Entscheidungsdatum
24.07.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §47Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Schussek über die Beschwerde der Frau W. R. vom 11.5.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum …, vom 4.5.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01569996-001,
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Entscheidungsgründe
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, hat den Bescheid vom 04.05.2017 zur Zl. MA 40 – SH/2017/01569996-001 erlassen, womit der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin, vom 02.03.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) gemäß §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) idgF, abgewiesen wurde.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Schreiben vom 07.04.2017 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 16 WMG (Abweisung des Antrages wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht) die Aufforderung ergangen sei, bis zum 24.04.2017 für die Beurteilung des Anspruchs unerlässliche Angaben zu machen und/bzw. erforderliche Unterlagen zu erbringen. Dieser Aufforderung sei nicht bzw. zur Gänze nachgekommen. Es sei der Nachweis über aktuelle Alimente für C. L. und J. L. und der Nachweis über den aktuellen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehemann L. Q., nicht fristgerecht vorgelegt worden. Da die Behörde ohne die verpflichtende Mitwirkung praktisch außerstande gesetzt gewesen sei, die für die Bemessung der Leistung rechtserheblichen Tatsachen festzustellen, seien die fehlenden Angaben bzw. Unterlagen zur Beurteilung des Anspruchs „unerlässlich“ im Sinne des § 16 WMG gewesen.
Dagegen richtete sich die vorliegende Beschwerde vom 11.05.2017, worin die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführt, dass sie keinerlei Brief oä, welcher sie zum Nachbringen von Unterlagen aufgefordert habe, erhalten habe. Sie habe vielmehr mehrmals persönlich im Sozialzentrum … nachgefragt und habe dabei auch betont, dass es an ihrer Wohnadresse immer wieder Probleme mit der korrekten Zustellung von Poststücken gäbe. Sie habe bei ihren Nachfragen auch nie einen Hinweis auf fehlende Dokumente erhalten. Sie werde sofort die fehlenden Dokumente nachreichen und ersuche um Weiterbearbeitung ihres Antrags, nachdem sie keinerlei Anspruch auf AMS habe und ihre Kinder auch nicht krankenversichert seien.
Die Magistratsabteilung 40 legte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.
Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien (Vorhalt des Beweisergebnisses) vom 23.06.2017 wurden der Beschwerdeführerin die Zustellinformationen bezüglich des Schreibens „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ vom 07.04.2017 zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit geboten innerhalb einer angemessenen Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Das Schreiben wurde laut Zustellnachweis der Post RSb nach einem Zustellversuch am 27.06.2017 an der Abgabestelle Wien, S.-Straße, und Verständigung über die Hinterlegung in der zuständigen Postfiliale hinterlegt und ab 28.06.2017 zur Abholung bereit gehalten.
Die Beschwerdeführerin hat weder innerhalb der ihr eingeräumten Frist noch bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen oder etwaige Unterlagen vorgelegt.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat am 02.03.2017 einen Antrag auf Mindestsicherung gestellt. Sie ist österreichische Staatsbürgerin, arbeitslos, von ihrem Mann getrennt lebend und Mutter von zwei minderjährigen Kindern. Sie ist mit diesen in Wien, S.-Straße wohnhaft. Seit 14.02.2017 ist sie laufend beim AMS als arbeitssuchend gemeldet.
Mit Schreiben „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ vom 07.04.2017 wurde Sie von der belangten Behörde aufgefordert, bis zum 24.04.2017 einen Nachweis über die aktuellen Alimente für C. L. und J. L. sowie einen Nachweis über den aktuellen Unterhaltsanspruch gegenüber Ihrem Ehemann L. Q., vorzulegen.
Das Schreiben „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ vom 07.04.2017 wurde laut dem im Akt einliegenden Zustellnachweis RSb nach einem Zustellversuch (an der Abgabestelle in Wien, S.-Straße) am 14.04.2017 beim Postamt … Wien hinterlegt und ab dem 14.04.2017 zur Abholung bereitgehalten. Das Schreiben wurde nach Ablauf der Abholfrist von der Post mit dem Vermerk „nicht behoben“ retourniert.
