TE Lvwg Erkenntnis 2014/12/3 VGW-241/083/RP25/30063/2014

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Veröffentlicht am 03.12.2014
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Entscheidungsdatum

03.12.2014

Index

L83009 Wohnbauförderung Wien
41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

WWFSG 1989 §60
WWFSG 1989 §61 Abs1 Z2
WWFSG 1989 §61a Abs1
AsylG 2005 §10
NAG §44a
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger Neustifter über die Beschwerde der Frau S. P. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 08.08.2014, Zl. MA 50-WBH 44508/14, betreffend Abweisung des Antrages auf Wohnbeihilfe,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und Frau S. P. auf Antrag vom 29.07.2014 gemäß §§ 60 bis 61a Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz 1989 (WWFSG 1989), LGBl. Nr. 18/1989, und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. Nr. 32/1989, beide in der geltenden Fassung, ab 01.08.2014 auf die Dauer des Zutreffens der gesetzlichen Voraussetzungen, jedoch vorerst längstens bis 31.08.2015 in der Höhe von monatlich EUR 146,22 gewährt.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Gewährung von Wohnbeihilfe vom 29.7.2014 mit der Begründung abgewiesen, dass der Nachweis für einen 5-jährigen ständigen legalen Aufenthalt in Österreich (vgl. § 61 Abs. 1 iVm § 61a WWFSG 1989) nicht erbracht worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde der Frau S. P. im Hinblick auf einen schon am 23.11.2005 gestellten Asylantrag und einen seit 2011 bestehenden Aufenthaltstitel und übersendete als Beilage den Auszug einer sie betreffenden Entscheidung des Asylgerichtshofes. Sie habe – sinngemäß – die erforderlichen Bestätigungen hinsichtlich des Asylverfahrens (vgl. § 61a Abs. 1 WWFSG 1989) bei der Regionaldirektion des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen nicht erhalten können, sondern erhielten diese nur Bedienstete der Behörde (MA 50).

Die Beschwerdeführerin reiste lt. eigenen Angaben vor dem Bundesasylamt am 17.11.2005 illegal in das Bundesgebiet ein. Sie stellten am 23.11.2005 einen Asylantrag.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.03.2007, FZ. 05 20.363-BAW, wurde wurde der Asylantrag gem. § 7 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 abgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Bf in ihren Herkunftsstaat Serbien, ausgenommen Provinz Kosovo, gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 i.d.F. BGBl I 2003/101 zulässig sei und ihre Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 leg.cit. ausgesprochen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen hinsichtlich der behaupteten Schutzlosigkeit bzw. der fehlenden Existenzgrundlage keine Glaubwürdigkeit zugekommen sei.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.12.2011, B6 311.315-1/2008/9E sowie B6 311.316-1/2008/5E, wurde zwar die Abweisung des Asylantrages bestätigt, jedoch festgestellt, dass die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 5 und Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 i.d.g.F. auf Dauer unzulässig sei.

Lt. telef. Rücksprache mit dem Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 (MA 35), Competence Center Recht, und lt. den schon im Akt der Magistratsabteilung 50, Gruppe Wohnbeihilfe (MA 50) aufliegender Information der MA 35 wurde Frau S. P. erstmals ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ mit Gültigkeit ab 12.01.2012 bis 12.01.2013 ausgestellt. In der Folge wurde der Aufenthaltstitel 2x verlängert, zuletzt bis 14.01.2015, sodass die Aufenthaltstitel der MA 35 bisher ununterbrochen von 12.01.2012 bis 14.01.2015 bestehen.

Somit stellt sich im Verfahren betreffend Gewährung von Wohnbeihilfe die Frage, ob der davor liegende Aufenthalt von Frau S. P. in Summe mit dem Zeitraum, für den seitens der MA 35 Aufenthaltstitel gewährt wurden, mindestens seit 5 Jahren ein ständig legaler Aufenthalt vorgelegen hat.

Da die Bf lt. eigenen Angaben am 17.11.2015 illegal eingereist ist und am 23.11.2005 einen Asylantrag gestellt hat, kann eine sichere Aussage über den „legalen“ Aufenthalt von 17.11.2005 bis zur Antragstellung am 23.11.2005 hg. nicht getroffen werden. Jedoch steht fest, dass während der Dauer des Asylverfahrens, also spätestens ab Stellen des Asylantrages am 23.11.2005, ein rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne eines einstweiligen Aufenthaltsrechtes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Asylantrag und/oder eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat vorgelegen ist.

Gemäß § 44a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in der im Dezember 2011geltenden Fassung hatte die Behörde einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Ausweisung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 10 AsylG 2005 oder eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG jeweils auf Grund des § 61 FPG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt worden war. § 73 AVG galt. Die Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG begann mit der Zustellung der gemäß § 22 Abs. 9 AsylG 2005 oder § 105 Abs. 7 FPG zu übermittelnden Entscheidung an die Behörde.

