei Anlässen. Mein Gatte hat keine Narben, er ist aber auf beiden Armen tätowiert. Er hat die Namen seiner Kinder tätowiert. Am Montag war mein Gatte in der Arbeit. Dann haben wir gemeinsam gegessen. Am Abend haben wir mit einem Freund gefeiert, weil er Großvater wurde und haben Schnitzel gegessen. Am Dienstag habe ich die Wohnung aufgeräumt, dann waren wir bei unserem Anwalt und haben die fehlenden Dokumente gebracht. Dann am Abend waren wir bei meiner Schwester. Mih. hat auch eine Freundin. Ich weiß aber nicht wie sie heißt. Er wollte mir den Namen nicht verraten. Befragt nach gemeinsamen Kinobesuchen gebe ich an, dass wir letztes Jahr in Serbien im Kino waren. Befragt danach welchen Film wir gesehen haben, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Vielleicht waren wir doch nicht gemeinsam im Kino.“
Herr S. M. legte in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme Nachstehendes dar:
„Seitdem wir uns kennen, war meine Gattin erstmals im Februar 2015 in Österreich. Wir haben uns im Juli 2014 in Serbien kennengelernt. Da gab es einen Kirtag in ihrem Dorf. Ich bin dort hin und traf sie zusammen mit Bo.. Wir haben uns dann im Februar 2015 wieder gesehen. Ich bin ca. 2013 geschieden worden. Meine Gattin hieß Sa.. Ich habe einen Sohn Mih., der 17 Jahre alt ist. Er hat viele Freundinnen. Ich zahle 150,-- Euro Kindesunterhalt im Monat. Ich war früher selbständig und bin dann im Zuge der Wirtschaftskrise in Konkurs gegangen. Jetzt habe ich aber keine Schulden mehr und habe glücklicherweise einen sicheren Beruf bei der Stadt Wien. Wir verdienen 1.700,-- Euro bis 3.000,- Euro monatlich. Im Winter ist das Gehalt höher. Der Beschwerdeführer war am 20.9.2017 in Österreich. Aber sonst lebt er in Serbien. Ich habe im Sommer 2016 Zeit mit dem Beschwerdeführer verbracht, als ich eine Woche in Serbien war. Sonst hatten wir bislang nicht so viel Kontakt. Die Wohnung ist 58m² groß. Ich wohne alleine. Geheiratet haben wir am 13.4.2016. Ich zahle 66,-- Euro für Telefon sowie 33,50 Euro monatlich fürs Internet. Für Strom und Gas zahle ich 114,-- Euro alle 3 Monate. Miete zahle ich 477,-- Euro monatlich. Fürs Auto zahle ich 86,-- Euro im Monat.
Die Beschwerdeführerin hat eine erwachsene Tochter. Ks. ist 24 Jahre alt. Sie hat einen Freund und wohnt bei ihrer Tante. Meine Gattin ist am ...1972 geboren. Meine Gattin ist ausgebildete Kindergartenpädagogin. Zurzeit teilt sie das Personal für die Heimhilfe ein. Sie arbeitet schon seit 30 Jahren fast in Serbien. Zurzeit arbeitet sie nicht, sondern ist für 1 Jahr freigestellt.
Ich stehe um halb 5 auf und gehe um 05:30 Uhr in die Arbeit. In der Früh trinke ich lediglich Kaffee. Am Wochenende esse ich auch ein Frühstück. Da esse ich oft Spiegeleier. Meine Gattin isst ein Butter oder Käsebrot in der Früh und trinkt auch einen Kaffee. Ich komme ca. um 14:30 Uhr von der Arbeit zurück. Ich dusche immer abends. Die Beschwerdeführerin duscht meistens in der Früh. Am Wochenende stehe ich meistens so um 9 Uhr oder 10 Uhr auf. Heute bin ich um 7 Uhr aufgestanden. Ich habe dann einen Kaffee hingestellt und dann habe ich meine Gattin aufgeweckt. Meine Hobbys sind basteln, Musik hören und mein Auto. Die Beschwerdeführerin liest meistens Bücher. Sport machen wir beide nicht. In unserer Freizeit gehen wir oft zu ihrer Schwester, zu Bo. oder spazieren. Alkohol trinke ich ganz selten, auch berufsbedingt. Auch die Beschwerdeführerin trinkt keinen Alkohol.
