Entscheidungsdatum
20.11.2017Norm
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1Spruch
W214 2158990-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 22.04.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.09.2014 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zur Zahl XXXX vom 02.09.2015, rechtskräftig geworden am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung jeweils nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 15 Abs. 1, 125 StGB, des Vergehens der Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von neun Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom 10.02.2016, rechtskräftig geworden am selben Tag, wegen des Verbrechens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 zweiter Fall StGB, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von 15 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Schließlich wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom 07.06.2016, rechtskräftig geworden nach Berufung am 12.10.2016, wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 StGB, der Vergehen der schweren Körperverletzung jeweils nach §§ 15 Abs. 1, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten verurteilt. Darüber hinaus wurde die gewährte bedingte Strafnachsicht zur vorangegangenen Verurteilung (031 Hv 59/15g) widerrufen.
4. Das BFA leitete mit Aktenvermerk vom 23.02.2017 ein Asylaberkennungsverfahren ein, setzte es am selben Tag aus und führte es mit Aktenvermerk vom 16.03.2017 fort, weil sich aus den nunmehr vorliegenden Urteilsausfertigungen ein Verbrechenstatbestand ergeben und sich eine besondere Gewaltneigung objektiviert habe, weshalb der Beschwerdeführer als Gefährdung für die öffentliche Sicherheit eingestuft werde. Weiters wurde eine Stellungnahme der Haftanstalt eingeholt, in der sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt befunden hat, wobei keine Auffälligkeiten gemeldet wurden.
5. Am 13.04.2017 wurde der Beschwerdeführer vom BFA zur geplanten Asylaberkennung auf Arabisch einvernommen. Zu den mehrfachen Drohungen gegen Beamte befragt, gab er zunächst an, dass er niemanden bedroht habe. Später relativierte er aber, dass er nervös und psychisch unter Druck sei und deshalb manchmal die Kontrolle verloren habe. Zur letzten Verurteilung wegen Sachbeschädigung in der Gefängniszelle befragt, gab er an, dass es sich dabei nicht um ein richtiges Feuer sondern um einen einfachen Vorfall gehandelt habe. Unter Vorhalt seines Problems mit der österreichischen Staatsgewalt in Form von Polizisten, Justizwachebeamten und Richtern, gestand er ein, dass sein Verhalten nicht normal sei, führe es aber auf seine psychischen Probleme zurück. Weiters wurden ihm 13 verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vorgehalten, zu denen sich der Beschwerdeführer nicht äußerte. Schließlich wurde er zu seiner Integration in Österreich befragt.
6. Mit angefochtenem Bescheid erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den mit Bescheid vom 19.09.2014, Zl. XXXX, zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 leg. cit. fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt, jedoch gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Syrien zulässig sei sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt werde (Spruchpunkte III. und IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer das Verbrechen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt mit dem Qualifikationstatbestand der schweren Nötigung begangen habe, wobei von einer besonderen Schwere auszugehen sei, weil derartige Angriffe auf mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung betraute Beamte stets nicht nur die Beamten als Einzelpersonen schädigen, sondern durch diese Verbrechen auch das Vertrauen der Allgemeinheit in die staatliche Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der genannten Rechtsgüter nachhaltig erschüttert werde, wodurch im Ergebnis die Gesellschaft als Gesamtes Schaden erfahre. Die Behörde gehe aufgrund der Verurteilungen bzw. Vormerkungen des Beschwerdeführers und seinem bisherigen Verhalten davon aus, dass er eine erhebliche und nicht zu unterschätzende Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Insbesondere seine Neigung zur Androhung von exzessiver Gewalt gegenüber Organen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zeige, dass er keinerlei Respekt vor der Staatsgewalt habe, sondern dieser sogar ablehnend bis feindselig gegenüberstehe. Auch habe er neben den strafrechtlichen Verurteilungen auffallend oft gegen Gesetze verstoßen und aufgrund aggressiven Verhaltens gegenüber Polizeibeamten mehrfache Verwaltungsstrafen erhalten. Sogar innerhalb offener Probezeit und während aufrechter Haft habe er Justizwache- und Polizeibeamte bedroht oder attackiert. Dies lege in Verbindung mit den Drohungen islamistischen Inhalts und der amtsärztlichen Feststellung, er sei ein religiöser Fanatiker, der Österreich hasse, nahe, dass er für die Sicherheit der Republik in hohem Ausmaß gefährlich sei und zu befürchten sei, dass er in Zukunft nicht nur Beamte oder Bürger bei objektiv nichtigen Anlässen angreifen und schwere Gewalttaten begehen werde, sondern ihm jedenfalls auch zuzutrauen sei, terroristisch aktiv zu werden und so neben der Leben einer großen Anzahl an Personen auch die verfassungsmäßige Ordnung der Republik zu gefährden.