Gemäß § 44a Abs. 2 leg.cit. waren in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 gestellte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 9 oder 10 sowie § 43 Abs. 3 oder 4 unzulässig.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die MA 35 erfolgte somit nicht aufgrund eines von der Bf zu stellenden Antrages, sondern von Amts wegen. Dies wohl deshalb, weil zwischen Asylrecht (AsylG) und „normalem Einwanderungsrecht“ (NAG) klare Grenzen bestehen. Einen Zugang vom Asylrecht zum sonstigen Einwanderungsrecht gibt es im Regelfall nur dort, wo der Gesetzgeber dies im Ausnahmefall vorsieht. Derartige „Schnittstellen“ sind der Disposition des Betroffenen selbst weitgehend entzogen (vgl. § 44a Abs. 2 NAG, wo eben diese nur ausnahmsweise gegebene Durchlässigkeit sonst strikt unterbunden war).

Im vorliegenden Anlassfall ist die Durchlässigkeit der unterschiedlichen Aufenthaltsregime teleologisch begründet: Kann jemandem mangels dafür hinreichender Asylgründe kein Flüchtlingsstatus zuerkannt werden, kann er (sie) aber auch auf Dauer nicht ausgewiesen werden, fiele der (die) Betreffende sonst dem dauernden Status der „Halblegalität“ im Sinne einer dauerhaft bloßen Duldung des Aufenthaltes anheim. Dies kann weder im Sinne des AsylG, des NAG, des AuslBG oder fremdenpolizeilicher Regelungen sein, zumal die Betroffenen weder Zugang zum Arbeitsmarkt noch Anspruch auf die meist vom „legalen Mindestaufenthalt“ abhängigen staatlichen Leistungen hätten und wohl im noch relativ „günstigsten“, dennoch aber sicher unerwünschten Fall auf nicht genehmigte Beschäftigungsverhältnisse zur Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse zurückgreifen müssten. Es liegt also im Interesse des allgemeinen Wohles sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dass bei nicht bloß vorübergehenden Ausweisungshindernissen dem (der) Fremden ein legaler Aufenthaltsstatus samt Berechtigung des Zuganges zum Arbeitsmarkt zukommt.

Ein weiterer Grund, weshalb ein solcher legaler Status nur von Amts wegen (und nicht über Antrag) gewährt werden soll, besteht darin, dass das bereits davor bestehende materielle Aufenthaltsrecht auch formell (ausdrückliche Bewilligung durch die „Rot-Weiß-Rot–Kare plus“) zugesprochen und um den Arbeitsmarktzugang erweitert wird.

Im vorliegenden Anlassfall erfolgte die Feststellung des Asylgerichtshofes, dass eine Ausweisung auf Dauer unzulässig ist, im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK und dem damit einhergehenden hohen familiären Bindungsgrad in Österreich.

Ein solcher familiärer Bindungsgrad entsteht nach hg. Auffassung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt plötzlich, sondern über Jahre kontinuierlich, sodass dieser nicht erst im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Asylgerichtshof Mitte Dezember 2011 eingetreten ist, sondern schon geraume Zeit davor. Auch in diesem Lichte muss das dauernde Hindernis gemäß § 8 EMRK für eine Ausweisung schon erheblich früher vorgelegen sein und wurde die am 20.03.2007 diesbezüglich getroffene anderslautende Entscheidung des Bundesasylamtes vom Asylgerichtshof letztlich auch revidiert.

Dies führt für das Verwaltungsgericht Wien zu dem Gesamtergebnis, dass im Zeitpunkt der Antragstellung der Bf auf Wohnbeihilfe am 29.07.2014 ein schon mindestens 5 Jahre bestehender ständig legaler Aufenthalt der Bf in Österreich vorgelegen hat und somit auch die Voraussetzung gemäß § 61 a Abs. 1 WWFSG für die Gewährung der Wohnbeihilfe vorliegt.

Zur Zuerkennung der Wohnbeihilfe selbst ist noch Folgendes auszuführen:

Das anrechenbare Monatseinkommen beträgt unter Umlegung des 13. u. 14. Gehaltes (entspricht Urlaubsgeld bzw. Weihnachtsremuneration): EUR 1256,20

Als Wohnungsaufwands wurde anerkannt: EUR 215,28

Der Ihnen zumutbare Wohnungsaufwand beträgt:   EUR 69,06

Die Wohnbeihilfe beträgt daher:   EUR 146,22

Gemäß § 60 Abs. 3 WWFSG ist die Wohnbeihilfe in der Höhe des Unterschiedes zwischen anerkanntem und zumutbarem Wohnungsaufwand zu gewähren.

Die Berechnung erfolgte mittels eines Rechenprogrammes insbesondere auf Basis des gemäß § 20 Abs. 3 WWFSG 1989 verminderten Familieneinkommens, der Wohnungsgröße und bestimmter Anteile der monatlichen Wohnungskosten (z.B. ohne Betriebskosten).

Schlagworte

Wohnbeihilfe, Wohnbauförderung, legaler Aufenthalt, Achtung des Privat- und Familienlebens, Aufenthaltstitel, Asylantrag, Ausweisung unzulässig, Menschenrechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2014:VGW.241.083.RP25.30063.2014

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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