TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/10 W150 2147246-1

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Veröffentlicht am 10.11.2017
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Entscheidungsdatum

10.11.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W150 2147250-1/5E

W150 2147246-1/5E

W150 2147258-1/4E

W150 2147254-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) Herrn XXXX , geb. XXXX .1983, StA. SYRIEN, 2.) Frau XXXX , geb. XXXX .1986, StA. SYRIEN, 3.) dem mj. XXXX , geb. XXXX .2015, StA. SYRIEN, vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin und

4.) dem mj. XXXX , geb. XXXX .2016, StA. SYRIEN, vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin, alle vertreten durch: Diakonie – Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Steinergasse 17, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Kärnten, vom 18.01.2017, Verfahrens Zlen.

1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX und 4.) XXXX , zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und 1) Herrn XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, sowie 2.) Frau XXXX , 3.) dem mj. XXXX und 4.) dem mj. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Asylgesetz 2005 jeweils der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass 1.) Herrn XXXX , 2.) Frau XXXX , 3.) dem mj. XXXX und 4.) dem mj. XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer reisten eigenen Angabe zufolge ca. am 16.06.2015 illegal nach Österreich ein. Sie wurden an diesem Tag gemeinsam mit 14 anderen Personen in Parndorf polizeilich aufgegriffen und in das AHZ Vordernberg überstellt. Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer – damals 2 ¿ Monate alt - wurden noch am gleichen Tag im LKH Leoben stationär aufgenommen, da der Drittbeschwerdeführer Fieber hatte. Am 18.06.2015 stellten die Erst- bis Drittbeschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und wurden in der PI Gleisdorf erstbefragt. Der Erstbeschwerdeführer gab an, zum im Spruch angeführten Datum in XXXX , Syrien, geboren zu sein und legte zum Nachweis seiner Identität seine syrische ID-Card, Militärbuch, Führerschein, Heiratsurkunde und diverse Universitätsdokumente vor. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, zum im Spruch angeführten Datum in Sodia/ XXXX , Syrien, geboren zu sein und legte zum Nachweis ihrer Identität ihren syrischen Reisepass und Universitätsdokumente vor. Im Rahmen der Erstbefragung gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass sie Moslem (Sunniten) seien, Araber, miteinander verheiratet und Eltern eines Sohnes (

XXXX , geb. XXXX .2015). Sie gaben weiters an, in XXXX an der Universität studiert zu haben; die Zweitbeschwerdeführerin gab als zuletzt ausgeübten Beruf Buchhalterin an. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, sie sei im März 2015 aus ihrem Heimatort XXXX , über XXXX illegal in die Türkei ausgereist; der Erstbeschwerdeführer wurde dazu nicht befragt, ebenso nicht über einen allenfalls ausgeübten Beruf. Erst- und Zweitbeschwerdeführer gaben weiters an, sie seien am 02.06.2015 von der Türkei aus schlepperunterstützt gemeinsam mit einem Boot nach Griechenland gereist. Von dort seien sie dann in einem weißen Kastenwagen nach Österreich gelangt; die genaue Reiseroute wüssten sie nicht. Sie hätten sonst in keinem anderen Land um Asyl angesucht. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte weiters, dass sie zu ihrer Schwester in die Niederlande wolle. Zu den Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er wegen des Krieges sein Land verlassen hätte. Er habe Angst um seine Familie gehabt. Nach seinem Studium hätte er zum Militär gehen müssen, dies wollte er aber nicht. An seinem Wohnort hielten sich jetzt IS-Kämpfer auf, dort könne man nicht mehr leben. Er wolle "für keine Regierung kämpfen und auch keine Waffe in die Hand nehmen", deswegen sei er geflüchtet. Die Zweitbeschwerdeführerin führte aus, dass ihr Mann und sie das Land wegen des Krieges verlassen hätten Sie hätte Angst um ihr Kind und um ihren Mann, dieser müsse zum Militär gehen und sie fürchte um sein Leben.

2. Am 02.02.2016 wurden die Erst- bis Drittbeschwerdeführer von den Niederlanden auf dem Luftweg nach Österreich überstellt, am Flughafen Wien Schwechat vom Stadtpolizeikommando Schwechat übernommen, niederschriftlich über Quartiernahme und Sondertransit informiert und nahmen zunächst im Sondertransit Quartier.

