TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/14 W221 2175709-1

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Veröffentlicht am 14.11.2017
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Entscheidungsdatum

14.11.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z4
FPG §94 Abs5
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W221 2175709-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2017, Zl. 820951003-170303833, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 4 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 stattgegeben und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer am XXXX, basierend auf dem ihm zuvor rechtskräftig erteilten Flüchtlingsstatus sowie dessen entsprechenden Antrag hin, ein Konventionsreisepass ausgestellt, welcher bis zum XXXX seine Gültigkeit behielt.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX vom Landesgericht für XXXX, gemäß § 114 Abs. 1 FPG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Am 08.03.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf (neuerliche) Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

In seiner Stellungnahme vom 21.08.2017 führte der Beschwerdeführer nach Einräumung eines Parteiengehörs aus, dass er seinem Cousin helfen habe wollen und ihn nach Wien geholt habe. Ihm sei nicht bewusst geworden, dass dies strafbar sei. Es tue ihm sehr leid und er habe sich seit zweieinhalb Jahren nichts mehr zu schulden kommen lassen. Er arbeite als Transitarbeitskraft und sei sehr um seine Integration bemüht.

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 4 FPG abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass er zur Unterstützung der Familie lediglich Hilfsleistungen ohne jegliches Entgelt erfüllt habe, die er bereue. Er verhalte sich seitdem gesetzestreu und werde so ein Verhalten in Zukunft nicht mehr setzen. Die Annahme, dass er das Dokument benützen wolle, um Schlepperei zu begehen setze Bereicherungsvorsatz vor, was beim Beschwerdeführer nicht vorgelegen habe. Darüber hinaus liege seit drei Jahren Wohlverhalten vor. Der Beschwerdeführer habe mehrere Familienangehörige und Bekannte in anderen Mitgliedstaaten der EU, sodass eine Einreise in diese Staaten notwendig sei, um seine sozialen Beziehungen aufrecht zu erhalten, sodass eine Verletzung von Art. 8 EMRK vorliege.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 18.09.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages auf Ausstellung eines Konventionspasses vom 08.03.2017, der Stellungnahme des Beschwerdeführers, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister, das Grundversorgungssystem und das Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien. Er reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, stattgegeben wurde, sodass ihm der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Der Beschwerdeführer verfügte in weiterer Folge bis zum XXXX über einen Konventionsreisepass.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX vom Landesgericht für XXXX, gemäß § 114 Abs. 1 FPG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

In diesem Urteil wurde der Beschwerdeführer (mit einer zweiten Person) für schuldig befunden, am XXXX die rechtswidrige Einreise und Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem sie einen syrischen Staatsangehörigen gegen ein Entgelt in unbekannter Höhe in XXXX zwecks Weiterschleppung ins Zielland XXXX übernahm. Als erschwerend wurden im Urteil keine Umstände gewertet und als mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel und der Widerspruch der Tat zum sonstigen Verhalten des Beschwerdeführers.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt, die Angaben des Beschwerdeführers sowie auf das Urteil des Strafgerichts und sind soweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Verfahren wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Auch wurde in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches die Abhaltung einer Verhandlung erfordert hätte. Verfahrensgegenständlich ist vielmehr die rechtliche Würdigung eines feststehenden Sachverhaltes, weshalb auch nicht von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen war.

Zu A)

Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.

Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen. Gemäß Abs. 5 gelten im Übrigen die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93.

Gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.

Nach dem Wortlaut der Bestimmung (" ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ") ist der Behörde kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (VwGH 17.02.2006, 2006/18/0030; 24.09.2009, 2009/18/0155).

Die Schaffung eines speziell auf Schlepperei abgestellten Versagungstatbestand im FPG bedeutet nicht, dass durch den Aufenthalt eines wegen dieses Fehlverhaltens verurteilten Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich nicht gefährdet sein würde. Vielmehr war dem Gesetzgeber des FPG daran gelegen, durch die Anführung eines eigenen auf die Schlepperei abgestellten Versagungstatbestandes das besonders große Gefährdungspotential dieses Fehlverhaltens für die innere oder äußere Sicherheit Österreichs hervorzuheben (VwGH 17.02.2006, 2006/18/0030).

Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht seine festgestellte rechtskräftige Verurteilung. Dem Beschwerdeführer liegt somit zur Last, ein Mal unter Beteiligung eines weiteren Täters einen Fremden geschleppt zu haben (§ 114 Abs. 1 FPG).

Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die durch Schlepperei bewirkte erhebliche Gefährdung der öffentlichen (inneren) Sicherheit stellt ein von den Strafgerichten zu ahndendes Delikt dar.

Die Versagung eines Konventionsreisepasses stellt eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetz geforderte Annahme gerechtfertigt ist (Zukunftsprognose), ist festzustellen, ob Tatsachen vorliegen, die diese Annahme rechtfertigten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn bereits einschlägige Tathandlungen, so etwa die tatsächliche Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise von Fremden, diese Gefahr indizierten, noch dazu, wenn diese Tathandlungen durch eine gerichtliche Verurteilung festgestellt sind. Da der Beschwerdeführer den Tatbestand der gerichtlich strafbaren Schlepperei verwirklicht hat, dient die Nichtausstellung eines Konventionsreisepasses der Verhinderung von weiteren Straftaten dieser Art durch Reisen ins Ausland. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass er die Schlepperei unentgeltlich gemacht habe, doch widerspricht dies den Feststellungen des Strafgerichts, wonach der Beschwerdeführer die Tat begangen hat, um sich oder einen Dritten zu bereichern. Doch auch eine Unentgeltlichkeit würde an diesen Erwägungen nichts ändern, da selbst an der Verhinderung der Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht (zB als Freundschaftsdienst oder aus familiären Gründen) ein großes öffentliches Interesse besteht, das die Versagung eines Konventionsreisepasses rechtfertigt (vgl. VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345 mit Verweis auf VwGH 24.06.2010, 2009/21/0084). Aus diesem Grund geht auch die Beschwerdebehauptung ins Leere, dass es einer Bereicherungsabsicht bedarf, um die Ausstellung eines Konventionspasses zu verweigern.

Vor diesem Hintergrund kann eine Zukunftsprognose zur Zeit keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen und die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr iSd § 92 Abs. 1 Z 4 FPG bzw. die dadurch gerechtfertigte Annahme ist auch durch das seitherige Wohlverhalten des Beschwerdeführers nicht entscheidend zu relativieren, sind doch seit seiner Verurteilung am18.02.2015 erst knapp über zweieinhalb Jahre vergangen, in denen sich der Beschwerdeführer insofern wohlverhalten hat, als dass er keine weitere Straftat begangen und eine Arbeit gefunden hat. Der verstrichene Zeitraum ist daher jedenfalls noch zu kurz, um nunmehr von einem Wegfall der aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers gerechtfertigten Annahme, dass er das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, ausgehen zu können (vgl. zB VwGH 24.09.2009, 2009/18/0155 mit einem Zeitraum von fünf Jahren, oder VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253 mit einem Zeitraum von acht Jahren sowie VwGH 10.04.2014, 2013/22/0314 mit einem Zeitraum von elf Jahren und acht Monaten).

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei Schleppereidelikten die Wiederholungsgefahr groß ist, sodass die Gefahr besteht, dass der Konventionsreisepass zu diesem Zweck missbraucht werden könne. Dass der Beschwerdeführer, der zum Tatzeitpunkt im Besitz eines Konventionsreisepasses war, diesen tatsächlich für den verpönten Zweck benutzt hat, ist keine Voraussetzung für den Versagungsgrund des § 92 Abs. 1 Z 4 FPG (VwGH 07.07.2009, 2007/18/0243 sowie VwGH 26.11.2009, 2009/18/0460).

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde eine Verletzung des Art. 8 EMRK behauptet, weil er Verwandte in anderen EU-Staaten nicht besuchen könne, ist darauf hinzuweisen, dass mit der Versagung eines Konventionsreisepasses in das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nicht eingegriffen wird. Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist außerdem auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (VwGH 07.07.2009, 2007/18/0243; 24.06.2010, 2009/21/0084).

Die Darstellung der familiären und beruflichen Situation des Beschwerdeführers in der Beschwerde hat an der Entscheidung nichts ändern können, weil die Versagung eines Konventionsreisepasses bei Vorliegen der in § 92 Abs. 1 Z 4 FPG genannten Umstände zwingend ist, sodass dabei (wie bereits erwähnt) kein Ermessen ausgeübt werden kann.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Ausstellung eines Konventionsreisepasses verwehrt, sodass die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 94 Abs. 5 iVm§ 92 Abs. 1 Z 4 FPG abzuweisen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen (Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Konventionsreisepass, Reisedokument, Schlepperei, strafrechtliche
Verurteilung, Versagungsgrund, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W221.2175709.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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