Entscheidungsdatum
07.11.2017Index
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
NatSchG Tir 2005 §21 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Peter Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.9.2017, ****,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als anstelle der verhängten Geldstrafe von € 50,--, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs 1 Z 4 sowie letzter Satz VStG iVm § 38 VwGVG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung ausgesprochen wird.
2. Der von der belangten Behörde gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Behörde entfällt.
3. Die für 23.11.2017 anberaumte Verhandlung wird abberaumt.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht einzubringen.
Die Beschwerde bzw. die Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensablauf:
1. Verfahren betreffend das angefochtene Straferkenntnis vom 20.9.2017, SF-5-2016:
Seitens der Tiroler Bergwacht, Einsatzstelle X-westliches T, wurde der belangten Behörde angezeigt, dass der PKW der Marke Volkswagen, Type Golf, mit dem polizeilichen Kennzeichen **** am 3.9.2016 in der Zeit vor 13:00 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) innerhalb des ausgewiesenen Naturschutzgebietes T im Gemeindegebiet von W im V-tal unterhalb des Jagdhauses U – V-tal außerhalb von Parkplätzen abgestellt gewesen sei, obwohl im Naturschutzgebiet T unter anderem das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen verboten ist.
Als Lenker des angezeigten Fahrzeuges konnte der Beschuldigte AA ausgeforscht werden.
Gegen die in weiterer Folge gegenüber Herrn AA erlassene Strafverfügung vom 3.7.2017 wegen einer Übertretung nach § 45 Abs 1 lit c TNSchG 2005 iVm § 3 Abs 1 lit i der Verordnung Naturschutzgebiet T, LGBl 21/1989, erhob Herr AA fristgerecht einen näher begründeten Einspruch.
Mit dem in weiterer Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn A Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben am 03.09.2016 den PKW Marke Volkswagen, Type Golf, mit dem polizeilichen Kennzeichen **** in der Zeit vor 13:00 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) innerhalb des ausgewiesenen Naturschutzgebietes T im Gemeindegebiet von W im V-tal unterhalb des Jagdhauses U – V-tal außerhalb von Parkplätzen abgestellt.
Im Naturschutzgebiet T ist unter anderem das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen verboten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 45 Abs. 1 lit. c TNSchG 2005 iVm § 3 Abs. 1 lit. i der Verordnung der Landesregierung vom 20.12.1988 über die Erklärung eines Teiles des Karwendels im Gebiet der Landeshauptstadt Innsbruck, der Marktgemeinden Jenbach, Rum und Zirl und der Gemeinden Absam, Achenkirch, Eben am Achensee, Gnadenwald, Scharnitz, Stans, Terfens, Thaur und Vomp zum Naturschutzgebiet (Naturschutzgebiet Karwendel), LGBl. Nr. 21/1989
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
gemäß
50,00
12 Stunden
---
§ 45 Abs. 1 TNSchG 2005“
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:
„Fest steht, dass der PKW Marke Volkswagen, Type Golf, mit dem polizeilichen Kennzeichen **** am 03.09.2016 in der Zeit vor 13:00 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) innerhalb des ausgewiesenen Naturschutzgebietes T im Gemeindegebiet von W im V-tal unterhalb des Jagdhauses U – V-tal außerhalb von Parkplätzen abgestellt war. Ferner steht fest, dass der Beschuldigte, wie er selbst in der Lenkerbekanntgabe angibt, den PKW dort abgestellt hat. Was nun das Vorbringen des Beschuldigten betrifft, er habe als Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges über eine Fahrerlaubnis der Weggemeinschaft V-tal betreffend die Forst-Weggemeinschaftsstraße V-talweg verfügt und der in der Fahrerlaubnis angeführte Zweck ‚Pflichttour zur Dreizinkenspitze‘ beinhalte unter anderem insbesondere auch Erhaltungsarbeiten am Weg und könnten diese nur mit entsprechenden Hilfsmitteln und Werkzeugen, welche ausschließlich mit einem Kraftfahrzeug transportiert werden könnten, durchgeführt werden, so ist dadurch nach Ansicht der Verwaltungsstrafbehörde für den Beschuldigten nichts zu gewinnen. Die vom Beschuldigten ins Treffen geführte privatrechtliche Fahrerlaubnis der Weggemeinschaft V-tal vermag eine allenfalls nach den oben zitieren Bestimmungen der genannten Verordnung nötige naturschutzrechtliche Bewilligung für die Verwendung von Kraftfahrzeugen und das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen oder außerhalb der unmittelbaren Nähe von Wohngebäuden im Naturschutzgebiet T nicht zu substituieren. Auch kann die Verwaltungsstrafbehörde nicht erkennen, inwiefern der vom Beschuldigten angegebene Zweck ‚Pflichttour zur Dreizinkenspitze‘ einen der oben zitierten Ausnahmetatbestände des § 4 lit. b bzw. lit. d der oben genannten Verordnung zu erfüllen vermag. Insofern ist das Vorbringen des Beschuldigten jedenfalls als Schutzbehauptung abzutun. In Summe hätte das inkriminierte Abstellen des erwähnten Kraftfahrzeuges jedenfalls einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft. Im Ergebnis steht daher fest, dass der Beschuldigte den objektiven Tatbestand verwirklicht hat.
