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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / GegenstandslosigkeitLeitsatz
Einstellung des Beschwerdeverfahrens gegen einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde als gegenstandslos infolge Beendigung des Verfahrens in der HauptsacheSpruch
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Begründung
Begründung
1. Mit Bescheid vom 26. Jänner 2017 entschied das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers und wies den Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I, II), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung gegenüber dem Beschwerdeführer und erklärte, dass die Abschiebung nach Nigeria gemäß §52 Abs9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III), keine Frist für die freiwillige Ausreise iSd §55 Abs1a FPG bestehe (Spruchpunkt IV) und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß §18 Abs1 Z2 BFA-VG ab (Spruchpunkt V). Zudem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß §13 Abs2 Z1 AsylG 2005 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27. September 2016 verloren habe (Spruchpunkt VI) und gegen ihn gemäß §53 Abs1 iVm Abs3 Z1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 7. Februar 2017 rechtzeitig Beschwerde und beantragte unter einem, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit dem beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Februar 2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß §18 Abs5 BFA-VG nicht zuerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer "aufgrund mehrerer Drogendelikte zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (zehn davon bedingt) verurteilt [worden war], sodass an der Rechtsmissbräuchlichkeit seines prozessualen Verhaltens kein Zweifel besteht. Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens – kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch im Ausland abwarten können sollte."
2. Das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 26. Jänner 2017 wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 15. Mai und am 26. Juli 2017 mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 26. Juli 2017 abgeschlossen, wobei die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer gemäß §53 Abs1 iVm Abs3 Z1 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde. Vom Migrantenverein Pulverturmgasse als Vertreter des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Fax vom 28. Juli 2017 die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt, die bislang noch nicht erfolgt ist.
3. Mit Schreiben vom 11. September 2017 forderte der Verfassungsgerichtshof den Beschwerdeführer auf, binnen einer Woche bekannt zu geben, ob er sich für klaglos gestellt erachtet. Mangels Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses erachtet der Beschwerdeführer sich nicht für klaglos gestellt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein Beschwerdeverfahren dann als gegenstandslos einzustellen ist, wenn selbst eine das angefochtene Erkenntnis bzw. den angefochtenen Beschluss aufhebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes keine Änderung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers (mehr) zu bewirken vermag, sodass durch die angefochtene Entscheidung auch keine fortwirkende Verletzung der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte oder sonstiger Rechte wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gegeben sein kann (vgl. VfSlg 15.209/1998, 17.291/2004; VfGH 8.6.2017, E2537/2016).
5. Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof gehen in ihrer Rechtsprechung davon aus, dass in Verfahren, welche die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte zum Gegenstand haben, das Rechtsschutzinteresse eine Prozessvoraussetzung darstellt. Ein derartiges Interesse ist zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Rechtsschutzwerbers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Rechtsschutzwerber keinen objektiven Nutzen (mehr) hat, die im Rechtsbehelf aufgeworfenen Rechtsfragen also bloß noch theoretische Bedeutung besitzen (zB VwGH 28.4.2015, Ra 2014/02/0023; 26.4.2016, Ra 2016/03/0043; 30.6.2016, Ro 2016/21/0008; zur Zurückweisung mangels Rechtsschutzinteresses im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vgl. VfSlg 11.764/1988; VfGH 15.3.2017, E46/2016; 22.9.2016, E2221/2016 mwN).
Durch den Abschluss des Verfahrens über die Beschwerde gegen die gesamte (inhaltliche) Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr, weil mit der Abweisung der Beschwerde mit der mündlich verkündeten, niederschriftlich protokollierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Juli 2017 bereits das Verfahren in der Hauptsache beendet wurde (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2015/21/0091). Jedenfalls mit dieser Entscheidung in der Hauptsache wird auch ein dort gestellter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos (vgl. VwGH 30.1.2015, Ra 2014/02/0174; 28.4.2017, Ro 2016/02/0027; sowie VwGH 28.4.2015, Ra 2014/02/0023; 9.9.2015, Ro 2015/03/0028, in denen der Verwaltungsgerichtshof festgehalten hat, dass das Rechtsschutzinteresse eines Revisionswerbers, dessen Revision sich gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes betreffend die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde richtet, nicht mehr gegeben ist, sobald das Verwaltungsgericht über die Beschwerde selbst erkannt hat). Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde selbst besteht insofern kein Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers mehr, der sich gegen die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wendet (vgl. VwGH 30.11.2015, Ra 2015/08/0111; 7.4.2016, Ro 2015/03/0046, 28.4.2015, Ra 2014/02/0023). Es ist nämlich auszuschließen, dass – nach Erlassung der an die Stelle des Bescheides tretenden Entscheidung über die Beschwerde – die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Beschwerde noch irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen kann (vgl. VfSlg 14.272/1995; VfGH 8.6.2017, E2537/2016).
6. Das Verfahren ist daher (nach Anhörung der beschwerdeführenden Partei) in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG einzustellen. Die Rechtslage ist daher so zu beurteilen, als ob der Beschwerdeführer im Sinne des §86 VfGG klaglos gestellt worden wäre, weshalb die Beschwerde – nach Anhörung des Beschwerdeführers – als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG einzustellen ist.
7. Dem Antrag des Verwaltungsgerichtes auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes ist schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist (VfSlg 19.957/2015; vgl. §27 erster Satz VfGG).
8. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Asylrecht, Fremdenrecht, Verwaltungsverfahren, Verwaltungsgerichtsverfahren, Wirkung aufschiebende, Rechtsschutz, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Klaglosstellung, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:E1127.2017Zuletzt aktualisiert am
13.06.2018