Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des H A in G, vertreten durch Dr. Otto Holter em., Dr. Gerald Wildfellner, Dr. Klaus Holter und Dr. Stefan Holter, Rechtsanwälte in Grieskirchen, Roßmarkt 21, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. Jänner 1999, Zl. VwSen-1005917/22/Fra/Ka, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe sich am 24. Juni 1998, zwischen 10.43 Uhr und
10.57 Uhr, in seiner Wohnung in G. nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, zum Gendarmerieposten mitzukommen und seine Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten untersuchen zu lassen, wobei habe vermutet werden können, dass der Beschwerdeführer sich beim vorangegangenen Lenken (eines Pkws) in einem alkoholbeeinträchtigtem Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe weiters um 11.09 Uhr in seiner Wohnung nach Herbeischaffung des Alkomatgerätes und nach neuerlicher Aufforderung durch ein besonders geschultes und ermächtigtes Organ die Durchführung eines Alkomattests dadurch verweigert, dass er trotz wiederholten Verlangens der einschreitenden Gendarmerieorgane seine Wohnungstüre nicht geöffnet habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 begangen. Es sei daher eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 400 Stunden) zu verhängen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, die einschreitenden Sicherheitswacheorgane seien im Zuge der Erhebungen betreffend einen vom Beschwerdeführer am 24. Juni 1998 um 6.00 Uhr verursachten Verkehrsunfall an diesem Tag um 10.35 Uhr bei der Wohnung der Freundin des Beschwerdeführers P. R. eingelangt. Nach entsprechendem Läuten habe P. R. die Wohnungstüre geöffnet. Nach einigen Erörterungen habe der in der Wohnung anwesende Beschwerdeführer angegeben, das Unfallfahrzeug selbst gelenkt zu haben. Auf Grund von Alkoholisierungssymptomen (Alkoholgeruch, gerötete Augenbindehäute) sei der Beschwerdeführer um 10.43 Uhr aufgefordert worden, zwecks Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung mittels Alkomat zum Gendarmerieposten G. mitzukommen. Der Beschwerdeführer habe dem vorerst zugestimmt, jedoch mitgeteilt, dass er sich zuerst duschen und anziehen wolle. Die Beamten hätten über Wunsch des Beschwerdeführers die Wohnung verlassen, damit sich der Beschwerdeführer ungestört umziehen könne, und hätten im Vorhaus gewartet. Nachdem die Beamten die Wohnung verlassen hätten, sei die Wohnungstür zugemacht und verriegelt worden. Die Gendarmerieorgane hätten daraufhin versucht, durch Klopfen, Zurufe und Betätigung der Türglocke den Beschwerdeführer zum Öffnen der Türe zu bewegen. Da keine Reaktion erfolgt sei, habe einer der Beamten das Alkomatgerät vom Gendarmerieposten G. herbeigeholt, um dem Beschwerdeführer die Durchführung des Alkomattests in seiner Wohnung zu ermöglichen. Beide Gendarmeriebeamten hätten in der Folge neuerlich durch Klopfen, Zurufen und Läuten versucht, den Beschwerdeführer zum Öffnen der Wohnungstür zu bewegen. Schließlich sei dem Beschwerdeführer um 11.07 durch Zuruf an der Wohnungstür mitgeteilt worden, dass das Alkomatgerät herbeigeschafft worden sei, und dass er zwei Minuten Zeit habe, um herauszukommen und den Alkomattest durchzuführen. Um 11.10 Uhr hätten die Gendarmeriebeamten dem Beschwerdeführer durch die Wohnungstür mitgeteilt, dass der Alkomattest als verweigert gelte. Um 11.25 Uhr sei der Beschwerdeführer am Gendarmerieposten G. erschienen, um den Alkomattest durchzuführen. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass die Amtshandlung als abgeschlossen gelte, dass der Alkomattest verweigert worden sei und dass von der Durchführung eines Alkomattests Abstand genommen werde.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe keine Feststellung darüber getroffen, dass er die durch die Tür an ihn gerichtete Aufforderung zur Durchführung des Alkomattest überhaupt wahrgenommen habe, obwohl er dies im Verwaltungsverfahren immer bestritten habe. Auch sei der Beschwerdeführer ja unmittelbar nach der angeblichen Verweigerung freiwillig am Gendarmerieposten G. zur Durchführung der Untersuchung erschienen. Daraus sei im Zusammenhang mit der ursprünglichen Zustimmung zur Durchführung der Untersuchung darauf zu schließen, dass der Beschwerdeführer die zuletzt an ihn gerichtete Aufforderung nicht gehört habe, weshalb der Tatbestand der Verweigerung nicht gegeben sei. Das Nichtwahrnehmen der Aufforderung sei durch die belangte Behörde nicht widerlegt worden. Die belangte Behörde habe die Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Lokalaugenscheines zum Beweis dafür, dass durch die geschlossene Tür bei laufendem Wasser im Badezimmer weder ein Läuten noch ein Zurufen hätten gehört werden können bzw. dass das Läuten der Hausglocke oder der Haussprechanlage zwar im Vorzimmer, nicht aber im Badezimmer bei geschlossener Badezimmertüre und laufendem Wasser hätte wahrgenommen werden können, verweigert. Da die einvernommenen Gendarmeriebeamten nicht behauptet hätten zwischen 10.43 Uhr und 11.09 Uhr ununterbrochen durch die Wohnungstür hineingerufen zu haben, könne es nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt, als die Aufforderung gerufen worden sei, sich im Badezimmer, wo das Wasser gelaufen sei, aufgehalten und daher den Zuruf nicht gehört habe. Daraus, dass der Beschwerdeführer später am Gendarmerieposten G. nicht etwa erklärt habe, er habe es sich anders überlegt und wolle nun den Test durchführen, sondern dass er erklärt habe, nun zur Durchführung der Untersuchung gekommen zu sein, könne darauf geschlossen werden, dass er der Meinung gewesen sei, kein als Verweigerung zu wertendes Verhalten gesetzt zu haben. Die Aussagen der Gendarmeriebeamten hinsichtlich des beim Beschwerdeführer wahrgenommenen Alkoholgeruchs seien durch die Aussagen der Zeugen R. und F. widerlegt; der Umstand dass die Darstellung des Geschehens durch die Gendarmeriebeamten fast wortwörtlich gleich erfolgt sei, lasse an der Beweiskraft ihrer Aussagen stark zweifeln. Im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests seien seit dem Unfall bereits fünf Stunden verstrichen gewesen, sodass unter der Berücksichtigung einer stündlichen Abbaurate des Blutalkoholgehaltes von 0,1 bis 0,2 % ein brauchbares Ergebnis nicht mehr zu erwarten gewesen sei.
