TE Bvwg Beschluss 2017/11/14 W240 2158018-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.11.2017

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W240 2158018-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 26.04.2017, Zl. Damaskus -OB/KONS/1144/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX, XXXX , staatenlos, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 10.03.2017, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/0889/2017, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der

bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Damaskus zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 13.10.2016 bei der Österreichischen Botschaft (ÖB) Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der Beschwerdeführerin namens XXXX , bezeichnet, dem durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.09.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Dem Antrags- und Befragungsformular wurden eine Kopie relevanter Seiten des Reisepasses der Beschwerdeführerin, ein Auszug aus dem Zivilstandsregister der syrischen arabischen Republik vom 30.08.2016, wonach die Beschwerdeführerin verheiratet ist, ein am 20.09.2016 erstellter Auszug aus dem Familienzivilregister der arabischen Palästinenser, wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson verheiratet sind, Heiratsurkunde, ausgestellt vom Direktorat für Zivilstandsangelegenheiten in Syrien vom XXXX 2015, wonach die Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson am XXXX 2014 erfolgt sei, als Behörde, die die Heirat vollzog, wurde Scharia Damaskus angeführt, der Eheschließungsvorgang sei ins Zivilregister am XXXX 2015 eingetragen worden, Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung am XXXX 2014 durch das Scharia-Gericht zu Damaskus, ausgestellt vom Schariagericht zu Damaskus am XXXX 2015, neben zwei Trauzeugen sei die Beschwerdeführerin und als Vertreter des Ehemannes sei XXXX bei der Registrierung anwesend gewesen.

2. Mit Schreiben vom 21.02.2017 gab das BFA bekannt, dass eine Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, weil diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen) und eine gültige Ehe auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden sei.

Dazu wurde in der angeschlossenen Stellungnahme des BFA vom 21.02.2017 näher ausgeführt, dass sich im vorliegenden Fall derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben hätten, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. ein Fortsetzen eines bestehenden Familienlebens nicht hätte nachgewiesen werden können. Eine gültige Ehe sei auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht geschlossen worden. Die Ehe sei am XXXX 2015, somit nach Ausreise der Bezugsperson aus Syrien, eingetragen worden, dabei sei die Bezugsperson nicht anwesend gewesen, sondern sei vertreten worden. Gemäß einer Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahr 2009 müsse das Ehepaar die Heiratspapiere, die es vom Schariagericht erhalte, an die Zivilstandsbehörde (Meldeamt) schicken, damit die Ehe staatlich anerkannt werde. Traditionelle Eheschließungen (zB nur vor dem Scheich) würden nicht anerkannt werden. Die Ehe sei am XXXX 2015, sohin nach Ausreise der Bezugsperson, die am XXXX 2015 in Österreich einen Asylantrag stellte, und vor Statuszuerkennung der Bezugsperson am 06.09.2016 eingetragen worden, dies jedoch ohne Beisein des Mannes, zumal dieser bereits in Österreich aufhältig gewesen sei und widerspreche dies daher dem ordre public gemäß § 6 IPR-Gesetz. Eine "Stellvertreter-Ehe" widerspreche eindeutig den Grundwerten der Österreichischen Rechtsordnung. Es folge aus § 6 IPRG, dass die von der Antragstellerin angegebene - in Abwesenheit des Mannes in Syrien geschlossene - Ehe in Österreich keinen Rechtsbestand habe.

Diese vorzitierte Einschätzung teilte die Österreichische Botschaft Damaskus der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.02.2017 mit und räumte die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche ein.

