TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/14 VGW-242/035/RP02/5754/2017

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Veröffentlicht am 14.08.2017
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Entscheidungsdatum

14.08.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §14
WMG §15

Text

                                                                                                              

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Landesrechtspfleger Ortner über die Beschwerde der S. Sc. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Sozialzentrum …, vom 13.3.2017. Zl. MA 40 - SH/2017/01384276-001, betreffend Neubemessung der Mindestsicherung, zu Recht:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die gegen die Kürzung der Leistungen für April 2017 gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 13.03.2017 zur Zahl MA 40 - SH/2017/01384276-001 wurden der nunmehrigen Beschwerdeführerin und der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter für den Monat April 2017 Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in Höhe von EUR 1.178,20 und für die Monate Mai 2017 bis Juli 2017 von jeweils monatlich EUR 1.256,64 gewährt.

Die zuerkannten Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Grundbetrages zur Deckung des Wohnbedarfs wurden der Tochter der Beschwerdeführerin (V. Sc.) um 25 % gekürzt, da diese nicht beim AMS gemeldet war. Bei der Berechnung der Höhe der Leistungen ging die belangte Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin und deren Tochter über kein Einkommen verfügten.

In der fristgerechten Beschwerde vom 13.04.2017 gibt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst an, dass die Tochter krankheitsbedingt (Burn-Out-Syndrom) nicht am Arbeitsmarkt zu vermitteln sei. Diesbezüglich wurde ein Ärztebrief von Dr. M. Sp. der Beschwerde beigefügt.

Mit Bescheid vom 11.04.2017 zur Zahl MA 40 - SH/2017/001494119-001 wurden von der Beschwerdeführerin von den für April 2017 bereits ausbezahlten Leistungen EUR 448,41 rückgefordert, da die Beschwerdeführerin von der G. GmbH als Märzgehalt im April 2017 EUR 448,41 erhalten hatte. Der Bescheid wurde nicht bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen.

Ebenfalls mit Bescheid vom 11.04.2017 zur Zahl MA 40 - SH/2017/01494173-001 wurden die mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 13.03.2017 zur Zahl MA 40 - SH/2017/01384276-001 gewährten Leistungen per 30.04.2017 eingestellt und die Leistungen für Mai 2017 bis Juli 2017 neu zuerkannt. Für die Leistungen Mai und Juni 2017 wurde eine weitere Leistungskürzung (50 %) verhängt. Auch dieser Bescheid wurde nicht bekämpft und ist rechtskräftig.

Dem Akt ist weiters zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin und deren Tochter (geb. 1996), beide österreichische Staatsbürger, als Bedarfsgemeinschaft in Wien, H.-Gasse wohnhaft sind. Die Beschwerdeführerin war bis 14.05.2017 arbeitslos gemeldet. Die Tochter ist bis dato nicht beim AMS gemeldet.

Vom Verwaltungsgericht Wien wurde die Magistratsabteilung 15 mit der Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens unter Einbeziehung des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Schreibens von Dr. Sp. hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Arbeitsunfähigkeit der Tochter beauftragt.

Dem mit 21.06.2017 datierten Gutachten der MA 15 – Gesundheitsdienst der Stadt Wien erstatteten Gutachten ist zusammengefasst zu entnehmen, dass Frau V. Sc. für den Zeitraum Jänner 2017 bis 21.06.2017 arbeitsfähig sei. Schulungen beim AMS und auch Vollzeitarbeit unter leichten Einschränkungen ist zumutbar.

Am 10.08.2017 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Beschwerdeführerin ist dieser Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht nachgekommen. Die Verhandlung wurde in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführt, sodass eine Erörterung des Gutachtens nicht möglich war.

 

Das Verwaltungsgericht Wien legt daher den Akteninhalt, insbesondere das Gutachten der MA 15, seiner Entscheidung zugrunde.

Das Verwaltungsgericht Wien geht davon aus, dass bei der Tochter der Beschwerdeführerin kein Krankheitsbild besteht, bei welchem von einer gänzlichen Erwerbsunfähigkeit auszugehen ist.

Die bei Berechnung der Mindestsicherungsleistungen von der belangten Behörde herangezogenen Mindeststandards, die Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft sowie die richtige Berechnung des Leistungsbezuges unter Einbeziehung einer Leistungskürzung von 25 % sind unbestritten. Die Beschwerdeführerin war jedoch im April 2017 nicht einkommenslos, sondern verfügte über ein Einkommen von EUR 448,41.

 

II. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.

