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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des W B in R, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josef-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 18. November 1999, RV97/1-6/1998, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Leiter des Vermessungsamtes in R. und erzielt daraus (wie auch aus seiner Tätigkeit als Stadtrat) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Daneben erzielt er als Sachverständiger für Vermessungswesen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung 1996 beantragte der Beschwerdeführer den Abzug von Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen durfte, in Höhe von 88.359 S. Davon entfiel der Betrag von 33.138 S (darin Fahrtkosten von 24.188 S) auf Kosten von Reisen als Obmann der Arbeitsgemeinschaft der Diplomingenieure im Bundesvermessungsdienst (im Folgenden Arge) und der Betrag von 250 S auf den Mitgliedsbeitrag an die Arge.
Das Finanzamt hielt dem Beschwerdeführer vor, die Kosten im Zusammenhang mit seiner Funktion in der Arge stellten keine Werbungskosten dar, weil ihnen keine Einnahmen gegenüberstünden und die Arge eine private Einrichtung sei. Entsprechendes gelte für folgende weiteren Veranstaltungen, für welche Werbungskosten geltend gemacht worden seien: Sitzungen der Geodätenrunde, Besuch der Ifabo und Besuch der OEC-Hausmesse.
In der Vorhaltsbeantwortung verwies der Beschwerdeführer darauf, dass die Tätigkeit in der Arge überwiegend der Wahrung beruflicher Interessen diene. Neben der Vertretung in standespolitischen Fragen der Akademiker im Bundesvermessungsdienst stehe bei der Arge die Fortbildung im vermessungstechnischen Bereich und die Wahrnehmung der beruflichen Aufstiegschancen der Mitglieder und Funktionäre im Vordergrund. Die Aufbereitung von fachlichen, beruflichen, standespolitischen und organisatorischen Fragen erfolge in Ausschusssitzungen der Landesgruppe Oberösterreich, deren Obmann der Beschwerdeführer seit vielen Jahren sei. Als Bundesobmannstellvertreter der Arge sei der Beschwerdeführer in der Bundesleitung und vertrete in diesem Gremium die Interessen und Meinungen der Kollegen aus Oberösterreich. Die Bundesleitung vertrete die Interessen aller Akademiker im Vermessungsdienst aus ganz Österreich gegenüber der Dienstbehörde aber auch in der Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation. Die Tätigkeiten in der Arge umfassten alle Fortbildungsmaßnahmen, die eine sinnvolle Karriereentwicklung ermöglichten.
Im Einkommensteuerbescheid 1996 anerkannte das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosten nur mit dem Betrag von 58.433 S. Es wurden u.a. die mit der Funktionärstätigkeit in der Arge zusammenhängenden Fahrtkosten von 24.188 S sowie der Mitgliedsbeitrag an die Arge nicht als Werbungskosten anerkannt. In der Bescheidbegründung wird im Wesentlichen darauf verwiesen, dass die Kosten für die Obmannstätigkeit bei der Arge, für die Teilnahme an Sitzungen der Geodätenrunde und für Besuche der Ifabo und der OEC Hausmesse keine Werbungskosten seien, da diesen Aufwendungen keine Einnahmen gegenüberstünden.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Reisen als Obmann der Landesgruppe Oberösterreich der Arge bzw. als Stellvertreter des Bundesobmannes der Arge seien beruflich veranlasste Reisen, und erstattete weitere Ausführungen zur Tätigkeit der Arge. In einer Berufungsergänzung verweist er darauf, dass die Wissensvermehrung durch Fortbildung im Wege des Besuches von Tagungen, Seminaren, Fachmessen, Kollegentreffen und die Mitgliedschaft bei Fachvereinen längerfristig zu Einnahmen(steigerungen) führten.
Der Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie anerkannte zwar den Mitgliedsbeitrag zur Arge als Werbungskosten, kürzte aber die vom Finanzamt anerkannten Werbungskosten noch um Taggelder von 7.950 S und Nächtigungsgelder von 1.000 S, weil diese in Zusammenhang mit den vom Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Funktionär der Arge unternommenen Reisen stünden.
In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die strittigen Aufwendungen stünden in Zusammenhang mit der Tätigkeit als Obmann der Landesgruppe Oberösterreich der Arge. Die Arge sei ein privatrechtlicher Verein. Aus der vorgelegten "Geschäftsordnung" des Vereins ergäben sich Hinweise auf den Vereinszweck. So werde etwa in der Präambel ausgeführt: "Die Arbeitsgemeinschaft ... hat die Aufgabe, die Interessen der Diplomingenieure im Bundesvermessungsdienst zu vertreten und zu fördern." Weiters werde in der Geschäftsordnung der Zweck der Arge mit "Vertretung der Standesinteressen und der fachlichen Belange der Mitglieder" festgelegt.
Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Zweck des Vereins jenem eines Betriebsrates oder der Personalvertretung ähnlich. Bei der Tätigkeit des Obmannes der Arge handle es sich um eine von der Tätigkeit als Dienstnehmer (Leiter des Vermessungsamtes) verschiedene Tätigkeit. Die Aufwendungen stünden mit der Tätigkeit als Obmann in Zusammenhang. Die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen der Tätigkeit als Leiter des Vermessungsamtes käme daher nicht in Betracht. Dass aber die Obmanntätigkeit eine Einkunftsquelle darstelle, sei gar nicht behauptet worden. Soweit der Beschwerdeführer vorgebracht habe, die Tätigkeit als Obmann der Arge habe in der Folge zu zusätzlichen Einnahmen (Belohnungen) geführt, sei dem entgegenzuhalten, dass er in den Jahren 1996 und 1997 federführend in Arbeitsgruppen des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen berufen worden sei und als Leiter einer Arbeitsgruppe umsetzungsreife Vorschläge für das Ministerium erstellt habe; dafür seien ihm die Belohnungen in Höhe von insgesamt 15.000 S gewährt worden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach der hg. Rechtsprechung ist zwischen der Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses einerseits und der Tätigkeit im Rahmen einer Vereinigung, die den wirtschaftlichen und beruflichen Interessen der Dienstnehmer einer bestimmten Fachrichtung förderlich ist, andererseits zu unterscheiden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2000, 99/14/0301, zur Vorsitzenden des Österreichischen Sekretärinnenverbandes). Die Aufwendungen in Zusammenhang mit einer Funktion bei einer solchen Vereinigung führen nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus dem genannten Dienstverhältnis, sind aber, wenn die Funktionsausübung für sich zu Einkünften führt, bei diesen Einkünften aus der Funktionsausübung zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Tätigkeit als Funktionär der Arge (Obmann einer Landesgruppe bzw stellvertretender Bundesobmann) eine eigenständige, von der Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses zum Bund (als Leiter des Vermessungsamtes) getrennte Tätigkeit darstellt.
Der Beschwerdeführer hat in der Beilage zur Einkommensteuererklärung dargestellt, er habe "als Obmann" der Arge an bestimmten Tagungen teilgenommen, woraufhin ihm das Finanzamt vorgehalten hat, dass u.a. die durch die "Obmanntätigkeit" entstehenden Kosten keine Werbungskosten darstellten. Auch in der Berufung ist im Wesentlichen von den Reisen als Obmann bzw als Bundesobmannstellvertreter die Rede. Die Tätigkeit als Funktionär der Arge hat somit bestimmte Reisen mit sich gebracht (nach der Aktenlage etwa Reisen zur Bundesleitungssitzung oder zur Hauptversammlung).
Erzielte der Beschwerdeführer aus der Funktionsausübung auch entsprechende Einnahmen, läge eine Einkunftsquelle vor und wären im Rahmen der dann gegebenen Einkunftsquelle die strittigen Aufwendungen einkünftemindernd zu berücksichtigen. Nun verweist der Beschwerdeführer zwar auf Einnahmen von zweimal 15.000 S in Form von Belohnungen. Abgesehen davon, dass nach der Aktenlage nur insgesamt (höchstens) 15.000 S als Belohnungen erzielt worden sind (siehe die Ausführungen in der Berufungsergänzung vom 17. April 1998), hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass diese Belohnungen für die Tätigkeit in Arbeitsgruppen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen gezahlt worden seien. Die belangte Behörde durfte daher im angefochtenen Bescheid davon ausgehen, dass es sich um Belohnungen im Rahmen des Dienstverhältnisses als Beamter gehandelt hat.
Da die Ausübung der Funktion in der Arge unentgeltlich erfolgt ist, stellt diese Betätigung keine Einkunftsquelle (sondern nur eine Quelle von Aufwendungen) dar. Solcherart können aber die durch die Funktionsausübung bedingten Aufwendungen keine einkommenssteuerliche Berücksichtigung finden.
Die in der Beschwerde angesprochenen Berufsfortbildungsaktivitäten der Arge sind ein Grund dafür, dass - aus der Sicht des Dienstverhältnisses als Beamter - eine berufliche Veranlassung der Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung gegeben ist. Sie führen aber nicht zu einer beruflichen Veranlassung der Übernahme einer kostenintensiven Funktionärstätigkeit.
Mit dem Hinweis auf den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen gelingt es dem Beschwerdeführer allerdings, einen wesentlichen Mangel in der Begründung des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat auch Aufwendungen, die durch die Teilnahme an Sitzungen der Geodätenrunde und den Besuch von Messen entstanden sind (und die der Aktenlage nach nicht in Zusammenhang mit der Arge stehen), nicht als Werbungskosten anerkannt. Wiewohl sich die Berufung auch auf diese Werbungskosten bezogen hat, lässt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen, worum es sich bei den genannten Veranstaltungen im Einzelnen handelt und aus welchen Überlegungen die belangte Behörde die Anerkennung als Werbungskosten versagt hat. Diesbezüglich mangelt dem angefochtenen Bescheid damit eine Begründung.
Der angefochtene Bescheid ist somit mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 26. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000140084.X00Im RIS seit
28.11.2000