Die Beschwerdeführerin erstattete eine Stellungnahme vom 28.02.2017 und führte darin aus, dass sie und ihr Ehemann staatenlose Plästinenser seien, die beide in Syrien geboren worden seien und dort aufgewachsen seien. Die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei am XXXX 2014 in XXXX geschlossen worden, es handle sich um eine religiöse Eheschließung. Da XXXX zu dieser Zeit belagert gewesen sei, sei es den Ehepartner nicht möglich gewesen, ihre Ehe gerichtlich registrieren zu lassen. Als Beweis wurde auf die Heiratsurkunde und den Auszug aus dem Familienregister verwiesen. Das Ehepaar habe nach der Eheschließung bei den Eltern der Beschwerdeführerin gelebt. In dieser Zeit sei die Beschwerdeführerin schwanger geworden, habe jedoch im November 2015 eine Fehlgeburt erlitten. Dazu wurde eine mit 10.12.2015 datierte ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Geburtshilfe und Gynäkologie vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin im November 2015 im fünften Schwangerschaftsmonat eine Fehlgeburt erlitten habe. Am 11.09.2015 sei der Ehemann und dessen Schwester aus Syrien geflüchtet und hätten am XXXX 2015 in Österreich einen Antrag auf internationelen Schutz gestellt. Am selben Tag sei die Ehe gerichtlich registriert worden, um die Registrierung vorzunehmen, habe die Bezugsperson seine Mutter, XXXX , bevollmächtigt. Verwiesen wurde auf die Spezialvollmacht zur Bestätigung einer Eheschließung. Nach Statusgewährung an den Ehemann habe die Beschwerdeführerin schließlich am 13.10.2016 den gegenständlichen Einreiseantrag an die ÖB Damaskus gestellt. Das Bundesamt führte aus, dass die Ehe der Beschwerdeführerin nicht als gültig anzusehen sei, weil es sich um eine Stellvertreterehe handle, die weder nach syrischen Rechtsvorschriften noch in Österreich als gültig anzusehen sei. Das Bundesamt untermauere diese Einschätzung durch eine Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahre 2009, wonach eine traditionell geschlossene syrische Ehe offiziell registriert werden müsse, um Gültigkeit zu erlangen. Da diese Registrierung im gegenständlichen Fall nach Ausreise der Bezugsperson aus Syrien und durch einen Stellvertreter erfolgt sei, sei sie nicht anzuerkennen. Damit verkenne das Bundesamt die relevante Rechtslage in Syrien. Werde eine Ehe in syrischen rein nach religiösen Regeln geschlossen, müsse diese, um staatliche Gültigkeit zu erlangen, gerichtlich bewilligt werden. Das Gericht prüfe, ob die Formvorschriften der Eheschließung eingehalten worden seien und erteile schließlich die Bewilligung der Ehe. Diese Bewilligung erfolgt rückwirkend, dh die Ehe sei ab religiöser Eheschließung als gültig anzusehen. Während bei der Eheschließung beide Ehepartner anwesend sein müssten, handle es sich bei der Registrierung lediglich um einen Formalakt und sei es möglich, sich bei diesem vertreten zu lassen. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin ihren Ehemann nach den religiösen Vorschriften geheiratet. Diese Ehe sei später durch eine gewählte Vertretung gerichtlich registriert und rückwirkend bewilligt worden. Den syrischen Vorschriften sei somit Rechnung getragen worden, weshalb es sich um eine in Syrien gültige Ehe handle, die bereits vor Ausreise der Bezugsperson bestanden habe. Da es sich bei der Registrierung der Ehe nicht um die Eheschließung selbst handle, könne der Antragstellerin auch keine Stellvertreterehe unterstellt werden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung selbst – am XXXX 2014 – seien beide Ehepartner anwesend gewesen. Somit widerspreche die geschlossene Ehe auch nicht dem Grundsatz des ordre public.

Es wurde mit ihrer Stellungnahme vom 28.02.2017 eine Anfragebeantwortung von Accord vom 20.11.2015 vorgelegt (in der Folge wurde auch die Accord-Anfragebeantwortung zu Syrien vom 02.12.2015 vorgelegt, in dieser werden wesentliche Passagen aus der Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 ebenfalls wiedergegeben). In der Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 wurde insbesondere auch ausgeführt, dass zufolge einer zitierten niederländischen Studie (Universität Leiden) traditionell geschlossene Ehen in Syrien mit ihrer staatlichen Registrierung rückwirkend für den staatlichen Bereich gültig sind. Weiters wurde eine

Auskunftserteilung des deutschen Bundesverwaltungsamt vom Oktober 2011 zitiert, wonach die die Anerkennung eines formfrei geschlossenen Ehevertrages mit der Anerkennung durch das zuständige syrische Gericht von seinem Abschluss an für gültig erklärt werde. Es wurde vorgebracht, dass die gerichtliche Bewilligung von nach religiösen Regeln geschlossenen Ehen in Syrien rückwirkend erfolge. Es liege im gegenständlichen Fall keine "Stellvertreter-Ehe" vor, da die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung am anwesend gewesen seien.

