TE Vwgh Beschluss 2017/10/24 Ra 2017/10/0130

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Veröffentlicht am 24.10.2017
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
NatSchG NÖ 2000 §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der Marktgemeinde Lichtenwörth, vertreten durch Ehrenhöfer & Häusler Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. April 2017, Zl. LVwG-AV-59/001-2017, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt; mitbeteiligte Partei: Ö Genossenschaft mbH in L), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 25. November 2016 wurde der mitbeteiligten Partei die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Erweiterung der Biogasanlage auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG L um ein Endlager für die Lagerung des Gärrestes nach Maßgabe näher genannter Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen gemäß § 7 NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000) erteilt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. April 2017 wurde eine dagegen von der revisionswerbenden Gemeinde erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der sich die revisionswerbende Gemeinde nach den Ausführungen zum Revisionspunkt "im Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens sowie in ihrem Recht auf Wahrung der von ihr erlassenen Bausperre" verletzt erachtet.

4 Die Revision ist nicht zulässig:

5 Zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nur dann zulässig ist, wenn die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung zumindest möglich ist. Diese Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die infolge der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 geänderte Rechtslage übertragen, zumal eine auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG gestützte Berechtigung zur Revisionserhebung die Möglichkeit der Rechtsverletzung voraussetzt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. März 2016, Zl. Ro 2016/11/0006, mwN).

6 Gemäß § 27 NÖ NSchG 2000 haben in den aufgrund dieses Gesetzes durchzuführenden Verwaltungsverfahren mit Ausnahme der Verwaltungsstrafverfahren sowie der Entschädigungsverfahren die betroffenen Gemeinden zur Wahrung ihrer Interessen des Fremdenverkehrs, der örtlichen Gefahrenpolizei, des Orts- und Landschaftsbildes und der örtlichen Raumordnung sowie die NÖ Umweltanwaltschaft zur Wahrung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes Parteistellung im Sinne des § 8 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2011. Soweit der NÖ Umweltanwaltschaft Parteistellung zukommt, steht ihr das Recht der Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG und der Revision gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG zu.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Gemeinde nach dieser Bestimmung lediglich die Stellung einer Legal- oder Formalpartei zu, nicht aber ist ihr in Ansehung der für den Naturschutz relevanten materiell-rechtlichen Bestimmungen ein subjektives Recht eingeräumt (vgl. die hg. Beschlüsse vom 31. März 2003, Zl. 2003/10/0040, und vom 10. Dezember 2001, Zl. 2001/10/0193; siehe zu § 14a NÖ Naturschutzgesetz 1977 auch die hg. Beschlüsse vom 15. September 1997, Zl. 97/10/0120, vom 17. März 1997, Zl. 97/10/0029, und vom 26. Juni 1995, Zl. 95/10/0064, sowie die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1994, Zl. 94/10/0170, und vom 27. Februar 1989, Zl. 87/10/0177)

8 Die revisionswerbende Gemeinde kann daher weder durch eine allfällige unrichtige Anwendung der materiellen Bestimmung des NÖ NSchG 2000 noch durch eine ihrer Meinung nach unzureichende Erhebung der Entscheidungsgrundlagen - zur Verletzung "im Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens" wird in der Revision vorgebracht, der vom Verwaltungsgericht "festgestellte Sachverhalt (bedürfe) infolge antragswidriger Verletzung von Verfahrensvorschriften, nämlich der Einholung von notwendigen Sachverständigengutachten, einer Ergänzung" - in ihren Rechten verletzt sein. Eine Verletzung im Recht, dem Bewilligungsverfahren als Partei beigezogen zu werden, behauptet die revisionswerbende Gemeinde jedoch nicht.

9 Mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit der revisionswerbenden Partei im geltend gemachten Revisionspunkt erweist sich die Revision als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2017

Schlagworte

Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017100130.L00

Im RIS seit

30.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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