TE Vwgh Beschluss 2017/10/24 Ra 2017/10/0164

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2017
beobachten
merken

Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs3
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs9

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der O GmbH in W, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 15. März 2017, Zl. LVwG-AV-224/001-2017, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i.A. des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. März 2017 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen eine gemäß § 12 Abs. 9 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 ausgesprochene Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Naturdenkmalerklärung durch die belangte Behörde als unzulässig zurück, dies mit der wesentlichen Begründung, diesem Schreiben komme - entgegen der Auffassung der revisionswerbenden Partei - kein Bescheidcharakter zu.

2        Die Rechtswirkung des § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 (dass nämlich ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Naturdenkmalerklärung an dem - in Aussicht genommenen - Naturdenkmal keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden dürfen; vgl. § 12 Abs. 9 iVm Abs. 3 NÖ NSchG 2000) ergebe sich (bereits) aus dem Gesetz.

3        Das bekämpfte Schreiben der belangten Behörde sei lediglich eine Verständigung von dem Verfahren zur Erklärung des betroffenen R.-Waldes zum Naturdenkmal. Da ein Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG einen Bescheid voraussetze und ein solcher nicht vorliege, sei die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

4        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision bringen zunächst im Wesentlichen vor, die gegenständliche Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales nach § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 sei richtigerweise verfassungskonform als Bescheid zu interpretieren.

8        Dass dies nicht zutrifft, ergibt sich bereits aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 9. Juni 2017, Zl. E 1303/2017-5, mit dem die Behandlung einer gegen den angefochtenen Beschluss gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt wurde, und der darin zitierten verfassungsgerichtlichen Vorjudikatur; daraus ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere das Erkenntnis vom 23. Juni 1982, Zl. B 473/79 = VfSlg. 9444, hervorzuheben, in dem der Verfassungsgerichtshof gerade zu einer Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung eines Naturdenkmales nach dem NÖ Naturschutzgesetz (in dessen Fassung LGBl. 5500-1) ausgesprochen hat, dass diese Verständigung keinen Bescheid darstellt.

9        Bloße Hinweise auf gesetzliche Verpflichtungen - wie vorliegend der Hinweis der belangten Behörde auf die Rechtsfolgen der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens gemäß § 12 Abs. 9 iVm Abs. 3 NÖ NSchG 2000 - stellen nach der hg. Rechtsprechung gerade nicht einen für das Vorliegen eines Bescheides (unter anderem) erforderlichen normativen Abspruch dar (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. Mai 2004, Zl. 2004/10/0060, das hg. Erkenntnis vom 18. März 2015, Zl. 2013/10/0218, sowie die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 18).

10       3.2. Auch soweit in den Zulassungsausführungen behauptet wird, die vom Verwaltungsgericht auf § 24 Abs. 4 VwGVG gestützte Nichtdurchführung der beantragten Verhandlung stehe im Widerspruch zu den hg. Erkenntnissen vom 30. September 2015, Zl. Ra 2015/06/0007, sowie vom 29. März 2017, Zl. Ra 2015/05/0051, kann dem nicht gefolgt werden:

11       Die beiden genannten Erkenntnisse betrafen Konstellationen einer maßgeblichen Ergänzung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht bzw. eines maßgeblichen sachverhaltsbezogenen Vorbringens der Revisionswerber in der vom Verwaltungsgericht zu behandelnden Beschwerde und sind daher auf den vorliegenden Fall, in dem keinerlei Sachverhaltsmerkmale, sondern lediglich die rechtliche Qualifikation des Schreibens der belangten Behörde vom 19. Jänner 2017 als Bescheid strittig waren, nicht übertragbar.

12       4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2017

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017100164.L00

Im RIS seit

10.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten