Entscheidungsdatum
20.11.2017Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §81 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohennhorst über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, Z, vom 30.03.2017 gegen die Auflage in Spruchpunkt I. A) 6. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.03.2017, Zahl ****, betreffend gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und die bekämpfte Auflage 6. behoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Bezirkshauptmannschaft Z erteilte mit bekämpftem Bescheid vom 01.03.2017, Zahl 2.1-645/149, der Hotel AA GmbH, vertreten durch Frau BB, gemäß §§ 81 Abs 1, 74 Abs 2 GewO iVm §§ 71a, 74/2 GewO 1994 und § 93 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der genehmigten Betriebsanlage auf Gp **1, KG X, in Z, Adresse 1, um die Errichtung und den Betrieb einer Flüssiggasanlage nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und sonstigen Unterlagen unter Vorschreibung von 6 Auflagen aus sicherheitstechnischer Sicht.
In Spruchpunkt I. A) lautet die Auflage 6. wie folgt:
„Es ist von einem befugten Unternehmen oder einer akkreditierten Stelle eine Abnahmeprüfung vornehmen zu lassen, dass die Oberflächentemperaturen der Gasöfen nicht mehr als 60°C beträgt“.
Gegen diese Auflage richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde der Hotel AA GmbH, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass es sich bei den Öfen nicht um Arbeitsmittel handle. Diese würden nur vom Eigentümer betrieben, das Ein- und Ausschalten erfolge mittels einer Fernbedienung. Der Ofen benötige keine Reinigung, die durch einen Mitarbeiter durchgeführt wird. Die Zufuhr des Gases erfolge über eine Direktleitung und somit sei auch kein Befüllen notwendig. Die Öfen seien CE-geprüft und liege in Österreich eine Zulassung vor. Der entsprechende Nachweis sei bereits vorgelegt worden, weshalb aus Sicht der Beschwerdeführerin kein weiterer Nachweis notwendig sei. Eine Überprüfung durch eine akkreditierte Stelle sei nach Rückfrage nicht möglich, da es keine derartige Stelle in Österreich gebe. Es werde Abänderung des Bescheides hinsichtlich Punkt I. A) 6. beantragt.
Mit Schreiben vom 13.04.2017 beauftragte das Landesverwaltungsgericht Tirol den gewerbetechnischen Amtssachverständigen der Erstbehörde damit, eine Begründung für die Notwendigkeit dieser Auflage abzugeben und zum Beschwerdevorbringen Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom 23.10.2017 erstattete der gewerbetechnische Sachverständige folgende Stellungnahme:
„Im Zuge des Genehmigungsverfahrens für eine Betriebsanlagenänderung, welche letztlich mit Bescheid der BH Z vom 01.03.2017, Zahl: ****, bescheidmäßig mit der Vorschreibung nachstehender Auflage
Im Spruchpunkt I.A) lautet die Auflage 6. wie folgt:
„Es ist von einem befugten Unternehmen oder einer akkreditierten Stelle eine Abnahmeprüfung vornehmen zu lassen, das die Oberflächentemperaturen der Gasöfen nicht mehr als 60°C beträgt.“
beendet wurde, war den Einreichunterlagen hinsichtlich der Flüssiggasanlage eine Beschreibung angeschlossen, wo auf Seite 5 der Datei 201610_TB_Flüssiggas_V03.odt beschrieben wurde, dass die Gasgeräte so gefertigt sind, dass die Oberflächentemperatur <60°C nicht überschritten wird.
Dies sollte durch eine doppelte Glasscheibe vor der Brennkammer verwirklicht werden und zwar in Anlehnung an § 44 Punkt 4 der Arbeitsmittelverordnung.
Da jedoch aus den Datenblättern der Einreichung nicht entnommen werden konnte, inwieweit die Einhaltung dieser geforderten Oberflächentemperatur von max. 60 durch die vorliegende Überprüfung gefolgt werden kann, war es notwendig, die entsprechende nunmehr strittige Auflage aus sicherheitstechnischer Sicht vorzuschreiben.
Wenn die Beschwerdeführerin nun in ihrem Einspruch vermeint, dass es sich bei den Öfen nicht um ein Arbeitsmittel handelt und die Öfen nur von den Eigentümern der GmbH betrieben werden, gilt es festzugehalten, dass die Oberflächentemperatur dieser Glasflächen jedenfalls auch aus den Schutzinteressen des § 74 Gewerbeordnung 1994 (Kundenschutz) einzuhalten sind um einen entsprechenden Verbrennungsschutz zu gewährleisten
Aus sicherheitstechnischer Sicht darf dabei auch auf das bereits ergangene Erkenntnis des LVwG Tirol vom 11.06.2014, Zahl: LVwG-2014/22/0577-5, welches eine gleichgelagerte Situation betraf, verwiesen werden.