Hinsichtlich der Situation im Fall einer Rückkehr werde zwar nicht verkannt, dass die Sicherheitslage in Teilen Syriens prekär sei, ihm jedoch mittlerweile (wie herangezogene aktuelle Medienberichte ergeben hätten) die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stehe. Auch sei der erkennenden Behörde bekannt, dass immer wieder Asylwerber oder Schutzberechtigte freiwillig nach Syrien ausreisen würden, was nicht der Fall wäre, wenn die Situation tatsächlich lebensbedrohlich wäre. Auch habe er angegeben, dass seine Mutter und sein Bruder weiterhin in Syrien leben würden. Es bestehe kein schützenswertes Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstünde.
Da vom Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgegangen werde, sei die Verhängung eines bis zu zehn Jahren befristeten Einreiseverbots rechtlich geboten.
7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.05.2017 rechtzeitig Beschwerde. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass bei seinen drei Verurteilungen im Hinblick auf internationale Standards nicht von besonders schweren Verbrechen auszugehen sei. Darunter würden jedenfalls die sogenannten Kapitalverbrechen wie etwa Mord, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, schwerer Raub, Drogenhandel, Brandstiftung, usw. fallen. Die vom Beschwerdeführer begangenen Taten würden aber nicht in diese Kategorie fallen. Besonders deutlich werde dieser Aspekt darin, dass das Landesgericht Salzburg trotz einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten mit nur fünf Monaten unbedingt ein Auslangen gefunden habe. Da auch bei der Beurteilung des Vorliegens eines "besonders schweren Verbrechens" eine Einzelfallprüfung vorzunehmen sei, wäre es vermessen, völlig entgegen der Einschätzung durch das Straflandesgericht von einer gemeingefährlichen Tat, die einem Kapitalverbrechen entspricht, auszugehen. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer mehrmals betont, dass sein aggressives Verhalten auf psychische Probleme zurückzuführen sei. Er sei deshalb auch 2015 in Behandlung gewesen. Eine weitere ärztliche Untersuchung sei von der belangten Behörde aber nicht angeordnet worden.
Weiters habe die belangte Behörde nicht geprüft, ob zum Zeitpunkt des Aberkennungsbescheides noch ein Asylgrund vorgelegen habe bzw. ob im Fall einer Rückkehr nach Syrien sein Leben bedroht würde. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich, dass sich die Situation in Syrien nicht verbessert habe und die Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer noch aktuell sei. Die belangte Behörde sei jedoch mit keinem Wort auf seinen Fluchtgrund eingegangen und habe nicht konkret und fallbezogen dargelegt, warum diese Verfolgungsgründe nicht mehr vorliegen würden, sondern allgemein festgehalten, dass innerstaatliche Fluchtalternativen gegeben seien. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung verstoße daher gegen den "non-refoulement"-Grundsatz. Eine Duldung habe die belangte Behörde überhaupt nicht geprüft.