3. Am 09.08.2016 wurden die Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten; Außenstelle Klagenfurt (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme bestätigten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Wesentlichen ihre Angaben anlässlich der Erstbefragung. Der Erstbeschwerdeführer ergänzte, am 10.03.2017, 10 Tage nach seiner Frau illegal in die Türkei ausgereist zu sein, da diese damals hochschwanger gewesen sei. Sein Sohn XXXX sei in Gaziantep, Türkei geboren worden. Mittlerweile sei seine Frau im 6. Monat schwanger. Die schlepperunterstützte Flucht habe ca. 5000 EUR gekostet. Sein Vater hätte Grund verkauft, er hätte dafür seinen Anteil verwendet. Das Ziel seiner Flucht sei Holland gewesen, daher hätten sie dort auch um Asyl angesucht. Seine Eltern, vier Schwestern und ein Bruder lebten in XXXX , Syrien, drei Brüder im Libanon. Er habe in Syrien Wirtschaftsinformatik studiert, spreche Arabisch und Englisch und lerne jetzt Deutsch. Nach 2011 bis 2015 habe er in XXXX , außerhalb von XXXX als Autoelektriker gearbeitet und dort gewohnt. Dort hätten sie die Regierungstruppen nicht auffinden können, er habe daher auch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Ausschlaggebendes Ereignis für die Flucht sei gewesen, dass er von IS-Kämpfern aufgefordert worden sei, für den IS zu kämpfen.

Die Zweitbeschwerdeführerin präzisierte, dass sie in Saudi Arabien, XXXX , geboren sei und ergänzte, dass sie nunmehr von ihrem Mann wieder schwanger sei und dass sie im März 2015 alleine und früher als ihr Mann in die Türkei geflüchtet sei, da sie damals hochschwanger gewesen sei. Ihr Vater lebe in der Türkei, ihre Mutter sei verstorben, zwei Schwestern und ein Bruder lebten in Holland, zwei Schwestern und ein Bruder lebten in Syrien. Ihre Geschwister in Holland seien dort asylberechtigt und lebten von Sozialhilfe. Ziel ihrer Flucht sei Holland gewesen, sie hätte dort auch um Asyl angesucht. Sie habe bis 2009 studiert und sei dann Designerin und Buchhalterin gewesen, sie spreche Arabisch, Englisch und lerne jetzt Deutsch. Von 2012 bis zu ihrer Flucht hätten sie in XXXX gelebt, wo ihr Mann als Autoelektriker gearbeitet hätte. Ihr Mann sei vom IS aufgefordert worden, zu kämpfen. Es herrsche Chaos im Land, sie habe Angst vor den Shabiha gehabt, sie sei geflüchtet, weil ihr Mann vom IS mit Einberufung bedroht worden sei. Die schlepperunterstützte Flucht habe 4500 bis 5000 EUR gekostet, ihr Mann hätte das Geld gespart, sie hätte Schmuck verkauft.

4. Am 24.11.2016 wurde der Viertbeschwerdeführer in Villach geboren, worauf der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 13.12.2017 als gesetzliche Vertreter auch in dessen Namen einen Antrag gemäß § 34 Abs. 1 Asylgesetz 2005 auf internationalen Schutz. In einer Befragung vor dem BFA am 03.01.2017 gab dazu in Vertretung des Viertbeschwerdeführers die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es keine neuen Beweismittel gebe. Ihre Familie lebe von der Grundversorgung.

5. Mit Bescheiden vom 18.01.2017 - zugestellt am 25.01.2017 - wies das BFA die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wurde den Beschwerdeführer der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und i gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführer syrische Staatsbürger, Moslems (genauer: Sunniten) und Angehörige der Volksgruppe der Araber seien. Explizit festgestellt wurde seitens des BFA Identität und Personenstandsdaten der Beschwerdeführer, dass sie illegal nach Österreich eingereist seien, gemeinsam am 18.06.2015 die verfahrensgegenständlichen Anträge gestellt hätten, sich nach der Ersteinvernahme entschlossen hätten, sich dem österreichischen Asylverfahren zu entziehen und in die Niederlande weitergereist seien. Nach 8 Monaten Aufenthalt und einem abgelehnten Asylverfahren in Holland seien sie am 02.02.2016 nach dem Dublin-Verfahren nach Österreich zurück überstellt worden. Erst- und Zweitbeschwerdeführer hätten bis 2009 in Aleppo studiert, dort geheiratet und gelebt und wären 2012 in die Türkei nach XXXX geflüchtet. Sie seien gesund und arbeitsfähig und stünden in keiner ärztlichen Behandlung oder Therapie und seien in Österreich unbescholten. Die Dritt und Viertbeschwerdeführer würden an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leiden.