Zum Verschulden ist festzustellen, dass der Beschuldigte zumindest fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dem Beschuldigten wäre es ohne weiters möglich gewesen, sich vorher bei der Naturschutzbehörde über allfällige Bewilligungspflichten zu informieren.“
Hinsichtlich der Strafbemessung führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:
„Sowohl die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes als auch die Intensität seiner Beeinträchtigung sind im Gegenstandsfall nicht unerheblich. Das Naturschutzgebiet zeichnet sich durch eine besondere Vielfalt der Tier- oder Pflanzenwelt aus und dient das in § 3 Abs. 1 lit. i der erwähnten Verordnung normierte Verbot der Verwendung und des Abstellens von Kraftahrzeugen außerhalb von Parkplätzen oder außerhalb der unmittelbaren Nähe von Wohngebäuden der Sicherstellung des mit Erlass der genannten Verordnung verfolgten Schutzzweckes.
Zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Beschuldigte keine Angaben gemacht, es war daher von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen. Sowohl mildernd als auch erschwerend war nichts zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung der anzunehmenden durchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie der angelasteten Verschuldensform erschien der Verwaltungsstrafbehörde die verhängte Geldstrafe sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen geeignet, den Beschuldigten von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten und ist jedenfalls schuld- und tatangemessen.“
Laut dem dem Akt beiliegenden Rückschein wurde das im vorliegenden Fall angefochtene Straferkenntnis Herrn A am 22.9.2017 zugestellt.
2. Beschwerde:
Gegen das unter Z 1 genannte Straferkenntnis erhob Herr AA Beschwerde, welche am 19.10.2017 persönlich an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt wurde.
Begründet wird diese Beschwerde, mit der insbesondere die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt wird, wie folgt:
„Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ****, Fahrzeughalter AA, bzw. die S Bergsteigerriege verfügt gemäß der Beilage über eine Fahrterlaubnis hinsichtlich der Forst- bzw. Weggemeinschaftsstraße V-talweg.
Der in der Fahrterlaubnis angeführte Zweck ‚Pflichttour zur Dreizinkenspitze‘ beinhaltet insbesondere auch Erhaltungsarbeiten am Weg sowie der Wegmarkierungen, Überprüfung und Sicherung der im Fels verankerten Eisenhaltebügel als auch der Überprüfung und Instandsetzung des durch mich errichteten Gipfelkreuzes auf der Dreizinkenspitze. Naturgemäß erfordern die angeführten Arbeiten neben dem zeitlichen Faktor auch Hilfsmittel und Werkzeuge die, aufgrund der Distanzen, naturgemäß wohl ausschließlich mit einem Kraftfahrzeug transportiert werden können. Gemäß § 4 der Verordnung der Landesregierung über die Erklärung zum Naturschutzgebiet T sind Maßnahmen zur Instandhaltung des bestehenden Wegenetzes und ähnliches von dem in § 3 angeführten Verbot des Verwendens und Abstellen von Kraftfahrzeugen ausgenommen. Sohin habe ich in keiner Weise schuldhaft gehandelt und vielmehr in ehrenamtlicher Tätigkeit zur Erhaltung des touristischen Naturschutzgebiet T beigetragen.