Per Email vom 08.03.2017 teilte das BFA der ÖB Damaskus mit, dass die Stellungnahme samt Unterlagen zur Kenntnis genommen werde. Die Entscheidung bleibe aufrecht. Es wurde darauf verwiesen, dass selbst, wenn man den Ausführungen der Stellungnahme zustimmen würde, zum Zeitpunkt der Ausreise der Bezugsperson keine aufrechte, gültige Ehe bestanden habe und diese erst nachträglich durch Registrierung überhaupt gültig geworden sei.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.03.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege der ausgewiesenen Vertreterin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde insbesondere vorgebrach, dass weder das Bundesamt noch die Botschaft Ermittlungen hinsichtlich des syrischen Eherechts getätigt hätten. Andernfalls hätten auch sie feststellen müssen, dass den syrischen Scharia-Gerichten in Bezug auf Eheschließungen lediglich die Möglichkeit zugesprochen werde, diese zu bewilligen oder dagegen Einspruch zu erheben. Die Eheschließung selbst erfolge stets nach den religiösen Regelungen. Sich im Rahmen des Bewilligungsverfahrens vertreten zu lassen, könne somit keineswegs als "Stellvertreter-Ehe" ausgelegt werden. In der Stellungnahme vom 28.02.2017 sei umfassend das bisherige Familienleben angegeben worden und es seien Beweismittel, die diese Ausführungen belegen, übermittelt worden. Das Bundesamt und die Botschaft hätten es in der Folge allerdings unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen. Nicht erkennbar sei, ob die Ausführungen der Stellungnahme ignoriert oder aber in der Bescheidbegründung allfällig getroffene Erwägungen nicht dargestellt worden seien. Dies stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der nicht nur eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sondern sogar ein willkürliches Verhalten der Behörde dar und belaste dies den Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

Aufgrund der seitens der Behörde begangenen Verletzung von Verfahrensvorschriften gelange diese schließlich zu einem inhaltlich rechtswidrigen Ergebnis. Die Stellungnahme habe umfassend dargestellt, dass es sich bei der Ehe der Beschwerdeführerin um eine gültige Ehe handle, welche bereits im Herkunftsstaat bestanden habe und nicht dem Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspreche. Die Beschwerdeführerin entspreche somit der Definition des § 35 Abs. 5 AsylG, weshalb ihr die Einreise zu gewähren sei. Der angefochtene Bescheid sei somit das Resultat mehrfacher Verletzungen der Verfahrensvorschriften sowie Verkennungen der Rechtslage. Hätte die Behörde die genannten Fehler nicht begangen, hätte sie zu einem günstigeren Ergebnis gelangen müssen.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.04.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Verletzung des Parteiengehörs behauptet werde. In der Beschwerde werde verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt zu werden brauche. Im Übrigen teile die belangte Behörde die rechtliche Beurteilung des BFA in der Stellungnahme vom 21.02.2017.

Mit Eingabe vom 31.05.2017 wurde eine Berichtigung zum gegenständlichen Fall vom ÖRK übermittelt. Die Bezugsperson sei nicht – wie in der Stellungnahme vom 28.02.2017 irrtümlich angegeben – am 11.09.2015 aus Syrien gereist, sondern erst Anfang Oktober 2015. Dies habe sowohl die Bezugsperson wie auch ihre Schwester vor dem BFA zu Protokoll gegeben. Verwiesen wurde darauf, dass die Bezugsperson bereits in der Einvernahme vom 06.09.2016 die Beschwerdeführerin als Ehefrau und deren erlittene Fehlgeburt angegeben habe. Als Beweis dafür wurden die Niederschriften der Bezugsperson vom 07.11.2015 und vom 06.09.2016 übermittelt.

Aus der übermittelten Einvernahme der Bezugsperson vom 06.09.2016 ergibt sich, dass die Bezugsperson angegeben hatte, mit der Beschwerdeführerin seit XXXX 2014 verheiratet zu sein und dass diese im vierten Monat schwanger sei.

5. Am 27.04.2017 stellte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertreterin gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag, in welchem im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen verwiesen wurde.

Per Email vom 27.06.2017 wurden hinsichtlich der Beschwerdeführerin eine Bestätigung der UNO Organisation "UNRWA", wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson verheiratet seien, weiters wurde eine Wohnortbestätigung betreffend die Bezugsperson übermittelt.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde eine Unterstützungserklärung einer österreichischen Juristin übermittelt, welche darauf verwies, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann anerkannte UNHCR-Flüchtlinge aus Palästina und somit staatenlos seien. Das BFA sei nicht darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann staatenlose Personen seien. Aufgrund der Sicherheitslage im Flüchtlingslager sei es nicht früher möglich gewesen, die staatliche Eintragung der Ehe durchzuführen. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eintragung schwanger gewesen sei, was im Ehedokument niedergeschrieben worden sei, sei ein evidenter Hinweis darauf, dass es sich um keine Stellvertreterehe handle. Weiters habe die Bezugsperson bei der Einvernahme vor dem BFA am 06.09.2016 bejaht, verheiratet zu sein und die Beschwerdeführerin namentlich genannt. Weiters wurde eine Accord-Anfragebeantwortung zu Syrien hinsichtlich Eheschließungen vom 02.12.2015 vorgelegt.

6. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde

2.1. Gesetzliche Grundlagen:

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[ ]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[ ]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[ .]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

Angesichts der am 13.10.2016 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 145/2017 - FrÄG 2017 – geänderte und am 1.11.2017 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich (die in der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 normierten begünstigenden Übergangsbestimmungen im AsylG 2005 für Einreiseantragsteller gemäß § 35 AsylG 2005 kommen im Beschwerdefall angesichts des nicht innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Novelle mit 1. Juni 2016 gestellten Einreiseantrags nicht zur Anwendung, vgl. § 75 Abs. 23 und Abs. 24 AsylG 2005).

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

----------

-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist und

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

----------

-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 idgF lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

----------

-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

-3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12.11.2014, Zl. Ra 2014/20/0029 (unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Ekenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden."

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:

"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

2.3. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Es gründet sich die angefochtene Entscheidung in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 26.04.2017 hinsichtlich der syrischen Eherechtslage ausschließlich auf die Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahr 2009 und die Ermittlungen eines polizeilichen Verbindungsbeamten. Allerdings hat es das Bundesamt unterlassen, das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie die von ihr vorgelegten Unterlagen zur Gänze zu würdigen. Insbesondere stimmen die Angaben der Beschwerdeführerin mit den Ausführungen der Bezugsperson in deren Asylverfahren in Österreich sowie mit den vorgelegten Unterlagen überein, wesentliche Widersprüche oder Ungereimtheiten konnten nicht festgestellt werden. In der Folge sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet.

Die Behörde ist im Verfahren davon ausgegangen, dass einer Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson erst am XXXX 2015 eingetragen worden sei. Sie hat völlig die Fragestellung ausgeblendet, ob tatsächlich diese Ehe – wie wiederholt von der Beschwerdeführerin und übereinstimmend im Verfahren der Bezugsperson von dieser behauptete, bereits am XXXX 2014 in traditionell-religiöser Form geschlossen worden ist. Vorgelegt wurden zum Nachweis der Eheschließung insbesondere ein am 20.09.2016 erstellter Auszug aus dem Familienzivilregister der arabischen Palästinenser, wonach die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson verheiratet sind, Heiratsurkunde, ausgestellt vom Direktorat für Zivilstandsangelegenheiten in Syrien vom XXXX 2015, wonach die Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson am XXXX 2014 erfolgt sei. Als Behörde, die die Heirat vollzog, wurde Scharia Damaskus angeführt, der Eheschließungsvorgang sei ins Zivilregister am XXXX 2015 eingetragen worden, Bescheinigung über die Bestätigung einer Eheschließung am XXXX 2014 durch das Scharia-Gericht zu Damaskus, ausgestellt vom Schariagericht zu Damaskus am XXXX 2015, neben zwei Trauzeugen sei die Beschwerdeführerin und als Vertreter des Ehemannes sei XXXX bei der Registrierung anwesend gewesen. Verwiesen wurde auf die Spezialvollmacht zur Bestätigung einer Eheschließung.

