Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Rechtshörers Biley als Schriftführer in der Strafsache gegen Andriy M***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1), 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. August 2017, GZ 54 Hv 63/17d-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Andriy M***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1), 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er im Zeitraum von Juli bis Oktober 2016 und im März 2017 in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), in mehreren Angriffen überwiegend durch Einbruch in Wohnstätten auf die im Urteil dargestellte Art, etwa durch Aufbrechen oder Einschlagen von versperrten Fenstern oder Eingangstüren, dort namentlich Genannten näher bezeichnete fremde bewegliche Sachen wie Uhren, Schmuck und Elektrogeräte in einem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Wert weggenommen oder dies versucht.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche ihr Ziel verfehlt.
Die Mängelrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS-Justiz RS0119370). Indem die Nichtigkeitsbeschwerde erklärt, das Schöffengericht hätte keine ausreichende Begründung dafür angeführt, warum es der Darstellung des Angeklagten, überwiegend in die Kleingartenhäuser eingestiegen zu sein, um dort lediglich zu übernachten, nicht folgte (Z 5 vierter Fall), wird sie dem nicht gerecht. Es werden nämlich die Erwägungen der Tatrichter unberücksichtigt gelassen, wonach eine am 20. März 2017 durch Einbruchsdiebstahl erbeutete antike Standuhr im Wert von 5.000 Euro im Zuge der Festnahme des Angeklagten in dessen Versteck sichergestellt werden konnte und sich nach Zeugenaussagen in den Häusern, in die eingebrochen worden war, keine Spuren einer Übernachtung fanden (US 7 f).
Weiters behauptet die Mängelrüge Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) und bezieht sich dabei auf die Urteilsbegründung, wonach sich aus den bedenkenlosen Eintragungen im Reisepass des Angeklagten ergebe, dass sich dieser zu den im Spruch genannten Tatzeitpunkten nicht in der Ukraine befand (US 8). Mit dem Beschwerdevorbringen, ohne konkretere Tatzeitpunkte könne nicht ausgeschlossen werden, dass „ein Großteil der abgeurteilten Fakten von einer anderen Person verbrochen“ wurde, wird verkannt, dass eine Urteilsbegründung nicht auf logisch zwingenden Ableitungen beruhen muss. Auch in freier Beweiswürdigung gezogene Wahrscheinlichkeitsschlüsse sind zur Begründung von Tatsachenfeststellungen geeignet, sofern nur der solcherart getroffenen Konstatierung die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der „wahrscheinlichen“ Tatsache im Sinn des § 258 Abs 2 StPO zugrundelegt (RIS-Justiz RS0098471). Vorliegend werden vom Rechtsmittelwerber unter Hervorhebung isolierter Details von Verfahrensergebnissen nach Art einer Schuldberufung selbst Beweiswerterwägungen angestellt, womit er in Wahrheit – unter dem Prätext von Aktenwidrigkeit – bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft. Entgegen dem Vorbringen des Angeklagten ergibt sich aus seinem Reisepass keineswegs ein durchgehender Ukraine-Aufenthalt von 9. Juli 2016 bis 20. März 2017. Insbesondere lässt die Rüge außer Acht, dass der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung nicht damit verantwortete, zu den einzelnen Tatzeitpunkten nicht in Österreich gewesen zu sein, vielmehr gestand er zu, in einige der Häuser eingebrochen oder eingestiegen zu sein (US 6 ff).
Das Vorbringen, die Tatrichter wären ihrer Verpflichtung zur Erörterung widerstreitender Beweisergebnisse nicht nachgekommen (Z 5 zweiter Fall), ist mangels näherer Präzisierung einer inhaltlichen Antwort nicht zugänglich.
Die Behauptung, das Erstgericht hätte geradezu willkürliche Feststellungen getroffen und seine Spezifikationspflicht durch Beifügung einer bloß scheinbaren Begründung verletzt (Z 5 vierter Fall), orientiert sich nicht am angefochtenen Urteil (vgl US 6 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
3 Alle Os-Entscheidungen;Textnummer
E119894European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00129.17P.1116.000Im RIS seit
30.11.2017Zuletzt aktualisiert am
30.11.2017