Ich ersuche die Behörde sich von den geleisteten Arbeiten vor Ort zu überzeugen und die geleisteten Tätigkeiten somit nicht als Schutzbehauptung zu bezeichnen. Da es im V-tal keinen ausgewiesenen Parkplatz gibt musste ich mein Fahrzeug zwangsläufig außerhalb von Parkplätzen, nicht verkehrsbehindernd und mit Fahrterlaubnis sichtbar versehen abstellen.“
3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:
Vom Landesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Angelegenheit für den 23.11.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Nachdem zwischenzeitlich am 3.11.2017 eine Auskunft der Gemeinde W zum Beschwerdevorbringen eingeholt und vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6.11.2017 der Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zurückgezogen worden war, wurde die genannte Verhandlung allerdings nicht durchgeführt.
II. Rechtliche Erwägungen:
1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:
Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.
Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.
Herr A ist als Beschuldigter des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 32 Abs 1 VStG zweifellos Partei und war insofern zum Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Beschwerde hierzu legitimiert.
Die Beschwerde wurde auch innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig.
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde zulässig.
2. Zur Sache:
Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen (§§ 3 und 4) der Verordnung der Landesregierung vom 20.12.1988 über die Erklärung eines Teiles des T im Gebiet der Landeshauptstadt Innsbruck, der Marktgemeinden Jenbach, Rum und Zirl und der Gemeinden Absam, Achenkirch, Eben am Achensee, Gnadenwald, Scharnitz, Stans, Terfens, Thaur und Vomp zum Naturschutzgebiet (im Folgenden kurz: VO Naturschutzgebiet Karwendel), LGBl 21/1989, in der Fassung der VO LGBl 65/2000, lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 3
(1) Im Naturschutzgebiet ist, sofern im § 4 nichts anderes bestimmt ist, verboten:
a) (…)
i) die Verwendung von Kraftfahrzeugen und das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen oder außerhalb der unmittelbaren Nähe von Wohngebäuden;
j) (…)
(2) Die Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den Verboten nach den Abs. 1 und 2 obliegt gemäß § 19 Abs. 7 des Tiroler Naturschutzgesetzes der Landesregierung.
§ 4
Von den im § 3 Abs. 1 festgesetzten Verboten sind ausgenommen und bedürfen daher keiner Bewilligung nach § 3 Abs. 3:
a) der Neu-, Zu- und Umbau ortsüblicher land- und forstwirtschaftlicher Gebäude und die Errichtung von land- und forstwirtschaftlichen Einfriedungen, wie insbesondere Weide- und Wildzäune;
b) Maßnahmen zur Instandhaltung des bestehenden Wegenetzes einschließlich geringfügiger Materialentnahmen zu diesem Zweck;
c) (…)
d) die Verwendung von Kraftfahrzeugen zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken, zur Ausübung der Jagd und der Fischerei und zur Ver- und Entsorgung von Schutzhütten und Berggasthöfen sowie zur Durchführung von einschlägigen Arbeiten im bestehenden Ölschiefer-Bergbaugebiet im Bächental und von Sicherungsarbeiten im ehemaligen Salzbergbaugebiet im Halltal;
e) (…)
f) das Verlassen von Verkehrsflächen im Rahmen der Ausübung land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeiten;
g) die Verwendung von Kraftfahrzeugen, ausgenommen im Rahmen von motorsportlichen Veranstaltungen auf nachstehenden Straßen:
1. (…)
h) die Zufahrt mit Kraftfahrzeugen und das Abstellen der Kraftfahrzeuge im unmittelbaren Bereich der Almgebäude aus Anlaß des jährlich einmal stattfindenden sogenannten ‚Almkirchtags‘ auf der H allerangeralm, Kristenalm, Möslalm und Oberbrunnalm;
i) (…)“
Nach § 45 Abs 1 lit c TNSchG 2005 begeht, wer ein Vorhaben, für das in Verordnungen nach § 21 Abs 1 ein Verbot festgelegt oder für das nach § 22 Abs 2 zweiter Satz die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vorgesehen ist, ohne Ausnahmebewilligung ausführt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000,– Euro zu bestrafen.