Die Ehe sei am XXXX 2015, somit nach Ausreise der Bezugsperson aus Syrien, eingetragen worden, dabei sei die Bezugsperson nicht anwesend gewesen, sondern sei vertreten worden. Gemäß einer Anfragebeantwortung der ÖB Amman aus dem Jahr 2009 müsse das Ehepaar die Heiratspapiere, die es vom Schariagericht erhält, an die Zivilstandsbehörde (Meldeamt) schicken, damit die Ehe staatlich anerkannt werde. Traditionelle Eheschließungen (zB nur vor dem Scheich) würden nicht anerkannt werden.

Die Behörde hat jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob die behauptete Ehe nach der traditionellen Eheschließung im Herkunftsstaat bestanden hat.

Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Behörde solche Feststellungen nicht für relevant angesehen hat, weil sie keine fundierten Feststellungen über die syrische Eherechtslage hinsichtlich der Form der Eheschließung und der Wirkung einer allfälligen späteren gerichtlichen Bestätigung einer solchen Ehe und deren Eintragung in das Personenstandsregister getroffen hat. Dies wäre allerdings spätestens mit der Vorlage der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 28.02.2017 geboten gewesen, da sich aus der damit vorgelegten Anfragebeantwortung vom 20.11.2015 gewichtige Hinweise auf eine rückwirkende Gültigkeit von traditionell-religiös geschlossenen Ehen in Syrien mit der gerichtlichen Bestätigung bzw. der Eintragung in das Personenstandsregister ergeben haben.

Es wurde neben der Anfragebeantwortung von Accord vom 20.11.2015 zu Syrien in der Folge auch die Accord-Anfragebeantwortung zu Syrien vom 02.12.2015 vorgelegt. In den vorzitierten Anfragebeantwortungen wurde insbesondere auch ausgeführt, dass zufolge einer zitierten niederländischen Studie (Universität Leiden) traditionell geschlossene Ehen in Syrien mit ihrer staatlichen Registrierung rückwirkend für den staatlichen Bereich gültig sind. Es wurde vorgebracht, dass die gerichtliche Bewilligung von nach religiösen Regeln geschlossenen Ehen in Syrien rückwirkend erfolge. Es liege in derartigen Fällen keine "Stellvertreter-Ehe" vor, da die Ehepartner zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung anwesend gewesen seien. In der Anfragebeantwortung vom 02.12.2015 zu syrischen Ehen wird festgehalten, dass die Registrierung und somit rückwirkende Anerkennung einer traditionellen oder gewohnheitsrechtlich geschlossenen Ehe rechtliche Voraussetzungen vorsehe. Wenn jedoch ein Kind geboren worden sei oder eine offensichtliche Schwangerschaft vorliege, würde die Ehe auch ohne Erfüllung der Voraussetzungen (an anderer Stelle der Anfragebeantwortung: prompt) von den Gerichten anerkannt.

Im gegenständlichen Fall gab die Beschwerdeführerin an, dass in der Zeit nach der traditionellen Eheschließung bis zur Ausreise der Bezugsperson die Eheleute zusammengelebt hätten und sich ein Familienleben auch draus ergebe, dass die Beschwerdeführerin behauptet, schwanger gewesen zu sein und im November 2015 eine Fehlgeburt erlitten zu haben, worüber eine mit 10.12.2015 datierte ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Geburtshilfe und Gynäkologie vorgelegt wurde. Auch die Bezugsperson hatte in seinem Asylverfahren angegeben, seine Ehefrau sei schwanger. Auch auf dieses Vorbringen war jedoch nicht eingegangen worden.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde in der Unterstützungserklärung einer österreichischen Juristin vom Juni 2017 zudem darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann anerkannte UNHCR-Flüchtlinge aus Palästina und somit staatenlos seien. Die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei am XXXX 2014 in XXXX geschlossen worden, es handle sich um eine religiöse Eheschließung. Da XXXX zu dieser Zeit belagert gewesen sei, sei es den Ehepartner nicht möglich gewesen, ihre Ehe gerichtlich registrieren zu lassen. Das BFA hat jedoch keinerlei Ermittlungen zum behaupteten Umstand angestellt, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann staatenlose Personen seien und es ihnen aufgrund ihres Aufenthaltsortes nicht möglich gewesen sein soll, die Ehe registrieren.

2.4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ehe, Ehepartner, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W240.2158018.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten