TE Vwgh Erkenntnis 2000/7/28 99/09/0164

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Veröffentlicht am 28.07.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67g Abs1;
VStG §51e Abs1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der E in Baden, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Juli 1997, Zl. Senat-BN-95-046, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 13. April 1995 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) mit einer Geldstrafe von insgesamt S 15.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 15 Tagen, bestraft und es wurden ihr Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt, weil sie es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (persönlich haftende Gesellschafterin) der Höfler & Partner OEG mit Sitz in Baden zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft drei namentlich genannte Ausländerinnen entgegen § 3 AuslBG beschäftigt habe, da für die Genannten weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie im Wesentlichen ausführte, dass sie selbst eine der genannten Ausländerinnen sei; sie zu bestrafen, weil sie sich selbst beschäftigt hätte, sei denkunmöglich. Bei den beiden anderen Ausländerinnen handle es sich aber ebenfalls um verantwortliche Gesellschafterinnen der Höfler & Partner OEG, die ihre Arbeitskraft in die Gesellschaft einbrächten. Ein derartiger Arbeitsgesellschafter bedürfe aber keiner Bewilligung, da das AuslBG nicht auf Unternehmer anwendbar sei. Auch sei der Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz ungenau, weil daraus nicht hervorgehe, wo die vermeintlichen Dienstnehmerinnen ihre vermeintlich verpönte Tätigkeit ausgeführt hätten, und es reiche nicht hin festzustellen, dass Arbeiten durchgeführt worden wären, die üblicherweise von Dienstnehmern verrichtet werden. Im Übrigen sei Verfolgungsverjährung eingetreten.

Die belangte Behörde sah von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Gegenstand ab; sie gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Juli 1997 der Berufung der Beschwerdeführerin insoweit Folge, als der Bescheid der Behörde erster Instanz hinsichtlich jenes Spruchpunktes, mit welchem sie wegen ihrer eigenen Beschäftigung bestraft wurde, aufgehoben und das Strafverfahren insoweit eingestellt wurde. Der Bescheid der Behörde erster Instanz insoweit abgeändert, als der in der Tatbeschreibung enthaltene Ausdruck "persönlich haftenden Gesellschafterin" durch den Ausdruck "selbstständig vertretungsbefugte Gesellschafterin" ersetzt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - ohne eine Gegenschrift zu erstatten - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind die maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1979 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, anzuwenden.

Als Beschäftigung gilt gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder

e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des AÜG, BGBl. Nr. 196/1988.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

     Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit

der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß

§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist

von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem

§ 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine

Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis

(§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... bei

unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für

jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von

S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, ... .

Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 hat nämlich der unabhängige Verwaltungssenat, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Gemäß § 51e Abs. 2 VStG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung nur dann unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Im Beschwerdefall lag keiner dieser Ausnahmsfälle vor. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet - in welchem Falle die belangte Behörde von deren Durchführung gemäß § 51e Abs. 3 VStG hätte absehen dürfen.

Die Beschwerdeführerin hätte bei einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, auf deren Durchführung er gemäß § 51e VStG ein Recht hatte, jedes zweckdienliche Vorbringen erstatten können. Die belangte Behörde hätte sich damit auseinander setzen müssen, zumal die Beschwerdeführerin gemäß § 51g Abs. 2 und 4 VStG an jede hiebei vernommene Person hätte Fragen stellen und sich zu allen Beweismitteln hätte äußern können, und die belangte Behörde hätte gemäß § 51i VStG nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist; sie hätte auch auf Aktenstücke nur insoweit Rücksicht nehmen dürfen, als sie bei der Verhandlung zulässigerweise verlesen worden wären (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0231, und vom 27. Oktober 1999, Zl. 97/09/0219, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde hat somit entgegen § 51e VStG die Durchführung der nach Lage der Beschwerdefälle erforderlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung unterlassen und sie hätte bei deren Durchführung zu einem anderen Ergebnis kommen können. Dieser - im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK - wesentliche Verfahrensmangel führt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist aber auch in der Sache selbst auf die im hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 2000, Zl. 98/09/0215, vertretene hg. Rechtsansicht zu verweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juli 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999090164.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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