Zu den Fluchtgründen führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Erstbeschwerdeführer Syrien im März 2015 illegal wegen des Bürgerkrieges und der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Situation und in der Hoffnung auf Verbesserung seiner persönlichen Lebenssituation in Richtung Türkei verlassen habe. Nicht festgestellt hätte werden können, dass er sein Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Eine tatsächliche Bedrohung sei weder durch das Militär gewesen noch eine solche durch den IS glaubhaft dargestellt worden. Der Erstbeschwerdeführer habe auch keine tatsächliche Einberufung bis zum Zeitpunkt der Flucht erhalten. Auch für den Fall der Rückkehr könne keine Bedrohungssituation festgestellt werden. Gleichwohl führte die belangte Behörde in ihren Feststellungen – allerdings im die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Bescheid – davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer durch Kautionszahlungen einen Aufschub vom Wehrdienst bis 2011 habe erwirken können und nachweislich bereits ab diesem Zeitpunkt habe einrücken müssen.

Ich der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass eine Verfolgungsgefahr ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben müsse und ihrerseits Ursache dafür sein müsse, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befinde. Weder zur angegebenen Bürgerkriegssituation, noch zur drohenden Einberufung zum Militärdienst noch der Bedrohung durch den IS hätte sich aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergeben, dass die behauptete Furcht in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet sei. Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertige für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Vor einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung sei nur in jenen Fällen auszugehen, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde oder in denen davon auszugehen sei, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung drohe. Auch sonst sei keine über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgehende Gefährdung des Asylwerbers hervorgekommen. Solche Gründe könne er nicht glaubhaft machen. Eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung sei auch sonst im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Es lege im Fall des Erstbeschwerdeführers ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor. Hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes ging die belangte Behörde von einer realen Bedrohungsgefahr aus und dass im Falle des Erstbeschwerdeführers die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen würden.

Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin konnte das BFA auch keine individuell gegen diese gerichtete Gefahr einer Verfolgung erkennen. Bezüglich der durch 10 Tage voneinander erfolgten Flucht konnte das BFA im Wesentlichen deshalb keine Glaubwürdigkeit für die Fluchtgründe erblicken, da sie vor ihrem Mann geflüchtet sei, nahm aber doch an, dass diese hochschwanger in die Türkei gereist sei. Die belangte Behörde ging auch in diesem Fall von einem Familienverfahren aus und führte hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes aus, dass auch bei der Zweitbeschwerdeführerin die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen würden.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht am 07.02.2017 – eingelangt am selben Tag - Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass die Behörde entgegen dem Grundsatz der amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhaltes, das Fluchtvorbringen insbesondere zum Themenkreis des Militärdienstes für Männer keine Ermittlungen angestellt hätte und die Beschwerdeführer zumindest genauer zu befragen gewesen wären anstatt ihr Vorbringen für pauschal unglaubwürdig abzutun und führte dazu einige Judikaturbeispiele ins Treffen, z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 01.03.2007, 2003/20/0111. Das BFA habe weiters auch keine Feststellungen zu einer allfälligen Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführer getroffen und verwies dazu auf einschlägige Erkenntnisse (VwGH vom 25.01.1996, 95/19/0008, VwGH vom 25.03.2003,2001/01/0009 und BVwG vom 26.08.2014, W170 2008470-1).

Dadurch, dass die Behörde, ohne sie von vorläufigen Beweisergebnissen in Kenntnis zu setzen, ihre Angaben plötzlich pauschal für unglaubwürdig befunden hätte, wären die Beschwerdeführer auch in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden (mit Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/83/EG und den dazu ergangenen Judikaten des EuGH vom 22.11.2012 zu C-277/11 und vom 18.12.2008 zu C-349/07).

Weiters habe die belangte Behörde auch das individuelle Vorbringen der Asylwerber nicht ganzheitlich gewürdigt und es dränge sich auf, dass die negative Beweiswürdigung antizipiert sei. An die Glaubhaftmachung sei ein anderer Maßstab anzuwenden als auf bewiesene Tatsachen. Daher werde auch mangelhafte Beweiswürdigung gerügt.

Aufgrund des Alters des Erstbeschwerdeführers hätte der Behörde klar sein müssen, dass dieser demnächst als Reservist einberufen worden wäre. Trotzdem habe es die Behörde völlig unterlassen, in ihrer Beweiswürdigung eine Feststellung zu diesem Themenkreis zu treffen. Das überrasche deshalb, da sich in den von der Behörde vorgelegten Länderberichten (Seite 35ff.) die Information finde, dass Männer in Syrien MINDESTENS bis zu ihren 40. Lebensjahr als Reservisten einberufen werden, eher aber länger.