8. Die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde vom BFA am 22.05.2017 (eingelangt am 28.05.2017) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
9. Mit Schreiben vom 28.08.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Beschluss des Vollzugsgerichts vorgelegt, mit dem die bedingte Entlassung am XXXX2017 bewilligt wurde. Aus einem am 20.11.2017 eingeholten Strafregisterauszug geht hervor, dass der Beschwerdeführer zu dem genannten Datum entlassen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsbürger muslimischen Glaubens, gehört der arabischen Volksgruppe an und stellte am 22.04.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.09.2014 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
1.3. Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.
1.4. Dem Beschwerdeführer liegen im Bundesgebiet folgende Verurteilungen zur Last:
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zur Zahl 062 XXXX vom 02.09.2015, rechtskräftig geworden am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung jeweils nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Sachbeschädigung nach §§ 15 Abs. 1, 125 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von neun Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom 10.02.2016, rechtskräftig geworden am selben Tag, wegen des versuchten Verbrechens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 zweiter Fall StGB, des versuchten Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von 15 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Schließlich wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom 07.06.2016, rechtskräftig geworden nach Berufung am 12.10.2016, wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB, des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 StGB, der Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung jeweils nach §§ 15 Abs. 1, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten verurteilt. Darüber hinaus wurde die gewährte bedingte Strafnachsicht zur vorangegangenen Verurteilung (031 Hv 59/15g) widerrufen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität, Nationalität und zu den familiären Verhältnissen gründen sich auf den Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren bzw. im Asylaberkennungsverfahren. Sie finden auch Deckung in den Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Strafregister, Grundversorgungsinformationssystem). Die ursprüngliche Asylgewährung ist aus dem vorliegenden Akteninhalt ersichtlich.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus den dem Verwaltungsakt beiliegenden strafgerichtlichen Urteilen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A) Aufhebung:
3.2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1), einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2) oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).
Gemäß § 6 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt (Z 1), einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt (Z 2), er aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 3) oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. 60/1974, entspricht (Z 4).
3.2.2. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall die Aberkennung des dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 19.09.2014 zuerkannten Status des Asylberechtigten spruchmäßig auf die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 – sohin auf die Bestimmung, dass der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist – gestützt. Zu diesen Gründen gehört die freiwillige Unterschutzstellung unter den Schutz des Heimatlandes (Z1), der freiwillige Wiedererwerb der verlorenen Staatsbürgerschaft (Z 2), der Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft und der Genuss des Schutzes dieses Staates (Z 3), die freiwillige Niederlassung im Verfolgerstaat (Z 4), der Wegfall der asylbegründenden Umstände (Z 5) sowie bei Staatenlosen, dass sie aufgrund des Wegfalls der asylbegründenden Umstände und Gründe in den früheren Aufenthaltsstaat zurückkehren können (Z 6).
Aufgrund der allein normativen Wirkung des Spruches, wobei jedoch im vorliegenden Fall keiner der soeben genannten Endigungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention zutrifft, ist der Bescheid jedenfalls mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und gemäß § 28 Abs. 2 VwGV ersatzlos zu beheben.
3.2.3. Im Widerspruch zur im Spruch bezeichneten Bestimmung stützt sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides einerseits auf § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 und andererseits auf § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3, im Wesentlichen also darauf, dass der Beschwerdeführer ein besonders schweres Verbrechen begangen habe und als gemeingefährlich anzusehen sei. Aus folgenden Gründen ist der Bescheid jedoch auch aus diesem Blickwinkel mit Rechtswidrigkeit behaftet:
Gemäß Art. 33 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.
Nach Art. 33 Z 2 GFK kann der Vorteil dieser Bestimmung jedoch von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der Flüchtling, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.
Für den hier vorliegenden Fall, der gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zu beurteilen wäre, müssen wegen der wörtlich gleichen Voraussetzungen die gleichen Maßstäbe gelten, auf die sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in den bisherigen Vorerkenntnissen (VwGH 06.10.1999, 99/01/0288; 24.11.1999, Z 99/01/0314; 12.09.2002, 99/20/0532) zu § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 bezogen haben (vgl. VwGH 03.12.2002, Z 99/01/0449).