Die Beschwerdeführerin kam am Sonntag gegen 22:30 Uhr an. Am Montag kam ich um 17 Uhr von der Arbeit, dann haben wir Spaghetti gegessen und ein bisschen gefaulenzt. Um 20.00 Uhr gingen wir zu der Feier eines Freundes, dessen Stiefsohn ein Kind bekommen hat. Das war beim Schnitzelmeister. Am Dienstag sind wir nach meiner Arbeit zum Anwalt gegangen und haben die fehlenden Unterlagen nachgebracht, dann waren wir bei ihrer Schwester. Gestern bin ich um 14.30 Uhr nach Hause gekommen und wir haben Bohnensuppe gegessen. Dann habe ich mich entspannt, dann kamen mein Sohn und ihre Tochter mit ihrem Freund zu Besuch. Im Kino waren wir nie gemeinsam. Ich gehe auch nicht so gerne ins Kino.
Meinen letzten Geburtstag habe ich zuerst mit meinem Sohn gefeiert und am 22.9. dann in der Wohnung. Am 21.9. war die Beschwerdeführerin nicht dabei, weil ich mit meinem Sohn alleine feiern wollte. Am 22.9. waren dann der Bo. da, ihre Tochter, deren Freund, Al. und Mih.. Es gab eine Torte. Ich mag aber eigentlich nichts Süßes. Es war Schlagobers auf der Torte. Ich mag aber keine Torten und habe sie nicht gekostet. Vielleicht waren Erdbeeren oben. Ich habe von der Beschwerdeführerin ein blaues T-Shirt und ein Joop Parfum bekommen. Wenn sie in Serbien ist, dann telefonieren wir täglich. Manchmal kommunizieren wir auch über WhatsApp, aber die Internetverbindung in Serbien ist schlecht.
Befragt danach, warum die Beschwerdeführerin sich erst knapp vor unserer Hochzeit scheiden ließ, gebe ich an, dass in Serbien es oft so ist, dass sich Paare nur trennen. Erst als wir wussten, dass wir heiraten wollen, hat sie die Scheidung eingereicht. Befragt danach, warum meine Ehen so kurz waren, gebe ich an, dass meine erste Ehegattin hauptsächlich ihre Eltern finanzieren wollte. Bei meiner letzten Ehe hat mich dann das kleine Kind meiner Exgattin nicht akzeptieren wollen und es gab deswegen immer Probleme.
Befragt nach körperlichen Besonderheiten, zeige ich meine beiden Unterarme, auf denen die Namen meiner beiden Kinder tätowiert sind. Die Beschwerdeführerin hat ein kleines Muttermal am Bauch.
Befragt danach was ich tun würde, wenn meine Gattin keine Aufenthaltstitel bekommen würde, gebe ich an, dass wir es noch einmal versuchen würden.
In Serbien lebt noch ihre Mutter. Die kenne ich natürlich auch. Sie war auch bei der Hochzeitsfeier dabei.“
Frau K. Di. gab im Zuge ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme Folgendes an:
„Ich bin die Schwester von der Beschwerdeführerin. Befragt nach der Ehe gebe ich an, dass diese bislang sehr kurz ist und es aber bis jetzt sehr gut funktioniert. Sie hat mir ca. vor 1 ½ Jahren das erste Mal von ihm erzählt. Sie haben sich bei einem Kirtag kennengelernt. Der ist immer am 12. Juli. Das war 2014. Am Dienstag waren beide bei mir. Da sind wir zusammengesessen und haben getratscht. Immer wenn meine Schwester da ist, treffen wir aufeinander. Die Tochter, Ks., wohnt bei mir.“
Herr B. D. sagte im Zuge seiner zeugenschaftlichen Einvernahme Nachstehendes aus:
„Ich bin mit der Beschwerdeführerin gut befreundet. Wir kennen uns seit unserer Kindheit und ich bin mit ihr gemeinsam in die Hauptschule gegangen.