Im Fall des Erstbeschwerdeführers sei davon auszugehen, dass ihm aufgrund seines Alters eine Einberufung unmittelbar bevorstehe bzw. er in weiterer Folge zu Kriegshandlungen gezwungen wäre, sodass eine individuelle Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliege. Insoweit liege auch unrichtige rechtliche Beurteilung vor.

5. Mit Schreiben vom 09.02.2017 - eingelangt am 13.02.2017 - legte das BFA die gegenständlichen Verfahrensakten – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und verzichtete zugleich auf die Durchführung und Teilnahme an einer etwaigen mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge auf internationalen Schutz vom 18.06.2015, der Einvernahmen der Beschwerdeführer durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2017, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer

Die Beschwerdeführer tragen die im Spruch angeführten Namen und sind zu den dort jeweils angegebenen Daten geboren. Ihre Identität steht fest. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander seit 2012 in Syrien miteinander verheiratet und leibliche Eltern der Dritt- bis Viertbeschwerdeführer.

Sie sind syrische Staatsbürger, Moslems (genauer: Sunniten) und Angehörige der Volksgruppe der Araber. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stammen aus Aleppo und haben zuletzt in Syrien in XXXX ) gelebt. Der Drittbeschwerdeführer wurde in der Türkei geboren, der Viertbeschwerdeführer in Österreich (Villach).

Die die Erst- und Zweitbeschwerdeführer verließen Anfang März 2015 Syrien getrennt voneinander illegal zunächst in die Türkei und reisten am 16.06.2015 gemeinsam illegal in das Bundesgebiet ein.

Die Beschwerdeführer leben in Österreich als subsidiär Schutzberechtigte und sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstbeschwerdeführer ist 1981 geboren und somit im wehrdienstfähigen Alter. Es droht dem Beschwerdeführer daher die reale Gefahr, dass er in Syrien (bei einer nunmehrigen Rückkehr) zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen werden würde und er wäre im Zusammenhang mit der Einziehung, der Ableistung und der Verweigerung des Militärdienstes der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat Syrien unter anderem deshalb verlassen, damit er sich seiner Wehrdienstverpflichtung in Syrien entziehen kann.

Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien

"Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

Für männliche Syrer und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 19.10.2016; vgl. FIS 23.8.2016). Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen (FIS 23.8.2016).

Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht (FIS 23.8.2016). In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016). Oppositionsgruppen haben ihre eigenen Vorgangsweisen bei der Rekrutierung, und die Situation kann von der jeweils verantwortlichen Person abhängen (FIS 23.8.2016).

Regierungseinheiten, Pro-Regime-Milizen, bewaffnete oppositionelle Gruppen und terroristische Organisationen rekrutieren Kinder und nutzen sie als Soldaten, menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, Henker und auch in unterstützenden Funktionen. Kinder werden als Zwangsarbeiter oder Informanten benutzt, wodurch sie dem Risiko von Vergeltungsakten oder extremen Bestrafungen ausgesetzt sind. Manche bewaffnete Gruppierungen, die auf der Seite der Regierung kämpfen, zwangsrekrutieren Kinder - manche nicht älter als 6 Jahre (USDOS 30.6.2016).

Der IS setzt aktiv Kinder - manche lediglich 8 Jahre alt - in Kampfhandlungen ein, teils auch bei der Enthauptung von Soldaten des syrischen Regimes. Der IS zielt bewusst auf Kinder ab, um diese zu indoktrinieren und nutzt Schulen für militärische Zwecke, wodurch Kinder gefährdet werden und ihr Zugang zu Bildung eingeschränkt wird (USDOS 30.6.2016).

Auch die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) rekrutieren Burschen und Mädchen, indoktrinieren sie und bringen sie in Trainings-Camps (USDOS 30.6.2016).

Quellen:

-

CIA - Central Intelligence Agency (19.10.2016): The World

Factbook: Syria,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/sy.html,

Zugriff: 27.10.2016

-

FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,

https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf, Zugriff 27.10.2016

-

USDOS - US Department of State (30.6.2016): Trafficking in Persons Report 2016 - Country Narratives – Syria, https://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 2.12.2016

Die syrischen Streitkräfte – Wehr- und Reservedienst

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen. Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es werden Rekrutierungsschreiben verschickt, wenn Männer das wehrfähige Alter erreichen. Männer, die sich außer Landes oder in Gebieten, die nicht von der Regierung kontrolliert werden, befinden, erhalten ihre Rekrutierungsschreiben häufig nicht (FIS 23.8.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, welche das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2016).