Der angesprochene § 21 Abs 1 TNSchG 2005 ermöglicht der Landesregierung – wie aufgrund der oben genannten VO Naturschutzgebiet T geschehen - unter bestimmten Voraussetzungen Gebiete durch Verordnung zu Naturschutzgebieten zu erklären.
Zunächst ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Prüfumfang des Landesverwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG darauf beschränkt ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen, wobei die Beschwerde nach § 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren zu enthalten hat.
Insofern kann mangels gegenteiligem Beschwerdevorbringen zunächst als erwiesen angesehen werden, dass Herr AA der Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges mit dem Kennzeichen **** ist und am angenommenen Tatort zur angenommenen Tatzeit diesen PKW im Naturschutzgebiet T abgestellt hat.
Zumal die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, von der Gemeinde W ausgestellte Fahrerlaubnis vom 1.9.2016 wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt zweifellos keine von der zuständigen Behörde ausgestellte Ausnahmebewilligung im Sinn des § 3 Abs 2 der VO Naturschutzgebiet T darstellt, steht für das Landesverwaltungsgericht auch fest, dass dieses Abstellen eines Kraftfahrzeuges erfolgte, ohne dass hierfür eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt worden war.
Es musste daher grundsätzlich nicht näher ergründet werden, inwieweit die gegenständliche KFZ-Verwendung dem Zweck „Pflichttour zur Dreizinkenspitze“ laut Fahrerlaubnis vom 1.9.2016 entsprach, da auch bei Erfüllung dieses Zweckes die genannte Fahrerlaubnis keinesfalls die erforderliche naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung ersetzen konnte.
Entsprechend dem Beschwerdevorbringen war vom Landesverwaltungsgericht allerdings zu prüfen, ob es einer solchen naturschutzrechtlichen Bewilligung überhaupt bedurfte, oder ob das grundsätzlich nach § 3 Abs 1 lit i der VO Naturschutzgebiet T verbotene Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen im vorliegenden Fall ausnahmsweise gemäß § 4 leg cit auch ohne naturschutzrechtliche Bewilligung hierfür erlaubt war.
Als möglicher Ausnahmetatbestand kommt aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes nur § 4 lit b der VO Naturschutzgebiet T in Frage, wonach Maßnahmen zur Instandhaltung des bestehenden Wegenetzes einschließlich geringfügiger Materialentnahmen zu diesem Zweck von den Verboten nach § 3 leg cit ausgenommen sind.
Für das Landesverwaltungsgericht steht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Instandhaltungsmaßnahmen am bestehenden Wegenetz vorgenommen hat. Dies deshalb, da die von Herrn AA in der gegenständlichen Beschwerde dahingehend getätigten Ausführungen von der Gemeinde W vollinhaltlich bestätigt wurden.
Auch dass Herr A – wie der von ihm selbst vorgelegte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R vom 6.7.1994 beweist – das Gipfelkreuz auf der Dreizinkenspitze errichtet hat, untermauert die Rechtfertigung des Beschwerdeführers. Wenn er diese Maßnahme gesetzt hat, scheint es dem Landesverwaltungsgericht auch glaubwürdig, dass er zum angenommenen Tatzeitpunkt Instandhaltungsmaßnahmen am Wegnetz vorgenommen hat, zumal die Fahrerlaubnis der Gemeinde W am 1.9.2017 ausgestellt und nur kurze Zeit später, nämlich am 3.9.2017, diese Fahrerlaubnis in Anspruch genommen wurde und diese Fahrerlaubnis entsprechend den Ausführungen der Gemeinde W schon seit vielen Jahren dem genannten Zweck der Instandhaltung dient.
Allerdings liegt im vorliegenden Fall dennoch keine Ausnahme vom Verbot des § 3 Abs 1 lit i der VO Naturschutzgebiet T vor.