Einen weiteren Beschwerdepunkt, dass es keine derartige akkreditierte Stelle in Österreich gibt, die eine derartige Messung der Oberflächentemperatur der Verglasung durchführen könnte, kann aus technischer Sicht nichts abgewonnen werden, da mir aus eigener Erfahrung derartige Gutachten bereits vorliegen.“
Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zum Parteiengehör übermittelt. Diese äußerte sich dazu mit ihrem Schreiben vom 15.11.2017, in welchem ausgeführt wird, dass der Hersteller der Öfen, die für den Betrieb in Österreich zugelassen seien, sich auf das CE-Zeichen berufe. Der Einbau sei von einem Fachbetrieb durchgeführt worden. Die Vornahme einer Veränderung an einem Gerät, das geprüft und zugelassen ist, sei laut Hersteller nicht erlaubt. Nochmals werde darauf hingewiesen, dass der Nachweis des CE-Zeichens bereits erfolgt sei und er diesem Schreiben nochmals beigelegt. Der Hersteller habe sich auch verwundert gezeigt, dass es hier Probleme gibt, da bisher keinerlei Anfragen bzw Fälle in dieser Richtung bekannt seien.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:
Gegenstand dieses Verfahrens ist die betriebsanlagenrechtliche Änderungsbewilligung hinsichtlich der Errichtung und des Betriebes einer Flüssiggasanlage beim Hotel AA in Z und dies im Hinblick auf die bereits zitierte sicherheitstechnische Auflage 6.
Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung der Gewerbeordnung maßgeblich:
§ 77 Abs 1 lautet wie folgt:
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.
In der Projektbeschreibung der Flüssiggasanlage ist auf Seite 5 unter anderem ausgeführt, dass beabsichtigt ist, im Speisesaal einen Gasofen mit 10,6 kW aufzustellen, in der Sauna einen solchen mit 9,1 kW und in den Suiten (Dachgeschoss) zwei# Gasöfen zu jeweils 5,7 kW. Der Gesamtanschlusswert beträgt somit ca 26 kW. Alle Geräte sind mit einer selbsttätig wirkenden Zündsicherung ausgestattet und mit einer CE-Kennzeichnung entsprechend der Gasgeräte-Sicherheitsverordnung versehen. Die Geräte sind so gefertigt, dass die Oberflächentemperatur 60°C nicht überschreiten (doppelte Glasscheibe vor der Brennkammer) gemäß Arbeitsmittelverordnung § 44 Abs 4. Auf die Datenblätter im Anhang wird verwiesen.
Der Amtssachverständige begründet die Notwendigkeit der Durchführung einer Abnahmeprüfung damit, dass aus den Datenblättern der Einreichung nicht entnommen werden konnte, inwieweit die Einhaltung dieser maximalen Oberflächentemperatur „durch die vorliegende Überprüfung gefolgt werden kann.“
§ 27 Gasgeräte-Sicherheitsverordnung besagt, dass mit der CE-Kennzeichnung vom Hersteller, seinem in Österreich/im Europäischen Wirtschaftsraum Bevollmächtigten oder gegebenenfalls vom Inverkehrbringer die Übereinstimmung des Gasgerätes mit den zutreffenden Bestimmungen dieser Verordnung, insbesondere mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen (III. Abschnitt), bescheinigt wird. Über eine Oberflächentemperatur der Gasöfen findet sich dort nichts.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sind Auflagen nach § 77 Abs 1 GewO unter anderem nur zulässig, wenn sie im Hinblick auf die nach dieser Bestimmung in Verbindung mit § 74 Abs 2 zu schützenden Interessen erforderlich sind. Zur Frage der Erforderlichkeit von Auflagen bedarf es eindeutiger Feststellungen. Die Behörde darf sich beispielsweise mit einem Hinweis im Sachverständigengutachten auf die „Erfahrung anhand ähnlich gelagerter Fälle“ nicht begnügen (VwGH 25.09.1981, 04/1615/79). Kann die Behörde die Auflage nicht auf entsprechende sachverständige Ausführungen stützen, aus denen ersichtlich ist, warum die Auflage im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wahrung der in § 77 Abs 1 und 2 angeführten Schutzzwecke notwendig sei, belastet sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (VwGH 15.09.2006, 2005/04/0026). Die bloß abstrakte Eignung einer gewerblichen Betriebsanlage, Gefährdungen hervorzurufen, würde eine Vorschreibung von Auflagen noch nicht rechtfertigen, da hierfür eine derartige konkrete Eignung Voraussetzung ist (VwGH 19.09.1989, 87/04/0032).
Der gewerbetechnische Sachverständige führt nicht an, aufgrund welcher Tatsachen für ihn begründete und nachvollziehbare Zweifel daran bestehen, dass die projektgemäß bewilligte Oberflächentemperatur von weniger als 60°C nicht überschritten wird. Damit fehlt es im Sinn der oben angeführten Judikatur an der Voraussetzung zur Vorschreibung gegenständlicher Auflage, weshalb diese zu beheben war.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Alexander Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Zulässigkeit AuflagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.25.0861.3Zuletzt aktualisiert am
28.11.2017