Männer werden jedoch auch auf der Straße an Checkpoints oder an anderen Orten rekrutiert. Es gibt auch Massenverhaftungen und Tür-zu-Tür-Kampagnen, um Wehrdienstverweigerern habhaft zu werden (FIS 23.8.2016; vgl. UNHCR 30.11.2016). Berichten zufolge besteht aber auch für – teils relativ junge – Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016). Christliche und muslimische religiöse Führer können weiterhin den Kriegsdienst verweigern, wobei muslimische Führer eine Abgabe bezahlen müssen, um vom Kriegsdienst befreit zu werden (USDOS 10.8.2016). Bestechung als Mittel, um den Wehrdienst zu vermeiden, ist mittlerweile schwieriger geworden - zumindest wenn jemand keine großen Geldsummen zur Verfügung hat. Es gibt auch Männer im wehrpflichtigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).

Nach der Massenwanderung von Syrern im Jahr 2015 wurde das Wehrdienstalter erhöht, und mehr Männer wurden an Checkpoints rekrutiert, auch solche, die ihren Militärdienst bereits beendet hatten. Für junge Männer im Alter von 16 und 17 Jahren ist es schwer, einen Reisepass zu erhalten, oder sie erhalten nur einen Pass, der zwei Jahre gültig ist (FIS 23.8.2016; vgl. UNHCR 30.11.2016).

Das Höchstalter für den Militärdienst betrug zuvor 42 Jahre, wurde jedoch inzwischen erhöht, wobei es hierzu keine offizielle Regelung und daher auch kein offizielles Höchstalter mehr gibt (FIS 23.8.2016).

Reservisten können je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen werden. Sie werden mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints rekrutiert (FIS 23.8.2016). Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde (DIS 26.2.2016).

Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden.

Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit. Möglicherweise kommt es bei diesen Ausnahmen zum Wehrdienst derzeit jedoch auch zu Willkür (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015, UNHCR 30.11.2016). Durch den erhöhten Bedarf an Soldaten wird mittlerweile ebenso auf "geschützte" Gruppen wie Studierende, Beamte und Minderheiten zurückgegriffen (UNHCR 30.11.2016).

Entlassungen aus dem Militärdienst sind sehr selten geworden. Es gibt Männer in der Armee, die seit dem Beginn der Revolution 2011 in der Armee sind. Die Dauer des Militärdienstes hat sich verlängert, möglicherweise ist sie auch nicht mehr begrenzt. 2011 konnte der Wehrdienst noch um ein paar Monate verlängert werden, und danach wurde man entlassen. Mittlerweile ist Desertion häufig der einzige Ausweg (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015). Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016).

Quellen:

-

DIS - Danish Immigration Service (26.2.2015): Syria: Military Service, mandatory Self- Defence Duty and Recruitment to the YPG, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1425637269_syriennotat26feb2015.pdf, Zugriff: 25.11.2016

-

FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,

https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf, Zugriff 27.10.2016

-

IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (19.1.2016): Syria:

Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion (2014 - December 2015) [SYR105361.E],

https://www.ecoi.net/local_link/320204/459448_de.html, Zugriff 27.1.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2016): Ergänzende aktuelle Länderinformationenen; Syrien: Militärdienst, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1481012908_coi-military-recruitment-syria.pdf, Zugriff 5.12.2016

-

USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report in International Religious Freedom - Syria, USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report in International Religious Freedom - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/328447/469225_de.html, Zugriff: 27.10.2016”

Wehrdienstverweigerung/Desertion

Es gab Amnestien der syrischen Regierung, um Deserteure und Wehrdienstverweigerer zu ermutigen, sich zum Dienst zu melden (FIS 23.8.2016; vgl. Reuters 20.7.2016). Es ist jedoch nicht bekannt, ob Männer, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, Konsequenzen erfahren oder nicht (FIS 23.8.2016). Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).

Auf Desertion steht die Todesstrafe. Es ist jedoch nicht bekannt, wieweit die Todesstrafe wirklich angewendet wird. Ein Deserteur würde jedoch zumindest inhaftiert werden. Wenn ein Deserteur an einem Checkpoint rekrutiert wird, kann er direkt zum Dienst - auch an die Front - oder ins Gefängnis geschickt werden. Die Konsequenzen für Desertion hängen vom Bedarf an der Front und von der Position und dem Rang des Deserteurs ab. Für ‚desertierte‘, vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie könnte von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen.

Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016).

Wenn ein Wehrdienstverweigerer von den Behörden aufgegriffen würde, würde er verhaftet und überprüft werden. Anschließend könnte die Person zum Dienst in der Armee geschickt werden. Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.02.2015).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (6.2012): Amnesty Journal Juni 2012 - Operation Freiheit,

http://www.amnesty.de/journal/2012/juni/operation-freiheit, Zugriff 5.1.2016

-

DIS - Danish Immigration Service (26.2.2015): Syria: Military Service, mandatory Self- Defence Duty and Recruitment to the YPG, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1425637269_syriennotat26feb2015.pdf, Zugriff 25.11.2016

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FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,

https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf, Zugriff 27.10.2016

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Reuters (20.7.2016): Seeing no future, deserters and draft-dodgers flee Syria,

http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-army-idUSKCN1001PY, Zugriff 27.10.2016

In seinen Richtlinien "zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syri-en fliehen" vom Oktober 2014 geht UNHCR u. a. von folgenden "Risikoprofilen" aus: Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen – darunter fallen auch Wehrdienstverweigerer.

(Quelle: UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, November 2016)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer ergeben sich aus deren glaubwürdigen Angaben im Rahmen der Erstbefragung bzw. vor dem BFA, den vorgelegten Dokumenten, und wurden bereits von diesem in den teilangefochtenen Bescheiden vom 18.01.2017 diesen zu Grunde gelegt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt insoweit zu den Ausführungen -zur Person – den Feststellungen des BFA mit Ausnahme der Feststellung, die Beschwerdeführer wären 2012 nach XXXX in die Türkei übersiedelt. Hierbei dürfte es sich um ein Missverständnis bzw. einen Schreibfehler handeln, denn vier Absätze darunter führte das BFA in seinen Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates aus, der Erstbeschwerdeführer habe "Syrien im März 2015 illegal verlassen". Der gesamte zeitliche und inhaltliche Zusammenhang (z.B. die Zweitbeschwerdeführerin war auf der Flucht hochschwanger, die Geburt des Drittbeschwerdeführers erfolgte im März 2015 in der Türkei) weist eindeutig auf eine Fluchtbewegung im März 2015 hin, so wie von den Beschwerdeführern widerspruchsfrei angegeben und vom BFA in den Einvernahmen mehrfach hinterfragt ("Wo befanden Sie sich zwischen 2012 und ihrer Ausreise in die Türkei 2015?"). XXXX ), jener Ort, an dem die die Erst- und Zweitbeschwerdeführer ihren Angaben zufolge nach ihrer Heirat in Syrien lebten, befindet sich im syrischen Gouvernement Idlib (Edlib), nahe der türkischen Grenze. Die Angaben der Beschwerdeführer (z.B. die Lage außerhalb Aleppos, die Nichterreichbarkeit für Einberufungsbefehle durch Regierungsstellen, sowie die dort erfolgte Bedrohung durch den IS) stimmen mit den Gegebenheiten überein. XXXX befindet sich gemäß allgemein zugänglichen Landkarten ca. XXXX km westlich vom Stadtzentrum Aleppos entfernt und den Medienberichten ist zu entnehmen, dass dort im November 2013 XXXX , abgefragt am 09.11.2017). Diesen Gegebenheiten entgegenstehende Informationen kamen im Verfahren nicht hervor.

Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass der Erstbeschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Wehrdienst antreten müsste. Sein Vorbringen, er hätte nach seinem Studium zum Militär gehen müssen, dies aber nicht wollen (angegeben bereits anlässlich der Erstbefragung am 18.06.2015) und – obwohl wehrpflichtig - in XXXX keine Einberufungsbefehle durch Regierungsstellen erhalten können, erscheinen vor dem Hintergrund der oben zitierten Feststellungen zur Person und zur Situation in Syrien durchaus glaubhaft und werden auch durch die Vorlage des Militärbuches gestützt. Der Erstbeschwerdeführer hat durchaus widerspruchsfrei auch bei der Einvernahme durch das BFA am 08.08.2016 auf seine Weigerung Militärdienst leisten zu wollen hingewiesen ("Ich habe Angst vor dem Militärdienst . Fürchtete mich vor einem möglichen Aufgriff durch des Militärs." "Ich will auch keine Waffe tragen."), dies wurde auch durch die Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin am gleichen Tag untermauert ("Mein Mann hatte die Wahl entweder zu kämpfen oder zu flüchten." " bevor er vom Regime bedroht wird, hat er mit uns den Ort verlassen." "Ich würde als Erpressungsmittel verwendet werden, damit er sich dem Regime stellt."). Sogar das BFA war im – die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden verfahrensgegenständlichen Bescheid – davon ausgegangen, dass der Erstbeschwerdeführer durch Kautionszahlungen einen Aufschub vom Wehrdienst bis 2011 habe erwirken können und nachweislich bereits ab diesem Zeitpunkt hätte einrücken müssen. Auch dies stützt das glaubhafte und in sich widerspruchsfreie Vorbringen des Erstbeschwerdeführers.