Den Ehegatten der Beschwerdeführerin kenne ich seit 20 Jahren. Ich habe ihn in Wien kennengelernt. Im Juli vor 3 Jahren waren wir auf einem Kirtag in X.. Dort war ich gemeinsam mit der Beschwerdeführerin und meiner Gattin und zufällig haben wir Herrn M. getroffen. Sie haben sich dann beide nacheinander erkundigt und Herr M. hat mich gefragt, ob ich ihn mit der Beschwerdeführerin verkuppeln könnte. Ich habe dann ein gemeinsames Treffen im Februar 2015 in meiner Wohnung arrangiert. Danach kam das Ganze ins Rollen.
Das letzte Mal habe ich die beiden auf seiner Geburtstagsfeier gesehen. Ich weiß nicht, was sie ihm geschenkt hat. Ich kann mich erinnern, es gab eine Erdbeertorte.
Ich kenne Herrn M. von Lokalen. Wir reden nicht so viel über Privates. Ich weiß daher nichts über seine Vorehen.
Die Beschwerdeführerin hatte in der Vorehe Probleme mit den Eltern ihres Exmannes. Sie hat dann sicher 10 Jahre getrennt von ihm gelebt. Sie sind hauptsächlich zusammengeblieben wegen den Kindern. Sie hat sich dann wegen Herrn M. scheiden lassen.“
Schließlich wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert innerhalb einer Frist von zwei Wochen einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft sowie das Vorliegen einer allen Risiken abdeckenden Krankenversicherung in Österreich nachzuweisen.
Mit Eingabe vom 17. Oktober 2017 übermittelte die Rechtsmittelwerberin den Mitevertrag vom 6. April 2017, abgeschlossen zwischen Herrn S. M. und der Stadt Wien – Wiener Wohnen, sowie eine Bestätigung der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien vom 12. Oktober 2017 über die Angehörigkeit der Beschwerdeführerin bei der KFA.
Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:
Mit Eingabe vom 16. Juni 2016 beantragte die am ...1972 geborene Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, bei der österreichischen Botschaft in Belgrad die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 NAG.
Die Beschwerdeführerin reiste erstmals vor ca. zehn Jahren ins Bundesgebiet ein und war bereits mehrmals in Österreich aufhältig. Seit dem 17. Juli 2007 ist sie in Österreich mit Unterbrechungen behördlich gemeldet, dabei ist sie seit 11. Oktober 2017 an der Adresse Wien, O.-straße, durchgehend hauptgemeldet.
Die Rechtsmittelwerberin ist in Serbien unbescholten, auch in Österreich scheinen keine gerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf. Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen der Beschwerdeführerin sowie die Festsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen die Einschreiterin sind nicht aktenkundig.
Die Beschwerdeführerin hat in Serbien eine höhere Schule für Erzieherinnen besucht und ist seit dem Jahr 1995 in einem staatlichen Unternehmen in ihrem Heimatland als Heimhilfe tätig. In Österreich ist sie bislang keiner Beschäftigung nachgegangen. Schulden hat die Beschwerdeführerin nicht zu begleichen.
Die Beschwerdeführerin ist die Ehegattin des am ...1979 geborenen Herrn S. M., der österreichischer Staatsangehöriger ist. Die Beschwerdeführerin lernte ihren Ehegatten im Juli 2014 auf einem Kirtag in Serbien kennen und ist mit ihm seit ... April 2016 verheiratet. Die Ehe der Beschwerdeführerin mit Herrn S. M. ist aufrecht, die Eheleute entfalten durch regelmäßige Besuche ein tatsächliches Familienleben.
Herr S. M. ist seit 12. April 2017 an der Anschrift Wien, O.-straße, hauptgemeldet. Er ist Mieter der Wohnung an der eben genannten Adresse. Für diese Wohnung, welche über eine Nutzfläche von 58,90 m² verfügt, entstehen monatliche Kosten für die Bruttomiete von EUR 477,54 und Stromkosten von EUR 45,60 monatlich. Es ist beabsichtigt, diese Wohnung als gemeinsamen Wohnsitz für die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten zu verwenden.
Der Ehegatte der Rechtsmittelwerberin hat des Weiteren monatliche Kosten für Internet in der Höhe von EUR 33,80 und fürs Telefonieren (Hutchinson Drei Austria) von durchschnittlich EUR 101,39 monatlich zu begleichen. Des Weiteren beläuft sich der von ihm zu tragende Kindesunterhalt auf EUR 159,88 monatlich. Die KFZ-Versicherung beträgt EUR 86,29 monatlich.