Das Abstellen eines Kraftfahrzeuges stellt für sich nämlich keine Maßnahmen zur Instandhaltung des bestehenden Wegenetzes im Sinn des § 4 lit b der VO Naturschutzgebiet T dar. Auch wenn die Kraftfahrzeugverwendung für die Durchführung der gegenständlichen Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen sein sollte, bedeutet dies nicht, dass auch die Kraftfahrzeugverwendung im Zusammenhang mit solchen Instandhaltungsmaßnahmen keiner naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung bedarf. Dass eine Kraftfahrzeugverwendung bei Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung nicht immer in jenem Ausmaß zulässig sein muss, die zur Ausführung eines zulässigen Vorhabens erforderlich ist, zeigt ein Blick auf § 6 TNSchG 2005. In dieser die allgemeine naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht regelnden Bestimmung bedarf nach dessen lit j zwar „die Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken“ außerhalb geschlossener Ortschaften einer Bewilligung; laut Z 2 der lit j ist hiervon aber die Verwendung von Kraftfahrzeugen zur Ausführung von Vorhaben, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt, im hierfür notwendigen Ausmaß, ausgenommen. Diese ausdrückliche Regelung wäre überflüssig, wenn schon von vorneherein in jedem Fall eine KFZ-Verwendung im erforderlichen Ausmaß zur Ausführung eines naturschutzrechtlich zulässigen Vorhabens ebenfalls zulässig wäre.
Festzuhalten ist jedenfalls, dass der Gesetzgeber eine mit der oben genannten Regelung im § 6 TNSchG 2005 vergleichbare Bestimmung nicht auch hinsichtlich der Sonderregelungen für Naturschutzgebiete im § 21 TNSchG 2005 getroffen hat.
Für die oben vertretene Auffassung, dass Kraftfahrzeugverwendungen nicht als Teil von Instandhaltungsmaßnahmen von der naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht ausgenommen sind, spricht auch, dass der Verordnungsgeber an anderer Stelle bei vergleichbaren Regelungen sehr wohl die gegenständliche Problematik bedacht und mitgeregelt hat. So ist etwa im § 2 Abs 1 lit h iVm Abs 2 lit d der Verordnung Landschaftsschutzgebiet Serles – Habicht – Zuckerhütl, LGBl 28/2015, geregelt, dass die Verwendung von Kraftfahrzeugen zwar grundsätzlich einer Bewilligung bedarf, nicht aber etwa zur Ausführung von Vorhaben, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt worden ist. Hat der Verordnungsgeber aber hier die genannte Problematik bedacht und geregelt, kann ihm nicht unterstellt werden, an anderer Stelle davon ausgegangen zu sein, dass es hierfür keiner ausdrücklichen Regelung bedarf.
Auch im § 3 Abs 1 lit e iVm Abs 2 lit e der VO Ruhegebiet Zillertaler und Tuxer Hauptkamm, LGBl108/2016, und im § 6 lit g des Tiroler Nationalparkgesetzes Hohe Tauern findet sich eine vergleichbare Regelung, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetz- bzw Verordnungsgeber davon ausging, dass die Kraftfahrzeugverwendung immer dann ohne Bewilligung zulässig ist, wenn diese für die Ausführung eines naturschutzrechtlich zulässigen Vorhabens erforderlich ist.
Da abgesehen vom § 4 lit b der VO Naturschutzgebiet T im vorliegenden Fall keine sonstigen Ausnahmetatbestände in Frage kommen, die vom Verbot nach § 3 Abs 1 lit i leg cit, also vom Verbot des Abstellens von Kraftfahrzeugen außerhalb von Parkplätzen, entbinden würden, steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer für das gegenständliche Abstellen seines Kraftfahrzeuges eine naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung benötigt hätte und mangels einer solchen Bewilligung gegen § 45 Abs 1 lit c TNSchG 2005, der die Ausführung eines Vorhabens, für das in Verordnungen nach § 21 Abs 1 ein Verbot festgelegt oder für das nach § 22 Abs 2 zweiter Satz die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vorgesehen ist, ohne Ausnahmebewilligung sanktioniert, verstoßen hat.
Was die innere Tatseite anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung um ein sogenanntes „Ungehorsamsdelikt“ im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG handelt, da hier zum Tatbestand der jeweiligen Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Bei derartigen Delikten ist dann Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. „Glaubhaftmachung“ bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und Beweismittel zum Beleg desselben bekannt zu geben oder vorzulegen (vgl VwGH 24.05.1989, 89/02/0017 ua).
Für das Landesverwaltungsgericht gelingt es dem Beschwerdeführer mit dem in diesem Zusammenhang erstatteten Vorbringen nicht, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen.
