TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/15 LVwG-2017/32/1817-11

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Veröffentlicht am 15.11.2017
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Entscheidungsdatum

15.11.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze

Norm

ZustG §2 Z4
ZustG §7
ZustG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 16.06.2017, ****,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

I.       Verfahrensgang, Sachverhalt; Beweiswürdigung:

Seitens belangten Behörde wurde die Strafverfügung vom 17.05.2017, **** mit Zustellnachweis (RSb) an die Beschuldigte am 18.05.2017 an die Adresse 1, Z abgefertigt.

Laut Postrückschein wurde nach einem Zustellversuch am 19.05.2017 eine Verständigung über die Hinterlegung im Postfach hinterlassen und wird der Beginn der Abholfrist mit 22.05.2017 angegeben. Die Rubrik Postfach wurde zusätzlich handschriftlich auf dem Postrückschein vermerkt.

Für den Zeitraum vom 04.05.2017 bis zum 31.07.2017 wurde für die Empfängerin „Firma Hotel BB“ vom Ehegatten den Beschuldigten ein Postfach eingerichtet. Dieses Postfach wurde ab dem 17.07.2017 widerrufen. Beides ergibt sich aus der bezüglichen Urkunde im verwaltungsgerichtlichen Akt.

Laut den schriftlichen Ausführungen des Ehegatten der nunmehrigen Beschwerdeführerin vom 02.11.2017 im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war diese vom 03.05.2017 bis zum 11.06.2017 im Ausland und daher ortsabwesend. Die Beschwerdeführerin selbst führt hierzu - ebenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - aus, dass sie am 12.06.2017 zurückgekehrt sei und legt diesbezüglich eine Buchungsbestätigung für einen Flug von Y nach X vor.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls vom 03.05.2017 bis 11.06.2017, möglich auch bis zum 12.06.2017 ortsabwesend war.

Seitens des Landesverwaltungsgerichts Tirols wurde die Österreichische Post AG um Auskunft bezüglich des Zustellvorganges ersucht. Dies blieb im Wesentlichen erfolglos. Die Beschwerdeführerin konnte jedoch bei der Österreichischen Post AG in Erfahrung bringen, dass hier die hier in Rede stehende Sendung am 19.05.2017 um 11:32 Uhr an Tochter der Beschwerdeführerin übergeben wurde. Sie legt in diesem Zusammenhang die entsprechenden Urkunden in Kopie vor, ua eine Kopie der Verständigung über die Hinterlegung.

Die nunmehrige Beschwerdeführerin hat unter Verwendung des Formularservices des Landes Tirol am 14.06.2017 Einspruch gegen die gegenständliche Strafverfügung eingelegt. Dies lässt sich anhand der entsprechenden Urkunde, welche dem behördlichen Akt einliegt, feststellen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16.06.2017 wurde der Einspruch als verspätet zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschuldigte zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin ausgeführt, dass sie im Ausland gewesen sei und der Einspruch daher rechtzeitig eingebracht worden sei.

Beweis wurde aufgenommen in der behördlichen und den verwaltungsgerichtlichen Akt, wobei angemerkt wird, dass die Parteien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf schriftlichem Weg einbezogen wurden.

II.      Wesentliche Rechtsgrundlagen:

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG):

„§ 49

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

…“

Zustellgesetz (ZustG):

„§ 2

4.

„Abgabestelle“: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;

§ 7

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 17

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

Im Übrigen wird auf die Internetseite https://www.ris.bka.gv.at/ (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

III.    Rechtliche Erwägungen:

Wie oben festgestellt, war für die Empfängerin „Firma Hotel Z“ durch den Ehegatten der Beschwerdeführerin während der hier fraglichen Zeit ein Postfach eingerichtet, nicht jedoch für die Empfängerin der gegenständlichen Strafverfügung, nämlich für die Beschuldigte (und nunmehrige Beschwerdeführerin).

Nachdem die Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes sohin nicht in einer Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, die an einer Abgabestelle der Beschwerdeführerin bestand, sondern in ein für die Empfängerin „Firma Hotel BB“ eingerichtetes Postfach, liegt ein Zustellmangel vor, obwohl die Tochter der Beschwerdeführerin das hier in Rede stehende Schriftstück behoben hat.

Insofern ist die Zustellung der hier in Rede stehenden Strafverfügung erst nach der Rückkehr der Beschwerdeführerin zwischen dem 11.06.2017 (früheste anzunehmende Rückkehr an die Abgabestelle) und dem 14.06.2017 (Datum des Einspruchs) als rechtswirksam vorgenommen anzusehen und damit Heilung im Sinne des § 7 Zustellgesetz eingetreten. Da der Einspruch somit innerhalb von 2 Wochen nach der Zustellung erfolgt ist, ist dieser rechtzeitig. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Einspruch als verspätet zurückgewiesen worden ist, ist daher zu beheben.

Die Behörde wird nunmehr das ordentliche Verfahren einzuleiten haben.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Herbert Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Hinterlegung; Schriftstück; Postfach; Gesellschaft; Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.32.1817.11

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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