Der Ehegatte der Rechtsmittelwerberin ist seit 1. August 2010 bei der Stadt Wien erwerbstätig. Aus dieser Erwerbstätigkeit lukriert er unter Heranziehung des Nettogehalts von Juli und September 2017 und unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehalts ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von EUR 2.097,54. Schulden hat Herr S. M. keine zu begleichen.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist in Österreich sozialversichert. Ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Mitversicherung wurde von der KFA bestätigt.
Herr S. M. hat zwei Kinder aus seiner Vorehe, nämlich die am ... 2003 geborene A. J. und den am ... 2000 geborenen Mih. J., welche beide bei ihrer Mutter leben.
Die Rechtsmittelwerberin hat ebenfalls zwei Kinder, nämlich die am ... 1993 geborene Ks. Mi. und den am ... 1999 geborenen Al. Mi., welche ebenfalls serbische Staatsangehörige sind. Frau Ks. Mi. verfügt über einen Aufenthaltstitel „Studierende“.
In Österreich leben außer ihrem Ehegatten, die volljährige Tochter und die Schwester der Beschwerdeführerin. In Serbien leben ihre Mutter und ihr volljähriger Sohn. Die Beschwerdeführerin hat Freunde in Österreich, ehrenamtliche Tätigkeiten hat sie bislang noch nicht ausgeübt.
Die Rechtsmittelwerberin verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen und hat diese durch Vorlage eines Diploms des ÖSD vom 12. Mai 2016 nachgewiesen.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten ein tatsächliches Familienleben entfaltet, gründet sich einleitend darauf, dass die Rechtsmittelwerberin und ihr Ehegatte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht übereinstimmende Angaben betreffend ihr Privatleben, wie etwa Hobbies und persönlichen Tagesablauf, machten und über das familiäre Umfeld und den beruflichen Werdegang des jeweils anderen genau Bescheid wussten. Etwa legten beide übereinstimmend dar, dass Herr M. in der Früh das Haus um 5.30 Uhr verlässt und erst um ca. 14.30 von der Arbeit zurückkehrt. Weiters gab die Rechtsmittelwerberin an, dass ihr Ehegatte öfters am Abend dusche, während sie in der Früh die Dusche benütze und, dass Herr M. in der Früh unter der Woche nur Kaffee trinke und am Wochenende meistens Eier zum Frühstück esse. Damit übereinstimmend führte der Ehegatte der Beschwerdeführerin aus, dass er in der Früh lediglich Kaffee trinke und am Wochenende oft Spiegeleier zu sich nehme. Auch legte er übereinstimmend mit der Rechtsmittelwerberin dar, dass er immer abends die Dusche benützt, während die Beschwerdeführerin sich in der Früh dusche. Schließlich gaben sie übereinstimmend beide an, dass die Hobbies des Herrn M. Musik hören und sein KFZ wären, während die Rechtsmittelwerberin in ihrer Freizeit meistens Bücher lese. Des Weiteren stimmten ihre Angaben über ihr Kennenlernen auf einem Kirtag am 12. Juli 2014 in Serbien überein und wurden die Angaben über ihr erstes Aufeinandertreffen und das Zustandekommen ihrer partnerschaftlichen Beziehung vom Zeugen D., welcher einen äußerst glaubwürdigen Eindruck machte, bestätigt. Auch legten die Beschwerdeführerin und Herr S. M. übereinstimmend dar, dass die Rechtsmittelwerberin den letzten Geburtstag des Ehegatten mit diesem gemeinsam in Österreich verbracht hätte, wobei ihr Reisepass einen korrelierenden Einreisestempel in den Schengen-Raum aufweist. Schließlich stimmten auch die Angaben bezüglich der gemeinsamen Geburtstagsfeier am 22. September 2017, anlässlich welcher die Einschreiterin ihrem Ehegatten eine Erdbeertorte, ein Parfum und ein T-Shirt gekauft hätte, überein und machte auch der Zeuge D. dieselben Angaben zur Geburtstagsfeier und Torte. Überdies gestalteten sich auch die Darlegungen zu den gemeinsamen Unternehmungen an den letzten vier Tagen vor der Verhandlung als widerspruchsfrei und wurde letztlich von der Zeugin Si. die übereinstimmende Angabe, dass die Rechtsmittelwerberin und ihr Ehegatte am Dienstag vor der Verhandlung bei ihr zu Besuch waren, bestätigt. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Zeuge M. legten dar, dass sie am Sonntag vor der Verhandlung erst um 22.30 Uhr in Wien angekommen wäre und sie am Montag nach der Rückkehr des Herrn M. gemeinsam zu Abend gegessen und dann bei einer Feier seines Freundes anlässlich der Geburt dessen Enkeltochter teilgenommen und Schnitzel gegessen hätten. Bezüglich ihrer Unternehmungen am Dienstag vor der Verhandlung legte die Rechtsmittelwerberin dar, dass sie die Wohnung geputzt hätte, dann gemeinsam mit Herrn M. die fehlenden Dokumente zu ihrem Rechtsvertreter gebracht hätte und sie schließlich bei ihrer Schwester zu Besuch gewesen wären. Der Zeuge M. legte übereinstimmend dar, dass er und die Rechtsmittelwerberin am Dienstag, nachdem er von der Arbeit zurückgekehrt sei, zum Anwalt gegangen und die fehlenden Unterlagen nachgebracht hätten und dann bei der Schwester der Beschwerdeführerin gewesen wären. Schließlich gaben beide bezüglich dem Tag vor der Verhandlung an, dass die Tochter der Beschwerdeführerin, deren Freund und der Sohn des Herrn M. bei ihnen zu Besuch gewesen wären. Letztlich legten die Rechtsmittelwerberin und ihr Ehegatte übereinstimmend dar, dass sie täglich durch Telefonieren oder „WhatsApp“ in Kontakt wären.
Demgegenüber stützte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin nur einen Monat nach ihrer Scheidung vom serbischen Staatsangehörigen Mil. Mi. ihren nunmehrigen Ehegatten geheiratet habe und nur kurzfristig im Mai 2016 und von 4. Oktober 2016 bis 23. Dezember 2016 an der Anschrift des Herrn M. gemeldet gewesen sei, wobei dessen ehemalige Gattin, Frau J., als Unterkunftgeberin fungiert hätte. Diesbezüglich verwies sie auf den Bericht der Landespolizeidirektion Wien, wonach mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass die Ehe lediglich geschlossen worden wäre, um der Einschreiterin einen Aufenthaltstitel in Österreich zu ermöglichen.
Einleitend ist, soweit sich die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auf den Bericht der Landespolizeidirektion Wien vom 4. November 2016 bezieht, darauf hinzuweisen, dass nach diesem der einzig konkrete Anhaltspunkt für das Bestehen einer Aufenthaltsehe zwischen der Rechtsmittelwerberin und ihrem Ehegatten der kurze Zeitraum zwischen der Scheidung der Beschwerdeführerin und ihrer Verehelichung mit Herrn S. M. ist. Es wurde jedoch in dem Bericht der Landespolizeidirektion Wien abschließend zur Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn S. M. ausdrücklich festgehalten, dass eine Aufenthaltsehe zwar nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, jedoch derzeit nicht nachgewiesen werden könne.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Vorehe der Beschwerdeführerin tatsächlich erst am ... März 2016 und somit knapp einen Monat vor ihrer Eheschließung mit Herrn M. geschieden wurde, die Rechtsmittelwerberin jedoch in ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht glaubhaft machen konnte, dass sie zuvor bereits zehn Jahre lang von ihrem Ex-Gatten getrennt gelebt und die Scheidung erst eingereicht habe, als ihr klar geworden wäre, dass sie eine Beziehung mit ihrem jetzigen Ehegatten eingehen möchte. Auch führte der Zeuge D., welcher darlegte ein guter Freund der Rechtsmittelwerberin zu sein, diesbezüglich befragt aus, dass die Rechtsmittelwerberin bereits zehn Jahre lang von Herrn Mil. Mi. getrennt gelebt habe, sich jedoch hauptsächlich wegen der gemeinsamen Kinder nicht scheiden habe lassen. Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der Rechtsmittelwerberin und des Zeugen D. erweisen sich diese Angaben somit als glaubwürdig und nachvollziehbar. Soweit die Behörde ausführte, dass die Beschwerdeführerin lediglich kurzfristig im Jahr 2016 an der Anschrift des Herrn M. gemeldet gewesen sei, wobei dessen ehemalige Gattin, Frau J., als Unterkunftgeberin fungiert hätte, ist anzumerken, dass laut dem im Verwaltungsakt aufliegenden Schreiben von Wiener Wohnen vom 10. Jänner 2008 der minderjährige Mih. J. als alleiniger Hauptmieter in das Mietrecht seiner Eltern an der Wohnung in Wien, W.-straße, eingetreten ist. Des Weiteren war Herr S. M. selbst lediglich im Zeitraum von 31. März 2016 bis 12. April 2017 an dieser Anschrift gemeldet, Frau Ma. J. war in diesem Zeitraum jedoch an einer anderen Anschrift gemeldet. Letztlich trat Herr S. M. nach Aufforderung der belangten Behörde am 14. September 2016 in das Mietrecht seines Sohnes ein und ist nunmehr seit April 2017 Hauptmieter der Wohnung an der Anschrift Wien, O.-straße. Dabei war die Einschreiterin in seiner nunmehrigen Wohnung bereits zweieinhalb Monate lang behördlich gemeldet. Somit ergeben sich aus den vorliegenden behördlichen Meldungen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin im Zeitraum seit Beginn seiner Beziehung mit der Rechtsmittelwerberin mit einer anderen Frau zusammen gelebt hätte.
