Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in der Strafsache gegen Friedrich E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, AZ 16 Hv 73/11m des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit von Mitgliedern des 17. Senats gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo. 2005 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1./ Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher ist von der Entscheidung über den gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Februar 2017, AZ 19 Bs 207/16d, gerichteten Antrag des Friedrich E***** auf Erneuerung des Strafverfahrens ausgeschlossen.
An seine Stelle tritt Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari.
2./ Hingegen sind Präsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari von der oben angeführten Entscheidung nicht ausgeschlossen.
Text
Gründe:
Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 17 Os 18/17a über den im Spruch genannten Erneuerungsantrag des Friedrich E***** zu entscheiden, mit dem der Genannte unter dem Aspekt des Art 6 EMRK einen „Schuldspruch ohne Stichhaltigkeit der Anklage“, eine Verletzung der Unschuldsvermutung, eine willkürliche Beweiswürdigung und „eine konventionswidrige Abweisung eines Entlastungsbeweises“ geltend macht.
Präsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher sowie Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sind Mitglieder des erkennenden 17. Senats. Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari ist Ersatzmitglied dieses Senats.
Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher war in dieser Strafsache im ersten Rechtsgang als Mitglied des 12. Senats des Obersten Gerichtshofs an der am 28. Februar 2012, AZ 12 Os 23/12t, getroffenen Entscheidung über Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen zweier Angeklagter beteiligt.
Präsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari wirkten als Mitglieder des 17. Senats des Obersten Gerichtshofs am Urteil vom 6. Juni 2016, AZ 17 Os 4/16s, mit. Mit diesem war über eine von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes sowie über einen Antrag des Friedrich E***** auf Erneuerung des Strafverfahrens bezogen auf – soweit hier von Relevanz – das im dritten Rechtsgang gefällte Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. August 2015, AZ 32 Bs 41/15m, zu Recht erkannt worden. Beide Rechtsbehelfe hatten im Wesentlichen mit inhaltsgleicher Argumentation geltend gemacht, dass an einer kassatorischen Entscheidung in Stattgebung einer zum Nachteil des Angeklagten ergriffenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld beteiligte Richter in einem weiteren Berufungsverfahren ausgeschlossen sind (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO, Art 6 Abs 1 EMRK). Diese zutreffend aufgezeigte (Grund-)Rechtsverletzung führte zum Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes und des (insoweit inhaltsgleichen) Erneuerungsantrags.
Rechtliche Beurteilung
Zu 1./:
Gemäß § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von einer Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO) ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist.
Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher ist daher aufgrund seiner Mitwirkung am Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 28. Februar 2012, AZ 12 Os 23/12t, von der Entscheidung über den im Spruch genannten Erneuerungsantrag ausgeschlossen.
An seine Stelle tritt aufgrund der laufenden Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari.
Zu 2./:
Die Beschlussfassung über einen Erneuerungsantrag ist nicht Teil des früheren Verfahrens, weshalb grundsätzlich jene Richter, die an dieser Beschlussfassung mitgewirkt haben, nicht von der Entscheidung über einen neuerlichen Erneuerungsantrag ausgeschlossen sind (12 Ns 61/16s mwN).
Eine Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist gegeben, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Richters in Zweifel zu ziehen. Entscheidend ist insoweit nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an einer unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS-Justiz RS0097086; Lässig, WK-StPO § 43 Rz 9 ff, 31a).
Dies ist bezogen auf die Mitwirkung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz, des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari am Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 6. Juni 2016, AZ 17 Os 4/16s, nicht der Fall: Denn diese Entscheidung hatte nicht die Schuldfrage, sondern ausschließlich die von der Generalprokuratur aufgeworfene, oben dargestellte Rechtsfrage zum Inhalt, während die im nunmehr gegenständlichen Erneuerungsantrag geltend gemachten Grundrechtsverletzungen nicht Gegenstand der (früheren) Prüfung waren.
Schlagworte
3 Alle Os-EntscheidungenTextnummer
E119865European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0120NS00082.17F.1024.000Im RIS seit
29.11.2017Zuletzt aktualisiert am
29.11.2017