Mit gegenständlichem Bescheid wurden der Beschwerdeführerin und deren Tochter nur Leistungen für die Monate April bis Juli 2017 gewährt, wobei die belangte Behörde im April 2017 dem Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhaltes der Tochter der Beschwerdeführerin um 25 % gekürzt hat.

Da sich die Beschwerde nur gegen die Kürzung der Leistung im April 2017 richtet und weiters die für Mai 2017 bis Juli 2017 gewährten Leistungen mit mittlerweile rechtkräftigem Bescheid vom 11.04.2017 eingestellt und neu bemessen worden waren, war seitens des Verwaltungsgerichtes Wien lediglich darüber zu entscheiden, ob diese Kürzung der Leistungen von V. Sc. für den Monat April 2017 in Höhe von 25 % zu Recht erfolgt ist.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz – WMG), LGBl. für Wien Nr. 2010/38, in der geltenden Fassung lauten wie folgt:

Einsatz der Arbeitskraft

Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen

§ 14. (1) Hilfe suchende oder empfangende Personen sind verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, sich nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Diese Pflichten bestehen insbesondere auch dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist sie verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar ihrer beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihr jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Bei weiter andauernder Arbeitslosigkeit ist sie verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.

(2) Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft darf nicht verlangt werden von Personen, die

1.

das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben,

2.

erwerbsunfähig sind,

3.

Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, welche das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil keine geeigneten Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen,

4.

pflegebedürftige Angehörige, welche ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen, überwiegend betreuen,

5.

Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern (§§ 14a, 14b Bundesgesetz, mit dem arbeitsvertragsrechtliche Bestimmungen an das EG-Recht angepasst, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, und das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz und das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz geändert werden) leisten,

6.

in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, sofern sie noch keine abgeschlossene Erwerbsausbildung oder Schulausbildung auf Maturaniveau haben.

      

Kürzung der Leistungen

§ 15. (1) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen nicht entsprechend mitwirkt, ist der im Rahmen der Bemessung auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts stufenweise bis zu 50 vH zu kürzen. Bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung, die Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen oder an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen, ist eine weitergehende Kürzung bis zu 100 vH zulässig.

Grundsätzlich ist der Bezieher von Mindestsicherungsleistungen nach § 14 Abs. 1 WMG zum Einsatz seiner Arbeitskraft und zur Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen angehalten.

§ 14 Abs. 2 WMG enthält Ausnahmetatbestände in demonstrativer Aufzählung, wann der Einsatz der Arbeitskraft nicht verlangt werden darf. Sofern nach Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Einsatz der Arbeitskraft verlangt werden darf, muss eine Hilfe suchende oder empfangende Person jedenfalls ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen.

Wie sich aus § 14 Abs. 1 WMG weiters ergibt, erfolgt der Einsatz der Arbeitskraft nicht nur in der Aufnahme zumutbarer Beschäftigungen, sondern auch an der Teilnahme von Schulungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Im gegenständlichen Fall war somit zu prüfen, ob die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 WMG auf den gegenständlichen Sachverhalt in eventu anzuwenden oder eine Kürzung des Mindeststandards nach § 15 WMG zu Recht erfolgt ist.

Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich von Frau V. Sc. eine Ausnahme in Form einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit nach § 14 Abs. 2 WMG zwar behauptet, jedoch liegt – wie dem umfangreichen und fundierten amtsärztlichen Gutachten der MA 15 zweifelsfrei zu entnehmen ist - eine solche nicht vor. Die Tochter der Beschwerdeführerin hätte somit ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen müssen bzw. zumindest an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilnehmen müssen.

Die Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen im Rahmen des AMS stellt das minimalste Erfordernis dar, welches von einem Mindestsicherungsbezieher erwartet werden kann.

Der Beschwerdeführer und deren Tochter sind zumindest seit 2015 Mindestsicherungsbezieher und übersehen, dass es sich bei den Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung um kein arbeitsloses bzw. bedingungsloses Grundeinkommen handelt.

Da die Tochter der Beschwerdeführerin ihre Arbeitskraft jedenfalls im April 2017 nicht so gut wie möglich eingesetzt hat, ist eine stufenweise Kürzung um erstmalig 25 % des auf sie anzuwendenden Mindeststandards zur Deckung des Lebensunterhalts zulässig gewesen, weshalb der belangten Behörde in ihrer Entscheidung zuzustimmen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Erwerbsunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Gutachten, AMS, Einsatz der Arbeitskraft, Kürzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.035.RP02.5754.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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