Entscheidend für das Schicksal der gegenständlichen Beschwerde ist bei vorliegendem Sachverhalt die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass der Beschwerdeführer die um 11.07 Uhr durch die Wohnungstür an ihn gerichtete Aufforderung innerhalb der nächsten zwei Minuten zwecks Durchführung der Atemalkoholuntersuchung aus der Wohnung zu kommen, gehört hat. In dieser Hinsicht hat die belangte Behörde insbesondere auf die Aussage des als Zeuge einvernommenen Gendarmeriebeamten Gr. Insp. H. hingewiesen, der angegeben hatte, er habe, als er vor der Wohnungstüre gewartet habe, zunächst Plätschergeräusche wahrgenommen, nach deren Aufhören er aber auch Schritte in der Wohnung gehört habe. Auch hat die belangte Behörde dargestellt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Beschwerdeführer und P. R. auch im Zeitpunkt, als die Gendarmeriebeamten geklopft und geläutet hätten, sich noch im Badezimmer aufgehalten hätten.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in der Frage der Beweiswürdigung in der Richtung eingeschränkt, dass lediglich zuprüfen ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind. Damit ist es dem Gerichtshof verwehrt, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezogene Folgerung, der Beschwerdeführer habe die durch die Wohnungstüre an ihn ergangene Aufforderung hören müssen, erscheint schlüssig. Dies insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer auf Grund der bereits in der Wohnung an ihn ergangenen Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests und des Umstandes, dass die Sicherheitswacheorgane zufolge seines eigenen Ersuchens vor der Wohnungstüre warteten, nicht unvermutet mit Zurufen durch die von ihm versperrte Wohnungstüre konfrontiert wurde, sondern vielmehr im Hinblick auf die seit der Aufforderung vergangene, doch bereits längere Zeitspanne mit Reaktionen der wartenden Gendarmen hätte rechnen müssen.
Bei diesem Ergebnis kann auch in der Unterlassung des vom Beschwerdeführer beantragten Lokalaugenscheines kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften erblickt werden. Ebensowenig ist ersichtlich, aus welchen Gründen sich aus dem Übereinstimmen der Aussagen der einvernommenen Gendarmeriebeamten ein geringerer Beweiswert dieser Aussagen ergeben sollte.
Soweit der Beschwerdeführer meint, die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt hätte fünf Stunden nach dem Lenken des Kraftfahrzeuges kein brauchbares Ergebnis erbringen können, ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde der ihr im Fall einer in längerem zeitlichen Abstand zum Lenken eines Fahrzeuges gelegenen Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests obliegenden besonderen Begründungspflicht dadurch nachgekommen ist, dass sie auf die laut Wahrnehmung der Gendarmeriebeamten im Zeitpunkt der Aufforderung noch vorhandenen Alkoholisierungssymptome, insbesondere den Alkoholgeruch hingewiesen hat. Davon, dass diese Wahrnehmung der Beamten durch die Aussagen der vom Beschwerdeführer angeführten Zeugen widerlegt seien, kann insbesondere im Hinblick auf die besondere Schulung von Gendarmeriebeamten nicht ausgegangen werden. Es war daher zulässig, den Atemluftalkoholgehalt des Beschwerdeführers auch noch fünf Stunden nach dem Lenken seines Kraftfahrzeuges zu messen bzw. ihn zur Durchführung der entsprechenden Untersuchung aufzufordern (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1996, Zl. 96/02/0020).
Der Beschwerdeführer hat auch die Höhe der gegen ihn verhängten Strafe bekämpft und geltend gemacht, es sei auch im Fall einer Übertretung nach § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 ein Anspruch auf Anwendung von § 20 VStG gegeben. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, welche die belangte Behörde ausdrücklich zum Bestandteil des angefochtenen Bescheides erhoben hat, zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer unbestritten bereits wegen eines auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Alkoholdeliktes bestraft werden musste und dass der Beschwerdeführer durch die Verursachung des ihm zuzurechnenden Verkehrsunfalles die besondere Gefährlichkeit seiner Übertretung unter Beweis gestellt habe. Unter den Umständen des Beschwerdefall bleibt somit für die Anwendung des in § 20 VStG normierten außerordentlichen Milderungsrechtes kein Raum. Auch von einer nicht dem § 19 VStG entsprechenden Strafbemessung kann beim gegebenen Sachverhalt nicht die Rede sein.
Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999020061.X00Im RIS seit
12.06.2001