Innerhalb der Frist bis zum 24.04.2017 sind die geforderten Unterlagen nicht eingelangt, sodass die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Am 05.05.2017 wurde ein Duplikat des AMS Bescheides vom 21.03.2017 der belangten Behörde vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin hat am 09.05.2017 einen neuen Antrag auf Mindestsicherung gestellt und wurde neuerlich mit Schreiben „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ aufgefordert, einen Nachweis über die aktuellen Alimente für C. L. und J. L. sowie einen Nachweis über den aktuellen Unterhaltsanspruch gegenüber Ihrem Ehemann L. Q., vorzulegen. Nach Vorlage einer schriftlichen Vereinbarung vom April 2017, wurde der Antrag mit Bescheid vom 01.06.2017 zur Zl. MA 40 – SH/2017/01669496-001 neuerlich gemäß §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) idgF, abgewiesen.
Dazu ist auszuführen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) lauten auszugsweise wie folgt:
§ 16.
Ablehnung und Einstellung der Leistungen
(1) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person trotz Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie
1. die zur Durchführung des Verfahrens von der Behörde verlangten Angaben nicht macht oder
2. die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt oder
3. soweit nicht für die Anrechnung die statistisch errechneten Durchschnittsbedarfssätze herangezogen werden können, gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich), verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose, unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann,
ist die Leistung einzustellen oder abzulehnen. Eine Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Ablehnung unterbleibt. Ein triftiger Verhinderungsgrund ist von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen.
(2) Die im Rahmen der Bemessung auf eine Hilfe suchende oder empfangende Person entfallende Leistung ist einzustellen oder abzulehnen, wenn sie unter den in Abs. 1, erster Halbsatz genannten Voraussetzungen nicht mitwirkt, indem sie der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachkommt.
(3) Bei einer Einstellung oder Ablehnung nach Abs. 2 ändert sich der auf die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzuwendende Mindeststandard nicht.
Die Beschwerdeführerin stützt ihr Vorbringen im Wesentlichen auf die Tatsache, dass Sie das verfahrensrelevante Schreiben „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ vom 07.04.2017 nicht erhalten habe und es immer wieder Probleme mit der korrekten Zustellung von Poststücken an ihrer Wohnadresse gäbe.
Dazu ist auszuführen, dass der Rückschein als Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO darstellt und hat die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. u.v. VwGH 19.04.2001, 99/06/0049).
Der Beschwerdeführerin wurden mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Wien vom 23.06.2017 die Zustellinformationen des Schreibens „Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG“ vom 07.04.2017 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.
Sie hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.
Ein allgemein vorgebrachter, möglicher Zustellmangel ist nicht geeignet, den im Akt einliegenden Zustellnachweis RSb zu widerlegen. Es sind weder konkrete Angaben gemacht, noch etwaige Bescheinigungsmittel angeboten wurden. Eine Glaubhaftmachung eines Zustellmangels ist der Beschwerdeführerin somit nicht gelungen.
Es ist als erwiesen anzusehen, dass die Aufforderung gemäß § 16 Abs. 1 WMG vom 07.04.2017 ordnungsgemäß am 14.04.2017 (durch Hinterlegung) zugestellt wurde. Es wurde im Schreiben auch über die Mitwirkungspflicht und die Rechtsfolgen einer Nichtmitwirkung hingewiesen.
Ein Antrag ist u.a. dann abzuweisen, wenn die Hilfe suchende Person unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt.
Ein etwaiger Verhinderungsgrund wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und lässt sich auch aus dem Akteninhalt nicht erkennen. Die belangte Behörde konnte auf Grund der fehlenden Mitwirkung den Anspruch der Beschwerdeführerin nicht beurteilen.
Die Abweisung auf Grund der Verletzung der Mitwirkungspflicht erfolgte im gegenständlichen Fall somit zu Recht und war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen. Die Abweisung wirkt bis zum Neuantrag vom 09.05.2017. Über diesen wurde bereits mit Bescheid vom 01.06.2017 entschieden. Für die Zeit der Ablehnung ist eine Nachzahlung nicht möglich (vgl. § 16 Abs. 1 vorletzte Satz WMG).
Schlagworte
Verfahrensrecht; Zustellung, Zustellnachweis, öffentliche Urkunde, Gegenbeweis; Mindestsicherung, MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.002.RP12.8724.2017Zuletzt aktualisiert am
28.11.2017