Aufgrund der geschilderten zusätzlichen Bedrohung durch den IS erscheint auch die dadurch ausgelöste endgültige Fluchtbewegung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in die Türkei angesichts der Feststellungen zur Situation in Syrien ebenfalls durchaus als glaubhaft. Dass diese dabei getrennt voneinander im Abstand von 10 Tagen (die hochschwangere Zweitbeschwerdeführerin zuerst) flüchteten erscheint nach den dortigen Gegebenheiten zum Fluchtzeitpunkt und der allgemeinen Lebenserfahrung als logisch und für eine erfolgreiche Flucht zielführend und daher durchaus glaubhaft.

Die anlässlich der Erstbefragung bei der Zweitbeschwerdeführerin irrtümlich angenommene Geburt in Syrien – tatsächlich ist sie in Saudi Arabien geboren – beruht offensichtlich auf einem Missverständnis bzw. einem Schreibfehler, da als Geburtsort Sodia/ XXXX aufscheint und mit "Sodia" offensichtlich Saudi Arabien gemeint war, in dem XXXX auch tatsächlich liegt.

Diese Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen auf den genannten (nun aktualisierten) Quellen, die schon das BFA seinen Bescheiden zugrunde legte und die im Wesentlichen inhaltsgleich blieben. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Soweit der Erstbeschwerdeführer vorbringt, es läge in Bezug auf ihn eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) vor, weil er sich der Ableistung eines Militärdienstes in seinem Herkunftsstaat bislang entzogen habe, so erweisen sich die diesbezüglichen Ausführungen als glaubhaft.

In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um eine behauptete Bedrohung durch das syrische Regime (wegen "Wehrdienstverweigerung") geht, kommt es nicht (unbedingt) darauf an, ob eine Einberufung zum Militärdienst (vor der Ausreise) bereits erfolgt ist, ob eine behördliche Suche (wegen des Militärdienstes) bereits (vor der Ausreise) stattgefunden hat oder ob die Ausreise legal erfolgen konnte, sondern vielmehr darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit von einem Einsatz beim Militär (im Falle einer nunmehrigen Rückkehr/Wiedereinreise in den Herkunftsstaat) auszugehen ist, was anhand der Situation (hinsichtlich der Einberufung zum Militärdienst) im Herkunftsstaat und anhand des Profils der betroffenen Person zu beurteilen ist. Aus den - bereits im verfahrensgegenständlichen Bescheid des BFA getätigten - Feststellungen zu den Voraussetzungen/Kriterien einer Wehrdiensteinberufung in Syrien (diesen Feststellungen zufolge besteht in Syrien ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren, alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren – wobei diese Altersgrenze mittlerweile nur mehr als Richtlinie herangezogen werden kann, da diese nicht mehr genau eingehalten wird - kommen für den Militärdienst in Frage und es kommt aufgrund der angespannten Situation in Syrien und der Schwierigkeiten für die syrische Regierung, neue Rekruten auszuheben, zu Einberufungen auch von Männern, die ihren Wehrdienst bereits abgeleistet haben und zur Aufhebung von Militärdienstaufschüben) und dem persönlichen Profil des Beschwerdeführers ergibt sich, dass eine Person mit dem Profil des Beschwerdeführers in Syrien angesichts des dortigen innerstaatlichen Konfliktes und des Mangels an Soldaten, die sich zum Dienst melden, mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss (musste), zum Militärdienst eingezogen zu werden.

Es ist daher angesichts der Feststellungen davon auszugehen, dass dem Erstbeschwerdeführer die Einziehung durch die syrische Armee mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit (im Falle einer Rückkehr/Wiedereinreise nach Syrien) droht.

