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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Beachte
Besprechung in: ÖStZ 2000, 638-642;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der T GmbH in I, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen Innsbruck vom 24. Februar 2000, I-6728/1999, betreffend Kommunalsteuer Jänner 1994 bis Dezember 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 21. August 1998 wurde der beschwerdeführenden GmbH Kommunalsteuer für den Zeitraum 1994 bis 1996 vorgeschrieben, und zwar u.a. für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers T.
Die Beschwerdeführerin berief gegen diesen Bescheid. Sie wandte sich dagegen, dass die dem Gesellschafter-Geschäftsführer T gewährten Bezüge in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einbezogen werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Selbst ein zu mehr als 50% an einer GmbH Beteiligter könne als Dienstnehmer iSd KommStG 1993 angesehen werden. Auch ein an der GmbH wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführers könne in der Art eines Dienstnehmers tätig sein, und zwar insbesondere dann, wenn ihn kein Unternehmerrisiko treffe.
Der Geschäftsführer T habe bis August 1995 100% der Anteile an der Beschwerdeführerin gehalten und halte seither - im August 1995 sei sein Sohn weiterer Gesellschafter und weiterer Geschäftsführer geworden - 75% der Anteile.
Im gegenständlichen Fall sei die Anstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers T auf Dauer ausgerichtet. Dieser schulde der Beschwerdeführerin in Ausübung der Geschäftsführung seine Arbeitskraft. Er sei an keine fixen Arbeitszeiten gebunden und könne den Ablauf der Arbeit selbst regeln, was als solches aber der Kommunalsteuerpflicht nicht entgegenstehe. Seine Tätigkeit umfasse die Planung, Organisation, Anstellung und Überwachung des Personals und die Kundenbetreuung sowie die Abwicklung der Bauvorhaben (auf dem Gebiet der Klima- und Installationstechnik) der Beschwerdeführerin. Er sei in ihren betrieblichen Organismus eingegliedert. Die Arbeit werde mit den Arbeitsmitteln der Beschwerdeführerin durchgeführt.
Die Beschwerdeführerin wolle das Unternehmerwagnis des Gesellschafter-Geschäftsführers T damit begründen, dass die Auszahlung der Geschäftsführervergütungen vom wirtschaftlichen Erfolg abhänge. Die belangte Behörde halte dem entgegen, dass in einem prozentualen, umsatzabhängigen Entlohnungssystem (selbst unter Einbeziehung einer Abschlagskomponente, die dann zur Anwendung komme, wenn ein bestimmtes Geschäftsergebnis nicht erzielt werde) ein Unternehmerrisiko nicht erblickt werden könne, zumal eine derartige Gestaltungsweise eines Dienstverhältnisses im Wirtschaftsleben durchaus üblich sei.
Die vom Gesellschafter-Geschäftsführer T in Ausübung seines Berufes getätigten Aufwendungen erfolgten zum großen Teil im Namen und auf Rechnung der Beschwerdeführerin, was auch gegen ein Unternehmerrisiko spreche. Soweit vorgebracht worden sei, der Gesellschafter-Geschäftsführer T trage die Aufwendungen in Zusammenhang mit der Erledigung der beruflichen Tätigkeit in seiner Wohnung (z.B. Telefon) genauso selbst wie die Sozialversicherungsbeiträge, werde dem entgegengehalten, dass es im Wirtschaftsleben durchaus üblich sei, Auslagenersätze pauschal über den Geschäftsführerbezug abzugelten. Dieser Umstand spreche daher nicht gegen ein Unternehmerrisiko.
In Würdigung der festgestellten Tatsachen gelange die belangte Behörde zur Auffassung, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer T in der Art eines Dienstnehmers tätig sei. Ihn treffe nämlich kein wie immer geartetes Unternehmerrisiko. Seine Tätigkeit unterliege daher dem Dienstnehmerbegriff des § 2 KommStG 1993. Seine Bezüge zählten daher zur Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 2 KommStG sind Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988 Dienstnehmer.
Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings vom Vorliegen einer - auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden - Weisungsgebundenheit auszugehen und sodann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbstständigkeit oder jene der Selbstständigkeit im Vordergrund stehen. Dem Vorliegen bzw. Fehlen des Unternehmerwagnisses kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 99/14/0339).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Tätigkeit des Geschäftsführers T habe sich mit Eintritt des zweiten Geschäftsführers zum 1. September 1995 geändert. Ab diesem Zeitpunkt lägen beim Geschäftsführer T nicht mehr die in § 22 Z. 2 EStG 1988 angesprochenen "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" vor. Es gebe keine fixe Arbeitszeit, keinen
13. und 14. Bezug, und - wie dies bereits in der Berufung vorgebracht worden sei - keine organisatorische Eingliederung in den geschäftlichen Organismus, keine Regelung der Arbeitstage, keine Überwachung der Arbeit, keinen Urlaubsanspruch, keine Urlaubseinteilung und keine disziplinäre Verantwortlichkeit. Andererseits könne sich ein Geschäftsführer vom anderen vertreten lassen. Wesentlich sei aber, dass der Geschäftsführer T kein fixes Geschäftsführergehalt erhalte, sondern ein umsatzabhängiges Entlohnungssystem mit einer stark erfolgsabhängigen Gewinntangente vereinbart sei. Es seien Abschläge vom Bezug für den Fall des Nichterreichens eines bestimmten Gewinnes durch die Beschwerdeführerin vereinbart. Dieses Wagnis treffe den Geschäftsführer tatsächlich und sei im Hinblick auf die Gewinnentwicklung in der Branche beträchtlich. Mit dieser Vereinbarung über den Geschäftsführerbezug, aus welcher sich das Unternehmerrisiko des Geschäftsführers ergebe, habe sich die belangte Behörde nicht hinreichend auseinander gesetzt. Bei der gegebenen Vereinbarung könne der Monatsbezug des Geschäftsführers zwischen 27.000 S und 162.000 S schwanken.
Ein deutlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko des an der Kapitalgesellschaft Beteiligten steht Einkünften iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1999, 99/14/0255). Es kommt daher im Beschwerdefall - wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - darauf an, ob den Geschäftsführer T ein solches relevantes Unternehmerrisiko getroffen hat.
Das Unternehmerrisiko liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Einnahmen als auch die Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen und damit den materiellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 89/13/0131).
Die Entlohnungsregelung, auf welche sich das Beschwerdevorbringen bezieht, hat die Beschwerdeführerin schon in ihrer Berufungsschrift angesprochen und wird in Grundzügen in dem im Verwaltungsakt einliegenden Bericht der Gemeindeabgaben-Revision vom 1. Juni 1999 samt deren Beilage "Berechnungsschema Geschäftsführergehalt" dargetan. Die belangte Behörde ist in rechtlicher Sicht davon ausgegangen, im umsatz- und gewinnabhängigen Entlohnungssystem könne ein Unternehmerwagnis nicht erblickt werden. Damit hat sie die Rechtslage verkannt und als Folge dessen es auch unterlassen, Sachverhaltsfeststellungen darüber zu treffen, ob tatsächlich ein solches Entlohnungssystem vorliegt und eingehalten wird, wie es im Einzelnen gestaltet ist und ob sich - bei Beachtung der Umsatz- und Gewinnentwicklung der Beschwerdeführerin - aus der gewählten Gestaltung tatsächlich ein Wagnis für den Geschäftsführer T ergibt. Unrichtig ist auch die Auffassung der belangten Behörde, wonach pauschale Aufwandsentschädigungen in Form eines höheren Geschäftsführerbezuges ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko jedenfalls ausschließen.
Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verfahren - nach den im hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, anschaulich und ausführlich dargestellten Grundsätzen - entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zur Geschäftsführerentlohnung treffen müssen. Sie wird sich sodann damit auseinander setzen müssen, ob den Gesellschafter-Geschäftsführer T das in der Beschwerde dargestellte Wagnis der Einnahmenschwankungen trifft. Gegebenenfalls wird sie sich damit auseinander setzen müssen, ob bei Berücksichtigung des Ausmaßes (der Schwankungen) und der Art der auf die Beschwerdeführerin überwälzbaren Aufwendungen des Geschäftsführers ein solches Unternehmerrisiko vorliegt, welches bei der nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gebotenen Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse den Ausschlag gegen ein Dienstverhältnis erbringt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 26. Juli 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000140061.X00Im RIS seit
29.01.2002