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L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des H M in B, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1 A/VII, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 22. Oktober 2015, KLVwG-2472/32/2014, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde Bad Kleinkirchheim; weitere Partei: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in V, vertreten durch Bucher & Partner Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Italienerstraße 13/5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 12. August 2014, 2011/06/0063, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde aufgrund einer durch den Revisionswerber erhobenen Beschwerde der im zweiten Rechtsgang ergangene Vorstellungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. Juni 2009 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben. Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass die Kärntner Landesregierung als Vorstellungsbehörde gehalten gewesen wäre, den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen und mit Vorstellung bekämpften Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde B. vom 15. Mai 2009 zu beheben und die Sache an den Gemeindevorstand zurückzuverweisen, da dieser Bescheid auf einem unzureichenden Sachverständigengutachten beruhte.
2 Im fortgesetzten Verfahren wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verfahrensergänzung die Vorstellung des Revisionswerbers (die nach der seit 1. Jänner 2014 maßgeblichen Rechtslage als Beschwerde zu werten war) gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde B. vom 15. Mai 2009 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in der Sache, hilfsweise die Behebung des angefochtenen Erkenntnisses unter Kostenzuspruch beantragt wird.
4 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt, das Verwaltungsgericht wäre in Bindung an die dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. August 2014, 2011/06/0063, zugrundeliegende Rechtsansicht verpflichtet gewesen, den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 15. Mai 2009 zu beheben und die Sache an den Gemeindevorstand zurückzuverweisen. Die verfassungsgesetzlich normierte Zugehörigkeit von Bausachen zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gebiete zwingend, dass eine Sachentscheidung durch Behörden der Gemeinde getroffen werde. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Umfang der Überprüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren sowie zu der für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage.
5 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Zurückweisung der Revision. Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung.
6 Die Revision erweist sich aus nachfolgenden Gründen als nicht zulässig.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zunächst ist der Revision entgegen zu halten, dass mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 das bis dahin in Art. 119a Abs. 5 B-VG verankerte Rechtsmittel der Vorstellung gegen letztinstanzliche Gemeindebescheide entfiel. Dieses wurde durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren ersetzt. Gegen letztinstanzliche Gemeindebescheide steht nunmehr unmittelbar die Bescheidbeschwerde an das jeweils zuständige Verwaltungsgericht offen, wodurch ein verwaltungsgerichtliches und nicht wie zuvor ein aufsichtsbehördliches Verfahren ausgelöst wird (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2017, E 1823/2017).
11 Mangels einer anders lautenden Übergangsregelung kommt auch im Falle der Aufhebung eines vor dem 31. Dezember 2013 erlassenen Vorstellungsbescheides nunmehr keine Vorstellungsentscheidung mehr in Betracht. Es liegt dabei im Hinblick auf die Rückwirkung des Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 3 VwGG zwar ein am 31. Dezember 2013 offenes Vorstellungsverfahren vor, sodass grundsätzlich Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG eingriffe (vgl. Köhler, Der Zuständigkeitsübergang auf die Verwaltungsgerichte in laufenden Verfahren, in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014), 323 (328)).
12 Auf das Verwaltungsgericht konnte aber nur die Pflicht zur Entscheidung in der Sache übergehen. Aus der Aufhebung des Vorstellungsbescheides vom 8. Juni 2009 ergab sich dabei die Verpflichtung des Landesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung in der Sache, weil dem Verfassungsgesetzgeber und Gesetzgeber des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht unterstellt werden kann, dass die an die Stelle der früher zuständigen Vorstellungsbehörde tretenden Verwaltungsgerichte ungeachtet ihrer Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache nach einer Aufhebung eines Vorstellungsbescheides die Rechtssache zunächst an die im eigenen Wirkungsbereich zuständige Berufungsbehörde verweisen hätten müssen.
13 Das zur Fortführung des Verfahrens zuständige Landesverwaltungsgericht Kärnten hatte dabei nach der eindeutigen Rechtslage nicht die am 31. Dezember 2013 außer Kraft getretenen, ausschließlich für die Landesregierung als Vorstellungsbehörde maßgeblichen Bestimmungen des § 95 Abs. 4 Krtn. Gemeindeordnung, sondern die auch für die Prüfung von im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergangenen Bescheiden maßgeblichen Bestimmungen des VwGVG anzuwenden (zu der für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2017, Ro 2015/03/0036; vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG bei eindeutiger Rechtslage den hg. Beschluss vom 30. Mai 2017, Ra 2017/06/0006).
14 Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht lässt sich Gegenteiliges auch nicht aus § 63 VwGG ableiten. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in dem dem hg. Erkenntnis vom 12. August 2014, 2011/06/0063, zugrundeliegenden Verfahren den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. Juni 2009 auf dem Boden der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu prüfen und war mit dem zitierten hg. Erkenntnis vom 12. August 2014 folglich keine Aussage über das im fortgesetzten Verfahren durch das Verwaltungsgericht nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 anzuwendende Verfahrensrecht verbunden (vgl. zur Bindungswirkung aufhebender Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, welche sich nicht auf Änderungen der maßgeblichen Rechtslage erstreckt, das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2015, Ra 2015/09/0003; vgl. zu der für die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Rechtslage z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, 2011/05/0195).
15 Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt und sind die nach § 28 VwGVG verbleibenden Ausnahmen von der meritorischen Entscheidungspflicht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung ist nur bei krassen beziehungsweise besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch zu machen (vgl. zu einer den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde betreffenden Angelegenheit nach der Krtn. BauO 1996 das hg. Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2014/06/0017, sowie grundlegend das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063). Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht darzulegen, inwiefern das Verwaltungsgericht, das seine Entscheidung auf § 28 Abs. 2 VwGVG stützte, von der dargestellten ständigen Rechtsprechung abgewichen wäre.
16 Darüber hinaus ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 20. März 2017, Ra 2016/17/0269). Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss vom 30. Mai 2017, Ra 2017/06/0006).
17 Mit dem allgemeinen Hinweis, es fehle Rechtsprechung zum Umfang der Überprüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren beziehungsweise zur für die Entscheidung der Verwaltungsgerichte maßgeblichen Sach- und Rechtslage, legt die Revision daher nicht dar, inwiefern fallbezogen das Schicksal der Revision von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhinge (vgl. im Übrigen zur Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte aus der ständigen Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066; zu der für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage siehe ebenfalls aus der ständigen Rechtsprechung das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 30. März 2017, Ro 2015/03/0036).
18 Aus den dargelegten Gründen gelingt es der Revision nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013. Das den Pauschalbetrag der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 übersteigende Mehrbegehren war abzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016060008.L00Im RIS seit
30.11.2017Zuletzt aktualisiert am
01.12.2017