Es war daher nicht notwendig, auf eine möglicherweise drohende Zwangsrekrutierung durch oppositionelle Kräfte, wie z.B. den sogenannten Islamischen Staat, näher einzugehen.

Vor dem Hintergrund der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen erweisen sich die Aussagen des Erstbeschwerdeführers als plausibel.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 Asylgesetz 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Bei der Entscheidung, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung besteht, handelt es sich immer um eine Prognoseentscheidung, die eine auf die Zukunft gerichtete Verfolgung verlangt. Das Wort "Furcht" bezieht sich dabei nicht nur auf Personen, die tatsächlich verfolgt wurden, sondern auch auf solche, die einer Situation aus dem Wege gehen möchten, die eine Gefahr der Verfolgung in sich birgt. (vgl. UNHCR, Ergänzende aktuelle Länderinformationen Syrien: Militärdienst, vom 30. November 2016, S. 1)

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).

3.2. Der Erstbeschwerdeführer ist 1983 geboren und wäre damit nach derzeit geltender Rechtslage in Syrien wehrdienstpflichtig.

Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass der Militäreinsatz in der syrischen Armee - dem sich der Beschwerdeführer letztlich durch seine Ausreise endgültig entzogen hat - im derzeitigen bewaffneten Konflikt in Syrien mit einem Zwang zur Verübung menschenrechtswidriger Handlungen und zur Teilnahme an völkerrechtswidrigen Militäraktionen (etwa Angriffe auf die Zivilbevölkerung) verbunden (und damit im Sinne des Abs. 171 des UNHCR-Handbuches über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft den "Grundregeln menschlichen Verhaltens" widersprechend) ist und dass völlig unverhältnismäßige Bestrafungsmaßnahmen und Sanktionen bei Wehrdienstverweigerung und bei Verweigerung von Befehlen im Bereich des Militärdienstes bzw. des Militäreinsatzes (etwa Hinrichtung von Soldaten, die sich weigern, auf Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen) erfolgen. Davon ist der Erstbeschwerdeführer, dem der Wehrdiensteinsatz bei der syrischen Armee droht, im Falle der Verweigerung bzw. Ablehnung eines solchen Einsatzes mit hoher Wahrscheinlichkeit betroffen. Unter den besonderen Verhältnissen in Syrien kann die Anwendung dieser völlig unverhältnismäßigen Bestrafungsmaßnahmen und Sanktionen seitens der syrischen Regierung nicht anders als dahingehend beurteilt werden, als dass sie auf der generellen Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung der Betroffenen beruht. Damit liegt im Hinblick auf die dem Erstbeschwerdeführer drohende Bestrafung wegen "Wehrdienstverweigerung" als drohender Eingriff von erheblicher Intensität eine asylrelevante Verfolgung vor, weil die Bestrafung in Zusammenhang mit einem Konventionsgrund, nämlich mit dem der "politischen Gesinnung", steht.

In seiner Rechtsprechung vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen – etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009). Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

Dies ist nach den Feststellungen der Fall. Es ist davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer unmittelbar nach der Einreise festgenommen und - so er nicht wegen Fahnenflucht zu einer langjährigen, potentiell mit Folter verbundenen Gefängnisstrafe, die indiziert, dass man ihm wegen der Fahnenflucht eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, verurteilt würde - dem Wehrdienst zugeführt werden würde. Es besteht das reale Risiko, dass der Erstbeschwerdeführer als Wehrdienstleistender im Rahmen der Aufstandsbekämpfung zu menschen- und völkerrechtswidrigen Handlungen gezwungen und im Falle einer Weigerung allenfalls mit standrechtlicher Erschießung bestraft werden würde.

Im Falle einer Rückkehr nach Syrien besteht für den Erstbeschwerdeführer folglich eine asylrelevante Verfolgungsgefahr, weil er sich schon durch seine Ausreise dem Militär- bzw. Reservedienst, in dessen Rahmen er zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen (wie Angriffen auf die Zivilbevölkerung) gezwungen und bei Weigerung mit Haft und Folter bedroht würde, entzogen hat und somit als politischer Gegner des syrischen Regimes gesehen würde (vgl. insbes. VwGH 25.3.2015, Ra 2014/20/0085, sowie EuGH 26.2.2015, Fall Shepherd, C-472/13).

Auch fällt er damit in eine von UNHCR angeführte Risikogruppe, nämlich der "Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen [u.a. Wehrdienstverweigerer]" (zur Indizwi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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