Wie der Verwaltungsgerichtshof – erstmals – in seinem Erkenntnis vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0288, unter Hinweis auf Art. 33 Z 2 GFK ausgeführt hat, müssen nach "internationaler Literatur und Judikatur" kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss
– ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,
– dafür rechtskräftig verurteilt worden,
– sowie gemeingefährlich sein und
– es müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (Güterabwägung).
Zur nunmehr anzunehmenden Bedeutung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" verwies der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auf einschlägige Literatur (Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, [1990] S 227 ff. und Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, [1999] Rz 455), wonach "typischerweise schwere Verbrechen" "etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen" seien. Es müsse sich um Straftaten handeln, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Allerdings genüge es nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden sei. Die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Unter anderem sei auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen und der Entscheidung eine Zukunftsprognose zugrunde zu legen (so auch die Judikatur des VwGH zu § 13 Abs. 2 AsylG 1997, der Vorgängerregelung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, VwGH 03.12.2002, 99/01/0449; 27.04.2006, 2003/20/0050; 05.10.2007, 2007/20/0416). Andererseits setze die Entscheidung eine Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Flüchtlings überwiegen, voraus (VwGH 15.12.2006, 2006/19/0299; 05.10.2007, 2007/20/0416).
Im Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, wann ein "typischerweise schweres Verbrechen" ausreichend sei, um "besonders schwer" zu sein, "illustrativ" an, dass in der Bundesrepublik Deutschland etwa für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall Genfer Flüchtlingskonvention bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert worden sei.
In der Regierungsvorlage zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 (RV 952 BlgNR 22. GP, 36), auf welchen § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verweist, wird erläuternd Folgendes ausgeführt:
"Die Z 3 und 4 des Abs. 1 entsprechen inhaltlich dem bisherigen § 13 Abs. 2 AsylG. Unter den Begriff ‚besonders schweres Verbrechen‘ fallen nach Kälin, Grundriss des Asylverfahrens (1990), S 182 und 228 (ua. mit Hinweis auf den UNHCR) und Rohrböck, (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) Rz 455, mit weiteren Hinweisen auf die internationale Lehre), nach herrschender Lehre des Völkerrechts nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (vgl. VwGH 10.06.1999, 99/01/0288). Zu denken wäre aber auch – auf Grund der Gefährlichkeit und Verwerflichkeit – an besondere Formen der Schlepperei, bei der es zu einer erheblichen Gefährdung, nicht unbedeutenden Verletzung oder gar Tötung oder während der es zu erheblichen mit Folter vergleichbaren Eingriffen in die Rechte der Geschleppten kommt. Die aktuelle Judikatur in Österreich, wie in anderen Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention, verdeutlicht, dass der aus dem Jahre 1951 stammende Begriff des ‚besonders schweren Verbrechens‘ des Art. 33 Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention einer Anpassung an sich ändernde gesellschaftliche Normenvorstellungen zugänglich ist."
3.2.4. Wie sich aus dem Strafregisterauszug und den beigeschafften Strafurteilen ergibt, wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 02.09.2015 zur Zahl XXXX, rechtskräftig am gleichen Tag, wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung jeweils nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Sachbeschädigung nach §§ 15 Abs. 1, 125 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 2 StGB bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von neun Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Dem Verbrechen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer versucht hat, die Haft- und Rechtschutzrichterin des Landesgerichts XXXX durch gefährliche Drohung mit einer Brandstiftung zu einer Amtshandlung, und zwar seiner Freilassung zu nötigen. Als Milderungsgründe wurden gewertet die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, eine leichte Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit, sein teilweises Tatsachengeständnis und der teilweise Versuch; als Erschwerungsgründe das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie die teilweise Begehung der Taten bei bereits anhängigem Verfahren.