Letztlich konnte durch die erkennende Richterin wahrgenommen werden, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte einen sehr vertrauten Umgang miteinander haben. Auf Grund der Darlegungen der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer persönlichen Einvernahme und der damit übereinstimmenden Angaben der Zeugen M., D. und Si. ist somit davon auszugehen, dass die Einschreiterin und ihr Ehegatte ein Familienleben tatsächlich entfalten.
Die übrigen getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie insbesondere auf die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin sowie der einvernommenen Zeugen im Zuge der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 8 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zur befristeten Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (Z 7) zu erhalten.
§ 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.
Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.
Gemäß § 20 Abs. 1 NAG sind befristete Aufenthaltstitel, sofern nicht anderes bestimmt ist, für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.
Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 284,32.
Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der
eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 334,17 €,
bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen 889,84 €,
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder
Pension nach § 259 889,84 €,
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 327,29 €,
falls beide Elternteile verstorben sind 491,43 €,
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres 581,60 €,
falls beide Elternteile verstorben sind 889,84 €.
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 137,30 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
Gemäß § 21a Abs. 1 NAG haben Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
Gemäß § 21 Abs. 2 Z. 5 NAG sind abweichend von Abs. 1 Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts, zur Antragstellung im Inland berechtigt.
Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.
Gemäß § 21 Abs. 6 NAG schafft eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.
Nach Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen), Amtsblatt Nr. L 239 vom 22/09/2000, in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 610/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013, Amtsblatt Nr. L 182/1 vom 29. Juni 2013, können sich sichtvermerksfreie Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien frei bewegen, höchstens jedoch 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen von dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c), d) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.
Gemäß Art. I Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (Visumpflichtverordnung), sind die Staatsangehörigen der in der Liste in Anhang II aufgeführten Drittländer von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der insgesamt drei Monate nicht überschreitet, befreit.
Serbien scheint in der Liste Im Anhang II der Visapflichtverordnung auf.
Die Behörde stützte die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels auf den Umstand, dass sie ihre Ehe lediglich geschlossen habe, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass es für die Niederlassungsbehörde bei der Beurteilung des Vorliegens einer Aufenthaltsehe zulässig ist, Ermittlungen anderer Behörden zu verwerten (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2007, Zl. 2007/18/0561). Es ist jedoch nicht zulässig, die bestrittene Tatsache einer Aufenthaltsehe allein mit dem Vorliegen eines nicht rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes zu begründen. Auch ein bloßer Hinweis auf eine entsprechende Mitteilung der Fremdenpolizeibehörde kann eine eigenständige Beweiswürdigung nicht ersetzen (vgl. VwGH vom 5. Mai 2011, Zl. 2009/22/0214).