Insbesondere ist die irrige Annahme, dass die von der Gemeinde ausgestellte Fahrerlaubnis von der Einholung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung entbinden würde, nicht geeignet, mangelndes Verschulden darzulegen. Eine Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften würde den Beschwerdeführer im Sinn des § 5 Abs 2 VStG nämlich nur dann entschuldigen, wenn diese Unkenntnis unverschuldet wäre. Dies trifft aber nicht zu, da im Verwaltungsstrafverfahren eine Erkundungspflicht im Sinn des § 9 Abs 2 StGB gilt, wonach sich jemand mit den einschlägigen Vorschriften bekannt machen muss, wenn er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonst den Umständen nach dazu verpflichtet ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH hat sich jedermann „mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen“ (VwGH 14.1.2010, 2008/09/0175).
Vor diesem Hintergrund hätte sich – wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt hat - jedenfalls auch der Beschwerdeführer vor der gegenständlichen KFZ-Verwendung über die bestehenden Bewilligungspflichten im Naturschutzgebiet T informieren müssen. In Anbetracht allerdings dessen, dass sich der Beschwerdeführer erfolgreich um eine Fahrerlaubnis der Gemeinde W bemüht hat und der Zweck seiner KFZ-Verwendung zulässigen Instandhaltungsmaßnahmen diente, erweist sich das Verschulden des Beschwerdeführers als gering.
Insgesamt hat der Beschwerdeführer jedenfalls sowohl die objektiven als auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.
Allerdings konnte aufgrund der obigen Ausführungen im vorliegenden Fall anstelle einer Strafe eine Ermahnung ausgesprochen werden. Eine solche kann gemäß § 45 Abs 1 Z 4 sowie letzter Satz VStG gegen den Beschuldigten mit dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verschuldens mit Bescheid dann ausgesprochen werden, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind und eine Ermahnung überdies geboten erscheint, um den Beschuldigten vor der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Laut VwGH-Erkenntnis vom 20.11.2015, Ra 2015/02/0167, setzt die diesbezüglich zu treffende Ermessensentscheidung voraus, dass die in § 45 Abs 1 Z 4 VStG genannten Umstände kumulativ vorliegen.
Da im vorliegenden Fall durch die Kraftfahrzeugverwendung zum Zweck der Instandhaltung des Wegenetzes die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung gering sind und auch das aus einer Unkenntnis der Rechtslage resultierende Verschulden gering ist, liegen aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Ermahnung vor.
Zusammengefasst hat der Beschwerdeführer somit zwar die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht; in Anbetracht allerdings des kumulativen Vorliegens der im § 45 Abs 1 Z 4 sowie letzter Satz VStG genannten Voraussetzungen und um den Beschwerdeführer aus spezialpräventiven Gründen in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, konnte von Landesverwaltungsgericht anstelle der Verhängung einer Geldstrafe gegenüber dem Beschwerdeführer spruchgemäß eine Ermahnung unter dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ausgesprochen werden.
Vor diesem Hintergrund hat auch der von der belangten Behörde gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Behörde zu entfallen, da eine Ermahnung keine „Strafe“ darstellt und insofern auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages unzulässig ist (siehe hierzu etwa Fister, § 64 VStG, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] RZ 4).
Kosten für das Beschwerdeverfahren waren nicht in Anschlag zu bringen, da ein solcher Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG nur dann auszusprechen ist, wenn das Verwaltungsgericht ein Straferkenntnis bestätigt, im vorliegenden Fall aber anstelle der Verhängung einer Geldstrafe eine Ermahnung ausgesprochen wurde.
Insgesamt war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3. Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Nach § 44 Abs 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn
„1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.“
Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 6.11.2017 zurückgezogen hat und außerdem lediglich eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro verhängt wurde, waren die Voraussetzungen für das Absehen von einer Verhandlung gegeben.
4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der vorliegenden Entscheidung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie liegt insbesondere nicht auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzlichen Argumenten gestützten Rechtsprechung. Die Entscheidung betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts (vgl. etwa VwGH 26.9.1991, 91/09/0144 zum vormaligen § 33a VwGG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Peter Christ
(Richter)
Schlagworte
Instandhaltungsmaßnahmen; Abstellen eines Kraftfahrzeuges im Naturschutzgebiet ohne naturschutzrechtliche Bewilligung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.35.2462.2Zuletzt aktualisiert am
28.11.2017