Weniger als ein halbes Jahr später wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 10.02.2016 zur Zahl XXXX, rechtskräftig geworden am selben Tag, wegen des versuchten Verbrechens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 zweiter Fall StGB, des versuchten Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten verurteilt, wovon ein Teil von 15 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Dem Verbrechen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer versucht hat, zwei Polizeibeamte durch gefährliche Drohung mit dem Tode an einer Amtshandlung, nämlich der Aufrechterhaltung seiner Festnahme nach dem VStG, zu hindern. Als Milderungsgründe wurden das Geständnis, die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Tatsche, dass die Taten teilweise beim Versuch geblieben sind, gewertet. Als Erschwerungsgründe wurden die einschlägige Vorstrafe, der rasche, innerhalb offener Probezeit begangene Rückfall sowie das Zusammentreffen mehrerer Vergehen mit einem Verbrechen berücksichtigt.
Die jüngste Verurteilung mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX vom 07.06.2016, rechtskräftig geworden nach Berufung am 12.10.2016, bezog sich wie festgestellt lediglich auf Vergehen. Darüber hinaus wurde die gewährte bedingte Strafnachsicht zur vorangegangenen Verurteilung (XXXX) widerrufen.
Dass der Beschwerdeführer (mehrmals) rechtskräftig verurteilt wurde, ist somit unbestritten.
3.2.5. Im Sinne der oben dargelegten Judikatur handelt es sich bei dem Verbrechen "Widerstand gegen die Staatsgewalt unter Anwendung von schwerer Nötigung" nicht um ein "typischerweise" den besonders schweren Verbrechen im Sinne des Gesetzes zurechenbaren Tatbestand. Weiters genügt es für das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes nicht, dass ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die typischerweise zu den besonders schweren Verbrechen zählenden Tatbeständen werden im Allgemeinen mit lebenslanger bzw. mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht und/oder beziehen sich auf moralisch besonders verwerfliche Angriffe auf wichtige Rechtsgüter. Illustrativ nannte der VwGH in seiner Rechtsprechung eine tatsächlich verhängte Strafe von mehr als drei Jahren, um ein Delikt als besonders schwer zu qualifizieren.
Im konkreten Fall kann die Tat mit Blick auf den generellen Strafrahmen weder objektiv noch subjektiv als besonders schwerwiegend gewertet werden. Die konkret herangezogenen Straftaten des Beschwerdeführers erreichen einen maximalen Strafrahmen von fünf Jahren. Aus der Verurteilung zu teilbedingten Freiheitsstrafen von zwölf Monaten (davon neun Monate bedingt nachgesehen) bzw. von 20 Monaten (davon zuerst 15 Monate bedingt nachgesehen), in deren Höhe die als erschwerend angenommenen Umstände (einschlägige Tatwiederholung in sehr kurzem Abstand und Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen) bereits zum Ausdruck gekommen sind, kann noch nicht geschlossen werden, dass den Straftaten die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere anhaftet. Mangels Hinzutreten besonderer Umstände, aus denen sich ergäbe, dass sich die vom Beschwerdeführer begangenen Delikte auch subjektiv als besonders schwer wiegend erwiesen hätten (so wurde jeweils die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers durch Symptome einer nicht näher bezeichneten Persönlichkeitsstörung ebenso wie die beim Versuch gebliebenen Verbrechen als mildernd gewertet), kann daher nicht von einem besonders schweren Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ausgegangen werden.
Mangels Vorliegen eines besonders schweren Verbrechens ist grundsätzlich auf die weiteren zu prüfenden Punkte nach dem zitierten VwGH-Erkenntnis vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0288 (Einschätzung der Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers und die Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung des Schutzes überwiegen) nicht weiter einzugehen. Hinzuweisen ist lediglich auf die vom Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis getätigte Anmerkung, dass, wenn der Asylwerber mit Folter oder Tod zu rechnen habe, "eher selten" die öffentlichen Interessen an der Nichtasylgewährung die individuellen Schutzinteressen überwögen, in solchen Fällen sei sogar Kriminellen Asyl zu gewähren, wenn ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung drohe.
3.2.6. Ähnliches kann auch in Bezug auf die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3, wonach der Status des Asylberechtigten abzuerkennen ist, wenn aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, gesagt werden:
Entgegen der Meinung der belangten Behörde kann angesichts der Ausführungen zum Vorliegen eines besonders schweren Verbrechens auch nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer stelle im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 bzw. des Art. 33 Abs. 2 erster Fall GFK eine konkrete Gefahr für die "nationale Sicherheit" dar, da es sich bei den vom Beschwerdeführer begangenen Delikte nicht um Umstände handelt, die den Bestand des Staates gefährden (vgl. dazu etwa Kälin, Grundriss des Asylverfahrens (1990) 225 ff, und auch das VwGH-Erkenntnis vom 10.10.1996, 95/20/0247, mwN). Denn im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde aus einer Bestimmungen, deren Strafrahmen fünf Jahre nicht übersteigt - den Schluss gezogen, es lägen "gewichtige Gründe" dafür vor, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Bei der diesbezüglich erforderlichen Zukunftsprognose hat die belangte Behörde schließlich auch nicht berücksichtigt, dass laut dem im Strafverfahren zu 36 Hv 57/16a eingeholten Sachverständigengutachten der Verdacht auf eine nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung mit einhergehendem vermehrten Selbstbezug und allfälligen transkulturellen Problemen (AS 15) besteht. Dieser Umstand hat sich jedoch bereits bei den Strafverfahren mildernd ausgewirkt und hätte daher auch bei der Beurteilung des künftig zu erwartenden Verhaltens des Beschwerdeführers Eingang finden müssen. Sowohl in der Einvernahme vor dem BFA als auch in der Beschwerdeschrift zeigte der Beschwerdeführer durchaus Einsicht in die Verwerflichkeit seines Verhaltens und seine Bereitschaft professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen um seine Aggressivität unter Kontrolle zu bringen.
Das erkennende Gericht kann sich daher der Beurteilung über das künftig zu erwartende Verhalten des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde und somit der Annahme einer aberkennungsbegründenden Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers nicht anschließen.
3.2.7. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG zu beheben.
3.2.8. Zur Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes und der Rückkehrentscheidung sei der Vollständigkeit halber außerdem auf die hg. und die höchstgerichtlich gefestigte Judikatur (z.B. VwGH 08.06.2000, 99/20/0203) verwiesen, wonach eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in den Staat, in dem diese Gefahrenlage herrscht, abgeschoben wird, auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei der konkreten Gefahr einer Verletzung im Besonderen der auch durch Art 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegensteht.
Darüber hinaus stellte der Europäische Gerichtshofe für Menschenrechte in seinem Urteil vom 14.02.2017 im Fall SK gegen Russland fest, dass generell eine Abschiebung nach Syrien aufgrund der prekären Sicherheitslage auszuschließen ist und führte dazu im Wesentlichen aus (eigene Übersetzung aus dem Englischen):
"Die humanitäre Situation und die Sicherheitslage in Syrien haben sich seit 2011 und 2015 [dem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer nach Syrien abgeschoben werden sollte] deutlich verschlechtert, und diese Verschlechterung hat danach angehalten. Trotz des im Februar 2016 vereinbarten Waffenstillstands wenden die Konfliktparteien Taktiken und Methoden der Kriegsführung an, die das Risiko ziviler Opfer erhöhen. Dazu gehören die willkürliche Anwendung von Gewalt, willkürliche Angriffe und Angriffe auf Zivilisten und zivile Ojekte. Die Abschiebung des Beschwerdeführers aus Russland nach Syrien würde daher die Art 2 und 3 EMRK verletzen. [ ] Im vorliegenden Fall liegen dem Gerichtshof keine Informationen vor, die eine sichere Rückkehr des Beschwerdeführers nach Damaskus garantieren würden, [
]."
3.2.9. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist der maßgebliche Sachverhalt aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylaberkennung, Behebung der Entscheidung, besonders schweresEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W214.2158990.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.11.2017