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Vorliegen einer Aufenthaltsehe nach § 30 Abs. 1 NAG voraussetzt, dass sich die Ehegatten für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln auf die Ehe berufen, obwohl sie ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen. Dabei besteht insofern ein zeitlicher Zusammenhang, als das Berufen auf ein Familienleben zu einem Zeitpunkt erfolgen muss, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird (vgl. VwGH vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0391; VwGH vom 27. Jänner 2011, Zl. 2008/21/0633). § 30 Abs. 1 NAG stellt somit bloß auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Nichtführen eines Familienlebens und dem Berufen auf ein nicht geführtes Familienleben ab (vgl. VwGH vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0391).
Das Fehlen eines gemeinsamen Haushalts bzw. eines gemeinsamen Wohnsitzes zwischen Ehegattin kann nach höchstgerichtlicher Judikatur nicht per se zu der Annahme führen, es fehle das in § 30 Abs. 1 NAG angesprochene gemeinsame Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Das ergibt sich im Fall der Beantragung eines Erstaufenthaltstitels schon daraus, dass der die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels zum Zweck der Familienzusammenführung mit seinem Ehegattin beantragende Fremde in Österreich regelmäßig noch keinen Wohnsitz begründet hat, bedarf es doch gerade dazu des angestrebten Titels. Entscheidend ist vielmehr die Absicht des Fremden, wie der angestrebte Titel zu nutzen sei (vgl. VwGH vom 24. November 2000, Zl. 2000/19/0126; VwGH vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0177). Bei der Beurteilung, ob eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vorliegt, kommt es auf die Absicht des anderen Ehepartners somit nicht an, sondern auf die des Fremden, dem die Schließung der Aufenthaltsehe vorgeworfen wird. (VwGH vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0177).
In seinem Urteil vom 28. Mai 1985 im Fall Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aus, dass Art. 8 EMRK, indem er das Recht auf Achtung des Familienlebens garantiert, eine bestehende Familie voraussetzt (vgl. Marckx, Urteil vom 13. Juni 1979, Série A Nr. 31, S. 14, Ziff. 31, EGMR-E 1, 398 f.). Das bedeute jedoch nicht, dass jedes nur beabsichtigte Familienleben völlig außerhalb seines Anwendungsbereichs liege. Der Begriff „Familie“ müsse auf alle Fälle die Beziehung umfassen, die sich aus einer echten und rechtmäßigen Ehe ergibt, selbst wenn ein Familienleben sich noch nicht voll entwickelt hat. Diese Beziehungen müssen nach Ansicht des EGMR als ausreichend betrachtet werden, um die nach Art. 8 EMRK gebotene Achtung auszulösen. Außerdem umschließe der Begriff „Familienleben“ im Falle eines Ehepaares normalerweise auch das Zusammenleben. Diese Überlegung werde durch die Existenz des Art. 12 EMRK verstärkt, da es kaum verständlich wäre, wenn das Recht, eine Familie zu begründen, nicht auch das Recht zusammenzuleben umfassen würde. Im Übrigen wies der Gerichtshof darauf hin, dass Frau und Herr Abdulaziz die Ehe nicht nur geschlossen, sondern auch eine gewisse Zeit zusammengelebt haben, bevor Herrn Abdulaziz die weitere Aufenthaltsgenehmigung im Vereinigten Königreich versagt wurde. Auch Herr und Frau Balkandali haben zusammengelebt und haben einen Sohn, obwohl sie erst geheiratet haben, nachdem die Aufenthaltsgenehmigung Herrn Balkandalis als Student abgelaufen war und eine Verlängerung verweigert wurde; sie lebten weiterhin zusammen, auch als sein Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung als Ehemann abgelehnt wurde.
Wie oben dargelegt ist davon auszugehen, dass die zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten geschlossene Ehe nicht lediglich zu dem Zweck geschlossen wurde, um der Rechtsmittelwerberin die Erlangung eines Aufenthaltstitels in Österreich zu ermöglichen, sondern besteht im vorliegenden Fall ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. In diesem Zusammenhang ist nochmals festzuhalten, dass sich der Bericht der Landespolizeidirektion Wien und die Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich auf den Umstand stützte, dass die Beschwerdeführerin nur einen Monat nach ihrer Scheidung vom serbischen Staatsangehörigen Mil. Mi. ihren nunmehrigen Ehegatten heiratete und lediglich kurzfristig im Mai 2016 und von 4. Ok